LVwG-601553/2/ZO
Linz, 04.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Gottfried Zöbl über die Beschwerde des Herrn D D, vertreten durch Rechtsanwalt Ing. Mag. A G, S, vom 22.08.2016, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirkes Grieskirchen vom 21.07.2016, Zl: VerkR96-1449-2016, wegen einer Übertretung der StVO,
zu Recht e r k a n n t :
I. Der Beschwerde wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung eingestellt.
II. Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 19.11.2015 um 13:52 Uhr auf der B141 bei km 2,739 in Fahrtrichtung Grieskirchen als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen x die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 55 km/h überschritten habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Zf. 10a StVO begangen, weshalb über ihn gem. § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe in Höhe von 260 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 26 Euro verpflichtet.
2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde machte der Beschwerdeführer zusammengefasst geltend, dass er mit dem Fahrzeug nicht selbst gefahren sei. Er habe zur Lenkererhebung keine Angaben machen können, weil er nicht gewusst habe, wer das Fahrzeug damals gelenkt habe. Die Beweiswürdigung der Behörde, dass er zur Tatzeit der Lenker gewesen sei, weil er Zulassungsbesitzer sei, sei unzulässig. Das Verwaltungsstrafverfahren gehe nach wie vor vom Grundsatz der Unschuldsvermutung aus. Die Behörde habe nachzuweisen, dass der Beschwerdeführer die Übertretung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit begangen hat. Auf den Radarfotos sei der Lenker nicht erkennbar, er bestreite, den PKW gelenkt zu haben und es sei nicht seine Aufgabe, sich „frei zu beweisen“.
Er habe sich damals auf einer Schulung im Bereich Grieskirchen befunden und seinen PKW mehreren Schulungsteilnehmern für eine Probefahrt überlassen. Rückwirkend könne er nicht mehr feststellen, wer den PKW zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat. Er habe jene Personen, welche damals Probefahrten durchgeführt haben, mit dem Vorwurf konfrontiert und keiner sei bereit gewesen, die Verantwortung zu übernehmen. Er könne daher keine Angaben zum tatsächlichen Lenker machen oder weitere Beweise vorlegen. Dieser Sachverhalt dürfe aber nicht so gewertet werden, dass er der Lenker des Fahrzeuges gewesen sei.
3. Die Verwaltungsbehörde hat den Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ohne Beschwerdevorentscheidung vorgelegt. Es ergibt sich daher dessen Zuständigkeit, wobei es durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden hat (§ 2 VwGVG).
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb die Verhandlung trotz des Antrages des Beschwerdeführers entfällt (§ 44 Abs. 2 VwGVG).
4.1 Folgender Sachverhalt steht fest:
Gegen den Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen x wurde Anzeige erstattet, weil dieser entsprechend einer Radarmessung am 19.11.2015 um 13:52 Uhr in Hofkirchen an der Trattnach auf der B141 bei km 2,739 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 55 km/h überschritten hatte. Der Beschwerdeführer ist Zulassungsbesitzer des gegenständlichen PKW. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat ihn mit Schreiben vom 12.1.2016 gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert, den Lenker des Fahrzeuges zur angeführten Zeit bekannt zu geben. Dieser Aufforderung ist der Beschwerdeführer nicht nachgekommen. In weiterer Folge wurde das Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung weiter geführt, wobei der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren bestritt, den PKW selbst gelenkt zu haben. Bezüglich der nicht erteilten Lenkerauskunft bzw. möglicher anderer Lenker machte er die auch in der Beschwerde vorgebrachten Angaben (sh. P. 2).
5. Darüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:
5.1 Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Zf.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.
§ 45 Abs. 1 VStG lautet (auszugsweise) wie folgt:
Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet
...
5.2 Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat im Straferkenntnis sowie bei der Aktenvorlage grundsätzlich zutreffend auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach den Zulassungsbesitzer in derartigen Fällen eine Mitwirkungspflicht trifft. Aus der mangelnden Mitwirkung darf im Rahmen der Beweiswürdigung der Schluss gezogen werden, dass der Zulassungsbesitzer seinen PKW selbst gelenkt hat. Dieser Schluss ist jedoch nicht zwingend und je nach dem Verhalten des Betroffenen während des Verfahrens ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Im konkreten Fall hat der Beschwerdeführer von Anfang an bestritten, den PKW selbst gelenkt zu haben. Im Lauf des Verfahrens hat er auch eine - zumindest nicht völlig abwegige - Erklärung für die unterlassene Lenkerauskunft abgegeben. Es ist zwar durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer seinen PKW selbst gelenkt hat, seine Behauptung, diesen an mehrere Kursteilnehmer verliehen zu haben, kann jedoch ebenfalls nicht widerlegt werden. Der Beschwerdeführer hat es zwar unterlassen, diese namentlich bekannt zu geben, dennoch erscheint es bei Abwägung aller Umstände nicht ausgeschlossen, dass seine Behauptung richtig ist. Es ist daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen, dass der Beschwerdeführer seinen PKW selbst gelenkt hat.
Es war daher der Beschwerde stattzugeben und das Verfahren wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung gem. § 45 Abs. 1 VStG nicht weiter fortzuführen. Ob der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine andere Verwaltungsübertretung begangen hat, ist nicht Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens sondern von der belangten Behörde zu beurteilen.
Zu II.:
Die Entscheidung über die Kosten für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 52 VwGVG.
Zu III.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung beruht auf freier Beweiswürdigung, welche keine Rechtsfrage, jedenfalls keine solche von grundsätzlicher Bedeutung bildet. Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof in den von der belangten Behörde zitierten Entscheidungen auch eine entgegengesetzte Beweiswürdigung als zulässig angesehen hat, was aber nichts daran ändert, dass auch die in diesem Fall getroffene Beweiswürdigung nicht rechtswidrig ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Gottfried Zöbl