LVwG-150994/12/DM/BBa-150995/2

Linz, 22.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde 1. der B K, sowie 2. des A K, beide wohnhaft x, M, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH, x, B, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Mining vom 22. April 2016, betreffend mehrerer baupolizeilicher Beseitigungsaufträge, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 10. November 2016,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG werden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die aufgetragene Frist zur Beseitigung und Wiederherstellung des vorigen Zustandes auf acht Monate (hinsichtlich Spruchpunkt I.) sowie auf vier Monate (hinsichtlich Spruchpunkt II. und III.) ab Zustellung dieses Erkenntnisses geändert wird.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I. Verfahrensgang, Sachverhalt

 

I.1. Mit Schreiben vom 13. Juli 2015 teilte die Baubehörde erster Instanz den nunmehrigen Beschwerdeführern (im Folgenden kurz: Bf) mit, dass anlässlich einer von einer Nachbarin per Mail vom 28. Mai 2015 eingebrachten Aufsichtsbeschwerde ein Ermittlungsverfahren gemäß § 49 Abs. 1 Oö BauO 1994 bezüglich der sich auf der Liegenschaft x, x Gemeinde und KG M, Gst.Nr. x, EZ x, befindlichen Objekte eingeleitet werde.

 

I.2. Die Baubehörde erster Instanz beraumte für den 30. Juli 2015 eine baupolizeiliche Überprüfung an Ort und Stelle an. Bei dieser Überprüfung im Beisein der Bf sowie ihres Rechtsvertreters wurde – wie in der Niederschrift vom 30. Juli 2015 festgehalten – vom bautechnischen Amtssachverständigen festgestellt, dass der Abstand von der nördlichen Außenwand des Wohnhauses zur nördlichen Bauplatzgrenze 2,00 m sowie die Traufenhöhe des Wohngebäudes mehr als 3,00 m beträgt und das Wohngebäude ein Satteldach anstatt des projektierten Walmdachs aufweist. Zudem wurden exakte Feststellungen hinsichtlich des sich ebenfalls auf dem Grundstück in einem Abstand von ca. 0,8 m zur nördlichen Grundgrenze befindlichen „Kinderspielhaus“ getroffen: Demnach betragen dessen Maße 2,39 x 2,53 x 3,9 m Firsthöhe (3,35 m Traufenhöhe) und es wurde mit einem Satteldach mit Bitumeneindeckung sowie mit einem Balkon mit Geländer im Obergeschoß ausgeführt. Das Erdgeschoß des Spielhauses mit einer Traufenhöhe von ca. 1,85 m sei allseitig mit einer Holzbeplankung umschlossen, weise ein Fenster sowie eine Türe auf und werde als Gartenhütte genutzt. Das zwischen Wohnhaus und Nebengebäude ebenfalls im nördlichen Bauwich des Grundstücks errichtete Gebäude mit Pultdach im Ausmaß von ca. 4,95 m x 2,90 m und einer Traufenhöhe von ca. 2,25 m sowie einer Firsthöhe von ca. 2,85 m (bebaute Fläche ca. 14,35 ) sei ebenfalls überwiegend umschlossen (durch Anschluss an die westliche Außenwand des Wohnhauses und östliche Außenwand der Garage sowie eine mit Lichtstegplatten beplankte Holzständewand mit Türöffnungen).

 

Im Zuge des Lokalaugenscheins wurde der Baubehörde erster Instanz zudem vom Bf eine eidesstattliche Erklärung des L E vom 15. Juli 2015 übergeben, worin dieser zusammengefasst erklärt, dass er vor der Errichtung des Eigenheims der Bf auf Anfrage der damaligen Eigentümerin (C M) des von ihm gepachteten Grundstücks sein Einverständnis zur von den Bf geplanten Eigenheimerrichtung mit weniger als 2,8 m Abstand zur Grenze des von ihm gepachteten Grundstücks gab. Daraufhin hätte Frau C M gegenüber den Bf die Zustimmung bzw. ihr Einverständnis erklärt, dass das Gebäude auch näher als 2,8 m zur Grundgrenze errichtet werden könne.

 

I.3. Mit E-Mail vom 2. Oktober 2015 wurde dem Rechtsvertreter der Bf der Befund und das Gutachten des ASV übermittelt und die Möglichkeit eingeräumt, dazu bei einem mündlichen Besprechungstermin am 15. Oktober 2015 Stellung zu nehmen.

 

I.4. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Mining als Baubehörde erster Instanz vom 16. Oktober 2015 wurde den Bf sodann gestützt auf § 49 Abs. 1 bzw. Abs. 6 Oö. BauO 1994 die Beseitigung des Wohnhauses (Spruchpunkt I.), des zwischen dem Wohnhaus und dem Nebengebäude errichteten Gebäudes (Spruchpunkt II.) sowie des Kinderspielhauses (Spruchpunkt III.) auf Grundstück Nr. x, KG M, aufgrund ihrer konsenslosen Errichtung und der wegen der Verletzung von Abstandsbestimmungen unmöglichen nachträglichen Konsensfähigkeit binnen einer Frist von vier (hinsichtlich Spruchpunkt I.) bzw. zwei Monaten (hinsichtlich Spruchpunkt II. und III.) ab Rechtskraft dieses Bescheides aufgetragen.

 

I.5. In der dagegen erhobenen Berufung vom 30. Oktober 2015 begehrten die Bf wegen unvollständiger Sachverhaltsfeststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung die ersatzlose Aufhebung des Bescheides. Sie rügten insbesondere, dass es die Behörde unterlassen habe, amtswegig den vollständigen maßgeblichen Sachverhalt zu ermitteln, weswegen weitere Feststellungen, die die Rechtmäßigkeit des zur nördlichen Grundgrenze eingehaltenen Abstandes aufzeigen würden, begehrt werden. So müsse festgestellt werden, dass laut Verhandlungsschrift von 16. September 1968 lediglich ein Abstand von ca. 2,8 m festgehalten wurde, sowie dass das Grundstück aufgrund einer nachträglichen Straßenverbreiterung mit ausdrücklicher Zustimmung der damaligen Eigentümerin und des Pächters des Grundstückes Nr. x an der nunmehrigen Position errichtet worden sei. Auch müsse festgestellt werden, dass mit Bescheid vom 25. April 1972 sowie vom 30. Mai 1988 nach Durchführung eines Lokalaugenscheins die Teil- bzw. Endbenützungsbewilligung erteilt wurde. Weiters brachten die Bf zusammengefasst vor, dass die im Zeitpunkt der Errichtung sowie im Zeitpunkt der Erteilung der Bewohnungs- und Benützungsbewilligung geltenden Abstandsbestimmungen des § 35 Oö. BauO 1875 nicht verletzt und das Wohngebäude somit gemäß der damaligen Rechtslage errichtet worden sei. Dies sei sogar zweimal durch den Bürgermeister bescheidmäßig bestätigt worden. Auch hätte die zuständige Baubehörde bereits seit dem Jahr 1972 Kenntnis vom tatsächlich zur nördlichen Grundgrenze eingehaltenen Abstand gehabt, aber immer wieder bestätigt, dass keine Planabweichungen vorliegen würden, weswegen auf eine bewilligungs- und gesetzeskonforme Errichtung vertraut werden durfte. Zudem wäre gemäß dem bis 2008 in Kraft stehenden Bebauungsplan, welcher geringere Mindestabstände vorsah, eine Genehmigung jedenfalls möglich gewesen. Davon abgesehen sei ohnedies der Spruch des angefochtenen Bescheides rechtswidrig, da keine Prüfung der Möglichkeit der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung (sollte überhaupt deren Notwendigkeit bestehen) erfolgt sei und auch nicht die Wiederherstellung des „vorigen Zustandes“, sondern nur des „gesetzmäßigen Zustandes“ aufgetragen werden hätte dürfen. Zudem wäre – schon aus Gleichheitsgesichtspunkten und aus Gründen der Rechtssicherheit – im Falle eines mehr als 30 Jahre bestehenden Gebäudes von einem (vermuteten) Baukonsens bzw. Bestandsschutz auszugehen. Die Bf erblicken zudem im Vorgehen der Behörde eine denkunmögliche Gesetzesanwendung und monieren eine Verletzung im Eigentumsrecht.

 

I.6. Mit Schreiben vom 12. November 2015 wurde von den Bf der „Neubau eines Geräteschuppens mit überbauten Kinderspielplatz“ auf dem Gst.Nr. x, KG M, gemäß § 25 Abs. 1 Oö. BauO 1994 unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen angezeigt. Die Bauanzeige wurde jedoch am 4. Dezember 2015 von den Bf wieder schriftlich zurückgezogen.

 

I.7. Mit Schreiben vom 19. April 2016 brachten die Bf ein „Zusatzschreiben zur Berufung“ ein, welchem ein Rechtsgutachten eines Rechtsanwalts betreffend Spruchpunkt I. des von der Baubehörde erster Instanz erlassenen Beseitigungsauftrags angeschlossen war. Darin kommt dieser zum Schluss, dass eine „Unterschreitung eines Mindestabstandes“ weder 1968 (Zeitpunkt der erteilten Baubewilligung), noch seit Inkrafttreten der Bauordnung 1976 vorlag bzw. zu bewilligen gewesen wäre. Spätestens jedoch mit dem Bescheid vom 4. April 1991 sei ein Baukonsens entweder bestätigt worden oder entstanden. Dieses Rechtsgutachten wurde laut Niederschrift bzw. Mail vom 19. April 2016 auch dem rechtsfreundlichen Vertreter der Bf zur Kenntnis gebracht, welcher die Ausführungen zum Inhalt der bereits überreichten Berufung erhob.

 

I.8. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Mining (in der Folge kurz: belangte Behörde) vom 22. April 2016 wurden die Berufungen der Bf als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Bürgermeisters vom 16. Oktober 2015 vollinhaltlich bestätigt. Hinsichtlich den in der Berufung vorgebrachten Punkten wurde von der belangten Behörde zusammengefasst wie folgt ausgeführt:

Die von den Bf begehrten Feststellungen würden nichts an der rechtlichen Beurteilung ändern. Das Gebäude liege nicht nur innerhalb des in der Bauordnung geforderten Bauwiches von 3,0 m, sondern auch innerhalb des in der Baubewilligung aus 1968 angeführten Abstandes von 2,8 m. Es sei nachträglich zu keiner Zeit ein Bewilligungsantrag für eine Änderung der Situierung des Wohnhauses eingereicht worden. Aus Benützungsbewilligungen könne kein Recht auf Belassung eines bauordnungs- bzw. bewilligungswidrigen Zustandes oder ein Recht auf Bewilligung von Planabweichungen abgeleitet werden. Gegenstand eines Bewilligungsverfahrens sei immer nur das jeweils beantragte Projekt. Ein bereits bestehender, im Projekt grau eingezeichneter Bestand werde dabei nicht neu „mitbewilligt“. Im von 1982 bis 2008 rechtswirksamen Bebauungsplan der Gemeinde M sei der Abstand zur nördlichen Grundgrenze des gegenständlichen Gebäudes zwar nicht kodiert, es sei jedoch ersichtlich, dass er geringer als 3,00 m war. In diesem Zeitraum hätte eine nachträgliche Baubewilligung mit Situierungsänderung des Wohnhauses erfolgen können, ein entsprechender Antrag mit geändertem Bauplan sei jedoch nicht eingereicht worden. Die Baubehörde müsse immer aufgrund der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorgehen und dürfe daher den nicht mehr rechtswirksamen Bebauungsplan nicht berücksichtigen. Bei einem einheitlichen Bauwerk sei grundsätzlich der gesamte Bau Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages. Ein Alternativauftrag sei im gegenständlichen Fall ausgeschlossen. Weder eine eidesstattliche Erklärung des Pächters oder der Eigentümerin der Nachbarliegenschaft, noch die zurückliegende Nichtbeanstandung durch die Behörde können zu einem konsensfähigen Bau führen. Verweise auf Bauordnungen anderer Bundesländer seien unerheblich. Eine Abweichung von 80 cm könne im Hinblick auf die höchstgerichtliche Rechtsprechung, welche bereits bei einer Abweichung von ca. 30 cm von einem konsenswidrigen Bau ausgehe, auch nicht als geringfügig angesehen werden. Eine denkunmögliche bzw. willkürliche Gesetzesanwendung liege nicht vor.

 

I.9. Gegen diesen Bescheid erhoben die Bf mit Schriftsatz vom 24. Mai 2016 Beschwerde. Darin wiederholten die Bf zunächst im Wesentlichen ihre bereits in ihren Stellungnahmen und der Berufung vorgetragenen Argumente (Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung; keinerlei Abstandsregelungen in maßgeblichen Rechtsnormen zum Errichtungszeitpunkt, nachträgliche Bewilligung durch Benützungsbewilligung bzw. Bewilligung des Garagenbaus 1991; Genehmigungsfähigkeit während rechtswirksamen Bebauungsplan). Unter Bezugnahme auf die Begründung des Berufungsbescheides wird bekräftigt, der Bescheid sei rechtswidrig, da jedenfalls von einem ursprünglichen Baukonsens, allenfalls von einer nachträglichen Baubewilligung, keinesfalls jedoch von einem konsenswidrigen Bau auszugehen sei. Im Detail begründen dies die Bf wie folgt:

-       Die Positionierung des Hauses in Nord-Süd-Richtung sei im ursprünglichen Verfahren 1968 nicht mit punktgenau einzuhaltenden Mindestabständen festgelegt worden, sondern lediglich mit „ungefähr“-Angaben vorgeschrieben worden, welche gerade dadurch charakterisiert würden, dass eine Über-/Unterschreitung nicht zwangsläufig bereits einen Verstoß bedeutet. Die einen integrierenden Bestandteil der Baubewilligung bildende Verhandlungsschrift sehe einen Mindestabstand von ca. 2,8 m vor und somit einen Toleranzbereich, innerhalb dessen ein konsensmäßiger Bau anzunehmen sei.

-       Es sei – insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass aufgrund der Verringerung der Grundfläche durch den Ausbau der x-straße die Ausführung des Wohnhauses bei Einhaltung eines Abstandes von 2,8 m zur nördlichen und 8,0 m zur südlichen Grenze unmöglich geworden wäre, dies jedoch von der Behörde ohne Planänderung genehmigt wurde – von einer Positionierung des Wohnhauses unter Ausschöpfung des eingeräumten Spielraums und insofern von einem konsensgemäßen Bau auszugehen.

-       Mit den Benützungsbewilligungen sei die Rechtmäßigkeit des zur nördlichen Grundgrenze eingehaltenen Abstandes von der Behörde wissentlich und schriftlich bestätigt und sogleich auch die nachträgliche Baubewilligung erteilt worden.

-       Die zum Errichtungszeitpunkt gültige Bauordnung habe keinerlei Regelung des Abstandes von Gebäuden zur Grundgrenze enthalten und insofern seien bei der Errichtung keine gesetzlichen Abstandsbestimmungen verletzt worden.

-       Spätestens durch den Baubewilligungsbescheid für die Errichtung der Garage mit 4. April 1991 sei – sollte er davor noch nicht bestanden haben – ein Baukonsens geschaffen worden.

-       Zudem wäre eine Genehmigung während der Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans (dh. bis 2008) möglich gewesen. Ein entsprechender Antrag sei aber naturgemäß von den Bf im aufgrund der wiederholten mündlichen und schriftlichen Bestätigungen begründeten Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Baues nicht gestellt worden.

-       Jedenfalls sei der Bescheidspruch rechtswidrig, da die Wiederherstellung des „vorherigen Zustandes“, dh. ein Totalabriss, gefordert werde, welcher unverhältnismäßig zu den festgestellten Abweichungen sei. Auch sei keine Prüfung hinsichtlich einer nachträglichen Bewilligungsmöglichkeit in Anwendung von Ausnahmebestimmungen durchgeführt worden (keine Anordnung eines Alternativauftrags).

-       Auch hätte ein Baukonsens vermutet werden müssen, da bei einem von der Baubehörde unbeanstandeten Bestand einer baulichen Anlage dann die Vermutung des konsensmäßigen Bestandes gerechtfertigt sei, wenn keine Anhaltspunkte für eine gegenteilige Annahme vorliegen. Aufgrund des langjährigen Bestandes, des bisherigen behördlichen Verhaltens und der entsprechenden Benützungsbewilligungen sei jedenfalls von einem gewissen Bestandsschutz auszugehen und seien die Beseitigungsaufträge gleichheitswidrig und ein Verstoß gegen das Eigentumsrecht.

 

Das Begehren richtet sich dahingehend, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben und das Verfahren einzustellen, in eventu aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen. Auch wurde ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.

 

I.10. In der Folge legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 27. Mai 2016, eingelangt am 2. Juni 2016, dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor und beantragt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

 

I.11. Am 10. November 2016 führte das Landesverwaltungsgericht Ober-österreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, zu der sowohl die Bf, deren rechtsfreundlicher Vertreter und zwei Vertreter der belangten Behörde sowie der von den Bf beantragte Zeuge L E erschienen sind.

 

Die Vertreter der Parteien verweisen im Wesentlichen auf die Argumentation in ihren Schriftsätzen bzw. weisen erneut explizit auf bereits darin vorgebrachte Aspekte hin. Der Vertreter der Bf führt darüber hinausgehend noch zusammengefasst aus, dass der Bescheid des Gemeinderates aufgrund der Teilnahme des befangenen Bürgermeisters an den Beratungen des Gemeinderates bzw. sowie des Umstandes, dass der Bescheidentwurf und die Berufung den Gemeinderäten nicht rechtzeitig zur Einsichtnahme vorgelegen seien, nichtig sei. Dem entgegnet der Vertreter der belangten Behörde im Wesentlichen, dass der Vorsitz an den Vizebürgermeister vor Behandlung dieses Punktes übergeben worden sei, eine offene Diskussion stattgefunden habe und die reine Anwesenheit das Stimmverhalten der mündigen Gemeinderatsmitglieder nicht beeinflusst habe. Eine frühere Vorlage des Entwurfs an die Gemeinderäte sei nicht möglich gewesen, da bis zum letzten Tag am Entwurf geschrieben worden sei.

 

I.12. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht vom nachstehenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Das jeweils im Hälfteeigentum der Bf stehende Grundstück Nr. x, KG M, ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan als „Bauland – Gemischtes Baugebiet“ ausgewiesen. Für das Grundstück ist aktuell kein Bebauungsplan rechtswirksam. Der im Jahr 1982 für das gesamte Ortszentrum und somit auch das gegenständliche Grundstück erlassene Bebauungsplan wurde im Jahr 2008 ersatzlos aufgehoben.

 

Die Bf sind Eigentümer der auf dem gegenständlichen Grundstück befindlichen, beschwerdegegenständlichen Objekte.

 

Am 6. September 1968 suchten die Bf unter Beilage der erforderlichen Unterlagen (insbesondere der Baubeschreibung vom 6. September 1968) um Baubewilligung für den Neubau eines erdgeschoßigen Wohnhauses auf Gst.Nr. x, KG M, mit den Maßen 14,0 x 11,0 m an. Am baubehördlich genehmigten Einreichplan, gezeichnet am 17. Juli 1968, Nr. x, ist das Wohnhaus am „Situationsplan“ (Maßstab 1:1000) mit 3,0 m Abstand zur nördlichen und „~ 8,5“ m zur südlichen Grundgrenze eingezeichnet. In der einen wesentlichen Bestandteil des Baubewilligungsbescheides vom 20. September 1968 bildenden Verhandlungsschrift vom 16. September 1968 wurde im Befund des Amtssachverständigen festgehalten, dass das Wohnhaus in die Baufluchtlinie der beiden bestehenden Nachbarobjekte (P und E) gestellt wird, „sodaß der Abstand zur Straßengrundgrenze ca. 8 m beträgt. [...] Gegen Norden verbleibt zur Parzelle x ein Abstand von ca. 2.80 m. Um der bestehenden Lage der Firstrichtung der einzelnen Objekte möglichst Rechnung zu tragen wird an Stelle des vorgesehenen Satteldaches ein Walmdach [...] entsprechend der abgeänderten Pläne hergestellt. [...] Über diese Abänderung werden die abgeänderten Auswechslungspläne mit neuen Ansichten in 3‑facher Ausfertigung vor der Bescheiderteilung noch vorgelegt.“. In der Baubeschreibung vom 6. September 1968 wurde unter Punkt 4.h. eine Entfernung zur Nachbargrundgrenze im Norden von 3,0 m (südlich 8,5 m) angegeben.

 

Über das Gesuch der Bf um „Erteilung der Bewilligung zur Benützung des neu errichteten Wohnhauses (Teilkollaudierung)“ wurde am 25. April 1972 bescheidförmig abgesprochen und die teilweise Bewohnungs- und Benützungsbewilligung unter näher bezeichneten Auflagen erteilt. Weder im Bescheid selbst noch in der dem Bescheid zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift vom 21. April 1972 wird auf die Abstände des Gebäudes zu den Grundgrenzen eingegangen.

Mit Bescheid vom 30. Mai 1988 wurde den Bf die Endbenützungsbewilligung unter fünf näher bezeichneten, binnen 4 Wochen zu entsprechenden Auflagen erteilt. Keine der Auflagen bezog sich auf die Abstände. Auch in der Niederschrift vom 30. Mai 1988 werden lediglich die in den Auflagepunkten zur Behebung vorgeschriebenen „Mängel“ angeführt sowie zusätzlich darauf hingewiesen, dass in Abänderung des Genehmigungsbescheides anstelle des Walmdaches ein Satteldach zur Ausführung gelangt ist.

Der Abstand des Wohngebäudes zur nördlichen Grundgrenze beträgt 2,0 m. Die Traufenhöhe beträgt mehr als 3,0 m.

 

Mit Eingabe vom 7. Februar 1991 suchten die Bf um die Errichtung eines Nebengebäudes (Doppelgarage) auf Gst.Nr. x, KG M, an, welche mit Bescheid vom 4. April 1991 gemäß Einreichplan unter Auflagen bewilligt wurde. Der Bescheidspruch lautet auf die Erteilung der „Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes (Doppelgarage).“ In Auflagepunkt 3. wird festgehalten: „Die Überdachung des Freisitzes und die Anordnung der nördlichen Verbindungsmauer ist mindestens 3 m von der nördlichen Grundgrenze abzurücken, sodaß dieser Bauteil einen Abstand von 3 m zur Nachbargrundgrenze aufweist“. Im behördlich genehmigten Grundrissplan sowie im Lageplan (1:1000), erstellt von der Fa. W x vom 21. Jänner 1991, Zl. 3990/91, ist die beantragte Doppelgarage mit 1,0 m Abstand zur nördlichen Grundgrenze, der Freisitz mit 3,0 m sowie das bestehende Wohngebäude (meist nicht zur Gänze) mit 1,80 m eingezeichnet. Mit Bescheid vom 9. Dezember 1992 wurde die Benützungsbewilligung für die Errichtung des Nebengebäudes erteilt. In der Baubeschreibung vom 21. Jänner 1991 wird das Bauvorhaben unter Punkt 1. als „Nebengebäude laut Plan – Zubau zu bestehendem Wohnhaus“ beschrieben. Auch in der Verhandlungsschrift vom 25. März 1991 und der entsprechenden Ladung vom 7. März 1991 wird eine „Bauverhandlung über das Bauvorhaben ‚Errichtung eines Nebengebäudes (Doppelgarage)‘‘‘ angekündigt bzw. protokolliert.

 

Das Wohnhaus und die Nebengebäude weisen insgesamt eine Länge von 26,8 m auf (inklusive Dachvorsprünge) und befinden sich allesamt auch im nördlichen Bauwich (3,0 m) des Grundstücks Nr. x.

 

Mit E-Mail vom 29. März 2010 informierte der Zweit-Bf die Baubehörde erster Instanz von der beabsichtigten Errichtung eines Kinderspielhauses mit den laut beigefügtem Prospekt Außenmaßen von 244 x 120 x 325 cm (L x B x H) auf vier Stelzen (Podesthöhe 150 cm) mit darunter liegender Sandkiste; ca. 80 cm von der nördlichen und 3,5 m von der westlichen Grundgrenze entfernt.

Tatsächlich wurde das „Kinderspielhaus“, das im Erdgeschoß als Gartengerätehütte genutzt wird, mit den Außenmaßen von ca. 2,39 x 2,53 x 3,9 m Firsthöhe (Traufenhöhe 3,35 m) mit Satteldach mit Bitumeneindeckung sowie einem Balkon mit Geländer im „Obergeschoß“ errichtet und erdgeschoßig allseits umschlossen. In der östlichen Außenwand befindet sich ein Fenster, in der südlichen Außenwand eine Türe. Der Abstand zur nördlichen Grundgrenze beträgt ca. 0,8 m. Mit Schreiben vom 12. November 2015 wurde von den Bf der „Neubau eines Geräteschuppens mit überbauten Kinderspielplatz“ auf dem Gst.Nr. x, KG M, gemäß § 25 Abs. 1 Oö. BauO 1994 unter Anschluss der erforderlichen Unterlagen angezeigt. Die Bauanzeige wurde jedoch am 4. Dezember 2015 von den Bf wieder schriftlich zurückgezogen.

 

Zwischen dem Wohnhaus und dem Nebengebäude, angrenzend zum Freisitz im nördlichen Grundstücksbereich wurde ein mit Pultdach überdachtes Objekt im Ausmaß von ca. 4,95 m x 2,90 m (Traufenhöhe von ca. 2,25 m) mit einer bebauten Fläche von ca. 14,35 errichtet. Das Objekt grenzt teilweise an die westliche Außenwand des Wohnhauses bzw. die östliche Außenwand der Garage an und wurde bis auf wenige Zentimeter zur nördlichen Grundstücksgrenze errichtet. Die übrigen Seitenwände wurden aus einer mit Lichtstegplatten beplankten Holzständekonstruktion errichtet. Das Objekt ist durch eine Türöffnung betretbar. Es ist 1991 errichtet worden.

 

Herr L E gab vor Errichtung des Eigenheims der Bf auf Anfrage der damaligen Eigentümerin des von ihm gepachteten Grundstücks, Frau C M, sein Einverständnis zur von den Bf geplanten Eigenheimerrichtung mit weniger als 2,8 m Abstand zur Grenze des von ihm gepachteten Grundstücks. Daraufhin hat Frau C M gegenüber den Bf die Zustimmung bzw. ihr Einverständnis erklärt, dass das Gebäude auch näher als 2,8 m zur Grundgrenze errichtet werden könne.

 

Bei der Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Mining am 21. April 2016 wurde hinsichtlich des die nunmehrige Beschwerdesache betreffenden Tagesordnungspunktes 7. der Vorsitz an Vizebürgermeister F S übergeben. Der Bürgermeister war im Sitzungsraum anwesend, gab aber keine Stellungnahme bzw. inhaltliche Wortmeldung ab. Der erstinstanzliche Abbruchbescheid, die dagegen von den Bf erhobene Berufung (sowie die „Zusatzergänzung und deren Erweiterung“) werden in der Gemeinderatssitzung vollinhaltlich verlesen. Der Bescheidentwurf hinsichtlich des Berufungsbescheides wurde in Zusammenarbeit mit dem Gemeindebund erstellt. Er wurde vor der Sitzung den Fraktionen nicht übermittelt, sondern allen Gemeinderäten erst durch die vollinhaltliche Verlesung während der Gemeinderatssitzung bekannt. Die Angelegenheit wird ausführlich diskutiert (insbesondere Stellungnahme einzelner Gemeinderatsmitglieder; Verhandlungsunterbrechung für sechs Minuten zum Zwecke von Beratungen der x-Fraktion). Der Beschluss erfolgt mit 14 Ja-Stimmen und 4 Stimmenthaltungen. Der Bürgermeister stimmt nicht mit.

 

 

II. Beweise und Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch die unter Punkt I. dargestellten eigenen Erhebungen, insbesondere durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. November 2016, zu der sowohl die Bf, deren rechtsfreundlicher Vertreter und zwei Vertreter der belangten Behörde sowie der von den Bf beantragte Zeuge L E erschienen sind. Die rechtsfreundlich vertretenen Bf sowie die belangte Behörde konnten in der mündlichen Verhandlung sowohl ihre rechtlichen Standpunkte präzisieren und dartun sowie den einvernommenen Zeugen befragen und zum sich aus den bis zu diesem Zeitpunkt vorgelegten Akten ergebenden Sachverhalt Stellung beziehen.

 

Die Aussagen des Zeugen zum vor Errichtung des Eigenheims der Bf auf Anfrage der damaligen Eigentümerin des von ihm gepachteten Grundstücks, Frau C M, erteilten Einverständnis stimmten im Kern mit der schon in der eidesstattlichen Erklärung vom 15. Juli 2015 getätigten Aussage überein. Hinsichtlich der anderen entscheidungswesentlichen Punkte deckt sich diesbezüglich der dem Landesverwaltungsgericht vorgelegte Akteninhalt mit den Aussagen der Parteien in der mündlichen Verhandlung bzw. wurden die getroffenen Feststellungen nach ausdrücklichem Vorhalt durch die Verhandlungsleiterin von den Parteien bestätigt. Die Feststellungen zur Beschlussfassung und Beratung im Gemeinderat stützen sich insbesondere auf das genehmigte Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 21. April 2016 (ON 2 des verwaltungsgerichtlichen Aktes) sowie die Ausführungen des Bürgermeisters in der mündlichen Verhandlung. Da die auch auf Befragen des Rechtsvertreters der Bf getätigten Angaben des Bürgermeisters in der mündlichen Verhandlung mit jenen in der Verhandlungsschrift Nr. 02/2016 über die Sitzung des Gemeinderates der Gemeinde Mining am Donnerstag, den 21. April 2016 im Gemeindeamt Mining, übereinstimmen und gegen die Verhandlungsschrift keine Einwendungen erhoben und sie in der Gemeinderatssitzung vom 30. Juni 2016 genehmigt wurde, bestehen für das Landesverwaltungsgericht insofern keine Zweifel am Wahrheitsgehalt des darin dargestellten Ablaufs der Gemeinderatssitzung.

 

Der unter Punkt I.12. dargelegte entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich insofern widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweisen.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, lauten:

 

„§ 1
Geltungsbereich

 

(1) Dieses Landesgesetz regelt das Bauwesen im Land Oberösterreich, soweit es sich nicht um technische Anforderungen an Bauwerke handelt.

[...]

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[...]

14. Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen aller Art, soweit es sich nicht um Gebäude oder um sonstige Bauwerke im Sinn des § 24 Abs. 1 Z 2 handelt;

[...]

 

§ 24
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;

2. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauwerke über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören;

[...]

 

§ 25

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

 

(1)         Folgende Bauvorhaben sind der Baubehörde vor Beginn der Bauausführung anzuzeigen (Bauanzeige), soweit § 26 nichts anderes bestimmt:

[...]

9. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von nicht Wohnzwecken dienenden ebenerdigen (eingeschossigen) Gebäuden mit einer bebauten Fläche bis zu 15 m²; [...]

9b.die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von freistehenden oder angebauten Schutzdächern mit einer bebauten Fläche bis zu 35 , auch wenn sie als Abstellplätze für Kraftfahrzeuge verwendet werden;

[...]

(4) Der Bauanzeige sind anzuschließen:

[...]

3. bei allen anderen Bauvorhaben nach Abs. 1 ein allgemeiner Grundbuchsauszug im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 1 sowie eine je nach Art des angezeigten Bauvorhabens ausreichende Beschreibung und zeichnerische Darstellung (Plan, Skizze und dgl.), aus der jedenfalls auch die genaue Lage des Bauvorhabens auf dem Grundstück ersichtlich sein muß; bei Bauvorhaben nach Abs. 1 Z 12 überdies die Zustimmung des Eigentümers oder der Miteigentümer, wenn der Anzeigende nicht Alleineigentümer ist.

 

§ 26

Bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben

 

Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen die in den §§ 24 und 25 nicht angeführten Bauvorhaben; dies gilt insbesondere für

[...]

6. Spielhäuschen und ähnliche Einrichtungen auf Kinder- und Jugendspielplätzen, soweit diese überhaupt als bauliche Anlagen gelten und nicht schon gemäß § 1 Abs. 3 Z 14 ausgenommen sind;

[...]

 

§ 49

Bewilligungslose bauliche Anlagen

 

(1) Stellt die Baubehörde fest, daß eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie - unabhängig von § 41 - dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

[...]

(6) Stellt die Baubehörde fest, daß eine baubehördlich nicht bewilligungspflichtige bauliche Anlage nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere jenen des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans, ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat sie dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen. § 48 Abs. 7 gilt sinngemäß.“

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über die bautechnischen Anforderungen an Bauwerke und Bauprodukte (Oö. BauTG 2013), LGBl. Nr. 35/2013 idF LGBl. Nr. 38/2016, lauten wie folgt:

 

§ 40
Abstandsbestimmungen für Gebäude und Schutzdächer

 

Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gilt für die Lage und Höhe von Gebäuden und Schutzdächern:

1. Beim Neu- und Zubau von Gebäuden ist, sofern sich aus den folgenden Ziffern nichts anderes ergibt, zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen ein Mindestabstand, gemessen von der fertigen Außenwand, von 3 m einzuhalten. Bei Gebäudeteilen, die höher als 9 m sind, muss der Abstand wenigstens ein Drittel ihrer Höhe betragen.

[...]

5. Zu öffentlichen Verkehrsflächen ist der sich aus straßenrechtlichen Abstandsbestimmungen ergebende Abstand einzuhalten.

[...]

 

§ 41
Ausnahmen von den Abstandsbestimmungen

 

(1) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt, gelten die Abstandsbestimmungen zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen nicht für:

1. Gebäude und Schutzdächer, die innerhalb eines geschlossen bebauten Gebiets gelegen sind;

[...]

5. Gebäude und Schutzdächer sowie Teile davon, auch wenn sie unterkellert sind, unter folgenden Voraussetzungen:

a) die im Abstand gelegenen Räume und Teile von Schutzdächern dürfen nicht für betriebliche Zwecke oder zur Haltung von Tieren genutzt werden;

b) soweit die den Nachbargrundgrenzen zugewandten Außenwände einen Abstand von weniger als 2 m zur Nachbargrundgrenze aufweisen, sind in diesen Türen und Fenster unzulässig; in Außenwänden, die an solche Außenwände anschließen, müssen Türen und Fenster von der Nachbargrundgrenze einen Abstand von mindestens 1 m aufweisen, soweit es sich nicht um Einfahrten, Garagentore, Loggien und dergleichen handelt;

c) die Summe aller im jeweiligen Abstand gelegenen, den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke einschließlich allfälliger Dachvorsprünge darf 15 m nicht überschreiten;

d) die Traufenhöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen darf 3 m über dem Erdgeschoßfußboden nicht überschreiten; reicht der einzige Fußboden unter das künftige Gelände, ist die Traufenhöhe über dem höchsten angeschnittenen künftigen Gelände zu messen;

e) die Gesamthöhe von im Abstand gelegenen Bauwerksteilen (wie Dachgiebeln) darf 7 m nicht überschreiten; § 40 Z 6 gilt sinngemäß; Mansarddächer sind in diesem Bereich unzulässig;

f) bei Pultdächern mit einem dem Nachbargrundstück zugewandten First darf dessen Höhe 3 m über dem Erdgeschoßniveau nicht überschreiten;

6. Zubauten, durch die eine Vergrößerung des Hauptgebäudes der Höhe nach bewirkt wird (Aufstockung), wenn das Hauptgebäude auf Grund der vor dem Inkrafttreten der Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, geltenden Rechtslage bewilligungsgemäß in einem geringeren als dem im § 40 festgelegten Abstand errichtet wurde; kein Gebäudeteil eines solchen Zubaus, der in einem geringeren als dem nach § 40 Z 1 zulässigen Mindestabstand errichtet wird, darf jedoch höher als 9 m sein.

(2) Die Mindestabstände zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen können unterschritten werden mit:

1. Außenwandverputz, Außenwandverkleidungen sowie Wärme- und Schalldämmungen nach technischer Notwendigkeit zur Sanierung der Außenwände bei bestehenden baulichen Anlagen;

2. Erkern, Gesimsen, Portalen, Schaufenstern, Sockeln, Ziergliedern und dergleichen um 1 m;

3. das künftige Gelände überragenden Terrassen und Treppen im Freien, Balkonen, üblichen Dachvorsprüngen und angebauten Werbeeinrichtungen um 2 m; ein Mindestabstand von 2 m gegen die Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen darf jedoch nicht unterschritten werden;

4. Lichtschächten, Kellereinwurfsschächten und Treppen im Freien, jeweils unmittelbar auf oder unter dem Niveau des künftigen Geländes;

5. Gebäuden oder Gebäudeteilen, die im Abstand allseits nicht über das künftige Gelände hinausragen (wie mit Keller- oder Schutzräumen und Tiefgaragen).

[...]“

 

Die hier maßgebliche Bestimmung der Oö. Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976, idF LGBl. Nr. 103/1991 (in der Folge kurz: Oö. BauO 1976) lautet auszugsweise:

 

 

„§ 41

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

 

(1)   Einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung) bedürfen:

a)     der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden

[…]

(4) Ausgenommen von der Bewilligungspflicht gemäß Abs. 1 sind:

a) Kanäle, jedoch nicht Hauskanalanlagen bis zum Anschluß an den öffentlichen Kanal; Düngersammelanlagen; Rohr- und Kabelleitungen; Pflasterungen und andere Oberflächenbefestigungen; Leitungsmasten; Anschlagssäulen u. dgl.;

b) freistehende Telefonzellen; freistehende Wartehäuschen und ähnliche Einrichtungen für Verkehrszwecke;

c) Bauten für den vorübergehenden Bedarf von höchstens drei Wochen, soweit sie Wohnzwecken dienen; bewegliche Stände, Schaubuden und ähnliche Einrichtungen auf Märkten, Ausstellungen u. dgl.: Zelte; Ausstellungsgegenstände u. dgl.;

d) Baustelleneinrichtungen für die Dauer der Bauausführung;

e) Wohnwagen und andere Bauten auf Rädern, soweit sie ausschließlich dem Verkehr dienen;

f) Bauvorhaben, die in Entsprechung eines baubehördlichen Auftrages ausgeführt werden;

g) Straßen, Brücken und Stege;

h) wasserrechtlich bewilligungspflichtige Schutz- und Regulierungswasserbauten, Entwässerungsanlagen und Wasserbenutzungsanlagen, soweit es sich hiebei um Bauten handelt, die nicht auch anderen Zwecken dienen;

i) Wild- und Weidezäune.

[…]“

 

Die Bestimmungen der Bauordnung für Oberösterreich, Landesgesetz vom 13. März 1875, GuVBl Nr. 15, idF LGBl. Nr. 24/1966, (in der Folge kurz: Oö. BauO 1875) lauteten auszugsweise wie folgt:

 

§ 1

Baulichkeiten, wozu die Baubewilligung erforderlich ist.

 

Zur Führung von Neu-, Zu- oder Umbauten, dann zur Vornahme von wesentlichen Ausbesserungen und Umänderungen an bestehenden Gebäuden ist die Bewilligung der nach dem Gesetz kompetenten Behörde erforderlich [...]

 

§ 3

Ansuchen um Baubewilligung und Inhalt des Bauplanes

 

Mit dem Gesuche um Baubewilligung, [...], ist der erforderliche Bauplan in zwei Parien vorzulegen, welcher zu enthalten hat:

1. Die Situation der Baustelle der angrenzenden Häuser, Höfe, Gassen oder Barcellen samt Bezeichnung der Eigenthümer und Darstellung der Umgebung in einer den Ortsverhältnissen angemessenen Entfernung;

2. den Grundriß und Durchschnitt aller Stockwerke und die Hauptansicht des Gebäudes [...].

 

§ 7

Abweichung vom genehmigten Bauplane ist unzulässig

 

Von dem genehmigten Bauplane darf ohne Bewilligung nicht abgewichen werden.

 

§ 35

Wirthschaftsgebäude (Scheuern) Werkstätten, Werkgebäude und Arbeitshütten

 

1.            Die Gebäude zur Aufbewahrung der Feldfrüchte und Futtervorräthe (Scheuern), dann Werkgebäude, Werkstätten und Arbeitshütten müssen in Städten, Märkten und geschlossenen Ortschaften rückwärts der Wohngebäude von diesen und den Nachbargebäuden durch einen Zwischenraum von wenigstens 6 Meter Breite getrennt und aus feuerfestem Materiale gebaut werden

[...]

 

§ 48

Bewohnungs- und Benützungsbewilligung

 

Neu erbaute, oder wesentlich umgestaltete Wohnungen, Geschäftslokalitäten und Stallungen dürfen erst in Benützung genommen werden, sobald die Behörde nach gewonnener Ueberzeugung von der ordnungsgemäßigen Ausführung des Baues und von dem gehörig ausgetrockneten und gesundheitsunschädlichen Zustande desselben die Bewohnungs- und Benützungsbewilligung ertheilt hat.

[...]“

 

 

IV. Rechtliche Begründung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß § 27 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

IV.1. Allgemeine Voraussetzungen für einen Beseitigungsauftrag

 

IV.1.1. Einleitung, maßgebliche Rechtslage

 

Gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO  1994 hat die Baubehörde, wenn eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, entweder nachträglich innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist die Baubewilligung zu beantragen oder die bauliche Anlage innerhalb einer weiters festzusetzenden angemessenen Frist zu beseitigen und gegebenenfalls den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, ist jedoch dann nicht einzuräumen, wenn nach der maßgeblichen Rechtslage eine Baubewilligung nicht erteilt werden kann.

 

Bei einer baubehördlich nicht bewilligungspflichtigen baulichen Anlage, die nicht entsprechend den für sie geltenden bau- oder raumordnungsrechtlichen Bestimmungen ausgeführt wird oder bereits ausgeführt wurde, hat die Behörde gemäß § 49 Abs. 6 Oö. BauO 1994 dem Eigentümer mit Bescheid die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen.

 

Unter dem Begriff der „maßgeblichen Rechtslage“ in § 49 Abs. 1 letzter Satz Oö. BauO 1994 sind jedenfalls die gemäß Abs. 6 leg. cit. genannten bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auch die jeweils maßgeblichen Abstandsbestimmungen, in der im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages geltenden Rechtslage zu verstehen. Ob daher eine Genehmigung während der Rechtswirksamkeit des im Entscheidungszeitpunkt der Behörde bereits mehrere Jahre schon wieder außer Kraft getretenen und somit zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dem Rechtsbestand angehörenden Bebauungsplan möglich gewesen wäre, ist entgegen der Auffassung der Bf völlig unerheblich. Wenn ein Widerspruch zu den bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen (in ihrer im Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages in Geltung stehenden Fassung) besteht, erübrigt sich somit eine Differenzierung dahingehend, ob eine baubewilligungspflichtige, anzeigepflichtige oder baubewilligungs- und anzeigefreie Ausführung vorliegt. Es muss sich nur um eine „bauliche Anlage“ handeln (vgl. VwGH 17.4.2012, 2009/05/0063, mwN).

 

IV.1.2. Vorliegen von baulichen Anlagen bzw. Gebäuden

 

Unzweifelhaft handelt es sich bei den gegenständlichen Objekten um bauliche Anlagen: Nach der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer „baulichen Anlage“ jede Anlage zu verstehen, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet ist, die öffentlichen Interessen zu berühren (vgl. VwGH 19.3.2015, 2013/06/0019; 6.9.2011, 2011/05/0046 ua). Demnach sind sowohl das auf Gst.Nr. x, KG M, errichtete Wohnhaus, sowie das nördlich angrenzend zum Freisitz mit Pultdach überdachte, mit Lichtstegplatten beplankte und mittels Holzstehern mit dem Boden verbundene Objekt im Ausmaß von ca. 4,95 x 2,90 m (Traufenhöhe von ca. 2,25 m), und das gegenständliche aus Holz errichtete, mit einem Satteldach mit Bitumeneindeckung abgedeckte zweigeschoßige „Spielhäuschen“, mit den Ausmaßen von ca. 2,39 x 2,53  x 3,9 m Firsthöhe (Traufenhöhe ca. 3,35 m) als bauliche Anlagen zu qualifizieren, da zu ihrer fachgerechten Herstellung unzweifelhaft bautechnische Kenntnisse erforderlich waren. Dies schon deshalb, weil bei nicht fachgerechter Herstellung Einsturzgefahr besteht und sohin eine Gefährdung von Personen und Sachen nicht auszuschließen ist.

 

Es handelt sich bei allen drei gegenständlichen baulichen Anlagen auch zweifelsfrei um Gebäude iSd § 2 Z 12 Oö BauTG, da sie unstrittig jeweils allseits umschlossen sowie über eine entsprechende Raumhöhe bzw. Türöffnung verfügen, wodurch sie von Personen betreten werden können.

 

IV. 2. Vorliegen eines Baukonsenses im Errichtungszeitpunkt?

 

Die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages nach § 49 Oö. BauO 1994 setzt voraus, dass die betreffende bauliche Anlage sowohl im Zeitpunkt ihrer Errichtung, wie auch im Zeitpunkt der Erlassung des baupolizeilichen Auftrages nicht den für sie geltenden bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen entspricht bzw. eine Bewilligungspflicht gegeben war (vgl. VwGH 30.7.2002, 2002/05/0683; Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht [2014]7 § 49 Rz 7 mwN).

 

IV.2.1. Wohnhaus

 

IV.2.1.1. Für den am 6. September 1968 von den Bf beantragten Neubau eines Wohnhauses auf Gst.Nr x, KG M, war gemäß § 1 Oö. BauO 1875 in der damals geltenden Fassung eine Baubewilligung erforderlich. Auch nach der aktuell geltenden Rechtslage ist der Neubau von Wohngebäuden bewilligungs- bzw. anzeigepflichtig (vgl. § 24 Abs. 1 Z 1 bzw. § 25 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994). Unstrittig steht somit fest, dass die Errichtung des gegenständlichen Wohngebäudes im Zeitpunkt der Errichtung der baubehördlichen Genehmigungspflicht unterlag und immer noch unterliegt.

 

Es ist in weiterer Folge jedoch zu prüfen, ob das Wohngebäude entsprechend der am 20. September 1968 erteilten Baubewilligung errichtet und somit konsensgemäß ausgeführt wurde. Strittig ist im gegenständlichen Fall insbesondere, ob die Abstandsbestimmungen eingehalten wurden.

 

Den Bf ist zuzustimmen, dass die im Zeitpunkt der Errichtung des Wohnhauses gültige Bauordnung keinerlei einschlägige Abstandsregelungen zur Nachbargrundgrenze vorsah. (Der Verweis der Bf auf die Abstandsbestimmungen in § 35 Abs. 1 Oö. BauO 1875 geht insofern ins Leere, da diese lediglich den Abstand von Wirtschafts- und Werkgebäuden etc. zu Wohngebäuden regeln und insofern für die Beurteilung des Abstandes eines Wohngebäudes zu Nachbargrundgrenzen nicht einschlägig ist.) Der zur nördlichen Grundgrenze einzuhaltende Abstand beurteilt sich vielmehr nach den im Bescheid vom 20. September 1968 bewilligten Abständen. Doch gerade dieser ist beschwerdegegenständlich einer näheren Betrachtung zu unterziehen:

 

Der Inhalt der Baubewilligung ist den eingereichten und allenfalls im Zuge des Bauverfahrens geänderten, dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde gelegten Plänen und der Baubeschreibung zu entnehmen (vgl. die stRsp des VwGH z.B. 23.2.2016, Ro 2015/05/0012, 22.10.2008, 2005/06/0114). Die von der Behörde mit "Genehmigungsvermerk" versehenen Pläne und die Baubeschreibungen bilden somit einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung. Im konkreten Fall wurde auch die dem Bescheid beigelegte Bauverhandlungsschrift über die mündliche Bauverhandlung vom 16. September 1968 ausdrücklich im Bescheidspruch zu einem „wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides“ erklärt. Gegenstand der baubehördlichen Entscheidung vom 20. September 1968 war daher das durch den beigebrachten Bauplan, gezeichnet am 17. Juli 1968, Nr. x, die Baubeschreibung vom 6. September 1968 sowie die Verhandlungsschrift vom 16. September 1968 konkretisierte Bauvorhaben. Damit kommt es im vorliegenden Fall bezüglich des bewilligten Grenzabstandes auf die diesbezüglichen Angaben in den maßgeblichen Planzeichnungen, die Ausführungen in der Baubeschreibung und der Verhandlungsschrift an:

 

Sowohl in der Baubeschreibung als auch am baubehördlich genehmigten Einreichplan ist der Abstand zur nördlichen Grundgrenze mit exakt 3,0 m ausgewiesen (Einreichplan) bzw. beschrieben (Punkt 4. h der Baubeschreibung). Im Befund der Verhandlungsschrift wird anfänglich feststellt, dass das „Wohnhaus [wird] in die Baufluchtlinie der beiden bestehenden Objekte (P und E) gestellt“ wird und der nördliche Abstand zur Grundgrenze wird mit „ca. 2,80 m“ beschrieben. Einige Sätze weiter unten im Befund wird noch festgehalten, dass über die Abänderungen „die abgeänderten Auswechslungspläne mit neuen Ansichten in 3-facher Ausfertigung vor der Bescheiderteilung noch vorgelegt“ werden. Wie bereits ausgeführt, ist im vorgelegten und genehmigten Plan unstrittig ein Abstand von exakt 3,0 m ausgewiesen. Folglich ist davon auszugehen, dass bezüglich des Abstandes keine Änderungen in der Bauverhandlung erfolgt sind, da dies ansonsten aus dem abgeänderten Auswechslungsplan mit neuen Ansichten hervorgehen müsste. Selbst aber, wenn man – wie offensichtlich die Bf – davon ausgehen würde, dass die „Ungefähr-Angabe“ von „ca. 2,8 m“ Inhalt des Bescheides geworden ist, so wäre diesfalls jedenfalls aufgrund der unumgänglichen Zusammenschau mit den vorgelegten Unterlagen, insbesondere mit dem zeitlich offensichtlich nach der mündlichen Verhandlung nochmals geringfügig geänderten Einreichplan, davon auszugehen, dass ein nördlicher Abstand genehmigt wurde, der sich zwischen 3,0 m und 2,8 m (gegebenenfalls um einige wenige Zentimeter unterschreitbar – siehe dazu sogleich) bewegt. Dass die Baubehörde aber einen sehr viel weiteren „Toleranzbereich“, der auch eine Unterschreitung der Untergrenze von 2,8 m um mehrere Zentimeter beinhaltet, genehmigen wollte, ergibt sich weder aus den beigegebenen, genehmigten Projektunterlagen, noch ist eine solche unter Berücksichtigung der im Hinblick auf abweichungsbedingte Reduzierungen von Abständen zu Nachbargrundstücken sehr strengen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Stichwort „aliud“; vgl. die weiter unten angeführte Judikatur) zu vermuten. Die unscharfe Bezeichnung durch die Einfügung des Wortes "zirka" in der Verhandlungsschrift vermag (wenn überhaupt; siehe dazu die Ausführungen zuvor) lediglich die Möglichkeit zu verschaffen, diesen Abstand geringfügig zu unterschreiten. Eine solche geringfügige Unterschreitung liegt bei einer Unterschreitung um 80 cm, also beinahe einem Drittel des bezeichneten Abstandes, nicht mehr vor.

 

Das von den Bf ins Treffen geführte Argument, dass aufgrund der Verringerung der Grundfläche durch den Ausbau der Bezirksstraße die Ausführung des Wohnhauses bei Einhaltung eines Abstandes von 2,8 m zur nördlichen und 8,0 m zur südlichen Grenze unmöglich geworden wäre und das Wohnhaus daher gar nicht anders errichtet hätte werden können und somit von einem konsensgemäßen Bau auszugehen sei, vermag nicht zu überzeugen. Die erfolgte Verringerung der Grundfläche der Bf aufgrund des Ausbaus der x-straße vermag nicht den fehlenden, aber zwingend notwendigen Konsens für eine „Verschiebung“ des Wohnhauses nach Norden zu ersetzen. Ergänzend sei noch angemerkt, dass es im konkreten Fall um die Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes zur nördlichen Nachbargrundgrenze geht und durch den Bau einer Straße südlich des Grundstücks der Bf keine dadurch bewilligte Änderung des bereits mit rechtskräftigem Bescheid genehmigten Abstandes zur nördlichen Grenze zu vermuten ist.

 

Die rein zivilrechtliche Zustimmung der Nachbarin (bzw. des Pächters ihres Grundstückes) zur Unterschreitung des behördlich angeordneten Abstandes zur nördlichen Nachbargrundgrenze ist kein Kriterium für die Auslegung der behördlich zu erteilenden Baubewilligung und kann insofern ebenfalls keinen fehlenden Baukonsens ersetzen bzw. ein Abweichen davon legitimieren. Eine derartige privatrechtliche Vereinbarung kann keine hoheitliche individuell-konkrete Norm, wie sie der Baubewilligungsbescheid aus 1968 darstellt, abändern.

 

Wie sich aus dem ermittelten Sachverhalt ergibt, wurde das Wohngebäude tatsächlich in einem Abstand von 2,0 m zur nördlichen Grundgrenze errichtet. Bekanntlich wird eine Baubewilligung für ein durch seine Lage bestimmtes Vorhaben erteilt, sodass für jedes Verrücken des Bauvorhabens eine neuerliche Baubewilligung erwirkt werden muss (in diesem Sinne bspw VwGH 24.11.1992, 92/05/0201 mwN). Es sind zwar Einzelfälle denkbar, in denen durch eine geringfügige Verschiebung eines Bauwerkes nicht vom Vorliegen eines rechtlichen "aliud" auszugehen ist. Im Beschwerdefall ist aber zu beachten, dass es nicht allein auf eine Verschiebung der Lage des Gebäudes um einige Zentimeter ankommt, sondern dass gerade durch diese Abweichung vom genehmigten Plan eine Unterschreitung der Mindestabstände zur Nachbargrundgrenze eingetreten ist. Die Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften ist aber jedenfalls als wesentliche Änderung anzusehen (vgl. zur entsprechenden Rsp des VwGH bspw 29.4.2015, 2013/05/0025; VwGH 10.12.2013, 2012/05/0147 [in diesem Fall ging es um eine Unterschreitung um 11 cm]; 3.7.2001, 2001/05/0072 [hier um eine Unterschreitung um 8 bzw. 13 cm]). Im vorliegenden Fall liegt eine Unterschreitung des bescheidmäßig festgelegten Mindestabstandes zur Nachbargrundgrenze um 100 cm – geht man entgegen der vorherigen Ausführungen dennoch von einem bewilligten „ca. 2,8 m“-Abstand aus, dann zumindest noch von ca. 80 cm – vor. Somit kann aber der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass eine Verschiebung dieser Größenordnung jedenfalls zur Folge hat, dass ein anderes als das bewilligte Gebäude errichtet wurde, wobei es angesichts der Unterschreitung eines Nachbarabstandes nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht auf das konkrete Ausmaß der Unterschreitung ankommt.

 

Im Zeitpunkt der Errichtung lag aufgrund der wesentlichen Abweichung zum Baubewilligungsbescheid daher jedenfalls ein nicht bewilligtes Gebäude vor.

 

IV.2.1.2. Baukonsens durch Bewohnungs- und Benützungsbewilligungen?

 

Wenn die Bf darauf verweisen, dass „die ordnungsgemäße Ausführung des Baues“ im vorliegenden Fall sogar zweimal durch die Benützungsbescheide vom 24. April 1972 sowie 30. Mai 1988 „wissentlich und schriftlich“ bestätigt worden sei und daher jedenfalls eine nachträgliche, wirksame Bewilligung des Bauvorhabens anzunehmen sei, so verweisen sie auf den Zweck der Bewohnungs- und Benützungsbewilligung, der in der Feststellung der Plan- und Gesetzmäßigkeit der Bauführung liegt. Der Bewohnungskonsens ist nach der Tendenz des Gesetzes aber nur eine Beurkundung, dass die Voraussetzungen für die Bewohnung bzw. Benützung des Objekts gegeben sind (vgl. bereits VwGH 29.4.1960, 1515/58). Aus der Benützungsbewilligung kann nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich kein anderes Recht als das auf Benützung abgeleitet werden (siehe z.B. VwGH 7.9.1993, 91/05/0183; 18.1.1971, 1311/70; vgl. zur Oö. BauO 1976 VwGH 25.1.2000, 98/05/0244). Der Umstand, dass eine Benützungsbewilligung erteilt wurde, bedeutet gerade nicht, dass behördlich nicht festgestellte Konsenswidrigkeiten „automatisch“ als geheilt anzusehen sind (vgl. z.B. VwGH 24.10.1985, 84/06/0050).

Eine Abänderung des Baubewilligungsbescheides durch den Benützungs­bewilligungs­bescheid ist vielmehr nur dann denkbar, wenn die Benützungs­bewilligung auch Elemente einer Baubewilligung enthält: Das ist dann der Fall, wenn die Baubehörde eine Benützungsbewilligung erteilt, obwohl offensichtlich Abweichungen vom Baukonsens vorliegen (so z.B. VwGH 5.3.1987, 86/06/0262). Erteilt daher die Baubehörde unter dem Titel der „Benützungsbewilligung" offensichtlich eine Bewilligung für Abweichungen vom Baukonsens, so weist eine solche Benützungsbewilligung, und zwar ohne dass dies in der Form bzw. Bezeichnung des Bescheides zum Ausdruck kommen muss, Merkmale einer Baubewilligung auf. Jedoch muss ein entsprechender Bescheidwille der Behörde, welcher bekanntlich dann anzunehmen ist, wenn der Verwaltungsakt seinem Inhalt nach als Äußerung des autoritativen Behördenwillens zur Regelung einer bestimmten Angelegenheit zu deuten ist (z.B. VwGH 28.1.2009, 2008/05/0191, mwN), vorliegen. Wenn aber – wie im gegenständlichen Fall – in den Verhandlungsschriften vom 21. April 1972 (zur teilweisen Bewohnungs- und Benützungsbewilligung) sowie vom 30. Mai 1988 (zur Endbenützungsbewilligung) lediglich protokolliert wurde, dass beim durchgeführten Lokalaugenschein nur einige wenige, jeweils näher beschriebene Mängel, die eine ordnungsgemäße Benützung des Baues jedoch bei Vorschreibung von Auflagen nicht hindern, hervorgetreten seien und daher gegen die Erteilung der Benützungsbewilligung keine Bedenken bestünden, dann bezieht sich der Bescheid zur Erteilung der teilweisen Bewohnungs- und Benützungsbewilligung vom 21. April 1972 bzw. der Endbenützungsbewilligungsbescheid vom 30. Mai 1988 nur auf die (vermeintliche) plangemäße Ausführung und kann von einem dahingehenden Bescheidwillen der Behörde, die vorliegende Abweichung zu dem im Baubewilligungsbescheid genehmigten Abstand zur nördlichen Grundgrenze abzuändern, keine Rede sein. Die gegenständlichen (End‑/Zwischen‑)Benützungsbewilligungen drücken somit beide den Behördenwillen, die Benützung des Objekts zu erlauben, aus. Insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut des Spruchs und die Bescheidbegründung, welche jeweils von der „Erteilung der Benützungsbewilligung“ sprechen, kann der Behörde aber keinesfalls unterstellt werden, sie hätte mit der Teil- oder der Endbenützungsbewilligung eine „Bau“bewilligung für ein Wohnhaus mit einem Abstand von 2,0 m zur nördlichen Grundgrenze erteilen wollen. Eine offensichtliche Bewilligung von Abweichungen zu den Abstandsvorschriften und somit die Erteilung einer Baubewilligung im Zuge der Benützungsbewilligung ist nicht ersichtlich. Ergänzend sei nur darauf hingewiesen, dass das Baubewilligungsverfahren schon immer ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren war und aus den vorgelegten Akten kein Hinweis auf einen diesbezüglichen Antrag auf Bewilligung von Abweichungen hinsichtlich des Abstandes zur nördlichen Grundgrenze ersichtlich ist. Eine rechtskräftige Baubewilligung für das gegenständliche Gebäude liegt daher durch die Benützungsbewilligungen nicht vor.

 

Ist daher aber eine bauliche Anlage – wie im gegenständlichen Fall – in einem Punkt nicht bewilligungsgemäß ausgeführt worden, so hindern erteilte Benützungsbewilligungen und die darin vorgenommene Vorschreibung von Auflagen nicht die (spätere) Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages. Aus der Benützungsbewilligung kann im Übrigen auch kein Recht auf „Belassung“ eines der Baubewilligung widersprechenden Zustandes abgeleitet werden.

 

Ergänzend sei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass, wenn die Änderung des Bauvorhabens Umstände betrifft, durch welche in die sich aus dem Gesetz oder aus dem Baubewilligungsbescheid ergebenden Rechte von Nachbarn eingegriffen wird, wie dies unstrittig bei einer Verkleinerung des Abstandes zur Nachbargrundgrenze der Fall wäre, den betroffenen Nachbarn auch im Benützungsbewilligungsverfahren Parteistellung eingeräumt werden hätte müssen (in diesem Sinne z.B. VwGH 13.9.1983, 80/05/0203). Da dies, wie aus den Verhandlungsschriften bzw. den entsprechenden Ladungen ersichtlich, im gegenständlichen Fall nicht erfolgt ist, kann als weiteres Indiz für den fehlenden Willen der Behörde zur Erteilung einer diesbezüglichen (Bau-)Bewilligung zur Abweichung von den Abstandsvorschriften mit der Benützungsbewilligung gewertet werden.

 

IV.2.1.3. Baukonsens durch „Schweigen“ der Baubehörde?

 

Eine Baubewilligung kann weiters auch weder durch ein konkludentes (stillschweigendes) Verhalten der Bauaufsichtsorgane begründet werden, noch kann dadurch eine Baubewilligung ersetzt werden (vgl. VwGH 27.8.1996, 96/05/0180; siehe auch VwGH 29.9.2016, 2013/05/0058): Gerade da das baubehördliche Bewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist, also allein entscheidend das insbesondere im Bauplan und der Baubeschreibung dargestellte Projekt ist, kann mit dem Argument der Bf, dass sich die Baubehörde bereits bei mehreren Gelegenheiten in der Vergangenheit von der (vermeintlichen) konsenslosen Errichtung der baulichen Anlage – also insbesondere von der (vermeintlichen) Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften – an Ort und Stelle überzeugen habe können und auch Pläne, in denen die tatsächliche Bauausführung dokumentiert worden sei, weiteren Bewilligungsverfahren vor derselben Behörde zugrunde gelegt wurden, nicht das Vorliegen eines konsensmäßigen, weil projektgemäß ausgeführten Baus dargetan werden. Somit kann auch die bisherige offenbare Untätigkeit der Behörde keine Konsensmäßigkeit bewirken. Die Sanierung der Konsenslosigkeit hätte vielmehr allein durch eine nachträgliche (schriftliche) Baubewilligung – wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hierzu vorliegen – erfolgen können (vgl. dazu bspw. VwGH 7.9.1993, 91/05/0183; VwGH 8.4.2014, 2013/05/0195). Durch etwaige konkludente Akte der Gemeindeorgane kann eine solche nicht erteilt werden, denn eine Baubewilligung kann weder durch langjährigen unbeanstandeten Bestand der baulichen Anlage ersessen werden, noch kann die erforderliche Baubewilligung durch eine Überprüfung nach der Bauführung noch durch (anderweitige) Kenntnis der Behörde von der Bauführung ersetzt werden.

 

Zum Vorbringen der Bf, die Zulässigkeit des Bestandes des Wohnhauses sei durch die damalige mündliche „Zusage“ der Gemeinde und die jahrzehntelange Duldung der Baulichkeiten seitens der Gemeinde vermittelt worden, sei noch darauf hingewiesen, dass selbst mündliche Zusagen zuständiger baubehördlicher Organe die erforderliche Erlassung eines schriftlichen Baubewilligungsbescheides nicht zu ersetzen vermögen. Eine allfällige mündliche „Gestattung“ einer Errichtung abweichend vom bewilligten Bebauungsplan bewirkt auch keinen Konsens dieser „Verrückung“, da es für das Verrücken des Wohnhauses einer (neuerlichen) – schriftlichen – Baubewilligung bedurft hätte: So ergibt sich schon aus der Systematik der im Errichtungszeitpunkt maßgeblichen Oö. BauO 1875, dass Baubewilligungsbescheide nur schriftlich erlassen werden dürften (arg: z.B. lautete § 51 Oö. BauO 1875 auszugsweise wie folgt: „Rekurse in Bausachen müssen binnen 14 Tagen vom Tage der Zustellung der Entscheidung bei er ersten Instanz überreicht werden [...]“). In § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1976 wurde – wie nunmehr in § 35 Abs. 1 Oö BauO 1994 – für Baubewilligungen ohnedies ausdrücklich die Schriftform angeordnet.

 

IV.2.1.4. Vorliegen eines „vermuteten Baukonsenses“?

 

Anlässlich des Vorbringens der Bf, wonach insbesondere aufgrund des Vorliegens rechtskräftiger Bewilligungen und des seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle errichteten Gebäudes, ein Baukonsens zu vermuten sei, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof tatsächlich unter bestimmten Umständen hinsichtlich eines seit Jahrzehnten bestehenden Bauwerkes von einem vermuteten Konsens ausgeht. Die Rechtsvermutung der Konsensmäßigkeit einer alten Baulichkeit kommt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nur dann in Betracht, wenn der Zeitpunkt der Erbauung des Altbestandes so weit zurückliegt, dass die Erteilung der Baubewilligung fraglich scheint, oder bestimmte Indizien dafür sprechen, dass trotz des Fehlens behördlicher Unterlagen von der Erteilung einer Baubewilligung auszugehen ist. Die Rechtmäßigkeit des Bestandes ist nur dann zu vermuten, wenn der Zeitpunkt der Herstellung desselben so weit zurückliegt, dass, von besonders gelagerten Einzelfällen abgesehen, auch bei ordnungsgemäß geführten Archiven die Wahrscheinlichkeit, noch entsprechende Unterlagen auffinden zu können, erfahrungsgemäß nicht mehr besteht (vgl. jüngst VwGH 29.9.2016, 2013/05/0058 mit Verweis auf VwGH 11.5.2010, 2009/05/0252 und 0276, mwN). Insofern ist unter anderem die Vollständigkeit der Archive von Bedeutung. Im konkreten Fall bestehen jedoch überhaupt keine Anhaltspunkte für eine Unvollständigkeit der Archive bzw. das Fehlen von behördlichen Unterlagen; im Gegenteil: Vielmehr wurde dem Verwaltungsgericht das Ansuchen um Baubewilligung und die Baubeschreibung für den Neubau des Wohnhauses, die Kundmachung der Bauverhandlung samt Verständigungsnachweis, der geänderte Einreichplan, die Verhandlungsschriften (sowohl handschriftlich als auch in Reinschrift) und der Baubewilligungsbescheid im Original (Aktenzahl 3-7 im Behördenakt) in chronologischer Reihenfolge vorgelegt. Das Vorliegen eines rechtmäßigen Bestandes kann daher bereits aufgrund des Vorliegens entsprechender Unterlagen nicht vermutet werden. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass das gegenständliche, in den 1960er Jahren errichtete, Gebäude ohnedies nicht als derartig „alter Bestand“ im Sinne der soeben dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verstehen ist (siehe dazu etwa VwGH 11.5.2010, 2009/05/0252 und 0276 mwN; 14.10.1986, 86/05/0062; 26.4.1988, 87/05/0199 betreffend Baulichkeiten, die um 1940 errichtet wurden).

 

IV.2.1.5. Bewilligung des Wohnhauses im Zuge der Errichtung des Nebengebäudes?

 

Die Bf bringen weiters vor, dass spätestens durch die Genehmigung der Errichtung einer Doppelgarage – sollte davor noch keiner bestanden haben – auch ein Baukonsens für das Wohnhaus geschaffen worden sei. Dem ist zu entgegnen, dass, wenn ein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung bestimmter Maßnahmen gerichtet ist, nicht zu Recht behauptet werden kann, dass im angeschlossenen Bauplan als „Bestand“ dargestellte Bauwerke auch Gegenstand der Baubewilligung waren (so bspw auch VwGH 6.7.1982, 82/05/0048): Die Bezugnahme der Baubewilligung vom 4. April 1991 auf den gekennzeichneten Bauplan der Firma W x vom 21. Jänner 1991, Zl. 3990/91, und die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens (insbesondere auf die am 25. März 1991 durchgeführte Bauverhandlung) kann nur so verstanden werden, dass damit jene Baumaßnamen bewilligt wurden, die in den eingereichten Planunterlagen als „Garage“ bzw. „Freisitz“ auf sämtlichen Plänen zur Gänze dargestellt wurden, nicht aber auch der (meist nur teilweise ausgewiesene) Bestand. Dass das Wohnhaus nicht Gegenstand der mit Bescheid vom 4. April 1991 erteilten Baubewilligung war, geht darüber hinaus auch noch daraus hervor, dass sowohl in der Baubeschreibung vom 21. Jänner 1991 vom „Bauvorhaben: Nebengebäude laut Plan – Zubau zu bestehendem Wohnhaus“ als auch in der Verhandlungsschrift vom 25. März 1991 und der entsprechenden Ladung vom 7. März 1991 immer von der „Bauverhandlung über das Bauvorhaben ‚Errichtung eines Nebengebäudes (Doppelgarage)‘‘‘ gesprochen wird. Auch der Bescheidspruch selbst lautet auf die Erteilung der „Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes (Doppelgarage)“. Die Auffassung, wonach ein im Plan (teilweise) ausgewiesener Bestand mangels Beanstandung durch die Behörde als konsentiert zu gelten habe, ist daher unzutreffend, weil es ihr an jeglicher gesetzlicher Grundlage mangelt. Die „Nichtbeanstandung“ der in den Planunterlagen (und auch dort abgesehen von den Lageplänen nur teilweise) ausgewiesenen Wohnhauses verschafft diesem nicht den allenfalls fehlenden Konsens; insbesondere da es gerade nicht Teil dieses im Zuge des Bauverfahrens 1991 zu genehmigenden Projekts „Doppelgarage“ war (vgl. bspw zum Fall einer als Bestand ausgewiesenen Einfriedung VwGH 15.6.2004, 2003/05/0224).

 

IV.2.2. Spielhäuschen und Gebäude nördlich des Freisitzes

 

Das derzeit am Grundstück der Bf befindliche „Spielhäuschen“ ist nicht mit dem der Baubehörde mit E-Mail des Bf vom 29. März 2010 auf der zugesandten Prospektkopie dargestellten Kinderspielhaus auf Stelzen mit den Außenmaßen 244 x 120 x 325 cm (L x B x H), welches ca. 80 cm von der nördlichen und 3,5 m von der westlichen Grundgrenze entfernt erreichtet werden hätte sollen, ident. Insbesondere weist es weit größere Abmessungen auf (ca. 239 x 253 x 390 cm), wurde im „Erdgeschoß“ allseitig mit Holz beplankt, verfügt über einen Balkon und wird im Erdgeschoß als Gartengerätehütte genutzt.

 

Das „Kinderspielhaus“ wurde im Jahr 2010 errichtet, also zu einem Zeitpunkt, in dem kein Bebauungsplan für das gegenständliche Grundstück rechtswirksam erlassen war. Da es sich beim gegenständlichen „Kinderspielhaus“ in der angeführten Ausführung weder um ein gemäß § 26 Oö. BauO 1994, idF LBGl. Nr. 96/2006, bewilligungs- und anzeigefreies Bauvorhaben handelt (insbesondere handelt es sich schon aufgrund der Nutzung als Garten-/Gerätehütte im Erdgeschoß um kein Spielhäuschen bzw. ähnliche Einrichtung auf einem Kinder- und Jugendspielplatz gemäß § 26 Z 6 leg. cit) und auch nicht von der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 9 Oö. BauO 1994, idF LGBl Nr. 36/2008, wonach zwar die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung von nicht Wohnzwecken dienenden ebenerdigen (eingeschoßigen) Gebäuden mit einer bebauten Fläche bis zu 12 bloß anzeigepflichtig gewesen wäre, aufgrund der Ausführung mit Erdgeschoß und Obergeschoß erfasst ist, wäre es insofern jedenfalls im Errichtungszeitpunkt 2010 bewilligungspflichtig gewesen. Eine derartige Bewilligung liegt jedoch nachweislich nicht vor, weshalb von einem konsenslosen Bau auszugehen ist.

 

Hinsichtlich des zwischen dem Wohnhaus und dem Nebengebäude nördlich angrenzend zum Freisitz errichteten Gebäudes mit den Maßen von ca. 4,95 x 2,90 m liegen bei der Baubehörde bzw. beim Landesverwaltungsgericht überhaupt keine Unterlagen auf. Das 1991 angrenzend zum Freisitz im nördlichen Grundstücksbereich errichtete Gebäude weist eine bebaute Fläche von ca. 14,35 m² auf. Es war im Zeitpunkt der Errichtung gemäß § 41 Oö. BauO 1976 in der damals geltenden Fassung LGBl. Nr. 103/1991 als Neu-, bzw. gegebenenfalls Zubau von Gebäuden gemäß § 41 Abs. 1 lit. a leg. cit. bewilligungspflichtig (Es wird weder ein Ausnahmetatbestand des § 41 Abs. 4 leg. cit. erfüllt, noch besteht eine Bewilligungsfreiheit aufgrund einer gemäß Abs. 5 lit. b erlassenen Verordnung der Landesregierung). Da die Errichtung jedoch nicht vom Baukonsens der Doppelgarage mitumfasst ist (vgl. die Ausführungen zuvor) sowie auch keine gesonderte (eigene) Baubewilligung vorliegt, liegt ebenfalls eine konsenslose Errichtung vor.

 

Für beide im Zeitpunkt ihrer Errichtung jeweils bewilligungspflichtigen Gebäude wurde somit zu keiner Zeit ein Konsens erwirkt.

 

IV.3. Zum Umfang der Aufträge

 

Ein unbedingter Beseitigungsauftrag nach § 49 Oö. BauO 1994 darf jedenfalls nur dann erlassen werden, wenn die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nach der maßgeblichen Rechtslage – worunter die zum Zeitpunkt der Erlassung des Beseitigungsauftrages geltende Rechtslage zu verstehen ist – ausgeschlossen ist, wobei auch auf Ausnahmebestimmungen zurückzugreifen ist (Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht [2014]7 Oö. BauO 1994 § 49 Rz 7 mwN).

 

§ 40 Z 1 Oö. BauTG 2013 idgF verlangt bei Gebäuden einen Mindestabstand von 3,0 m zu den Bauplatz- oder Nachbargrundgrenzen. Unstrittig wurden alle drei gegenständlichen Objekte in einem geringeren Abstand zur nördlichen Nachbargrundgrenze errichtet.

 

Es ist daher in weiterer Folge zu prüfen, ob für die gegenständliche Unterschreitung die Ausnahmen der Abstandsbestimmungen anzuwenden sind und deren Errichtung daher konsensfähig wäre: Denkbar wäre eine Ausnahme im gegenständlichen Fall nur dann, wenn die in § 41 Abs. 1 Z 5 Oö BauTG 2013 normierten, taxativen Voraussetzungen erfüllt sind: Dies ist für das Wohnhaus sowie das „Kinderspielhaus“ aber bereits aus dem Grunde zu verneinen, da diese mit einer Traufenhöhe von ca. 3,35 m („Kinderspielhaus“) bzw. über 3,0 m (Wohnhaus) somit jedenfalls beide Male mehr als die gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 lit. d Oö BauTG 2013 maximal zulässigen 3,0 m Traufenhöhe aufweisen.

Eine nachträgliche Konsensfähigkeit des Gebäudes nördlich des Freisitzes ist hingegen bereits deshalb zu verneinen, da die Summe aller im jeweiligen Abstand gelegenen, den Nachbargrundstücken zugewandten Längen der Bauwerke (dh Nebengebäude, Wohnhaus, „Kinderspielhaus“ und Gebäude nördlich des Freisitzes) einschließlich allfälliger Dachvorsprünge weit über 20,0 m ausmachen und somit die gemäß § 41 Abs. 1 Z 5 lit. c leg.cit. höchstens zulässige Länge von 15,0 m deutlich überschreiten. Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass für die gegenständlichen Objekte kein nachträglicher Baukonsens möglich ist.

 

Ob die in Spruchpunkt II. und III. genannten baulichen Objekte nach der aktuell geltenden Rechtslage gemäß § 24 Oö. BauO 1994 bewilligungspflichtig oder gemäß § 25 Oö. BauO 1994 anzeigepflichtig wären, oder ob es sich vielmehr um bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben gemäß § 26 leg cit. handelt, konnte dahingestellt bleiben, da sowohl bewilligungs- bzw. anzeigepflichtige als auch bewilligungs- und anzeigefreie Vorhaben jedenfalls in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben errichtet werden müssen und bei einem Widerspruch kein (nachträglicher) Baukonsens bewirkt werden kann. Wie die voranstehenden Ausführungen zeigen, entsprechen beide Vorhaben auch tatsächlich im Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichts nicht den einzuhaltenden Abstandsvorschriften.

 

Hinsichtlich des Wohnhauses (Spruchpunkt I.) steht ohnedies fest, dass dieses bewilligungspflichtig gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994 ist. Aufgrund des Unterschreitens des Mindestabstandes zur nördlichen Nachbargrundgrenze gemäß § 40 Z 1 Oö. BauTG 2013 ist dieses im Entscheidungszeitpunkt des Landesverwaltungsgerichts ebenfalls nicht konsensfähig.

 

Hinsichtlich des Vorwurfs der Bf, der bescheidmäßig aufgetragene „Totalabriss“ verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da dieser in keinem Verhältnis zu den von der Behörde festgestellten Abweichungen stehe, ist der Auffassung der Behörde zu folgen, wonach bei einem einheitlichen Bauwerk grundsätzlich die gesamte bauliche Anlage Gegenstand des baupolizeilichen Auftrages ist. Ein Abbruchauftrag hat sich nur dann auf Teile eines Bauvorhabens bzw. einer baulichen Änderung zu beziehen, wenn die konsenswidrigen oder konsenslosen Teile des Bauvorhabens vom übrigen Bauvorhaben trennbar sind (vgl. z.B. VwGH 18.6.1991, 90/05/0246; 26.2.2009, 2006/05/0231; 23.2.2010, 2009/05/0250). Die Einschränkung eines Beseitigungsauftrages auf einen Teil einer baulichen Anlage setzt somit rechtliche und tatsächliche Teilbarkeit voraus. Da Gebäudefronten, die bewilligte Abstände verletzen, keinesfalls als von einem Bauwerk trennbare Teile beurteilt werden können (vgl. VwGH 20.9.2001, 99/06/0198), war die Beseitigung der ganzen vorschriftswidrigen Baulichkeiten anzuordnen.

 

Eine wirtschaftliche Abwägung bzw. eine der von den Bf ins Treffen geführten Bestimmung des § 71a Wr. BauO entsprechende Bestimmung, wonach ein Bauwerk als bewilligt angesehen werden kann, soweit dieses seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle besteht, ist für die Erlassung eines Beseitigungsauftrages gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 nicht vorgesehen (zur Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit siehe VwGH 13.11.2012, 2010/05/0132). Welche vermögenswerten Konsequenzen die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes für die Bf hätte, spielt für die Rechtmäßigkeit des baupolizeilichen Auftrag daher keine Rolle. Dies ist aber schon deshalb nicht im Hinblick auf das Eigentumsrecht oder den Gleichheitssatz verfassungsrechtlich bedenklich, weil ein rechtswidriger Zustand an sich nicht schützenswert und vielmehr schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen zu beseitigen ist (vgl. VfSlg. 12.171/1989). Das von den Bf ins Treffen geführte Argument der Rechtssicherheit hinsichtlich älterer Bestände vermag daher in diesem Fall bei fehlendem Konsens nicht greifen.

 

Da die konsenslosen Bauvorhaben im Widerspruch zu den Abstandsvorschriften des Oö. BauTG 2013 stehen und auch keine Ausnahmebestimmung anwendbar ist, hatte die Aufforderung zur Antragstellung auf nachträgliche Baubewilligung (bedingter Beseitigungsauftrag) rechtsrichtiger Weise zu unterbleiben.

 

IV.4. Zur Mitwirkung des Bürgermeisters am angefochtenen Bescheid

Wenn die Bf vorbringen, dass der Bürgermeister unzulässiger Weise auf die Stimmabgabe im Gemeinderat Einfluss geübt habe, sowie dass der Entwurf dem Gemeinderat nicht rechtzeitig vorgelegt wurde, ist dazu festzuhalten, dass gemäß § 64 Oö. GemO 1990 Mitglieder der Kollegialorgane der Gemeinde von der Beratung und der Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand unter anderem dann ausgeschlossen sind, wenn wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen; der Befangene hat jedoch auf Verlangen der Beratung zur Erteilung von Auskünften beizuwohnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs begründet die Mitwirkung eines befangenen Gemeindeorganes (wie bspw des Bürgermeisters) an der Beschlussfassung über den Bescheid des Gemeinderates auch jedenfalls dann einen wesentlichen Verfahrensmangel, wenn der Gemeinderat bei Abwesenheit des befangenen Organs nicht beschlussfähig gewesen oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlussfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustande gekommen wäre (vgl. etwa VwGH 14.12.2004, 2004/05/0016; VwGH 17.2.1972, 256/71, VwSlg 8171 A/1972). Die Wesentlichkeit des Verfahrensmangels wurde vom Verwaltungsgerichtshof aber darüber hinaus schon im Hinblick auf die Möglichkeit angenommen, dass das Stimmverhalten anderer Mitglieder durch die Mitwirkung von befangenen Organwaltern an der Meinungsbildung (Beratung) beeinflusst wird (vgl. etwa VwSlg 13.395 A/1991; VwGH 21.6. 2005, 2001/06/0052) und dadurch Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Bescheides bestehen. Wenn aber wie im vorliegenden Fall der Bürgermeister an der Abstimmung – welche mit 14 Ja und 4 Nein-Stimmen (Stimmenthaltungen) entschieden wurde – überhaupt nicht teilgenommen hat, sondern vielmehr vorher den Vorsitz an den Vizebürgermeister weitergegeben und sich auch während der Beratungen nicht inhaltlich zu Wort gemeldet hat, auch nicht ersichtlich ist, dass er auf andere Art und Weise auf die Beratung und Beschlussfassung Einfluss geübt hat und nicht erkannt werden kann, dass der Gemeinderat in seiner Abwesenheit zu einem anderen, ebenfalls dem Gesetz entsprechenden Beschluss hätte gelangen können, kann darin kein wesentlicher Verfahrensmangel erkannt werden. Überdies ist davon auszugehen, dass die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichts ausreicht, gehörig zu prüfen, ob durch die Erlassung des Beseitigungsauftrags die Bf in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wurden, und ein allfälliger Verfahrensmangel durch die Entscheidung des unabhängigen Gerichts jedenfalls geheilt wäre.

 

Gemäß § 45 Abs. 3 Oö. GemO 1990 ist jedes nicht von der Teilnahme an den Sitzungen ausgeschlossene Mitglied des Gemeinderates von der Abhaltung der Sitzung mindestens sieben Tage, in besonders dringenden Fällen 24 Stunden vorher schriftlich unter Bekanntgabe des Tages, der Beginnzeit, des Ortes und der Tagesordnung der Sitzung zu verständigen. Dass jedoch auch der zu einem der Tagesordnungspunkte von einem Mitarbeiter des Gemeindeamtes ausgearbeitete Bescheidentwurf bis zu einem gewissen Zeitpunkt im Vorfeld an die Gemeinderatsmitglieder bei sonstiger Nichtigkeit des Beschlusses versandt werden müsste, geht daraus nicht hervor. Insofern geht das von den Bf ins Treffen geführte Argument einer Nichtigkeit des Beschluss bei erstmaliger Verlesung des Entwurfes in der Gemeinderatssitzung ins Leere.

 

IV.5. Im Ergebnis erging von der belangten Behörde daher zu Recht der Auftrag an die Bf, die konsenslos errichteten und im ausgeführten Zustand nicht genehmigungsfähigen Gebäude auf dem Grundstück Nr. x, KG M, zu beseitigen.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim Wohnhaus um die Ehewohnung der Bf handelt und auch die in den kommenden Wintermonaten durchaus zumindest phasenweise witterungsbedingte Verzögerungen bzw. Unterbrechungen bei den durchzuführenden Arbeiten zu erwarten sind, erscheint die dafür eingeräumte Erfüllungsfrist von vier Monaten für die Beseitigung des Wohnhauses (Spruchpunkt I.) zu knapp bemessen. Diese Frist wird daher mit 8 Monaten ab Zustellung dieser Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts neu festgesetzt. Die zweimonatige Beseitigungsfrist bezüglich des Gebäudes zwischen Wohnhaus und Nebengebäude (Spruchpunkt II.) sowie des „Kinderspielhauses“ (Spruchpunkt III.) wird mit vier Monaten ab Zustellung dieser verwaltungsgerichtlichen Entscheidung neu festgesetzt. Somit handelt es sich jedenfalls um angemessene Fristen, da diese Fristen geeignet sind, die Bf als Leistungspflichtige unter Anspannung aller ihrer Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (vgl. VwGH 27.5.2004, 2003/07/0074 ua).

 

Die Bf konnten mit ihrer Beschwerde keine Verletzung in ihren subjektiven Rechten aufzeigen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, in der rechtlichen Beurteilung der vorliegenden Entscheidung angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 21. September 2017, Zl.: E 12/2017-13

 

Beachte:

Die Revisionen wurden zurückgewiesen.

VwGH vom 23. Jänner 2018, Zl.: Ra 2017/05/0298 bis 0299-3