LVwG-750371/2/ER

Linz, 27.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des Mag. R S, geb. x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 20. Juni 2016, GZ. WL-III-WA/0359/2016, wegen der Abweisung eines Antrags auf Ausstellung eines Waffenpasses

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 20. Juni 2016, GZ: WL-III-WA/0359/2016, wies die Landespolizeidirektion Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 25. Mai 2016 auf Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs 2 Waffengesetz ab.

 

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs allein Sache des Waffenpasswerbers sei, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und eine besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Verwaltungsgerichtshof sehe alleine in der Tätigkeit als Rechtsanwalt keinen Bedarf zum Führen von Waffen.

Dem Vorbringen des Bf sei kein persönliches Schutzbedürfnis in dem Ausmaß zu entnehmen, das an einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen heranreichen würde.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf, in der dieser ausführt, dass es ihm gelungen sei, die Gefährdung zu bescheinigen. Der Beweis der von der belangten Behörde gewünschten Klarheit sei faktisch nicht möglich und würde voraussetzen, dass jeder Antragsteller zuvor bereits einmal Opfer eines Angriffs geworden sei. Der Bf sei als Rechtsanwalt einer auch gegenüber dem allgemeinen Rechtsanwaltsstatus erhöhten Gefahr ausgesetzt. Die Gefahr gehe dabei nicht aus dem Kreis seiner Mandanten, sondern aus dem Kreis der „zugewiesenen“ Personen (zB Schuldner im Insolvenzverfahren, Mandate im Rahmen der Verfahrenshilfe) bzw aus dem Kreis der mittelbar Beteiligten (zB Verfahrensgegner in Sorgerechtsverfahren, Opfer von Strafverfahren) aus.

Soweit es ihm berufsrechtlich erlaubt sei, habe der Bf Gefährdungspotenziale konkret glaubhaft gemacht, es handle sich um keine Spekulationen. Die belangte Behörde habe nur sehr allgemeine Zweifel geäußert, ohne die ins Treffen geführten Punkte des Bf zu widerlegen.

 

Der Bf beantragte daher die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des bekämpften Bescheids, sowie dem Antrag des Bf auf Ausstellung eines Waffenpasses stattzugeben.

 

I.3. Mit Schreiben vom 25. Juli 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und die Beschwerde. Auf Grundlage der im Akt enthaltenen Unterlagen konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 2 Z 2 VwGVG entfallen. Nach dieser Bestimmung kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetze nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Für das Oö. Landesverwaltungsgericht steht der Sachverhalt aufgrund der vorliegenden Aktenlage unstrittig fest und werden zudem die Sachverhaltsangaben des Bf der Entscheidung zugrunde gelegt. Unklarheiten hinsichtlich der Sachverhaltsebene, die einer näheren mündlichen Erörterung im Rahmen einer Verhandlung bedürften, sind der gegenständlichen Beschwerde nicht zu entnehmen.

 

Eine Verhandlung wird vom Oö. Landesverwaltungsgericht somit nicht für erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde keine Sachverhaltsfragen sondern ausschließlich eine Rechtsfrage zu klären war. Die gegenständliche Rechtsfrage unterliegt nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichts auch nicht dem Anwendungsbereich des Art 6 EMRK; dieser ist auf „zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen“ bzw auf die „Stichhaltigkeit erhobener strafrechtlicher Anklagen“ anzuwenden. Das Recht, eine Waffe führen zu dürfen, stellt selbst kein "civil right" im Sinne des Art 6 EMRK dar, es handelt sich bei der dem Bf versagten Bewilligung um eine öffentlich-rechtliche Befugnis. Es ist auch nicht zu ersehen, welche direkten Auswirkungen auf ein "civil right" des Bf die von ihm bekämpfte Versagung dieser Befugnis mit sich gebracht hätte. Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zu § 12 Waffengesetz ausgesprochen, dass es sich dabei um ein Verwaltungsverfahren, das die Erlassung einer Administrativmaßnahme zur Verhütung von Gefahren durch Waffenmissbrauch zum Gegenstand habe, handle (vgl VwGH 17.10.2002, 2001/20/0418; VwGH 26.6.2014, Ro 2014/03/0063, uHa VwGH 19.3.2013, 2012/03/0180) und in dem daher die Verfahrensgarantien der mündlichen Verhandlung nach Art 6 MRK keine Anwendung finden (vgl VwGH 19.03.2013, 2012/03/0180; VwGH 22.10.2012, 2012/03/0063). Auch wenn ein Waffenverbot anderen Voraussetzungen unterliegt als ein Antrag auf einen Waffenpass, dient auch Letzterer dazu, im Rahmen der Bedarfsprüfung bereits vorab mögliche Gefahren durch Waffenmissbrauch zu verhindern.

 

I.4. Es steht folgender entscheidungsrelevanter  S a c h v e r h a l t  fest:

 

Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2016 beantragte der Bf die Ausstellung eines Waffenpasses wie folgt:

Ich beantrage die Ausstellung eines Waffenpasses gemäß § 21 Abs. 2 Waffen zum Führen einer Schusswaffe der Kategorie B.

Die Verlässlichkeit wird durch das psychologische Gutachten vom 31.03.2016 bescheinigt.

Den ‚Waffenführerschein‘ habe ich am 25.04.2016 abgelegt, wobei ich als früherer Milizsoldat mit der Funktionsweise von Waffen und dem Umgang zwar grundsätzlich vertraut bin, das Auffrischen des Erlernten aber durchaus positiv war. Die rechtlichen Bestimmungen sind mir bekannt.

Den Bedarf begründe ich wie folgt:

Ein gewisses Gefahrenpotential ist mit dem Beruf eines Rechtsanwaltes immer verbunden, weil man als Vertreter vor seinen Mandanten steht und oft für den Prozessgegner oftmals zum Feindbild wird. Konkrete Gefahren ergeben sich bei der Tätigkeit als Strafverteidiger, da immer wieder Klienten oder im Rahmen der Verfahrenshilfe zugewiesene Mandanden die Schuld an einer Verurteilung nicht in ihrer Tat sondern in einem Fehler des Anwaltes sehen.

Ein weiterer Gefahrenherd ist die Vertretung in Obsorge- und Unterhaltsverfahren, wo besonders viel Emotionen enthalten sind und ich auch schon in Verfahren vertreten habe, wo die Verhandlungen unter Polizeischutz stattgefunden haben.

Ich bin auch sehr häufig als Insolvenzverwalter tätig und zwar ausschließlich bei Privatinsolvenzen. In diesen Verfahren ist es meine Aufgabe, das (noch) vorhandene Vermögen zu verwerten.

Die Schuldner sind meist in einer psychischen Ausnahmesituation und wird oftmals die Person den Insolvenzverwalters als ‚Blitzableiter‘ herangezogen, der nicht nur die ‚bösen Gläubiger‘ vertritt, sondern auch noch die letzten Vermögenswerte weg nimmt. Es gab wiederholt Schuldner, die unterschwellige Drohungen formuliert haben.

Bisher habe ich mich darauf verlassen, dass ich körperlich in der Lage sein sollte, Angriffe mit Hieb- und Stichwaffen zumindest soweit abzuwehren, dass keine lebensgefährlichen Verletzungen eintreten. Bei einem Angriff mit Schusswaffen hätte ich eher auf Bewegung gesetzt, weil der ungeübte Schütze ein bewegliches Ziel ab einer gewissen Distanz wohl nur zufällig trifft.

Die körperliche Fitness hat abgenommen, die Zahl der mehr oder weniger direkten Drohungen hat zugenommen und auch der Altersunterschied zu den drohenden Personen, sodass der Schutz meiner eigenen Person nur mehr mit Hilfe einer Handfeuerwaffe der Kat. B möglich ist.

Eine konkrete Bedrohung liegt aktuell nicht vor, da ich in einem derartigen Fall die Sicherheitsbehörde informiert hätte. Die allgemeine Bedrohungslage nimmt jedoch zu, weshalb ich die Ausstellung einen Waffenpasses beantrage, um mich bei Auftreten einer Gefahr schützten zu können.

 

Diesem Antrag legte der Bf ein psychologisches Gutachten vom 31. März 2016 zur Frage der Verlässlichkeit gemäß § 8 Abs 7 WaffG bei, in dem ihm bescheinigt wird, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Neigung festgestellt werden konnte, insbesondere unter psychischer Belastung mit Waffen unvorsichtig umzugehen oder sie leichtfertig zu verwenden. Ferner legte der Bf dem Antrag seinen „Waffenführerschein“ bei.

 

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 31. Mai 2016 wurde dem Bf mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses abzuweisen, da die Behörde davon ausgehe, dass der Bf die erforderliche Rechtfertigung nicht ausreichend glaubhaft machen konnte. Gleichzeitig wurde dem Bf die Gelegenheit eingeräumt, sich binnen zwei Wochen abschließend zu äußern.

 

Mit Schreiben vom 14. Juni 2016 führte der Bf aus, dass die Formulierung, es liege keine konkrete Bedrohung vor, nicht so aufzufassen sei, dass eine Bedrohung nur vermutet oder befürchtet werde. Es sei wiederholt zu direkten oder indirekten Bedrohungen gekommen, auch in den letzten Wochen, auch werde der Bf künftig immer wieder bedroht werden. Die Formulierung sei so zu verstehen, dass der Bf aktuell keiner direkten unmittelbaren persönlichen Bedrohung ausgesetzt sei, allerdings insgesamt die Anzahl der berufsbedingten Anfeindungen und Bedrohungen zunehme. Es sei eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis eine dieser Drohungen in die Tat umgesetzt werde, wofür der Bf vorsorgen wolle. Im Falle einer unmittelbaren persönlichen Drohung würde der Bf unverzüglich die Sicherheitsbehörde informieren, da er sich nicht leichtfertig einer Gefahr aussetzen wolle. Als ehemaliger Milzsoldat sei der Bf mit der Handhabung von Waffen vertraut, ebenso mit dem Gefahrenpotenzial. Das Mitführen einer Waffe sei für ihn nur das letzte Mittel, er habe auch vorerst nicht vor, trotz der bestehenden Gefahrensituation eine Waffe tatsächlich mit sich zu führen, da er erst weitere Schulungen im Umgang mit Waffen absolvieren wolle. Die besondere Gefahrenlage könne letztendlich nicht bewiesen, sondern nur glaubhaft gemacht werden, da ein Beweis erst durch Eintritt einer Notwehrsituation erfolgen könne. Jene Personen, die gegenüber dem Bf Drohungen aussprechen oder andeuten würden, befänden sich meist in psychischen Ausnahmesituationen und seien daher als gefährlich einzustufen.

 

Nach Einlangen dieser Stellungnahme bei der belangten Behörde erließ diese den angefochtenen Bescheid, den der Bf rechtzeitig bekämpfte.

 

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich völlig unbestritten und widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Beschwerde.

 

 

III. Gemäß § 21 Abs 2 des Waffengesetzes 1996 – WaffG, BGBl I Nr 12/1997, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 43/2010, hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

 

Gemäß § 22 Abs 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann.

 

Gemäß § 19 Abs 1 WaffG sind Schusswaffen der Kategorie B Faustfeuerwaffen, Repetierflinten und halbautomatische Schusswaffen, die nicht Kriegsmaterial oder verbotene Waffen sind.

 

Gemäß § 7 Abs 1 WaffG führt eine Waffe, wer sie bei sich hat.

 

Gemäß § 7 Abs 2 WaffG führt eine Waffe jedoch nicht, wer sie innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten bei sich hat.

 

Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1.1. In § 21 Abs 2 WaffG sieht der Gesetzgeber im (hier anzuwendenden) ersten Satz der Bestimmung 3 Tatbestandselemente vor, bei deren Vorliegen ein Waffenpass für Waffen der Kategorie B von der Behörde (ohne Ermessen) auszustellen ist. Sowohl die Verlässlichkeit als auch die Vollendung des 21. Lebensjahres sind im in Rede stehenden Fall unbestritten und sohin nicht weiter zu erörtern. Anders aber verhält es sich bei dem Tatbestandselement des Bedarfs, der vom Bf nachzuweisen ist. Hier ist insbesondere auf § 22 Abs 2 WaffG Bedacht zu nehmen.

 

Gemäß § 22 Abs 2 WaffG ist ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 leg.cit. jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, dass er außerhalb von Wohn- und Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt entgegnet werden kann.

 

Zur Intention des Gesetzgebers – welche bei der Interpretation von normativen Tatbestandsmerkmalen einfließt – ist auszuführen, dass dem Waffengesetz eine durchgängige Grundhaltung innewohnt, die einen eher restriktiven Zugang bei der Ausstellung von waffenrechtlichen Genehmigungen dokumentiert, was sich nicht zuletzt ua in der Bestimmung des § 10 manifestiert, der das öffentliche Interesse „an der Abwehr der mit dem Waffengebrauch verbundenen Gefahren“ betont.

 

In diesem Sinn ist zur Beurteilung der Frage des Bedarfes schon aus der Formulierung, „besondere Gefahren, denen am zweckmäßigsten durch Waffengewalt wirksam begegnet werden kann“ abzulesen, dass hier Fallgruppen angesprochen sind, die quasi der ultima ratio des Waffeneinsatzes bedürfen. Demnach sind solche nicht umfasst, die am ehesten durch Deeskalation, durch Anzeigeerstattung oder auch durch den Einsatz von gelinderen Mitteln als dem Führen einer Schusswaffe gelöst werden können.

 

IV.1.2. Ausgehend von der geltenden Rechtslage ist es entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfs zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher – macht er eine besondere Gefährdung geltend – im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableitet, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwächst und dass es sich hierbei um eine solche qualifizierte Gefahr handelt, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann (VwGH 3.10.2015, Ra 2015/03/0078). Ferner ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl VwGH 19.12.2013, 2013/03/0046, uHa VwGH 27.1.2011, 2010/03/0072).

Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 19.12.2006, 2005/03/0035; VwGH vom 25.1.2006, 2005/03/0062).

 

IV.2.1. Der Bf begründete in seinem Antrag den Bedarf zum Führen einer Waffe im Wesentlichen damit, dass er als Rechtsanwalt oftmals zum Feindbild werde, was ein gewisses Gefahrenpotenzial berge. Konkrete Gefahren leitete der Bf aus seiner Tätigkeit als Strafverteidiger bzw Verfahrenshilfeverteidiger ab, zumal ihm zugewiesene Mandanten die Schuld an einer Verurteilung geben würden.

Ferner begründete der Bf seinen Bedarf damit, häufig als Insolvenzverwalter in Privatinsolvenzverfahren tätig zu sein. Auch dabei sei er mit Personen befasst, die sich in psychischen Ausnahmesituationen befänden und ihn als „Blitzableiter“ heranziehen würden. Hinsichtlich jener Personen, mit denen er im Rahmen von Insolvenzverfahren befasst ist, führte der Bf aus, dass es wiederholt Schuldner gegeben habe, die unterschwellige Drohungen formuliert hätten.

Hinsichtlich seiner Tätigkeit in Obsorge- und Unterhaltsverfahren wies der Bf lediglich darauf hin, dass diese Verfahren mit besonders vielen Emotionen behaftet seien und er auch schon in Verfahren vertreten habe, bei denen Verhandlungen unter Polizeischutz stattgefunden hätten.

 

IV.2.2. Mit seinem Vorbringen zeigt der Bf keinen Bedarf iSd zitierten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auf, sondern stellt allgemeine Vermutungen in den Raum, ohne eine konkrete Gefahrenlage darzutun. Er beschränkte sich lediglich darauf, in seinem Antrag auf ein „gewisses Gefahrenpotenzial“ zu verweisen, ohne darzulegen, ob bzw wie wahrscheinlich sich daraus für ihn eine bedarfsbegründende Situation ableiten lassen würde. Auch in der Stellungnahme und in der Beschwerde konkretisierte er die Gefahrenlage nicht, sondern blieb bei allgemeinen Ausführungen darüber, dass er – auch gegenüber dem allgemeinen Rechtsanwaltsstatus – aufgrund seines Tätigkeitsbereichs einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sei.

 

Der Bf stellt sohin nur Spekulationen über mögliche Gefährdungslagen an und nennt keine konkrete Bedrohungssituation (z.B.: Bedrohung, Angriff, ...), in der eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich gewesen wäre. Wäre eine der Begegnungen eskaliert oder der Bf bedroht worden, ist davon auszugehen, dass er dies ausführlich im Verfahren geschildert und überdies zur Anzeige gebracht hätte. Dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis eine Drohung in die Tat umgesetzt werde, ist eine bloße Vermutung, die der Bf in keiner Weise konkretisierte. Wenn der Bf ausführt, dass er – soweit es ihm berufsrechtlich erlaubt sei – Gefährdungspotenziale glaubhaft gemacht habe, ist dem zu entgegnen, dass er es gänzlich unterlassen hat, eine Gefährdungssituation tatsächlich zu konkretisieren. Auch unter Wahrung seiner Verschwiegenheitspflicht wäre es möglich gewesen, allfällige konkrete Bedrohungsszenarien soweit anonymisiert darzustellen, dass der jeweilige Sachverhalt und die angeblich daraus resultierende Bedrohungssituation erkennbar werden. Der Bf stützte sich jedoch ausschließlich auf abstrakte Behauptungen bzw unsubstantiierte Vermutungen betreffend die Zukunft und führte zudem in seinem Antrag aus, dass eine konkrete Bedrohung aktuell nicht vorliege, die allgemeine Bedrohungslage jedoch zunehme. Dies konkretisierte er weder in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 2016 noch in seiner Beschwerde in dem Maß, dass sich daraus schlüssig – entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs – eine konkrete Gefährdung ableiten ließe. Verdichtete Verdachtsgründe, die auf eine konkrete Gefährdung schließen lassen würden, liegen daher nicht vor.

 

Abgesehen davon führte der Verwaltungsgerichtshof zum „Feindbild“ als Verfahrenshilfeverteidiger in seinem Erkenntnis vom 23. August 2013, 2013/03/0081, Folgendes aus: „Bei der Befürchtung des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als Strafverteidiger (er verweist dabei insbesondere auf die im angefochtenen Bescheid erwähnte bedingte Entlassung eines von ihm als Verfahrenshelfer verteidigten geistig abnormen Rechtsbrechers), die verteidigten Personen würden ihn für die Verhängung von Gefängnisstrafen ‚verantwortlich‘ machen und ihn deshalb bedrohen, handelt es sich um eine (nicht weiter substantiierte) Vermutung, mit der keine Bedrohung seiner Person dargetan wird, der im genannten Sinn (nur) mit Waffengewalt begegnet werden kann.“

 

Mit seinem abstrakten Vorbingen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit als Verfahrenshilfeverteidiger einer erhöhten Gefahr ausgesetzt sei, es bereits zu direkten und indirekten Drohungen gekommen sei, wobei die Personen, die ihm gegenüber Drohungen aussprechen oder andeuten würden, sich meist in psychischen Ausnahmesituationen befänden und daher als gefährlich einzustufen seien, gelang es dem Bf iSd zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht, eine Bedrohung darzutun, der nur mit Waffengewalt begegnet werden könnte.

 

Zur Gefährdungssituation eines Insolvenzverwalters führte der Verwaltungsgerichtshof im selben Erkenntnis Folgendes aus: „Ferner lassen die in der Beschwerde geltend gemachten, gegen den Beschwerdeführer bzw sein Kanzleipersonal gerichteten Anpöbelungen und aggressiven Aussagen (insbesondere im Zuge von Darlehensbetreibungen für mehrere Banken und Versicherungen, wobei häufig Liegenschaften von Schuldnern zwangsversteigert, Forderungen in Insolvenzverfahren angemeldet und Räumungsexekutionen durchgeführt würden, was bei den Betroffenen höchsten Stress und immer wieder aggressive Handlungen auslösen könne) nicht erkennen, dass es für den Beschwerdeführer in einer derartigen Situation zweckmäßig gewesen wäre, eine Faustfeuerwaffe zu führen (vgl dazu etwa VwGH vom 26. April 2011, 2010/03/0109).

 

Hinsichtlich der Insolvenzverwaltung konnte der Bf somit iSd Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs mit seinem Vorbringen, wiederholt mit unterschwelligen Drohungen konfrontiert worden zu sein, keine Situation dartun, in der es zweckmäßig gewesen wäre, eine Faustfeuerwaffe zu führen.

 

Auch, dass Verfahren in Obsorge- und Unterhaltsangelegenheiten mit Emotionen verbunden sind, führt weder zwingend zum Schluss, dass daraus Gefährdungssituationen abzuleiten sind, noch, dass diesen nur mit Waffengewalt begegnet werden könnte. Vielmehr zeigt der Hinweis, dass in besonders emotionsgeladenen Verfahren die Polizei zum Schutz anwesend war, dass mit dieser Maßnahme das Auslangen gefunden werden konnte.

 

Die Antragsbegründung des Bf erschöpft sich sohin in schlichten Behauptungen, die jedenfalls kein Glaubhaftmachen im Sinne von § 22 Abs 2 WaffG ist.

 

IV.2.3. Abgesehen davon, dass es dem Bf nicht gelungen ist, eine konkrete Gefährdungssituation darzutun, ist es ihm auch nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass in den von ihm beschriebenen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt bzw das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann (VwGH 3.10.2015, Ra 2015/03/0078). Der Bf hat lediglich ausgeführt, dass er sich aufgrund seiner nachlassenden körperlichen Fitness nicht mehr in der Lage sieht, Angriffen mit Hieb- und Stichwaffen bzw Schusswaffen auszuweichen, er hat aber weder dargetan, dass konkret mit derartigen Angriffen zu rechnen sei, noch warum ausschließlich eine genehmigungspflichtige Schusswaffe erforderlich und zweckmäßig wäre, um sich dagegen zu wehren.

 

IV.3. Für den Fall, dass es zu einer unmittelbaren persönlichen Drohung kommen sollte, führte der Bf in seiner Stellungnahme aus, dass er die Sicherheitsbehörde informieren würde, da er sich nicht leichtfertig einer Gefahr aussetzen wolle. Damit machte der Bf einerseits deutlich, dass es bislang zu keiner konkreten Bedrohung gekommen ist, da er ansonsten bereits die Sicherheitsbehörde informiert hätte, was er aber nicht vorbringt. Andererseits geht daraus eindeutig hervor, dass der Bf selbst offensichtlich die Einschaltung der Sicherheitsbehörden im Fall allfälliger künftiger Bedrohungssituationen für wirkungsvoller erachtet als den Gebrauch von Waffen.

 

Dies entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, der betont, dass die Abwehr einer allgemeinen Gefahr, wie der rechtswidrigen Verwirklichung des Tatbestands einer gerichtlich strafbaren Handlung (die vorsätzlich begangen wird) nach dem StGB auf dem Boden des Sicherheitspolizeigesetzes den Sicherheitsbehörden und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (dazu zählen insbesondere die Angehörigen des Wachkörpers Bundespolizei), die für die Sicherheitsbehörde den Exekutivdienst versehen, zukommt (vgl VwGH 19.12.2013, 2013/03/0017, mwH). Zudem ist es nicht ausgeschlossen, dass die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer Gefährdung Unbeteiligter führen kann, und der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit mit sich bringen kann (vgl VwGH 23.8.2013, 2013/03/0081). Selbst wenn emotional aufgewühlte Situationen – wie vom Bf subjektiv empfunden – vorlägen, ist es angebracht, deeskalierend vorzugehen und nicht mit der potentiellen Nutzung bzw Zurschaustellung einer Faustfeuerwaffe eine zusätzliche Drohkulisse zu schaffen. Das erkennende Gericht verweist deshalb auf gelindere Mittel, die die allgemeine Gefahr von Übergriffen hintanzuhalten vermögen, wie zum Beispiel – die vom Bf selbst ins Treffen geführte – Vorabinformation bei Verdachtsmomenten an die Sicherheitsbehörden oder Aufklärung der Sicherheitsbehörden über die generelle Situation des Bf, sodass diese gezielt ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen können (vgl VwGH 19.6.2015, Ra 2015/03/0036).

 

 

IV.4. Zusammengefasst ist also festzuhalten, dass dem Bf ein Nachweis des Bedarfs gemäß § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 WaffG nicht gelungen ist.

 

Kann der Antragsteller einen Bedarf zum Führen von Schusswaffen der Kategorie B nicht nachweisen, so liegt gemäß § 10 WaffG die Ausstellung im Ermessen der Behörde. Das eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf iSd § 22 Abs 2 WaffG nahekommen.

 

Eine positive bedarfsunabhängige Ermessensentscheidung war im konkreten Fall nicht zu treffen, da die vom Bf geltend gemachten Umstände nicht an einen Bedarf heranreichen und darüber hinaus das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren – entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgebot des § 10 WaffG – sehr hoch zu veranschlagen ist (vgl VwGH 28.2.2006, 2005/03/0041; VwGH 19.2.1998, 97/20/0702 uHa VwGH 18.9.1997, 95/20/0586, mwN).

 

 

V. Im Ergebnis war daher die Beschwerde abzuweisen und der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht ab.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr.  R e i t t e r