LVwG-650696/11/Bi/CG

Linz, 14.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin          Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn R P,  vom 15. Juli 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 4. Juli 2016, VerkR21-308-2015/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am            13. Oktober 2016 und am 8. November 2016

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der in Beschwerde gezogene Bescheid bestätigt.

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) gemäß §§ 2 Abs.3 Z7, 7 Abs.1 Z1, Abs.3 Z6 lit.a und Abs.4, 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 3, 29 Abs.2 Z1 sowie 30 Abs.2 FSG eine allfällige EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung für die Dauer von 6 Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung – das war am 6. Juli 2016 – wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen. In dieser Zeit wurde ihm auch verboten, eine Lenkberechtigung zu erwerben. Weiters wurde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer allenfalls gegen diesen Bescheid einzubringenden Beschwerde im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte laut Rückschein am 6. Juli 2016.

 

2. Dagegen hat der Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerde­vorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 13. Oktober und am 8. November 2016 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Bf und der Zeugen P E (PE), A E  (AE) und Meldungslegerin Insp M R (Ml), PI Friedburg-Lengau, durchgeführt. Der Vertreter der belangten Behörde war entschuldigt. Auf die mündliche Verkündung des Erkenntnisses wurde verzichtet.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, er habe den Pkw nicht gelenkt, dieser sei vor dem Haus abgestellt gewesen. Er hätte es wegen der am 13. August 2015 bei einem Fahrradunfall erlittenen Verletzungen bzw Schmerzen nicht lenken können – dazu hat er bereits der belangten Behörde einen Ambulanzbefund des Krankenhauses St. Josef in Braunau/Inn vorgelegt, wonach er beim Unfall eine Abschürfungswunde am linken Oberarm (bei freier Beweglichkeit) und eine Fraktur der 8. Rippe erlitten habe. Die Nachbarn hätten nie behauptet, er wäre mit dem Auto gefahren oder er habe keinen Führerschein – dazu wird eine schriftliche Erklärung der Nachbarn M und  B S  vorgelegt. Er habe mit dem Pkw am 13. Februar 2014 einen Unfall gehabt, als ihm in Neumarkt am Wallersee beim Ausparken ein älterer Herr in die linke Fahrzeugseite gefahren sei. Seither habe das Spiegelglas nicht mehr gehalten und er habe es manchmal hineindrücken müssen, weil die Klammer gebrochen sei – dazu wird ein Ausdruck über eine Notiz der Versicherung vorgelegt, wonach beim genannten Vorfall ein Schaden an der Stoßstange links hinten und links vorne entstanden sei.    

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, insbesondere die oben erwähnten Unterlagen, sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der der Bf gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Zeuge PE lenkte am 30. August 2015 um ca 21.00 Uhr seinen Pkw x, einen silberfarbenen Seat Ibiza, Baujahr Ende 2014, auf der Kobernaußerwaldstraße im Gemeindegebiet Lengau, wo ihm an der Kreuzung mit der Kinostraße nahe dem Haus Kinostraße x ein Pkw begegnete, der zwar in der Gegenrichtung des Zeugen unterwegs war, aber beim Einbiegen nach rechts derart ausholte, dass er sich laut Schilderung des Zeugen PE beinahe in einer Frontalposition zum Pkw des Zeugen befand. Der Zeuge versuchte noch, nach rechts auszuweichen und fuhr dabei gegen den Randstein vor dem Haus Kobernaußerwaldstraße x, jedoch kam es zu einer in Form eines lauten Knalls hörbaren Kollision der beiden Pkw-Außenspiegel, bei der der am Pkw des Zeugen befindliche Außenspiegel sofort erkennbar beschädigt wurde, weil der Spiegelteil herausfiel. Der Zeuge bremste sofort sein Fahrzeug ab und sah dem in seiner ursprünglichen Richtung davonfahrenden Pkw nach, wobei er feststellte, dass bei diesem nur kurz die Bremslichter aufleuchteten. Obwohl er dem Lenker nachschrie, hielt dieser nicht an. Der Zeuge PE bestätigte in der Verhandlung, er habe zwar den Lenker selbst nicht gesehen, jedoch realisiert, dass es sich um einen silberfarbenen Renault Megan Scenic mit einem Braunauer Kennzeichen „BR“ handelte, den er deswegen eindeutig zuordnen konnte,  weil sein Vater einmal einen solchen Pkw gehabt habe. Der Zeuge rief seine Mutter an und versuchte, dem Pkw nachzufahren, gab das aber wegen Aussichtslosigkeit auf. Er traf sich, wie vereinbart mit seiner Mutter und seinem Bruder, dem Zeugen AE, die beide mit eigenen Pkw kamen. Etwa eine halbe Stunde nach dem Unfall um 21.34 Uhr verständigte der Zeuge PE die Polizei vom Unfall und dass der Unfallgegner davongefahren sei und er zwar den Pkw, aber nicht das vollständige Kennzeichen gesehen habe. Er fuhr dann, ebenso wie sein Bruder, zur Freundin zurück, die im Haus K wohnt. Dort sah er vor dem Haus Nr.x einen silberfarbenen Renault Megan Scenic mit Braunauer Kennzeichen stehen, der eine Beschädigung außen am linken Außenspiegel aufwies, sodass der Zeuge davon überzeugt war, dass dieser Pkw am Unfall beteiligt war. Nach seiner Schilderung in der Verhandlung veranstaltete der Zeuge PE vor den dortigen Häusern eine solche „Riesenszene“, dass die Nachbarn beim Fenster hinuntersahen, und erklärte diesen, er wolle den Besitzer des Pkw sprechen. Er schilderte dem Vater seiner Freundin den Vorfall, der ihm sagte, der draussen abgestellte Pkw gehöre seinem Nachbarn P, der zeitweise angetrunken sei, und er solle sich ohne Polizei mit diesem einigen.

Beim Verlassen der Wohnung der Freundin sah er Zeuge PE einen Mann gerade wieder ins Haus Nr.x gehen. Auf seine Frage, wer das gewesen sei, erzählte ihm sein draussen wartender Bruder, der Zeuge AE, der Mann sei herausgekommen und habe ihn gefragt, was denn da los sei. Daraufhin habe er zu ihm gesagt, seinem Bruder sei jemand hineingefahren und dann davongefahren und jetzt such er den Lenker. Der Mann sei daraufhin ins Haus Nr.x gegangen.

 

Der Zeuge PE versuchte, den Mann – den er vor der Verhandlung am 8. Oktober 2016 erstmals persönlich sah und als den Bf zuordnen konnte – zu bewegen, herauszukommen, um mit ihm die Daten auszutauschen. Da dieser nicht öffnete, telefonierte er erneut mit der Polizei und teilte mit, er habe jetzt den Pkw gefunden und wisse, wer der Lenker sei.

 

Der Zeuge AE, der Bruder des Zeugen PE, bestätigte in der Verhandlung am 13. Oktober 2016, er habe sich auf telefonisches Ersuchen seines Bruders mit diesem und der Mutter in Schneegattern beim Sparmarkt getroffen, habe am Pkw des Bruders die Beschädigung des Außenspiegels gesehen und sei dann vor dem Haus der Eltern der Freundin des Bruders stehen geblieben. Den dort abgestellten Pkw, von dem sein Bruder behauptet habe, dieser sei am Unfall beteiligt gewesen, habe er nicht auf Beschädigungen untersucht, weil ihn das nichts angehe. Als er dort gestanden sei, sei ein Mann aus dem Haus gekommen und habe ihn gefragt, „was da leicht los“ sei. Er habe wörtlich zu ihm gesagt, seinem Bruder sei jemand hineingefahren und davongefahren und der suche den jetzt. Daraufhin sei der Mann wieder ins Haus gegangen. Sein Bruder habe das nicht gesehen, weil er sich drinnen bei der Freundin befunden habe. Als sein Bruder bei dem Haus, in dem der Mann verschwunden sei, geläutet bzw geklopft habe, habe dieser nicht aufgemacht.

 

Der Bf reagierte auch nicht auf das Läuten bzw Klopfen der daraufhin erschienenen Polizei, wie die Ml in der Verhandlung am 13. Oktober 2016 bestätigte. Der Pkw des Bf wurde sofort fotografiert, der Pkw des inzwischen heimgefahrenen Zeugen PE am nächsten Tag.

Der Pkw des Bf wies ebenso eine Beschädigung außen am Gehäuse des linken Außenspiegels auf, wie der am Pkw des Zeugen PE, bei dem auch der Glasteil herausgefallen war. Der Zeuge PE erklärte in der Verhandlung, beim Spiegel sei die Elektonik kaputt, er lasse sich seither nicht mehr „anlegen“; repariert wurde bislang nichts.

Die Ml bestätigte, der Bf habe nicht aufgemacht, aber ein Nachbar von oberhalb sei aufmerksam geworden und habe ihr den richtigen Eingang gesagt; für sie sei bei der Tür des Bf keine Bewegung festzustellen gewesen, auf einen lauten Fernseher habe sie nicht geachtet. Ihre Kollegen hätten am nächsten Morgen nochmals erfolglos versucht, mit dem Bf zu sprechen.

 

Der Bf verantwortete sich der belangten Behörde gegenüber und auch in der Verhandlung dahingehend, der Pkw sei die ganze Zeit vor dem Haus abgestellt gewesen, er sei nicht damit gefahren und habe mit dem vom Zeugen PE geschilderten Unfall nicht zu tun. Er könne gar nicht gefahren sein, weil er sich bei einem Sturz mit dem Fahrrad am 13. August 2015 eine Rippe gebrochen und daher Schmerzen gehabt habe, die ein Lenken eines Pkw unmöglich gemacht hätten. Er habe den linken Arm in eine Schlinge gelegt, um ihn ruhig zu stellen und so könne man keinen Pkw lenken. Dazu liegt ein Ambulanzbefund vom 14. September 2015 des KH Braunau vor, in dem die Rippenfraktur, aber auch die freie Beweglichkeit des linken Armes bestätigt wird.

Der Bf hat ausgeführt, der linke Außenspiegel seines Pkw sei seit einem Unfall 2014 außen beschädigt, er habe sich „abfinden“ und den Spiegel nicht herrichten lassen; dazu hat er eine Versicherungsnotiz (offenbar der gegnerischen Versicherung) vom 13. Februar 2014 vorgelegt mit dem Wortlaut „VN F.J. fuhr rückwärts aus Parkplatz und beschädigte stehendes Fahrzeug x – Schaden unser VN: Stoßstange links hinten, Schaden x links vorne“. Von einem Schaden am linken Außenspiegel ist darin demnach keine Rede.

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung ist zu sagen, dass der Zeuge PE in der Verhandlung das Unfallgeschehen sowie die danach erfolgten Beobachtungen an der Unfallstelle glaubwürdig und lebensnah geschildert hat, sowohl hinsichtlich des plötzlichen Ausholens des von links vorne auf ihn zukommenden Lenkers, der die Fahrlinie des Zeugen bei ordnungsgemäßem Einbiegen gar nicht tangieren sollte, sodass der Zeuge völlig zurecht überrascht war und nach rechts Richtung Randstein auswich, als auch hinsichtlich des Verhaltens des Lenkers dieses Fahrzeuges nach dem Unfall. Der Zeuge PE hat glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass er vor der laut hörbaren Kollision den Lenker selbst nicht gesehen hat, jedoch sofort stehenblieb und hinaussprang, um den nach kurzer Bremsung davonfahrenden Lenker durch Nachrufen zum Anhalten zu bewegen. Zunächst war unklar, inwieweit er dabei das Kennzeichen des davonfahrenden Pkw ablesen konnte. In der Verhandlung hat der Zeuge PE angegeben, dass er sehr wohl die Fahrzeugmarke und -type – die er mit einem früheren Fahrzeug seines Vaters identifizierte – und auch die Farbe des Pkw, vom Kennzeichen aber nur die Buchstabenkombination „BR“ gesehen habe. Dass er auch die Endkombination „GA“ im Kennzeichen ablesen konnte, bestätigte sich in der Verhandlung nicht. Der Zeuge PE verlor den Pkw aus den Augen, kannte aber, weil seine Freundin dort wohnt, die in Fahrtrichtung des davonfahrenden Pkw gelegene Siedlung an der Kobernaußerwaldstraße. Dass der Zeuge PE, als er etwa eine halbe Stunde später den Pkw des Bf vor dem Haus Nr.x abgestellt sah, der genau dem von ihm beim Unfall wahrgenommenen Pkw entsprach und noch dazu einen außen beschädigten linken Außenspiegel aufwies, den Schluss zog, dass es sich dabei um das Unfallfahrzeug handle, ist durchaus nachvollziehbar. Die Auskunft, wem das Fahrzeug gehört, nämlich dem daneben wohnenden Bf, erhielt der Zeuge PE vom Vater seiner Freundin, der ihm auch noch die Regelung ohne Polizei empfahl, zumal der Bf „zeitweise angetrunken“ sei. Der Zeuge PE erfuhr vom Gespräch zwischen seinem Bruder und dem Bf im Nachhinein, wobei der Zeuge AE zwar den abgestellten Pkw sah, aber den vor dem Haus angetroffenen Nachbarn nicht damit in Verbindung brachte. Dieser Geschehensablauf wurde von beiden Zeugen unabhängig voneinander inhaltlich übereinstimmend glaubhaft geschildert.

Der Versuch des Zeugen PE, den Bf, der immerhin den Lärm draussen gehört hatte und sogar hinausging, um zu fragen, was da los wäre, herauszuläuten, schlug fehl. Der Bf gab dazu an, bei seiner Wohnungstür befinde sich keine Glocke und er habe wegen des laut eingeschalteten Fernsehers und mehreren Türen in der Wohnung nichts gehört. Tatsächlich war dem Bf, der das Gespräch mit dem Zeugen AE bestätigt hat und sogar den Zeugen verdächtigte, mit dem Handy in Richtung seiner Wohnung zu fotografieren, der vom Zeugen PE draussen veranstaltete Lärm aufgefallen und von Zeugen AE hatte er erfahren, dass der am Unfall beteiligte Lenker gesucht wurde. Dass der Zeuge PE beim Versuch, mit dem Bf in Kontakt zu treten, leise gewesen wäre, ist nach seinem Eindruck in der Verhandlung nicht anzunehmen – der Zeuge hat seine Entrüstung darüber, dass jemand mit einem anderen Pkw kollidiert und dann davonfährt, deutlich zu Ausdruck gebracht. Er hat außerdem betont, er habe keinen „lauten“ Fernseher gehört.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes ist zum einen von der Übereinstimmung des auf den Bf zugelassenen Pkw mit der Beschreibung des Unfallfahrzeuges durch den Zeugen PE auszugehen, wobei die Beschädigung des linken Außenspiegels am Pkw des Bf zusätzlich dafür spricht, dass er den mit dem des Zeugen PE kollidierenden Pkw gelenkt hat. Die als Beweis für einen entsprechenden Vorschaden angeführte Versicherungsnotiz bestätigt die Verantwortung des Bf in keiner Weise. Zum anderen ist das Verhalten des Bf nach dem Gespräch mit dem ihm unbekannten Bruder des Zeugen PE dahingehend zu deuten, dass er in Kenntnis der Suche des Lenkers nach dem Unfallgegner daraufhin beschloss, auf Versuche, mit ihm in Kontakt zu treten, nicht mehr zu reagieren, nämlich weder auf die Versuche des Zeugen PE noch auf die der Polizei, auch nicht am nächsten Tag.

Dass der Bf wegen einer bei einem Fahrradsturz am 13. August 2015 erlittenen Fraktur der 8. Rippe am 30. August 2015 immer noch Schmerzen, speziell bei tiefer Atmung und Veränderung der Körperposition, hatte und zur Ruhigstellung den linken Arm mit einer Schlinge an den Oberkörper gebunden hatte, ist durchaus glaubhaft, was aber die rein physische Möglichkeit, einen Pkw zu lenken, insbesondere mit der linken Hand das Lenkrad zu halten, nicht automatisch ausschließt. Im Ambulanzbefund wurde zwar eine Abschürfung am linken Oberarm, jedoch auch dessen freie Beweglichkeit bestätigt. Eine Beeinträchtigung der Greiffunktion der linken Hand bestand danach nicht. Dass durch den Arm in der Schlinge die Fahrweise, insbesondere die Lenkradführung beim Einbiegen, beeinträchtigt werden kann, steht außer Zweifel.

 

Insgesamt betrachtet ist aufgrund all dieser Einzelheiten und der Übereinstimmung des vom Zeugen PE wahrgenommenen Pkw mit dem auf den Bf zugelassenen Pkw auch hinsichtlich der Farbe und der Beschädigung an der Kollisionsstelle laut dem geschilderten Unfallhergang, vor allem aber dem letztlich aus seiner eigenen Verantwortung nicht erklärbaren Verhalten des Bf, der in Kenntnis des Umstandes, dass der Lenker des am Unfall beteiligten Fahrzeuges auf der Suche nach dem anderen Beteiligten ist, unerreichbar in der Wohnung verschwunden ist, obwohl ihm der Lärm vor dem Haus sehr wohl aufgefallen war, sodass ihm auch die Versuche des Zeugen PE, ihn zu erreichen, sowie das Erscheinen der Polizei auffallen hätte müssen, davon auszugehen, dass der Bf der Lenker des Pkw x beim Verkehrsunfall um ca 21.00 Uhr an der Kreuzung Kobernaußerwaldstraße/Kinostraße in Lengau war und aus wohlüberlegten Gründen nicht gewillt war, diesbezüglich weiter in Erscheinung zu treten.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug lenkt trotz entzogener Lenkberechtigung oder Lenkverbotes oder trotz vorläufig abgenommenen Führerscheines.

 

Dass der Bf am 30. August 2015 nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse B war, weil ihm diese mit – in Rechtskraft erwachsenem – Bescheid der belangten Behörde vom 7. Juli 2015, VerkR21-308-2015/BR, für den Zeitraum vom 27. Juni 2015 bis 27. Juni 2016 wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen worden war, steht nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens ohne jeden Zweifel fest.

Durch das Lenken seines Pkw am 30. August 2015, ca 21.00 Uhr, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Gemeindegebiet Lengau hat er eine bestimmte Tatsache iSd § 7 Abs.3 Z6 lit.a FSG verwirklicht, für die gemäß § 25 Abs.3 FSG eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen ist.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Im ggst Fall ist im Rahmen der Wertung auch zu berücksichtigen, dass der Bf im Zuge des Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung durch sein Verhalten, nämlich das Einbiegen nach rechts in weitem Bogen, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden am Pkw des Zeugen PE verschuldet hat und nach dem für ihn erkennbaren Verkehrsunfall mit Sachschaden – die Kollision der beiden Außenspiegel war als lauter Knall hörbar und durch das stoßbedingt sofortige Herausfallen des Spiegelteils beim Pkw PE war auch der Sachschaden offensichtlich – seine Fahrt ohne anzuhalten fortgesetzt und sich in seine Wohnung zurückgezogen hat, weshalb sein Zustand zum Unfallzeitpunkt nicht überprüft werden konnte, und keine Meldung des Verkehrsunfalls mit Sachschaden bei der nächstgelegenen PI Friedburg-Lengau erstattet hat, obwohl ein Identitätsnachweis mit dem Geschädigten nicht stattgefunden hat.     

 

Diese Überlegungen waren in die Wertung bezüglich der Entziehungsdauer wegen Verkehrszuverlässigkeit miteinzubeziehen, weshalb unter Zugrundelegung einer Mindestentziehungsdauer von drei Monaten die Festsetzung einer Entziehungsdauer von insgesamt sechs Monaten nicht als rechtswidrig zu erkennen ist, zumal die Dauer der Verkehrszuverlässigkeit gleichzeitig eine Prognose darstellt, wann der Bf die Verkehrszuverlässigkeit voraussichtlich wieder erreicht haben wird.

 

Der Bf war zum Zeitpunkt der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Bescheides vom 4. Juli 2016 – die Zustellung erfolgte laut Rückschein am 6. Juli 2016 – noch nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung.

Dem Bf war mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Oktober 2015, VerkR21-308-2015/BR, in Bestätigung des Mandatsbescheides vom 7. Juli 2015, gemäß §§ 24 Abs.1 Z1 iVm 7 Abs.3 Z1, 26 Abs.2 Z1 und 30 Abs.2 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen AM, A1, A2, AB, BE und F – Führerschein ausgestellt von der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn am 15.1.2014 zu GZ 14/014776 – wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab 27. Juni 2015, dh bis einschließlich 27. Juni 2016, entzogen und ihm gemäß § 24 Abs.3 FSG die Absolvierung einer Nachschulung, dei Beibringung eines von Amtsarzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG zu seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen und zuvor die Absolvierung einer verkehrspsychologischen Untersuchung aufgetragen worden, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung nicht vor Befolgung dieser Anordnungen ende.

 

Der Bf hatte laut Ausführungen der belangten Behörde in der Begründung des nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheides das amtsärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG, mit dem seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen als Grundlage für eine Wiedererteilung der Lenkberechtigung festgestellt worden wäre, noch nicht beigebracht, sodass die Entziehungsdauer auf der Grundlage des § 24 Abs.3 FSG noch nicht beendet war. Der Bf war daher am 6. Juli 2016 noch nicht im Besitz einer gültigen Lenkberechtigung, sodass eine neuerliche Entziehung nicht zu erfolgen hatte, sondern mit einem Verbot eines Erwerbes einer Lenkberechtigung vorzugehen war.   

 

Da gemäß § 30 Abs.2 FSG die Behörde einem Besitzer einer ausländischen EWR- oder Nicht-EWR-Lenkberechtigung, der einen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) in Österreich hat, die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen hat, war für den Fall, das der Bf eine derartige Lenkberechtigung besitzen sollte, Vorsorge zu treffen.

Da (zu Recht) keine vorläufige Führerscheinabnahme iSd § 29 Abs.4 FSG erfolgt war, war die neue Entziehungsdauer ab Zustellung des in Beschwerde  gezogenen Bescheides, dh ab 6. Juli 2016, zu berechnen, zumal die belangte Behörde gemäß § 13 Abs.2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wegen Gefahr im Verzug – ebenfalls zu Recht – ausgeschlossen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger