LVwG-601537/9/KOF/LR

Linz, 08.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Josef Kofler über die Beschwerde des Herrn O T,
geb. x, x gegen das Straferkenntnis
der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 01. September 2016,
VerkR96-9212-2016, wegen Übertretungen der StVO, des FSG und des KFG, nach der am 31. Oktober 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I./1. und 2.:

Betreffend die Punkte 1. und 2. des behördlichen Straferkenntnisses wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat zum Verfahren vor dem Landesverwaltungs-gericht Oberösterreich einen Kostenbeitrag von 24 Euro zu entrichten.

 

I./3., 4. und 5.:

Betreffend die Punkte 3., 4. und 5. des behördlichen Straferkenntnisses wird der Beschwerde stattgegeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Der Beschwerdeführer hat weder Geldstrafen, noch Verfahrenskosten zu bezahlen.

 

II./1.:

Betreffend Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses ist gemäß
§ 25a Abs.4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof absolut unzulässig.

 

 

 

II./2. bis 5.:

Betreffend die Punkte 2., 3., 4. und 5. des behördlichen Straferkenntnisses ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

Die belange Behörde hat über den nunmehrigen Beschwerdeführer (Bf) das in der Präambel zitierte Straferkenntnis – zusammengefasst – wie folgt erlassen:

 

Fahrzeug: Kennzeichen L -....., PKW, Marke, Type

Tatort: Gemeinde L, Gemeindestraße Ortsgebiet, H.straße 20,

            Abschleppzone vor dem Cafe J

Tatzeit: 03.07.2016, 17:20 Uhr bis 17:22 Uhr.

1) Sie haben im Bereich des Vorschriftszeichens "HALTEN UND PARKEN VERBOTEN" (Abschleppzone) gehalten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 24 Abs.1 lit.a StVO

2)    Sie haben als Lenker den Führerschein nicht mitgeführt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 37 Abs.1 iVm. § 14 Abs.1 Z1 FSG

 

3)    – 5) Sie haben auf Verlangen eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes

die Warnkleidung/die Warneinrichtung/ das Verbandszeug

nicht vorgewiesen bzw. zugänglich gemacht.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt: § 102 Abs.11 KFG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                     falls diese uneinbringlich ist,

                                Ersatzfreiheitsstrafe von                                          gemäß   

70,00 Euro                         32 Stunden                                             § 99 Abs.3 lit.a StVO

30,00 Euro                         13 Stunden                                    § 37 Abs.1 und Abs.2a FSG

40,00 Euro                           8 Stunden                                                § 134 Abs.1 KFG

40,00 Euro                           8 Stunden                                                § 134 Abs.1 KFG

40,00 Euro                           8 Stunden                                                § 134 Abs.1 KFG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen: 10+10+10+10+10 Euro

als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe,

mindestens jedoch 10,00 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100,00 Euro);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 270,00 Euro.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bf innerhalb offener Frist eine Beschwerde erhoben und vorgebracht bzw. bezweifelt, ob die belangte Behörde berechtigt sei, über souveräne Menschen Strafen verhängen zu dürfen.

 

Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter (Art 135 Abs.1 1.Satz B-VG) erwogen:

 

Es steht im Rechtsstaat kein Mensch über dem Recht und keiner außerhalb des Rechts; VwGH vom 24.05.1963, 0245/62 – verstärkter Senat.

 

Dieses Straferkenntnis wurde in einem Rechtsbereich erlassen, in welchem der Staat dem Einzelnen entscheidend oder verfügend – also Bescheide erlassend – gegenübertritt; VwGH vom 24.05.1963, 0245/62 – verstärkter Senat.

 

Gemäß § 26 Abs.1 VStG ist/war die belangte Behörde zuständig,

das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis zu erlassen.

 

Am 31. Oktober 2016 wurde beim LVwG Oö. eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt. Zu dieser ist der Bf – trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung – unentschuldigt nicht erschienen.

 

Ist der Bf - trotz rechtzeitiger und ordnungsgemäßer Ladung - ohne triftigen Grund und damit unentschuldigt iSd § 45 Abs.2 VwGVG bzw. 19 Abs.3 AVG iVm § 17 VwGVG zur mVh nicht erschienen, erweisen sich sowohl die Durchführung der mVh, als auch die Verkündung (Fällung)  des  Erkenntnisses in dessen Abwesenheit  als  zulässig;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, Band II, 2. Auflage, E2, E5, E6, E22 zu § 51f VStG (Seite 1048 und 1051) zitierten Erkenntnisse des VwGH sowie VwGH vom 31.01.2005,  2004/03/0153; vom 20.04.2004, 2003/02/0291;  

vom 20.10.2010, 2009/02/0292; vom 29.06.2011, 2007/02/0334 uva.

VwGH vom 18.06.2015, Ra 2015/20/0110

    

Es fällt einzig und allein dem Bf – und nicht dem LVwG – zur Last, wenn der Bf von der ihm durch die ordnungsgemäße Ladung zur Verhandlung gebotenen Gelegenheit zur Kenntnisnahme der Beweisergebnisse und Stellungnahme dazu, durch sein Nichterscheinen keinen Gebrauch macht;

VwGH vom 16.10.2009, 2008/02/0391; vom 03.09.2003, 2001/03/0178 unter Verweis auf das Erkenntnis vom 29.01.2003, 2001/03/0194;

vom 29.06.2011, 2007/02/0334; vom 25.06.2013, 2012/08/0031 und

vom 05.09.2013, 2012/09/0131 jeweils mit Vorjudikatur

 

An dieser mVh hat der Zeuge und Meldungsleger Herr Insp. MB teilgenommen.

 

Zeugenaussage des Herrn Insp. MB:

Am Sonntag, 3. Juli 2016 um 17.20 Uhr war ich mit dem Dienst-PKW

auf Streifendienst in L, H.straße.

Vor dem Haus H.straße 20, Cafe J war das Taxifahrzeug

mit dem Kennzeichen L-..... in der Abschleppzone abgestellt.

Ich wollte den „Verständigungszettel über die Anzeige“ in der Windschutzscheibe hinterlegen und den Abschleppdienst anrufen.

In diesem Moment kam der Lenker, der Bf aus dem Cafe J.

Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass er im Halte- und Parkverbot – Abschleppzone den PKW abgestellt hat.

Er erwiderte, er habe lediglich einen Toast für eine Kundschaft geholt.

Ich verlangte von ihm, mir den Führerschein und den Zulassungsschein

zur Überprüfung auszuhändigen.

Den Zulassungsschein hat er ausgefolgt.  Weiters suchte er nach

dem Führerschein, hat diesen jedoch nach eigenen Angaben nicht gefunden.

Ausgehändigt wurde der Taxilenkerausweis.

Im Wege des Führerscheinregisters wurde überprüft und festgestellt,

dass der Bf über eine gültige Lenkberechtigung für die Klasse B verfügt.

Ich notierte mir die Daten des Bf.

Er verlangte von mir, ihm den Zulassungsschein und den Taxilenkerausweis wieder auszufolgen, denn er wolle jetzt wegfahren.

Dies wurde von mir abgelehnt, da die Amtshandlung noch nicht beendet war.

Ich forderte ihn in weiterer Folge auf, das Pannendreieck, die Warnweste

und das Verbandszeug vorzuweisen.

Daraufhin gab er zur Antwort, dass er uns nichts mehr zeigen würde.

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass der nunmehrige Beschwerdeführer
zwar den Zulassungsschein, nicht jedoch den Führerschein, das Pannendreieck,
die Warnweste und das Verbandszeug ausgefolgt hat.

 

Anmerkung:  Der Name des Bf wurde durch die Wendung „Bf“

                   – in der jeweils grammatikalisch richtigen Form – ersetzt.

 

Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses:

Der Zeuge und Meldungsleger hat bei der mVh dargelegt, dass der Bf den von ihm gelenkten PKW im Bereich des Vorschriftszeichens „Halten und Parken verboten“ – Abschleppzone abgestellt hatte.

Gegenteiliges wurde vom Bf im gesamten Verfahren – insbesondere

in der Beschwerde – nicht behauptet.

Betreffend den Schuldspruch war somit die Beschwerde abzuweisen.

 

Die von der belangten Behörde festgesetzte Geldstrafe (70 Euro) beträgt weniger als 10% der Mindeststrafe nach § 99 Abs 3 lit.a StVO (726 Euro).

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich des Strafausmaßes abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen
Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oö. in
der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe (= 14 Euro) zu entrichten.

 

 

 

Zu Punkt 2. des behördlichen Straferkenntnisses:

Der Zeuge und Meldungsleger hat bei der mVh ausgeführt, dass der Bf den Führerschein – trotz entsprechender Aufforderung – nicht vorgewiesen hat.

Gegenteiliges behauptet der Bf selbst nicht.

 

Ein Mitführen der Papiere im Sinne des § 14 Abs.1 Z1 FSG setzt das Bewusstsein des Lenkers voraus, wo sich diese Papiere befinden, damit er sie im Falle der Aufforderung vorzeigen kann. Dies war aber gegenständlich nicht der Fall;

VwGH vom 03.07.1991, 90/03/0233 sowie die in Grundtner, KFG, 5. Auflage, E77 zu § 102 KFG (Seite 702) zitierte Judikatur des VwGH.

 

Aus dem Nichtvorweisen des Führerscheines kann der Schluss gezogen werden, dass der Bf diesen nicht mitgeführt hat; VwGH vom 28.10.1987, 86/03/0131.

 

Die Beschwerde war daher hinsichtlich des Schuldspruchs

als unbegründet abzuweisen.

 

Die Geldstrafe (30 Euro) beträgt weniger als 1% der möglichen Höchststrafe nach § 134 Abs 1 KFG (5.000 Euro) und ist daher als sehr milde zu bezeichnen.

Die Beschwerde war somit auch betreffend der Strafbemessung abzuweisen.

 

Gemäß § 52 Abs.1 und Abs.2 VwGVG beträgt der Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich 20% der verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro.

Es ist dadurch ein Kostenbeitrag von 10 Euro vorzuschreiben.

 

Zu Punkte 3., 4. und 5. des behördlichen Straferkenntnisses:

Der Tatvorwurf lautet:

Sie haben die Warnkleidung/die Warneinrichtung/das Verbandzeug

nicht vorgewiesen bzw. zugänglich gemacht.

 

Gemäß dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nach § 102 Abs.10 1.Satz KFG
kann dem Betreffenden lediglich das „Nicht-Mitführen“ der Warnkleidung/
der Warneinrichtung/ des Verbandzeug angelastet werden.

VwGH vom 18.11.2011, 2008/02/0339 und vom 19.10.2004, 2004/02/0214.

 

Eine derartige Anlastung ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt.

 

Betreffend die Punkte 3. bis 5. des behördlichen Straferkenntnisses war
somit der Beschwerde stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach
§ 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen sowie festzustellen, dass der Bf weder Geldstrafen, noch Verfahrenskosten zu bezahlen hat.

 

 

Zu II/1.:

Zu Punkt 1. des behördlichen Straferkenntnis ist gemäß § 25a Abs.4 VwGG

eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof absolut unzulässig;

VwGH vom 16.06.2015, Ra 2015/02/0106; vom 28.04.2015, Ra 2015/02/0064;        

          vom 21.11.2014, Ra 2014/02/0122; vom 10.10.2014, Ra 2014/02/0093;

          vom 30.09.2014, Ra 2014/02/0054 uva.

 

 

Zu II/2. – 5.:

Zu Punkte 2. – 5. des behördlichen Straferkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG

zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.

Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht zu allen Punkten die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und

zu Punkte 2.- 5. einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof.

Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. einer bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen.

Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s e

 

·         Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim VwGH einzubringen.

 

·         Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen

     Entscheidung übermittelten Zahlschein als gegenstandslos. Sie erhalten                                                  

     von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 Beachte: Revision anhängig