LVwG-050072/15/Gf/Mu

Linz, 30.10.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                                                                                                 Datum:

LVwG-050072/15/Gf/Mu                                                               Linz, 30. Oktober 2016

 

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Grof aus Anlass der Beschwerde der Mag. E V, vertreten durch RA Dr. E B, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. April 2016, Zl. SanRB01-41-2014, wegen der Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke an Mag. M K, vertreten durch RA Dr. W V (Mitbeteiligte Partei), nach dem Apothekengesetz

 

z u  R e c h t  e r k a n n t :

 

I.                 Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beschwerdeführerin wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG i.V.m. § 10 ApG die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in V mit der voraussichtlichen Betriebsstätte „L, V (Shopping-Center V)“ und einem folgendermaßen begrenzten Standort:

 

·       im Westen (Ausgangspunkt): Kreuzung Linzer Straße (B 1) mit der Gmundner Straße;

·       im Osten/Norden: Vom Ausgangspunkt der Linzer Straße (B 1) Richtung Osten folgend bis zum Kreuzungsbereich mit der Salzkammergut-Bundesstraße (B 145) bzw. Bahnhofstraße und von dieser Kreuzung Richtung Südosten der Salzkammergut-Bundesstraße (B 145) folgend bis zur südseitigen Einmündung der Peter-Anich-Straße in die Salzkammergut-Bundesstraße (B 145);

·         im Süden: Von dieser Kreuzung der Peter-Anich-Straße Richtung Süden folgend bis zur Kreuzung mit der Johannes-Kepler-Straße und von dort in gedachter Linie dem Fluss Ager folgend bis in die Untere-Ager-Gasse; dieser Straße nach Westen folgend bis zur Kreuzung mit der Gmundner Straße und der Gmundner Straße folgend bis zum Ausgangspunkt;

·         sämtliche Straßenzüge beidseitig

 

mit der Auflage erteilt, dass die Betriebsstätte innerhalb dieses Standortes derart festzulegen ist, dass dadurch eine Mindestentfernung zur Betriebsstätte der Filialapotheke der Mitbeteiligten Partei von vier Straßenkilometern nicht unterschritten wird.

 

III. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 11 Abs. 2 ApG binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine Taxe an die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich in Höhe von 1.104,00 Euro zu entrichten.

 

IV. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 78 AVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung, BGBl 24/1983 i.d.g.F. BGBl I 5/2008 bzw. i.V.m. § 34 Gebührengesetz, BGBl 267/1957 i.d.g.F. BGBl I 163/2015, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine Bundesverwaltungsabgabe in Höhe von 327,00 Euro sowie Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 158,20 Euro zu entrichten.

 

V. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

 

I.

 

Vorgängiges Verwaltungsverfahren

 

 

A) Filialapotheke in R

 

1. Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2014 hat die Mitbeteiligte Partei als Konzessionärin einer bestehenden öffentlichen Apotheke in  A einen Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke mit einem näher bezeichneten, in der Ortschaft R (Gemeinde x) gelegenen Standort gestellt.

 

Darin wurde vorgebracht, dass dem Nachfolger des in den Ruhestand getretenen Kassenarztes die Führung einer ärztlichen Hausapotheke deshalb nicht möglich sei, weil dessen Ordinationssitz weniger als 6 Straßenkilometer von der öffentlichen Apotheke der Mitbeteiligten Apotheke entfernt sei. Mit der geplanten Filialapotheke solle einem entsprechenden Bedürfnis der Wohnbevölkerung von R Rechnung getragen werden.

 

2. Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16. April 2014 einen Einspruch erhoben und diesen damit begründet, dass sie am 18. Februar 2014 die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke in einem Shopping-Center („V V“) beantragt habe. Diesem derzeit noch anhängigen Konzessionsverfahren komme im Hinblick auf die bloße Surrogatfunktion einer Filialapotheke jedenfalls Priorität zu.

 

Außerdem sei dem Ansuchen der Mitbeteiligten Partei der genaue Standort der Filialapotheke nicht zu entnehmen, sodass auch keine exakte Bedarfsprüfung durchgeführt werden könne.

 

Schließlich bestehe v.a. auch deshalb kein Bedarf für die Errichtung einer Filialapotheke, weil sich im Falle einer Konzessionserteilung an die Beschwerdeführerin das Versorgungspotential von deren künftig zu errichtender öffentlicher Apotheke weniger als 5.500 Personen betragen würde.

 

3. In der Folge wurde von der Österreichischen Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) mit Schreiben vom 4. März 2016, Zl. III/5/2/2-38/2/16, ein Gutachten zur Frage des Bedarfs an der Errichtung der beantragten Filialapotheke erstellt.

 

Dieses kommt zum Ergebnis, dass es sich bei R um eine „Ortschaft“ im Sinne des Apothekengesetzes handelt, diese Ortschaft jeweils mehr als 4 Straßenkilometer von den Betriebsstätten der umliegenden öffentlichen Apotheken entfernt ist und für Letztere – abgesehen von jener der Mitbeteiligten Partei selbst – kein Kundenverlust zu erwarten sei. Sohin sei der Bedarf an der Errichtung der beantragten Filialapotheke zu bejahen.

 

4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 26. April 2016, Zl. SanRB01-41-2014, wurde der Mitbeteiligten Partei „die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke auf den Grundstücken x, x und x KG x R“ erteilt und „als Standort das Gebiet der Ortschaft R, Marktgemeinde R, festgelegt“.

 

Begründend wurde dazu in der Sache ausgeführt, dass die bestehende öffentliche Apotheke der Mitbeteiligten Partei einerseits vom Standort der zu errichten beabsichtigten Filialapotheke lediglich 3.230 Meter, andererseits vom Standort der von der Beschwerdeführerin zu errichten beabsichtigten öffentlichen Apotheke jedoch 4.450 Meter entfernt sei. Da sich in der „Ortschaft“ (i.S.d. Apothekengesetzes) R bzw. in der Gemeinde R weder eine öffentliche Apotheke noch eine ärztliche Hausapotheke befinde, bestehe sohin – wie sich auch aus dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer ergebe – im Interesse der ansässigen Wohnbevölkerung ein Bedarf am Betrieb der beantragten Filialapotheke.

 

5. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 29. April 2016 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 24. Mai 2016 – und damit rechtzeitig – unmittelbar bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird zunächst eingewendet, dass die Rechtsmittelwerberin noch vor dem gegenständlichen Filialapothekenansuchen die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit Standort in V beantragt hätte, wobei sich die entsprechenden Versorgungsgebiete jeweils decken würden. Da diesem derzeit noch anhängigen Konzessionsverfahren im Hinblick auf die bloße Surrogatfunktion einer Filialapotheke die Priorität zukomme, hätte die Behörde in Entsprechung zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes – anstelle der Erteilung einer Genehmigung – entweder das Verfahren bezüglich der Filialapotheke gemäß § 38 AVG aussetzen oder zumindest über beide Ansuchen gleichzeitig entscheiden müssen.

 

In der Sache bestehe – entgegen der diesbezüglichen Annahme im Gutachten der Apothekerkammer – v.a. auch deshalb kein Bedarf für die Errichtung einer Filialapotheke, weil sich im Falle einer Konzessionserteilung an die Beschwerdeführerin das Versorgungspotential von deren öffentlicher Apotheke entscheidend verringern und weniger als 5.500 Personen betragen würde. Davon abgesehen habe die belangte Behörde bereits mit Bescheid vom 7. November 2012, Zl. SanRB01-240-2009, ein Ansuchen für eine öffentliche Apotheke mit demselben wie hier gegenständlichen Versorgungsgebiet abgewiesen.

 

Daher wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

6. Mit Schreiben vom 1. Juni 2016, Zl. SanRB01-41-2014, hat die belangte Behörde – ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung – dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich den Bezug habenden Verfahrensakt vorgelegt.

 

 

B) Öffentliche Apotheke im Einkaufszentrum „V“ in V

 

1. Mit Schriftsatz vom 18. Februar 2014 hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in V mit einem näher umschriebenen Standort und der Betriebsstätte „Shopping Center V, L, V“ gestellt.

 

2. Seitens der Gemeinde R wurden gegen dieses Konzessionsansuchen mit Schreiben vom 11. März 2014 keine Einwände erhoben, „solange der in R geplante Standort, für den ebenfalls angesucht wurde“ – gemeint ist der Antrag der Mitbeteiligten Partei auf Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke – „dadurch nicht gefährdet wird“.

 

3. In ihrem Schreiben vom 7. April 2014 hat die Gemeinde V mit näherer Begründung mitgeteilt, dass ihrerseits „die Errichtung einer Apotheke im Einkaufszentrum ..... sehr befürwortet“ wird.

 

4. Die Inhaber der „A-Apotheke“, E, A; der „Apotheke zum S A“, S, V; der „Apotheke am S T“, S, V; der „M-T Apotheke“, L, T; der „S-Apotheke“, H, K“; und die Mitbeteiligte Partei (als Inhaberin der „Apotheke P, P, A) haben hingegen im Wesentlichen mit der Begründung, dass im Falle einer Konzessionserteilung ihr Versorgungspotential jeweils unter 5.500 Personen sinken würde, die Abweisung des Ansuchens der Beschwerdeführerin begehrt.

 

5. In der Folge hat die belangte Behörde zunächst am 14. Mai 2014 die Entfernungen der den von der Beschwerdeführerin beantragten Standort (Einkaufszentrum „V“) umgebenden bestehenden öffentlichen Apotheken von Amts wegen u.a. wie folgt ermittelt:

 

A-Apotheke: 4.115 Meter

Apotheke zum S A: 1.350 Meter

Apotheke am S T: 1.650 Meter

M-T Apotheke: 4.295 Meter

Apotheke P 4.311 Meter

geplante Filialapotheke in R: 4.450 Meter

 

6. In weiterer Folge hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 28. Mai 2014 die Österreichische Apothekerkammer um die Erstattung eines Gutachtens gemäß § 10 Abs. 7 ApG ersucht; unter einem wurde auch der Ärztekammer die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

7. Mit Schreiben vom 17. Juni 2014 hat die Ärztekammer für Oberösterreich darauf hingewiesen, dass im Falle einer Genehmigungserteilung an die Beschwerdeführerin zumindest das Kundenpotential der in der Gemeinde V bereits bestehenden öffentlichen Apotheken unter 5.500 Personen sinken würde.

 

8. Seitens der Österreichischen Apothekerkammer wurde bislang kein Gutachten erstattet.

 

Diesbezüglich hat deren Vertreterin in der öffentlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich am 14. September 2016 ausgeführt, dass für diese Gutachtenserstellung eine sog. „Ambulanzstudie“ (Ermittlung von Einwohnergleichwerten) erforderlich sei, weil das ursprüngliche Gutachten vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22.4.2015, Ro 2015/10/0004, als rechtswidrig erachtet wurde; mit der Fertigstellung dieser Studie sei aber erst Mitte Oktober 2016 zu rechnen, sodass das Gutachten der Apothekerkammer wohl erst gegen Ende des heurigen Jahres fertiggestellt werden könne.

 

 

II.

 

 

Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennen über Beschwerden (sofern nicht ein Fall des Art. 132 Abs. 6 B-VG – nämlich eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde – vorliegt, was jedoch gegenständlich nicht zutrifft) die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

Da hier die Bestimmungen des Art. 131 Abs. 2 bis 4 B-VG über von diesem Grundsatz abweichende Anordnungen nicht zum Tragen kommen, ist nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG die funktionelle und örtliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich gegeben.

 

Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig anzusehen.

 

Weil diesbezüglich weder im Apothekengesetz noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

 

III.

 

Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung

 

 

1. Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck zu Zl. SanRB01-41-2014 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 14. September 2016, an der als Parteien die Beschwerdeführerin und deren Rechtsvertreterin RA Dr. E B einerseits, die Mitbeteiligte Partei und deren Rechtsvertreter RA Dr. W V andererseits und Hofrat Mag. H M als Vertreter der belangten Behörde sowie als Beteiligte i.S.d. § 8 AVG Mag. K F in Vertretung der Österreichischen Apothekerkammer teilgenommen haben.

 

2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde der bereits oben unter I. dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt festgestellt.

 

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf das glaubwürdige und zudem – von konträren Rechtsansichten abgesehen – jeweils wechselseitig unbestritten gebliebene Vorbringen der Verfahrensparteien und den Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Akten zu Zln. SanRB01-4-2014 und SanRB01-43-2016.

 

Insoweit wird – insbesondere, um Wiederholungen zu vermeiden – ergänzend das Verhandlungsprotokoll (ONr. 8 des hg. Aktes) zum integrierenden Bestandteil der Begründung dieses Erkenntnisses erklärt.

 

 

 

 

 

IV.

 

 

Über die vorliegende Beschwerde hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

 

A) Verwaltungsverfahrensgemeinschaft und Entscheidungskompetenz des Verwaltungsgerichtes im Rechtsmittelverfahren

 

 

1. Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie darüber hinaus an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, auch Parteien.

 

Nach ständiger Judikatur der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechts bilden in jenem Sonderfall, in dem mehrere Bewerber die Erteilung von solchen Befugnissen anstreben, die von Gesetzes wegen bloß in beschränkter Anzahl vergeben werden können, dann eine sog. Verwaltungsverfahrensgemeinschaft, in deren Rahmen jedem der Bewerber die Parteistellung i.S.d. § 8 AVG zukommt, wenn die Anzahl der Bewerber jene der zu vergebenden Bewilligungen übersteigt; anerkanntermaßen trifft dies insbesondere für die Vergabe von auf Grund des ApG zu erteilenden Befugnissen zu (vgl. näher die bei J. Hengstschläger – D. Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, 2. Aufl., Wien 2014, RN 18 zu § 8 AVG angeführte Judikatur). Als weitere aus einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft resultierende Konsequenz ist „über alle diese Ansuchen in einem Gesamtverfahren abzusprechen“ (vgl. D. Kolonovits – G. Muzak – K. Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 10. Aufl., Wien 2014, S. 57, RN 123, m.w.N.).

 

2. Im gegenständlichen Fall hat die Mitbeteiligte Partei am 17. Februar 2014 bei der belangten Behörde um die Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke in der Ortschaft R (Gemeinde R; in der Folge näher präzisiert: auf den Grundstücken Nr. x, x und x der KG x R) angesucht.

 

Nur einen Tag später, also am 18. Februar 2014, hat die Beschwerdeführerin bei derselben Behörde die Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit einer Betriebsstätte im Shopping-Center „V“ in V beantragt.

 

Über diesen engen zeitlichen und behördlichen Konnex hinaus steht weiters allseits unbestritten fest, dass sich die Standorte der von der Mitbeteiligten Partei beantragten Filialapotheke und der von der Beschwerdeführerin beantragten neuen öffentlichen Apotheke jedenfalls insofern überschneiden, als die Einwohner der Gemeinde R (ca. 6.600 Personen) jeweils deren potentiell zu versorgenden Kundenkreis bilden.

 

3. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 des Apothekengesetzes, RGBl 5/1907 i.d.g.F. BGBl I 30/2016 (im Folgenden: ApG), war aus der Sicht der belangten Behörde (siehe im Übrigen unten, IV.B.3.2.) die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke u.a. zu erteilen, wenn hierfür ein Bedarf bestand; ein solcher Bedarf war jedoch nach § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG u.a. dann nicht gegeben, wenn sich infolge einer derartigen Neuerrichtung die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden, bereits bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen derart verringert hätte, dass diese voraussichtlich weniger als 5.500 betragen haben würde.

 

In gleicher Weise stellte auch § 24 Abs. 1 ApG im Zusammenhang mit der Errichtung einer Filialapotheke auf eine dementsprechende Bedarfsprüfung ab (vgl. z.B. VwGH vom 18. Oktober 1999, 96/10/0113).

 

Da sohin sowohl im Verfahren zur Konzessionserteilung für eine öffentliche Apotheke an die Beschwerdeführerin als auch im Verfahren zur Bewilligungserteilung für eine Filialapotheke an die Mitbeteiligte Partei jeweils ein und dieselbe, deren rechtliche Interessen berührende Rechtsfrage, ob bzw. inwieweit dadurch jeweils wechselseitig ihr (von der Gemeinde R gebildetes) Versorgungspotential und/oder das Versorgungspotential einer der umliegenden, bereits bestehenden öffentlichen Apotheken derart beeinträchtigt werden könnte, dass dieses unter 5.500 Personen sinkt, zu beurteilen war, hätte die belangte Behörde diese beiden Verfahren somit nicht getrennt führen dürfen, sondern vielmehr zu einem gemeinsamen Verfahren verbinden und sodann mittels einheitlichen Bescheides erledigen müssen – und zwar selbst dann, wenn Derartiges (anders als bspw. für Betriebsanlagengenehmigungsverfahren gemäß § 356b GewO) nicht explizit gesetzlich angeordnet ist.

 

4. Vor einem derartigen Hintergrund erhebt sich somit nunmehr die Frage, ob diese Trennung weiterhin aufrecht zu erhalten oder nicht vielmehr zumindest im Rechtsmittelverfahren eine entsprechende Zusammenlegung geboten ist.

 

4.1. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Regel – nämlich dann, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder dessen Feststellung durch das VwG selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist – in der Sache selbst zu entscheiden haben.

 

Dies spricht für eine prinzipielle gesetzgeberische Wertentscheidung dahin, dass die Ausübung der verwaltungsgerichtlichen Sacherledigungskompetenz bloß wegen behördlicher Verfahrensfehler in aller Regel nicht gehindert ist, d.h. dass die VwG diesbezügliche Rechtswidrigkeiten der Behörde vielmehr aus eigenem zu sanieren haben.

 

4.2. Weiters lässt sich aus § 28 Abs. 2 VwGVG auch ein Effizienzgebot dahin ableiten, dass das Verwaltungsverfahren – gesamthaft betrachtet, nämlich im Interesse der Sicherstellung Österreichs als attraktiven Wirtschaftsstandort, womit eine – wie sich in der Praxis zeigt – regelmäßig mehrjährige Dauer von Konzessionserteilungsverfahren nach dem ApG (hier: mehr als 21/2 Jahre) schon von vornherein unvereinbar ist – raschest möglich rechtskräftig abgeschlossen werden soll.

 

Dies geht ersichtlich auch aus dem Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ra 2015/10/0063, hervor.

 

4.3. Dass die Verwaltungsbehörde damit hinsichtlich des nicht einbezogenen Verfahrens ihre Befugnis zur Fällung der originär politischen Entscheidung verliert, begegnet keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn und soweit eine derartige Kompetenzdevolution gesetzlich vorgesehen (siehe dazu gleich unten, IV.A.4.4.) und damit i.S.d. Art. 18 Abs. 1 B‑VG gedeckt ist.

 

4.4. Insgesamt folgt daraus, dass in Sachverhaltskonstellationen, in denen nahezu zeitgleich mehrere, auf das ApG gestützte Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung gestellt werden, die sich de facto auf ein und dasselbe Kundenpotential derart beziehen, dass im Falle der Genehmigung der Neuerrichtung dadurch einer bereits bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 5.500 Personen als zu versorgende verbleiben, dann, wenn die Behörde die entsprechenden Bewilligungsverfahren getrennt geführt hat und gegen eine ein solches Verfahren abschließende Entscheidung eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben wurde, das LVwG damit auch hinsichtlich der übrigen noch nicht rechtskräftig erledigten Ansuchen eine Sachentscheidung zu treffen hat – dies selbst dann, wenn in jenen Verfahren (noch) kein Rechtsmittel erhoben, insbesondere keine Säumnisbeschwerde eingebracht wurde: Es kommt sohin in derartigen Konstellationen gleichsam zu einer „ex-lege-Devolution der Zuständigkeit kraft sachlicher Konnexität“, die ihre Grundlage im gemeinsamen Versorgungspotential mehrerer Apotheken hat. Da dies insofern dem im ApG spezifisch geregelten Bedarfsprüfungssystem inhärent ist, ist ein derartiger Zuständigkeitsübergang somit auch – wenngleich nicht explizit – „gesetzlich vorgesehen“, wie dies  aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel in Bezug auf Kompetenzverschiebungen als Ausnahme vom Grundsatz der nicht prorogablen Zuständigkeitsverteilung im Verwaltungsrecht entsprechend gefordert ist (vgl. z.B. schon L. Adamovich, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts, Bd. I, 5. Aufl., Wien 1954, 215; K. Wenger, Grundfragen und Grundbegriffe des Organisationsrechts, in: H.P. Rill [Hrsg.], Allgemeines Verwaltungsrecht, Wien 1979, 353; W. Antoniolli – F. Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Wien 1986, 311; L.K. Adamovich – B.C. Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Aufl., Wien 1987, 321; B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2. Aufl., Wien 2003, 54, RN 169).    

 

4.5. Nach all dem hatte daher das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich aufgrund der von der Beschwerdeführerin gegen den der Mitbeteiligten Partei die Errichtung einer Filialapotheke bewilligenden Bescheid der belangten Behörde vom 26. April 2016 erhobenen Beschwerde nicht nur über dieses Rechtsmittel, sondern auch über den Antrag der Rechtsmittelwerberin auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke im Shopping-Center V in V eine Sachentscheidung zu treffen, zumal der diesbezüglich entscheidungswesentliche (vgl. dazu näher unten, IV.B. und IV.C.) Sachverhalt hier bereits i.S.d. § 28 Abs. 2 Z. 1 VwGVG feststeht.

 

 

B) Zu dem von der Mitbeteiligten Partei gestellten Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke in R

 

 

1. Nach § 24 Abs. 1 ApG ist dem Inhaber einer öffentlichen Apotheke die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke für eine Ortschaft, in der sich keine öffentliche Apotheke oder ärztliche Hausapotheke befindet, zu erteilen, wenn diese Ortschaft nicht mehr als vier Straßenkilometer von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke entfernt ist und der Bedarf nach einer Verabreichungsstelle von Arzneimitteln besteht. Eine solche Filialapotheke darf gemäß § 24 Abs. 2 ApG nur im Zusammenhang mit jener öffentlichen Apotheke, für die sie bewilligt wurde, betrieben werden.

 

Nach § 24 Abs. 7 i.V.m. § 9 Abs. 2 ApG ist im Bewilligungsbescheid als Standort der Filialapotheke eine Gemeinde, eine Ortschaft, ein Stadtbezirk oder ein Teil eines solchen Gebietes zu bestimmen, wobei die Filialapothekenbewilligung nur für diesen Standort Geltung hat.

 

Gemäß § 27 ApG ist die Bewilligung zum Betrieb einer Filialapotheke von der Behörde zurückzunehmen, wenn in der Umgebung eine neue öffentliche Apotheke in Betrieb genommen wird und die Betriebsstätte der Filialapotheke von der Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke nicht mehr als eine Wegstrecke von vier Kilometern entfernt ist.

 

Nach § 29 Abs. 8 ApG werden Hausapothekenbewilligungen durch die Eröffnung einer Filialapotheke nicht berührt.

 

2. Einerseits befindet sich in R allseits unstrittig weder eine öffentliche Apotheke noch eine ärztliche Hausapotheke; andererseits beträgt die Entfernung dieser Ortschaft, für die von der Mitbeteiligten Partei der Standort der Filialapotheke beantragt wurde, und der von ihr geführten öffentlichen Apotheke weniger als vier, nämlich bloß 3,230 Straßenkilometer, während innerhalb eines Umkreises von vier Straßenkilometers um diesen Standort keine andere, bereits bestehende öffentliche Apotheke situiert ist. Insbesondere käme auch die von der Beschwerdeführerin beantragte öffentliche Apotheke in einer Entfernung von 4,450 Straßenkilometern zu liegen.

 

Insoweit sind also die Anforderungen des § 24 Abs. 1 ApG – wie in der öffentlichen Verhandlung des LVwG allseits unbestritten festgestellt wurde – als jedenfalls erfüllt anzusehen.

 

3.1. Soweit es das in dieser Bestimmung zudem normierte Kriterium des „Bedarfes nach einer Verabreichungsstelle für Arzneimittel“ betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich in ständiger Judikatur die Auffassung vertritt, dass das negative Bedarfsmerkmal des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG in gleicher Weise in den Bedarfsbegriff des § 24 Abs. 1 ApG einzubeziehen ist. Danach wäre somit u.a. ebenfalls zu prüfen, ob sich die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen infolge der Errichtung der Filialapotheke verringert und weniger als 5.500 betragen wird (vgl. z.B. VwGH vom 18. Oktober 1999, 96/10/0113), wobei diese Zahl gemäß § 10 Abs. 6a ApG zu unterschreiten ist, wenn dies in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist.

 

3.2. Dem gegenüber hat der Gerichtshof der Europäischen Union (im Folgenden auch: EuGH) in diesem Zusammenhang mit Beschluss vom 30. Juni 2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II), für Recht erkannt:

 

Das Urteil des EuGH vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C‑367/12, EU:C:2014:68), ist so zu verstehen, dass das in der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung festgelegte Kriterium einer starren Grenze der Zahl der ‚weiterhin zu versorgenden Personen‘ bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke allgemein in keiner konkreten Situation, die einer Prüfung unterzogen wird, Anwendung finden darf.

 

3.2.1. Begründend wurde dazu zunächst ausgeführt, dass es die Bindungswirkung eines im Vorabentscheidungsverfahren ergangenen Urteils nicht ausschließt, dass das nationale Gericht, an das dieses Urteil gerichtet ist, vor der Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits eine erneute Anrufung des Gerichtshofs für erforderlich hält. Eine solche Vorlage ist gerechtfertigt, wenn das nationale Gericht beim Verständnis oder bei der Anwendung des Urteils Schwierigkeiten hat, wenn es dem Gerichtshof eine neue Rechtsfrage stellt oder wenn es ihm neue Gesichtspunkte unterbreitet, die ihn dazu veranlassen könnten, eine bereits gestellte Frage abweichend zu beantworten (Beschluss vom 5. März 1986, Wünsche, C‑69/85, EU:C:1986:104, RN 15; Urteile vom 11. Juni 1987, X, C‑14/86, EU:C:1987:275, RN 12, und vom 6. März 2003, Kaba, C‑466/00, EU:C:2003:127, RN 39). Dies ist hier insofern der Fall, als das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wissen möchte, ob aus dem Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C-367/12, EU:C:2014:68), hervorgeht, dass von der Anwendung des Kriteriums einer starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" in jedem Fall abzusehen ist oder nur in Rechtssachen, die bestimmte Gebiete oder besondere Situationen betreffen (RN 19 und 20).

 

3.2.2. Gemäß Art. 99 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn die Beantwortung der zur Vorabentscheidung vorgelegten Frage keinen Raum für vernünftige Zweifel lässt oder wenn die Antwort auf eine solche Frage klar aus seiner Rechtsprechung abgeleitet werden kann, auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden. Genau dies ist hier der Fall, da die Antwort auf die Vorlagefrage klar aus dem Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C-367/12, EU:C:2014:68), abgeleitet werden kann (RN 21 und 22).

 

3.2.3. Nach der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung wird eine Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke nur dann erteilt, wenn ein "Bedarf' besteht. Dieser Bedarf wird vermutet, es sei denn, mindestens

einer der in dieser Regelung genannten konkreten Umstände steht dem entgegen (Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 28).

 

Zu diesen Umständen gehört die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus "weiterhin zu versorgenden Personen", d.h. der ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern um diese Betriebsstätte (Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 43).

 

So ist nach dieser Regelung das Bestehen eines Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke dann ausgeschlossen, wenn die Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen", d.h. der ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern um diese Betriebsstätte, sich infolge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 29 und 43). Diese Regelung sieht jedoch eine Anpassungsmaßnahme vor, wonach dann, wenn die Zahl der ständigen Einwohner weniger als 5.500 beträgt, die aufgrund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs von dieser Apotheke in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen sind (Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 43). Es ist sachdienlich, das vorlegende Gericht darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Regelung nur dann geeignet ist, die Erreichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. März 2009, Hartlauer, C-169/07, EU:C:2009:141, RN 55; vom 19. Mai 2009, Apothekerkammer des Saarlandes u.a., C-171/07 und C-172/07, EU:C:2009:316, RN 42; und vom 1. Juni 2010, Blanco Pérez und Chao Gómez, C-570/07 und C-571107, EU:C:2010:300, RN 94). Hierzu hat der Gerichtshof im Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C-367/12, EU:C:2014:68, RN 45 und 46), zum einen festgestellt, dass nach der im Ausgangsverfahren fraglichen Regelung sich für bestimmte, insbesondere in ländlichen Regionen wohnende Personen, erst recht, wenn sie wie z.B. ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und Kranke zeitweilig oder längerfristig über eine eingeschränkte Mobilität verfügen, der Zugang zu Arzneimitteln als kaum angemessen erweisen kann. Es gibt nämlich Personen, die nicht im Umkreis von vier Straßenkilometern um die Betriebsstätte der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke wohnen und daher

weder in deren Versorgungsgebiet noch in einem anderen bestehenden Gebiet als ständige Einwohner berücksichtigt werden. Diese Personen können zwar allenfalls als „Einfluter" berücksichtigt werden. Jedoch hängt ihr Zugang zu Apothekendienstleistungen in jedem Fall von Umständen ab, die ihnen grundsätzlich keinen dauerhaften und kontinuierlichen Zugang gewähren, da dieser an der Beschäftigung in einem bestimmten Gebiet oder einem dort benutzten Verkehrsmittel anknüpft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 45). Zum anderen hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass in ländlichen und abgelegenen Gebieten, in die nur wenige einfluten, die Zahl der weiterhin zu versorgenden Personen wegen der niedrigen Bevölkerungsdichte ohne Weiteres unter 5.500 liegen kann, so dass der Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke niemals als zureichend angesehen werden könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 47 bis 49).

 

Daraus folgt, dass bei der Anwendung des Kriteriums der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" trotz der von der nationalen Regelung vorgesehenen Anpassungsmaßnahme die Gefahr besteht, dass für bestimmte Personen, die in Gebieten mit gewissen örtlichen Besonderheiten, wie ländlichen und abgelegenen

Regionen außerhalb der Versorgungsgebiete bestehender Apotheken, wohnen, insbesondere für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, kein gleicher und angemessener Zugang zu Apothekendienstleistungen sichergestellt ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 50).

 

Durch die Bezugnahme auf ländliche oder abgelegene Regionen sowie auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität wollte der Gerichtshof die Tragweite seiner Beurteilung der Kohärenz der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung jedoch keineswegs auf diese Art von Regionen und auf diese Kategorie von Personen begrenzen.

 

Aufgrund der von ihr festgelegten starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" ermöglicht die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung es der zuständigen Behörde nämlich nicht, die Besonderheiten jeder einzelnen geprüften Situation gehörig zu berücksichtigen und auf diese Weise die kohärente und systematische Erreichung des mit dieser Regelung angestrebten Hauptziels zu gewährleisten, das, wie der Gerichtshof in RN 25 seines Urteils vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C-367/12, EU:C:2014:68), angemerkt hat, darin besteht, eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu gewährleisten.

 

Vor diesem Hintergrund ist der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangt, dass eine mitgliedstaatliche Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die als essenzielles Kriterium bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke eine starre Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" festlegt, im Widerspruch zu Art. 49 AEUV, insbesondere zum Gebot der Kohärenz bei der Verfolgung des angestrebten Ziels, steht, weil die zuständigen nationalen Behörden keine Möglichkeit haben, von dieser Grenze abzuweichen, um örtliche Besonderheiten, d.h. im Endeffekt Besonderheiten der verschiedenen konkreten Situationen, wobei jede einzelne zu prüfen ist, zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher, C-367/12, EU:C:2014:68, RN 51).

 

Daraus folgt, dass die mit der Anwendung des Kriteriums einer starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" verbundene Inkohärenz systemimmanent ist. Daher können sich die Gefahren, die mit einer derartigen Anwendung einhergehen, auf die Beurteilung jeder einzelnen Situation auswirken (RN 35).

 

3.2.4. Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass das Urteil vom 13. Februar 2014, Sokoll-Seebacher (C-367/12, EU:C:2014:68), so zu verstehen ist, dass das in der im Ausgangsverfahren fraglichen nationalen Regelung festgelegte Kriterium einer starren Grenze der Zahl der "weiterhin zu versorgenden Personen" bei der Prüfung des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke allgemein in keiner konkreten Situation, die einer Prüfung unterzogen wird, Anwendung finden darf (RN 36).

 

3.3. Diese Entscheidung des EuGH bewirkt sohin, dass die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG auch i.V.m. § 10 Abs. 6a ApG (wonach die Zahl von 5.500 Personen zu unterschreiten ist, wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist) deshalb, weil diese auch nach der Novelle BGBl I 30/2016 (von ländlichen und abgelegenen Regionen abgesehen) immer noch eine starre Grenze an weiterhin zu versorgenden Personen – nämlich in Höhe von 5.500 – vorsieht, gegenwärtig wegen Widerspruchs zum Unionsrecht nicht anzuwenden ist. Denn eine Synopse der Entscheidungen des EuGH vom 13. Februar 2014, C‑367/12 (Sokoll-Seebacher I), einerseits und vom 30. Juni 2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II), andererseits ergibt zweifelsfrei, dass als essentielles Bedarfskriterium in einer nationalen Regelung lediglich die angemessene, sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Apothekendienstleistungen vorgesehen werden darf, um dem unionsrechtlichen Kohärenz- und Verhältnismäßigkeitsgebot im Hinblick auf Art. 56 AEUV zu entsprechen, während einem wirtschaftlichen Bestandsschutz für bereits bestehende Apotheken in diesem Zusammenhang – wenn überhaupt, dann – nur eine untergeordnete Rolle in Form einer Reflexwirkung zukommen kann: (Eine starre Grenze bzw.) ein Potential von weiterhin zu versorgenden Personen dient nämlich primär dem Bestandsschutz bereits vorhandener Bewilligungsinhaber, wodurch das Hauptziel der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung aus den Augen verloren wird.

 

3.4. In gleicher Weise gilt dies auch für all jene Bestimmungen des ApG, die explizit oder – wie § 24 Abs. 1 ApG – implizit auf § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG verweisen.

 

Da sich sowohl bezüglich des Kriteriums von bestehenden ärztlichen Hausapotheken als auch hinsichtlich jenes der Entfernung zur nächstgelegenen öffentlichen Apotheke jeweils eine Sonderregelung in § 24 Abs. 1 ApG findet und sohin insoweit auch die Ausschließungsgründe des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG und des § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG in Bezug auf Filialapotheken schon von Vornherein nicht zum Tragen kommen, ist somit nach gegenwärtig maßgeblicher, um Unionsrechtswidrigkeiten bereinigter Rechtslage der – bis zum Beleg des Gegenteils zu vermutende (vgl. EuGH vom 13. Februar 2014, C 367/12 [Sokoll-Seebacher I], RN 28 und 36) – Bedarf an der Errichtung einer Filialapotheke solange als gegeben anzusehen, als Betriebsstätten von (neuen oder bereits bestehenden) öffentlichen Apotheken mehr als eine Wegstrecke von vier Kilometern entfernt sind (vgl. § 24 Abs. 1 ApG bzw. § 27 ApG).

 

3.5. Da Letzteres im gegenständlichen Fall nicht zutrifft und auch die übrigen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 ApG erfüllt sind, erweist sich sohin die Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer Filialapotheke an die Mitbeteiligte Partei als rechtmäßig, weshalb die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

 

 

C) Zum Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke im Shopping-Center V in V

 

 

1. Gemäß § 10 Abs. 1 ApG ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat (Z. 1) und zudem ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht (Z. 2).

 

Ein Bedarf besteht nach § 10 Abs. 2 ApG nicht, wenn sich entweder zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs. 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind (Z. 1), oder wenn die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 Meter beträgt (Z. 2) oder wenn die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird (Z. 3).

 

2. Dass es sich bei V allseits unbestritten um keine sog. bloße „Ein-Arzt-Gemeinde“ i.S.d. § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG handelt, sondern mehrere Ärzte dort ihren Berufssitz i.S.d. § 10 Abs. 1 Z. 1 ApG haben, ist angesichts des Umstandes, dass sich in dieser Stadt eine Schwerpunkt-Krankenanstalt (als Teil des „Salzkammergut-Klinikums“) befindet, ebenso evident wie der im Übrigen von sämtlichen Verfahrensparteien nicht in Abrede gestellte Umstand, dass innerhalb eines Umkreises von 500 Meter um das Shopping-Center V keine bereits bestehende öffentliche Apotheke gelegen ist (vgl. oben, I.B.5.).

 

3. Hinsichtlich des in § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG festgelegten negativen Bedarfsprüfungskriteriums wurde bereits oben unter IV.B.3.2. und 3.3. dargestellt, dass dieses gegenwärtig wegen vom EuGH festgestellter Unionsrechtswidrigkeit nicht zum Tragen kommt.

 

3.1. Daran dürfte pro futuro auch der sich derzeit in parlamentarischer Beratung befindliche Initiativantrag vom 12. Oktober 2016, 1863/A, 25. GP (s.a. 1310 BlgNR, 25. GP), mit dem folgende Novellierung des § 10 Abs. 6a ApG vorgesehen ist:

 

„(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs. 2 Z 3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.“,

 

nichts ändern.

 

Denn gesamthaft betrachtet geht aus den beiden EuGH-Entscheidungen vom 13. Februar 2014, C‑367/12 (Sokoll-Seebacher I), und vom 30. Juni 2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II), – wie bereits zuvor angeführt (vgl. IV.B.3.3.) – unmissverständlich hervor, dass ein nationales Bedarfsprüfungssystem nur dann als verhältnismäßig erscheint, wenn dieses geeignet ist, die Zielsetzung einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in kohärenter Weise sicherzustellen.

 

Abgesehen davon, dass es in diesem Zusammenhang nach Auffassung des EuGH auf „besondere örtliche Verhältnisse“ – wie in der geplanten Novelle zum ApG weiterhin vorgesehen – überhaupt nicht ankommt, obliegt in gerichtlichen Kontrollverfahren die Beweisführung einer kohärenten Zielerreichung nicht dem Gericht selbst, sondern dem Staat bzw. seinen Gesetzgebungs- und Behördenorganen (so z.B. wiederum unmissverständlich EuGH vom 19. Oktober 2016, C‑148/15 [Deutsche Parkinson-Vereinigung], RN 35 u. 36, m.w.N.; sowie schon vom 30. April 2014, C‑390/12 [Pfleger], RN 50, zum österreichischen Glücksspielmonopol). Belege dafür, dass und weshalb gerade das bestehende Bedarfsprüfungssystem des ApG im Sinne eines gelindesten Eingriffes dazu geeignet wäre, tatsächlich eine sichere und optimale Heilmittelversorgung zu gewährleisten, wurden jedoch bislang in Österreich nicht erbracht. Insbesondere lassen sich auch der die vorangeführten Sokoll-Seebacher-Entscheidungen des EuGH in mehrfacher Weise missdeutenden Begründung des vorliegenden Initiativantrages solche nicht entnehmen, was freilich schon deshalb nicht überraschen kann, weil sich die Vorgangsweise eines Initiativantrages hierfür schon voraussetzungsgemäß nicht eignen dürfte: Denn bei dieser in auffälliger Weise gerade bei grundlegenden Novellierungen im Bereich des Apothekenrechts häufig gewählten Art des Gesetzgebungsverfahrens kommt es – im Gegensatz zur Gesetzgebung auf Grund einer Regierungsvorlage – weder zu einem regulären Begutachtungsverfahren noch zu der sonst einer Regierungsvorlage vorangehenden materiellen Grundlagenforschung, sodass gesamthaft betrachtet nicht nur Letztere sondern auch eine planvolle Fortentwicklung des Rechtsgebietes insgesamt auf der Strecke bleibt.

 

3.2. Zudem lässt sich den vorangeführten Sokoll-Seebacher-Entscheidungen entnehmen, dass diese in Bezug auf das bestehende Bedarfsprüfungssystem des ApG seitens des EuGH wohl auch von einem Verdacht des unsachlichen Protektionismus getragen sein dürften. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass mehrfach betont wird, dass das Hauptziel einer derartigen Regelung in der Gewährleistung einer optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung bestehen muss, während dem gegenüber ein Bestandsschutz für bereits bestehende öffentliche Apotheken ebenso wenig erwähnt wie auf das Verhältnis zwischen Letzteren und Filial- und ärztlichen Hausapotheken eingegangen wird.

 

Davon ausgehend ist daher der nationale Gesetzgeber im Zuge einer Neuregelung des Apothekenwesens in erster Linie dazu verhalten, Regelungen zu schaffen, die effektiv gewährleisten, einen – sich v.a. auch in Gestalt von mutwilligen Verfahrensverzögerungen seitens der Streitparteien ausdrückenden – Missbrauch dahin zu verunmöglichen, die Neugründung von Apotheken aus Gründen zu verhindern, die im rein wirtschaftlichen Interesse von bereits bestehenden Konzessionsinhabern gelegen sind.

 

3.3. Stellt man vorrangig auf eine optimale Heilmittelversorgung der Bevölkerung ab, so erscheint ein Bestandsschutz für bereits bestehende Apotheken schon von vornherein nur für jene Standorte erforderlich, die aus ökonomischer Sicht als nicht lukrativ erscheinen (insbesondere wegen dünner Besiedelung, schlechter Verkehrsanbindung o.Ä.). Für zentrale Orte bedarf es hingegen eines derartigen Bestandsschutzes schon deshalb nicht, weil sich für die Gebiete solcher Apotheken wegen ihrer hohen Rentabilität stets rasch entsprechende Betreiber bzw. Nachfolger für diese finden. Die gesetzliche Festlegung bzw. Beibehaltung eines generellen, in keiner Weise sachlich differenzierenden Bestandsschutzes verkörpert daher offenkundig weder ein zur Zielerreichung der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung geeignetes noch auch das gelindeste Eingriffsmittel (zur Unhaltbarkeit der Vermutung, dass eine Wettbewerbssituation schon per se eine Gefahr für die Heilmittelversorgung darstellt, vgl. insbesondere EuGH vom 19. Oktober 2016, C 148/15 [Deutsche Parkinson Vereinigung], RN 37 ff).

 

Somit würde jede Fortschreibung dieses Systems nur dessen bereits ex ante bestehende Unionsrechtswidrigkeit perpetuieren.

 

4. Da – wie bereits zuvor gezeigt (vgl. oben, IV.C.2. und 3.) – im gegenständlichen Fall die Ausschlussgründe des § 10 Abs. 2 ApG nicht vorliegen und auch § 10 Abs. 6a ApG nicht zum Tragen kommt, ist daher der grundsätzlich zu vermutende Bedarf (vgl. EuGH vom 13. Februar 2014, C-367/12 – Sokoll-Seebacher I [EU:C:2014:68], RN 28), als auch hier tatsächlich gegeben anzunehmen.

 

5. Weil die Beschwerdeführerin somit sämtliche persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt, war ihr antragsgemäß die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke in V mit der voraussichtlichen Betriebsstätte „L,  V (Shopping-Center V)“ und einem folgendermaßen begrenzten Standort:

 

·         im Westen (Ausgangspunkt): Kreuzung Linzer Straße (B 1) mit der Gmundner Straße;

·         im Osten/Norden: Vom Ausgangspunkt der Linzer Straße (B 1) Richtung Osten folgend bis zum Kreuzungsbereich mit der Salzkammergut-Bundesstraße (B 145) bzw. Bahnhofstraße und von dieser Kreuzung Richtung Südosten der Salzkammergut-Bundesstraße (B 145) folgend bis zur südseitigen Einmündung der Peter-Anich-Straße in die Salzkammergut-Bundesstraße (B 145);

·         im Süden: Von dieser Kreuzung der Peter-Anich-Straße Richtung Süden folgend bis zur Kreuzung mit der Johannes-Kepler-Straße und von dort in gedachter Linie dem Fluss Ager folgend bis in die Untere-Ager-Gasse; dieser Straße nach Westen folgend bis zur Kreuzung mit der Gmundner Straße und der Gmundner Straße folgend bis zum Ausgangspunkt;

·         sämtliche Straßenzüge beidseitig

 

mit der Auflage zu erteilen, dass die Betriebsstätte innerhalb dieses Standortes derart festzulegen ist, dass dadurch eine Mindestentfernung zur Betriebsstätte der Filialapotheke der Mitbeteiligten Partei von vier Straßenkilometern nicht unterschritten wird.

 

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin gemäß § 11 Abs. 2 ApG die Entrichtung einer Taxe an die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich für die Konzessionserteilung in Höhe von 1.104 Euro (§ 11 Abs. 2 ApG i.V.m. § 9 des Bundesgesetzes über die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich, BGBl I 154/2001 i.d.F. BGBl I 9/2016, und i.V.m. der Kundmachung des Beschlusses des Vorstandes des Pharmazeutischen Gehaltskasse vom 12. Jänner 2016[1]) binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses aufzuerlegen.

 

7. Weiters war der Beschwerdeführerin nach § 78 AVG i.V.m. § 1 Abs. 1 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung, BGBl 24/1983 i.d.g.F. BGBl I 5/2008 (im Folgenden: BVwAbgV), bzw. i.V.m. § 34 Gebührengesetz, BGBl 267/1957 i.d.g.F. BGBl I 163/2015 (im Folgenden: GebG), die Entrichtung

 

einer Bundesverwaltungsabgabe (BVwAbgV, TP 71) in Höhe von 327,00 Euro

sowie von Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 158,20 Euro,

nämlich

– für die Erkenntnisausfertigung (§ 14 GebG, TP 2 Abs. 1 Z. 1)   83,60 Euro,

– für das Ansuchen (§ 14 GebG, TP 6 Abs. 2 Z. 1)   47,30 Euro und

– für Beilagen (§ 14 GebG, TP 5 Abs. 1)   27,30 Euro,

 

vorzuschreiben.

 

 

 

V.

 

 

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsge-richtshof zulässig, weil bislang – soweit ersichtlich – eine Rechtsprechung des VwGH zu der Frage fehlt, ob (auch) im Anwendungsbereich des ApG in dem Fall, dass die Behörde mehrere in Form einer Verwaltungsverfahrensgemeinschaft zu verbindende Verfahren tatsächlich getrennt hat, die Verwaltungsgerichte diese über eine Beschwerdeerhebung hin dennoch mit einer einheitlichen Entscheidung abzuschließen haben oder die begonnene Verfahrenstrennung auch für das Rechtsmittelverfahren bestehen bleibt (s.o., IV.A.).

 

 

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 

 

 

LVwG-050072/15/Gf/Mu vom 30. Oktober 2016

 

Erkenntnis

 

Normen:

Art. 56 AEUV

Art. 18 B-VG

§ 10 ApG

§ 24 ApG

§ 27 ApG

§ 28 VwGVG

§ 8 AVG

 

* Da sowohl im Verfahren zur Konzessionserteilung für eine öffentliche Apotheke an die Bf. als auch im Verfahren zur Bewilligungserteilung für eine Filialapotheke an die MP jeweils ein und dieselbe, deren rechtliche Interessen berührende Rechtsfrage, ob bzw. inwieweit dadurch jeweils wechselseitig ihr (von der Gemeinde 4844 Regau gebildetes) Versorgungspotential und/oder das Versorgungspotential einer der umliegenden, bereits bestehenden öffentlichen Apotheken derart beeinträchtigt werden könnte, dass dieses unter 5.500 Personen sinkt, zu beurteilen war, hätte die BH diese beiden Verfahren nicht getrennt führen dürfen, sondern vielmehr zu einem gemeinsamen Verfahren verbinden und sodann mittels einheitlichen Bescheides erledigen müssen – und zwar selbst dann, wenn Derartiges nicht explizit gesetzlich angeordnet ist.

 

* Hinsichtlich der vor einem derartigen Hintergrund resultierenden Frage, ob diese Trennung weiterhin aufrecht zu erhalten oder nicht vielmehr zumindest im Rechtsmittelverfahren eine entsprechende Zusammenlegung geboten ist, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsgerichte gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in der Regel in der Sache selbst zu entscheiden haben. Dies spricht für eine prinzipielle gesetzgeberische Wertentscheidung dahin, dass die Ausübung der verwaltungsgerichtlichen Sacherledigungskompetenz bloß wegen behördlicher Verfahrensfehler in aller Regel nicht gehindert ist, d.h. dass die VwG diesbezügliche Rechtswidrigkeiten der Behörde vielmehr aus eigenem zu sanieren haben. Weiters lässt sich aus § 28 Abs. 2 VwGVG auch ein Effizienzgebot dahin ableiten, dass das Verwaltungsverfahren – gesamthaft betrachtet, nämlich im Interesse der Sicherstellung Österreichs als attraktiven Wirtschaftsstandort, womit eine – wie sich in der Praxis zeigt – regelmäßig mehrjährige Dauer von Konzessionserteilungsverfahren nach dem ApG (hier: mehr als 21/2 Jahre) schon von vornherein unvereinbar ist – raschest möglich rechtskräftig abgeschlossen werden soll. Dies geht ersichtlich auch aus dem Erkenntnis des VwGH vom 16. März 2016, Ra 2015/10/0063, hervor. Dass die Verwaltungsbehörde damit hinsichtlich des nicht einbezogenen Verfahrens ihre Befugnis zur Fällung der originär politischen Entscheidung verliert, begegnet keine prinzipiellen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn und soweit eine derartige Kompetenzdevolution gesetzlich vorgesehen und damit i.S.d. Art. 18 Abs. 1 B‑VG gedeckt ist.

 

* Insgesamt folgt daraus, dass in Sachverhaltskonstellationen, in denen nahezu zeitgleich mehrere, auf das ApG gestützte Ansuchen um Erteilung einer Bewilligung gestellt werden, die sich de facto auf ein und dasselbe Kundenpotential derart beziehen, dass im Falle der Genehmigung der Neuerrichtung dadurch einer bereits bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 5.500 Personen als zu versorgende verbleiben, dann, wenn die Behörde die entsprechenden Bewilligungsverfahren getrennt geführt hat und gegen eine ein solches Verfahren abschließende Entscheidung eine Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben wurde, das LVwG damit auch hinsichtlich der übrigen noch nicht rechtskräftig erledigten Ansuchen eine Sachentscheidung zu treffen hat – dies selbst dann, wenn in jenen Verfahren (noch) kein Rechtsmittel erhoben, insbesondere keine Säumnisbeschwerde eingebracht wurde: Es kommt sohin in derartigen Konstellationen gleichsam zu einer „ex-lege-Devolution der Zuständigkeit kraft sachlicher Konnexität“, die ihre Grundlage im gemeinsamen Versorgungspotential mehrerer Apotheken hat. Da dies insofern dem im ApG spezifisch geregelten Bedarfsprüfungssystem inhärent ist, ist ein derartiger Zuständigkeitsübergang somit auch – wenngleich nicht explizit – „gesetzlich vorgesehen“, wie dies  aus verfassungsrechtlichem Blickwinkel in Bezug auf Kompetenzverschiebungen als Ausnahme vom Grundsatz der nicht prorogablen Zuständigkeitsverteilung im Verwaltungsrecht entsprechend gefordert ist.   

 

* Die Entscheidung des EuGH vom 30.6.2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II) bewirkt, dass die Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG auch i.V.m. § 10 Abs. 6a ApG (wonach die Zahl von 5.500 Personen zu unterschreiten ist, wenn es in ländlichen und abgelegenen Regionen auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist) deshalb, weil diese auch nach der Novelle BGBl I 30/2016 (von ländlichen und abgelegenen Regionen abgesehen) immer noch eine starre Grenze an weiterhin zu versorgenden Personen vorsieht, gegenwärtig wegen Widerspruchs zum Unionsrecht nicht anzuwenden ist. Denn eine Synopse der Entscheidungen des EuGH vom 13.2.2014, C‑367/12 (Sokoll-Seebacher I), einerseits und vom 30.6.2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II), andererseits ergibt zweifelsfrei, dass als essentielles Bedarfskriterium in einer nationalen Regelung lediglich die angemessene, sichere und qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung mit Apothekendienstleistungen vorgesehen werden darf, um dem unionsrechtlichen Kohärenz- und Verhältnismäßigkeitsgebot im Hinblick auf Art. 56 AEUV zu entsprechen, während einem wirtschaftlichen Bestandsschutz für bereits bestehende Apotheken in diesem Zusammenhang – wenn überhaupt, dann – nur eine untergeordnete Rolle in Form einer Reflexwirkung zukommen kann: (Eine starre Grenze bzw.) ein Potential von weiterhin zu versorgenden Personen dient nämlich primär dem Bestandsschutz bereits vorhandener Bewilligungsinhaber, wodurch das Hauptziel der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung aus den Augen verloren wird. In gleicher Weise gilt dies auch für all jene Bestimmungen des ApG, die explizit oder – wie § 24 Abs. 1 ApG – implizit auf § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG verweisen.

 

* Daran dürfte pro futuro auch der sich derzeit in parlamentarischer Beratung befindliche Initiativantrag vom 12.10.2016, 1863/A, 25. GP (s.a. 1310 BlgNR, 25. GP), mit dem folgende Novellierung des § 10 Abs. 6a ApG vorgesehen ist:

 

„(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Abs. 2 Z 3 ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken geboten ist.“,

 

nichts ändern. Denn gesamthaft betrachtet geht aus den beiden EuGH-Entscheidungen vom 13.2.2014, C‑367/12 (Sokoll-Seebacher I), und vom 30.6.2016, C‑634/15 (Sokoll-Seebacher II), unmissverständlich hervor, dass ein nationales Bedarfsprüfungssystem nur dann als verhältnismäßig erscheint, wenn dieses geeignet ist, die Zielsetzung einer sicheren und qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung in kohärenter Weise sicherzustellen. Abgesehen davon, dass es in diesem Zusammenhang nach Auffassung des EuGH auf „besondere örtliche Verhältnisse“ – wie in der geplanten Novelle zum ApG weiterhin vorgesehen – überhaupt nicht ankommt, obliegt in gerichtlichen Kontrollverfahren die Beweisführung einer kohärenten Zielerreichung nicht dem Gericht selbst, sondern dem Staat bzw. seinen Gesetzgebungs- und Behördenorganen (so z.B. wiederum unmissverständlich EuGH vom 19.10.2016, C‑148/15 [Deutsche Parkinson-Vereinigung], RN 35 u. 36, m.w.N.; sowie schon vom 30.4.2014, C‑390/12 [Pfleger], RN 50, zum österreichischen Glücksspielmonopol). Belege dafür, dass und weshalb gerade das bestehende Bedarfsprüfungssystem des ApG im Sinne eines gelindesten Eingriffes dazu geeignet wäre, tatsächlich eine sichere und optimale Heilmittelversorgung zu gewährleisten, wurden jedoch bislang in Österreich nicht erbracht. Insbesondere lassen sich auch der die vorangeführten Sokoll-Seebacher-Entscheidungen des EuGH in mehrfacher Weise missdeutenden Begründung des vorliegenden Initiativantrages solche nicht entnehmen, was freilich schon deshalb nicht überraschen kann, weil sich die Vorgangsweise eines Initiativantrages hierfür schon voraussetzungsgemäß nicht eignen dürfte: Denn bei dieser in auffälliger Weise gerade bei grundlegenden Novellierungen im Bereich des Apothekenrechts häufig gewählten Art des Gesetzgebungsverfahrens kommt es – im Gegensatz zur Gesetzgebung auf Grund einer Regierungsvorlage – weder zu einem regulären Begutachtungsverfahren noch zu der sonst einer Regierungsvorlage vorangehenden materiellen Grundlagenforschung, sodass gesamthaft betrachtet nicht nur Letztere sondern auch eine planvolle Fortentwicklung des Rechtsgebietes insgesamt auf der Strecke bleibt. Zudem lässt sich den vorangeführten Sokoll-Seebacher-Entscheidungen entnehmen, dass diese in Bezug auf das bestehende Bedarfsprüfungssystem des ApG seitens des EuGH wohl auch von einem Verdacht des unsachlichen Protektionismus getragen sein dürften. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass mehrfach betont wird, dass das Hauptziel einer derartigen Regelung in der Gewährleistung einer optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung bestehen muss, während dem gegenüber ein Bestandsschutz für bereits bestehende öffentliche Apotheken ebenso wenig erwähnt wie auf das Verhältnis zwischen Letzteren und Filial- und ärztlichen Hausapotheken eingegangen wird. Davon ausgehend ist daher der nationale Gesetzgeber im Zuge einer Neuregelung des Apothekenwesens in erster Linie dazu verhalten, Regelungen zu schaffen, die effektiv gewährleisten, einen – sich v.a. auch in Gestalt von mutwilligen Verfahrensverzögerungen seitens der Streitparteien ausdrückenden – Missbrauch dahin zu verunmöglichen, die Neugründung von Apotheken aus Gründen zu verhindern, die im rein wirtschaftlichen Interesse von bereits bestehenden Konzessionsinhabern gelegen sind. Stellt man vorrangig auf eine optimale Heilmittelversorgung der Bevölkerung ab, so erscheint ein Bestandsschutz für bereits bestehende Apotheken schon von vornherein nur für jene Standorte erforderlich, die aus ökonomischer Sicht als nicht lukrativ erscheinen (insbesondere wegen dünner Besiedelung, schlechter Verkehrsanbindung o.Ä.). Für zentrale Orte bedarf es hingegen eines derartigen Bestandsschutzes schon deshalb nicht, weil sich für die Gebiete solcher Apotheken wegen ihrer hohen Rentabilität stets rasch entsprechende Betreiber bzw. Nachfolger für diese finden. Die gesetzliche Festlegung bzw. Beibehaltung eines generellen, in keiner Weise sachlich differenzierenden Bestandsschutzes verkörpert daher offenkundig weder ein zur Zielerreichung der optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung geeignetes noch auch das gelindeste Eingriffsmittel (zur Unhaltbarkeit der Vermutung, dass eine Wettbewerbssituation schon per se eine Gefahr für die Heilmittelversorgung darstellt, vgl. insbesondere EuGH vom 19. Oktober 2016, C 148/15 [Deutsche Parkinson Vereinigung], RN 37 ff). Somit würde jede Fortschreibung dieses Systems nur dessen bereits ex ante bestehende Unionsrechtswidrigkeit perpetuieren.

 

* Nach all dem hatte daher das LVwG aufgrund der von der Bf. gegen den der MP die Errichtung einer Filialapotheke bewilligenden Bescheid der BH erhobenen Beschwerde nicht nur über dieses Rechtsmittel, sondern auch über den Antrag der Bf. auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in einem Shopping-Center in 4840 Vöcklabruck eine Sachentscheidung zu treffen und aufgrund des hierfür jeweils bestehenden Bedarfes beide Genehmigungen zu erteilen.

 

 

Beschlagwortung:

Verwaltungsverfahrensgemeinschaft; Filialapotheke; öffentliche Apotheke; notwendiger Konnex; Devolution

 

 

 

 

[1] abrufbar unter: www.gehaltskasse.at/

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde im Umfang seines Spruchpunktes I. (Abweisung der gegen die Erteilung einer Filialapothekenbewilligung an die Erstmitbeteiligte gerichteten Beschwerde der Zweitmitbeteiligten) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, im Umfang seines Spruchpunktes II. (Erteilung der Apothekenkonzession an die Zweitmitbeteiligte) wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts ausgehoben.

VwGH vom 23. Mai 2017, Zl. Ro 2017/10/0008-11 bis 0009-5