LVwG-700189/10/BP/BD
Linz, 27.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag.
Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F K, geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 19. Juli 2016, GZ: Sich96-144-2016, wegen einer Übertretung des Meldegesetzes
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 22 Abs.1 Meldegesetz 1991, idF BGBl. Nr 505/1994, wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133
Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom
19. Juli 2016, GZ: Sich96-144-2016, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 22 Abs.1 Meldegesetz 1991, idF BGBl. Nr 505/1994, eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden verhängt.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
Sie haben im Jänner 2015 in H, H 20, mit Hauptwohnsitz Unterkunft genommen und es zumindest bis zum 6.2.2016 unterlassen, sich beim Meldeamt der Stadtgemeinde A polizeilich anzumelden, obwohl, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, sich innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden hat.
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, worin wie folgt ausgeführt wird:
Wie mit Ihnen abgesprochen, möchte ich, Herr F K, eine Beschwerde wegen der Verwaltungsübertretung einreichen.
Am 6.2.16 kam es, nach einem Streit mit meiner Ex-Frau zu einem Polizeieinsatz und die PolizeibeamtInnen, nahmen nach ihrem Einsatz an, dass ich in H, H 20 Unterkunft nehme, wobei ich unter einer anderen Adresse gemeldet bin.
Wie es zu dieser Annahme kommen konnte, ist mir unklar.
Meine Deutschkenntnisse reichten anscheinend für eine genaue Erklärung über die momentane Wohnsituation nicht aus.
Mir ist es ein Anliegen, dass ich Ihnen dies schriftlich erläutere.
Seit Juli 2012 lebe ich mit meiner Ex-Frau A K in Scheidung. Trotz neuem Wohnsitz und neuer Meldeadresse war ich ab diesem Zeitpunkt sehr häufig auf Besuch bei meiner Ex-Frau, da wir 2 gemeinsame Kinder haben und ich die Familie, nach wie vor, unterstützen wollte.
Ich war immer bemüht, mich bei einem Wohnungswechsel sofort rechtmäßig beim Meldeamt umzumelden.
Ich erhielt, zusätzlich zu meiner Geldstrafe (100 Euro) eine Mahngebühr von 10 Euro.
Ich war wegen einem familiären Krankheitsfall vom 09.07-06.08 in der Türkei und konnte daher, nicht wie sonst zeitnah auf ihren Brief antworten.
Ich bitte Sie hiermit höflich auf meinen Einspruch Rücksicht zu nehmen und bedanke mich im Vorhinein für die Bearbeitung dieser Beschwerde.
3. Mit Schreiben vom 3. Oktober 2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.
Zusätzlich wurde am 25. Oktober 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durchgeführt.
5.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Der Bf lebte mit seiner Ehegattin seit Juli 2012 in Scheidung und hatte schon im Jahr 2010 die gemeinsame Wohnung verlassen. Bis dato verfügt er über eine eigene Wohnung, wobei sich aber das Verhältnis zur Ex-Gattin wieder verbessert hat und er auch manchmal in deren Wohnung (H, H) übernachtet. Auch am 6. Februar 2016 hatte der Bf die Nacht davor in der Wohnung seiner Gattin und der gemeinsamen Kinder verbracht. Ein gemeinsamer Wohnsitz der Ex-Ehegatten bestand im Zeitraum Jänner 2015 bis 6. Februar 2016 nicht.
II.
In der öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte der Bf in völliger Übereinstimmung mit der als Zeugin geladenen Ex-Gattin darlegen, dass er im genannten Zeitraum (Jänner 2015 bis 6. Februar 2016) wie auch jetzt noch über eine eigene Wohnung verfügt, jedoch bisweilen in der Wohnung der Exgattin übernachtete, da sich das Verhältnis gebessert habe. Sowohl der Bf als auch die Zeugin gaben glaubhaft an, dass der Bf weder im vorgeworfenen Zeitraum noch aktuell in die Wohnung am H in H eingezogen sei. Er wohne nicht ständig dort. Diese Aussagen gewinnen dadurch an Glaubwürdigkeit, da beide freimütig einräumten, dass es schon vorkomme, dass der Bf – vor allem wegen der Kinder – bisweilen an der vorgeworfenen Adresse übernachte. Ein gemeinsamer Wohnsitz würde aber derzeit noch nicht wieder in Frage kommen. Betreffend die Feststellungen der Beamten am 6. Februar, wonach der Bf als auch dessen Gattin angegeben hätten, er würde dort seinen Hauptwohnsitz haben, ist nachvollziehbar, dass die Erklärungsversuche, der Bf habe dort zwar übernachtet, nicht aber ständig gewohnt aufgrund der mangelnden Sprachkenntnisse zu Irrtümern geführt hatten. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung war – im Gegensatz zur Erstbefragung – ein Dolmetscher für die türkische Sprache anwesend, der sowohl den Bf als auch die Zeugin weitreichend sprachlich unterstützen musste.
III.
1. Gemäß § 22 Abs. 1 Z 1 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr 505/1994, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe bis zu 2 180 Euro, zu bestrafen, wer die ihn treffende Meldepflicht nach den §§ 3, 4, 5 oder 6 nicht erfüllt.
Gemäß § 3 Abs. 1 Meldegesetz ist, wer in einer Wohnung Unterkunft nimmt, innerhalb von drei Tagen danach bei der Meldebehörde anzumelden.
2. Im vorliegenden Fall ist nach dem festgestellten Sachverhalt keinesfalls anzunehmen, dass der Bf, der mit seiner Gattin in Scheidung lebt, im vorgeworfenen Tatzeitraum nicht an seiner eigenen Unterkunft wohnte, sondern zu ihr und den Kindern zog. Zeitweilige Besuche, die auch Übernachtungen einschlossen, begründen jedenfalls keine Wohnsitznahme. Eine solche wäre sowohl von der Gattin abgelehnt als auch vom Bf nicht beabsichtigt gewesen. Es mangelte daher zum Einen an der Aufgabe der Wohnung des Bf, der auch bis dato nicht wieder zu seiner Ex-Familie gezogen ist, zum Anderen an einer Unterkunftnahme im Sinne des § 3 Meldegesetz, der die Intention einer Wohnsitzbegründung inkludiert.
3. Es mangelt daher schon am Vorliegen der objektiven Tatseite, weshalb der Beschwerde im Ergebnis stattzugeben, der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen waren.
4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird.
4.2. In diesem Sinn war dem Bf kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree