LVwG-000177/2/Bi/CG

Linz, 10.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin        Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn G R, vom 11. Juli 2016 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 16. Juni 2016, BZ-Pol-07004-2016, wegen Übertretung des OÖ. Hundehaltegesetzes  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II.

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren.

 

 

III.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 15 Abs.1 Z5 und Abs.2 iVm 1 Abs.2 Z3 und Z4 und 6 Abs.1 HHG eine Geldstrafe von 100 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden verhängt sowie ihm gemäß § 64 Abs.1 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro auferlegt. Zugrundegelegt wurde laut Schuldspruch, er habe zumindest am        7. Jänner 2016, 16.50 Uhr, seinen Hund – Hunderasse: Mischling allgemein, Farbe: braun, Rufname: „Puppy“, Geschlecht: weiblich, Hundemarke Nr.:x – hinter dem Objekt W (GrundstücksNr. x, EZ: x, KG L) unangeleint und ohne Maulkorb laufen lassen und damit gegen die Leinen- bzw Maulkorbpflicht verstoßen. Gemäß § 6 Abs.1 OÖHHG müssten Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden. Öffentlicher Ort iSd § 1 Abs.2 Z3 HHG sei ein Ort, der für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich sei; Ortsgebiet iSd § 1 Abs.2 Z4 HHG seien die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ und „Ortsende“ und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens 5 Wohnhäusern.

Die Zustellung des Straferkenntnisses erfolgte laut Rückschein am 20. Juni 2016.

 

2. Dagegen hat der Beschwerdeführer (in Folge: Bf) fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungs­gericht zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 44 Abs.2 VwGVG.

 

3. Der Bf macht im Wesentlichen geltend, er sei sich keiner rechtswidrigen Handlungen bewusst und fordere stichfeste Beweise, um das Handeln der Behörde zu verstehen. Er sehe sich in diesem Fall mit einer Flut an falschen Fakten konfrontiert, ohne dass ausreichend Bedacht auf die schriftlichen Erklärungen seiner Frau, denen er sich anschließe, genommen und anscheinend willkürlich entschieden worden sei. Er beantrage die Beigabe eines Verteidigers.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde.

Daraus ergibt sich, dass Grundlage für die Einleitung des Verwaltungsstraf­verfahrens offensichtlich ein Brief der Frau H S (S), an den Magistrat Wels vom 12. Jänner 2016 war. Darin behauptet sie, am 12. Jänner 2016 um 11.35 Frau R mit dem Hund ohne Leine hinter dem Haus Nr.x Richtung Nr.x gehen gesehen zu haben, Zeuge sei auch ihr Sohn J, der das Haus Nr.x verlassen habe. Dazu gebe es 2 Bilder.

Außerdem habe sie am 7. Jänner 2016, 16.50 Uhr, den Bf mit dem Hund ohne Leine hinter Haus Nr.x gesehen – als er sie gesehen habe, sei der Hund angeleint worden. Dazu gebe es kein Bild.

Am 3. Jänner 2016 um 16.00 Uhr sei Frau Sch mit Hund ohne Leine hinter Haus Nr.x gewesen, am Gehweg Haus Nr.x und am Spielplatz sei der Hund angeleint gewesen, dazu gebe es kein Bild.

 

Auf die Aufforderung der belangten Behörde vom 2. Februar 2016 zum Vorfall vom 7. Jänner 2016, 16.50 Uhr, hat die Gattin des Bf (unter Bezugnahme auf gegen sie anhängige und das ggst Verfahren) ausgeführt, der im Eigentum ihres Mannes befindliche Mischling Puppy sei jeweils angeleint ausgeführt worden. Es liege kein Zuwiderhandeln gegen gesetzliche Bestimmungen vor. Sie bitte wiederholt und inständig, die der Behörde vorliegenden Quellen zu prüfen, da diese Anzeigen wie all die vorhergehenden ungerechtfertigt seien und nicht der Wahrheit entsprächen. Aus gesundheitlichen Gründen könne sie seit November nicht mehr mit dem Hund gehen, das mache ausschließlich der Bf, der speziell auf die Leinen- und Maulkorbpflicht achte. Der Bf hat diese Stellungnahme mitunterschrieben.

 

Daraufhin erging das nunmehr in Beschwerde gezogene Straferkenntnis, in dessen Begründung die belangte Behörde ausführt, die objektive Tatseite der im Spruch umschriebenen Verwaltungsübertretung sei aufgrund des angeführten Sachverhalts – Anzeige von 12. Jänner 2016 – als erwiesen anzunehmen. Die Glaubhaftmachung iSd § 5 Abs.1 VStG, dass den Beschuldigten an der Verletzung der oa. Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, sei ohnehin nicht gelungen, da der Bf selbst dazu keine Rechtfertigung abgegeben habe – er habe als Hundehalter und Beschuldigter die Rechtfertigung seiner Gattin lediglich unterschrieben – die Rechtfertigung der Frau R. sei nicht geeignet, den Bf zu entlasten.

 

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 15 Abs.1 Z5 HHG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer gegen die Leinenpflicht oder Maulkorbpflicht gemäß § 6 Abs. 1 oder 2 verstößt.

Gemäß dem am 16. Februar 2013 in Kraft getretenen § 6 Abs.1 HHG müssen Hunde an öffentlichen Orten im Ortsgebiet an der Leine oder mit Maulkorb geführt werden.  

Gemäß § 1 Abs.1 HHG bezweckt dieses Landesgesetz die Vermeidung von Gefährdungen und unzumutbaren Belästigungen von Menschen und Tieren durch Hunde sowie einen sicheren und verantwortungsbewussten Umgang mit Hunden.

Nach den Begriffsbestimmungen des § 1 Abs.2 Z3 und Z4 HHG ist/sind unter „öffentlicher Ort“ ein Ort, der für jedermann frei oder unter den gleichen Bedingungen zugänglich ist, und unter „Ortsgebiet“ die Straßenzüge innerhalb der Hinweiszeichen „Ortstafel“ und „Ortsende“ gemäß § 53 Z 17a und 17b StVO und geschlossen bebaute Gebiete mit mindestens fünf Wohnhäusern zu verstehen.

 

Auffällig ist, dass (wie im Verfahren LVwG-000122) Frau S, eine Bewohnerin der O L Siedlung, die Anzeigerin ist, wobei sich die Anzeigen nicht nur gegen das Ehepaar R richten sondern offenbar auch gegen andere Hundehalter, und bei manchen auch Fotos beigelegt werden.

Dabei fällt allerdings auf, dass die Anzeigerin die von ihr angezeigten Vorgänge offenbar lediglich aus der Entfernung beobachtet, ohne unmittelbar von solchen Vorgängen in irgendeiner Weise betroffen zu sein oder irgendwelche Nachteile daraus zu erleiden. Der Grund für ihren offenbar schon gewohnheitsmäßigen Schriftverkehr mit der belangten Behörde ist unklar – im Verfahren LVwG-000122 wurde geltend gemacht, der Bf sei in der Siedlung Hausmeister und diese Tätigkeit erfordere auch sachliche Konfrontationen mit Mitbewohnern.

Im ggst Fall wurde die Anzeigerin nicht zeugenschaftlich einvernommen und ihre Angaben wurden von der Örtlichkeit bzw Einsehbarkeit her auch in keiner Weise überprüft. Die belangte Behörde hat die Behauptungen der Anzeigerin völlig ungeprüft übernommen und zur Grundlage für den Tatvorwurf erhoben („Die objektive Tatseite ist aufgrund des angeführten Sachverhalts – Angaben in der Anzeige vom 12.1.2016 – als erwiesen anzusehen“). Nichtsdestotrotz handelt es sich um eine reine nicht objektivierbare Privatanzeige, deren Beweggründe letztlich durchaus im privaten Bereich liegen können.

Die von der Anzeigerin aufgestellte Behauptung ist das einzige „Beweismittel“. Abgesehen davon hat sogar diese geschrieben, dass der Hund bei ihrem Ansichtigwerden ohnehin angeleint wurde, weshalb ihre Anzeigeerstattung ebenso wie die darauf basierende Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens entbehrlich war. Gerade die trotzdem erfolgte Anzeige lässt ein persönliches Motiv der Anzeigerin, dem Bf und seiner Gattin zu schaden, stark vermuten, weshalb schon deshalb erhebliche Zweifel an deren Glaubwürdigkeit bestehen, zumal sich der Brief auch auf die Mitteilung mutmaßlicher Vergehen beschränkt, ohne weitere Umstände darzulegen.         

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Zu bemerken ist auch, dass die Mitunterzeichnung eines Schriftstückes seiner Gattin durch den Bf bedeutet, dass er diese Angaben zu seiner Verantwortung erhebt. Das Argument, er habe trotz Aufforderung keine Rechtfertigung zum Tatvorwurf abgegeben, ist daraus nicht abzuleiten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, naturgemäß unter Entfall von Verfahrenskostenbeiträgen. Die beantragte Beigebung eines Verteidigers erübrigt sich damit.

 

Zu II.:

 

Gemäß § 52 Abs.8 VwGVG entfällt die Vorschreibung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

Zu III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger