LVwG-301190/14/Kl/PP
Linz, 27.10.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Ing. R.B., S., vertreten durch H. Anwaltsgesellschaft mbH, x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Juni 2016, SanRB96-253-2015/Gr, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1. September 2016, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Linz vom 21. Juni 2016, SanRB96-253-2015/Gr, wurden über den Beschwerdeführer (Bf) Geldstrafen von je 1.000 Euro (in zwei Fällen) und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 33 Stunden (in zwei Fällen) wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 3 Abs. 1 und § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der E. GmbH mit Sitz in H., x, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten hat, dass diese Firma als Arbeitgeberin zumindest am 31.8.2015
Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind gemäß § 2 Abs. 3 lit.c AuslBG in den Fällen des Abs. 2 lit.e auch der Beschäftiger iSd § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und des § 5a Abs. 3 des Landarbeitsgesetzes 1984.
Gemäß § 2 Abs. 4 AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung iSd Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
Gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis 50.000 Euro.
5.2. Im Grunde des festgestellten Sachverhaltes ist daher von einer Beschäftigung des s. Staatsangehörigen D. und des K. K. am 31.8.2015 beim Bauvorhaben L. K. durch die E. GmbH, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, auszugehen. Arbeitsmarktrechtliche Papiere lagen jedoch für die beiden Personen nicht vor. Auch lag keine Meldung zur Sozialversicherung vor. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt.
5.3. Der Beschuldigte stützt sich auf mangelndes Verschulden bzw. einen entschuldbaren Irrtum.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen stellen Ungehorsamsdelikte dar, wonach grundsätzlich Fahrlässigkeit vermutet wird. Allerdings hat der Beschuldigte in einem umfangreichen Vorbringen entlastende Umstände dargelegt, nämlich dass sowohl durch den Beauftragten M.S. als auch den Vorarbeiter B. Kontrollen und Prüfungen der beschäftigten Ausländer vorgenommen wurden. Insbesondere wurde glaubhaft vom Zeugen dargelegt, dass die Ausländer M. und J. als überlassene Arbeitskräfte benannt wurden, und für diese sowohl Beschäftigungsbewilligung als auch Sozialversicherungsmeldung vorlagen. Auch wurde vor Arbeitsantritt am 31.8.2015 eine Kontrolle durch den Vorarbeiter durchgeführt und wurden diesem Ausweise entsprechend der auf seiner Liste angeführten Arbeitnehmer vorgelegt. Es wurde daher alles unternommen, dass die überlassenen Arbeitskräfte über die erforderlichen Papiere verfügen. Es kann hingegen dem Beschuldigten nicht angelastet werden, dass, wie in der Verhandlung auch glaubwürdig dargelegt wurde, die betreffenden Ausländer sich unter falschem Namen meldeten, entsprechende Papiere vorlegten und sich daher für andere Personen ausgaben. Hingegen ist zugute zu halten, dass erst bei der polizeilichen Anhaltung und Nachprüfung dann die wahre Identität festgestellt werden konnte. Da sowohl vor Arbeitsbeginn eine Überprüfung der beiden überlassenen bekanntgegebenen Arbeitnehmer M. und J. hinsichtlich der erforderlichen Papiere vorgenommen wurde und auch deren Identität noch vor Arbeitsbeginn am 31.8.2015 überprüft wurde, ist der Irrtum über die tatsächlich beschäftigten Personen und deren Identität nicht vorwerfbar und liegt sohin ein entschuldbarer Tatirrtum vor.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Es war daher spruchgemäß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s e
1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt