LVwG-550191/12/SE

Linz, 21.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.Sigrid Ellmer über die Beschwerde der B x GmbH, x, L, vertreten durch B x GmbH, x, W, vom 18. Februar 2014, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 13. Jänner 2014, GZ: BMLFUW-UW.1.3.2/0018-V/4/2014, betreffend Ausmaß der Zuteilung von kostenlosen Emissionszertifikaten für die Handelsperiode 2013-2020

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshof­gesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (kurz: belangte Behörde) vom 13. Jänner 2014, GZ: BMLFUW-UW.1.3.2/0018-V/4/2014, wurden der B x GmbH, x, L, für die Anlage B x x für die Handelsperiode 2013 bis 2020 wie folgt kostenlos Emissions­zertifikate zugeteilt:

 

 

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Jahres-gesamt-

menge

 

242.887

 

 

237.354

 

231.818

 

226.286

 

220.755

 

215.233

 

209.703

 

204.209

 

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass

·         die Anlage eine Bestandsanlage gemäß § 3 Z 5 EZG 2011,

·         die kostenlose Zuteilung nach den Bestimmungen der ZuRV sowie der Korrekturfaktorverordnung erfolgt sei,

·         ein Risiko der Verlagerung von Kohlenstoffdioxid-Emissionen angenommen werde,

·         die Jahresgesamtmenge gemäß § 7 ZuRV auf Grundlage der gemäß § 4 ZuRV erhobenen Daten berechnet sowie

·         ein positives Prüfgutachten erstellt worden sei.

 

Weiters habe die belangte Behörde mit der Korrekturfaktorverordnung einen sektorübergreifenden Korrekturfaktor festgelegt. Für die konkret dargestellte Berechnung der Jahresgesamtmenge der kostenlos zuzuteilenden Emissionszertifikate sei die vorläufige Jahresgesamtmenge mit dem sektorübergreifenden Korrekturfaktor multipliziert worden.

 

I. 2. Dagegen hat die B x GmbH, x, L, vertreten durch B x GmbH, x, W (kurz: Beschwerdeführerin), mit Schriftsatz vom 18. Februar 2014, eingelangt am 20. Februar 2014, fristgerecht Beschwerde erhoben und die Änderung des angefochtenen Bescheids dahingehend, dass der sektorübergreifende Korrekturfaktor unangewendet bleibt, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. Weiters wurde angeregt, dem Europäischen Gerichtshof konkret angeführte Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

 

Die Beschwerdeführerin führte zusammenfassend aus

·         Der Beschluss 2013/448/EU verstoße gegen die allgemeinen Grundsätze bei der Umsetzung von Rechtsakten des Art. 290 AEUV.

·         Die Berechnung des sektorübergreifenden Korrekturfaktors im Beschluss 2013/448/EU verstoße gegen Art. 10 a (5) der Richtlinie 2003/87/EG in Verbindung mit Art. 3 e und 3 u der Richtlinie 2003/87/EG.

·         Der Beschluss 2013/448/EU verstoße gegen Art. 10 a (5) dritter Unterabsatz der Richtlinie 2003/87/EG.

·         Der Beschluss 2013/448/EU widerspreche Art. 10 a (5) der Richtlinie 2003/87/EG im Zusammenhang mit den von der Richtlinie verfolgten Zielen.

·         Die Berechnung des Korrekturfaktors und der jährlichen Höchstmenge im Beschluss 2013/448/EU widerspreche Art. 10 a (5) zweiter Unterabsatz (a) und (b) der Richtlinie.

·         Der Beschluss 2013/448/EU verstoße gegen Art. 10 a (5) der Richtlinie 2003/87/EG wegen Nichteinhaltung der Verfahrensvorschriften.

·         Der Beschluss 2013/448/EU verstoße gegen Art. 1 EP EMRK und Art. 17 EU-Grundrechtecharta.

 

Überdies stellte die Beschwerdeführerin den Antrag, die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.

 

I. 3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. März 2014, GZ: BMLFUW-UW.1.3.2/0119-V/4/2014, wurde die aufschiebende Wirkung der Beschwerde aberkannt.

 

I. 4. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 13. März 2014, eingelangt am 18. März 2014, die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Im Vorlagebericht wird u.a. ausgeführt, dass die ETS-Richtlinie genaue Vorgaben zur Festlegung der jährlichen Höchstmenge an Emissionszertifikaten, die kostenlos zugeteilt werden können, enthalte.

Der Korrekturfaktor sei mit Entscheidung 2013/448/EU der Europäischen Kommission unionsweit festgelegt und in Österreich mit der Korrekturfaktorverordnung umgesetzt worden. Seine Rolle bestehe ausschließlich darin, die Summe der Zuteilungen auf Basis der Referenzwerte mit der zulässigen Höchstmenge der kostenlosen Emissionszertifikate in rechnerischeren Einklang zu bringen.

Die belangte Behörde regte an, von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abzusehen sowie den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens mit der Frage der Gültigkeit des sektorübergreifenden Korrekturfaktors im System des EU-ETS zu betrauen.

 

I. 5. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 28. April 2014, GZ: LVwG-550191/2/SE/SA/Bu, wurde das Verfahren bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften über die zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen in den Rechtssachen B P, GZ: C-191/14, und O x R & M, GZ: C-192/14, ausgesetzt.

 

I. 6. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (kurz: EuGH) entschied in seinem Urteil vom 28. April 2016, GZ: C-191/14, C-192/14, C-295/14,
C-389/14 und C- 391/14 bis C-393/14 wie folgt:

„Die Prüfung der ersten vier Fragen in den Rechtssachen C-191/14 und C-192/14, der dritten Frage in der Rechtsache C-295/14 und der ersten Frage in den Rechtssachen
C-389/14 und C-391/14 bis C-393/14 hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 15 Abs. 3 des Beschlusses 2011/278/EU der Kommission vom 27. April 2011 zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung von Emissionszertifikaten gemäß Artikel 10 a der Richtlinie 2003/87/EG der Europäischen Parlaments und des Rates beeinträchtigen könnte, soweit dieser Art. 15 Abs. 3 die Berücksichtigung der Emissionen von Stromerzeugern bei der Festlegung der jährlichen Höchstmenge an Zertifikaten ausschließt.

Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448/EU der Kommission vom 5. September 2013 über nationale Umsetzungsmaßnahmen für die übergangsweise kostenlose Zuteilung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sind ungültig.

Die Wirkungen der Feststellung der Ungültigkeit von Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448 werden in der Weise zeitlich begrenzt, dass zum einen diese Feststellung erst nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Monaten ab der Verkündung des vorliegenden Urteils Wirkungen entfaltet, um der Europäischen Kommission den Erlass der erforderlichen Maßnahmen zu ermöglichen, und dass zum anderen die bis zu diesem Stichtag auf der Grundlage der für ungültig erklärten Bestimmungen erlassenen Maßnahmen nicht in Frage gestellt werden können.“

 

I. 7. Der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 14. Juni 2016 mitgeteilt, dass das gegenständliche Verfahren nunmehr fortgesetzt wird. Das oben zitierte Urteil des EuGH wurde im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme gewährt.

 

I. 8. Die belangte Behörde teilte mit Schreiben vom 12. Juli 2016, eingelangt am 18. Juli 2016 mit, dass die Beschwerde nicht stichhaltig sei, weil ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufgrund einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Korrekturfaktors vorgebracht worden sei. Der angefochtene Bescheid könne als Maßnahme, die vor Urteilsverkündung erlassen wurde, „nicht in Frage gestellt werden“.

Eine nachträgliche Änderung von Zuteilungswerten sei von Gesetzes wegen vorgesehen. Zuteilungswerte könnten gleich bleiben, erhöht oder reduziert werden.

 

I. 9. Nach gewährter Fristverlängerung gab die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 19. August 2016, eingelangt am 22. August 2016, bekannt, dass das EuGH-Urteil zur Kenntnis genommen werde und überzeugt sei, dass die Europäische Kommission fristgerecht und nach sorgfältiger Evaluierung den Korrekturfaktor neu berechnen werde.

Die in der Beschwerde unter Punkt E.1. gestellten Anträge bleiben unverändert aufrecht. Es wurde aber nunmehr auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorliegenden Verfahrensakt und Einholung von Stellungnahmen der Parteien.

 

Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinrei­chend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Es waren Rechtsfragen zu beurteilen, deren weitere Klärung durch eine mündliche Verhandlung auch nicht zu erwarten war. Ferner haben die Parteien auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

II. 2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gilt folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen:

 

Die belangte Behörde hat auf die -unbestritten gebliebene- errechnete vorläufige Jahresgesamtmenge der kostenlos zuzuteilenden Emissionszertifikate den Korrekturfaktor laut der Korrekturfaktorverordnung angewendet.

 

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde angeregt, die von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen der Auslegung und Gültigkeit gemeinschaftlicher Rechtsakte zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

 

Der EuGH hat in seinem Urteil vom 28. April 2016 in den verbundenen Rechtssachen C-191/14, C-192/14 u.a. über zwei gleichgelagerte Vorabentscheidungsverfahren mit gleichlautenden Fragestellungen, wie im gegenständlichen Fall, erkannt, dass Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448/EU der Kommission vom 5. September 2013 über nationale Umsetzungsmaßnahmen für die übergangsweise kostenlose Zuteilung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates ungültig sind.

Ferner hat er erkannt, dass die Wirkungen der Feststellung der Ungültigkeit von Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448 in der Weise zeitlich begrenzt werden, dass zum einen diese Feststellung erst nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Monaten ab der Verkündung des vorliegenden Urteils Wirkungen entfaltet, um der Europäischen Kommission den Erlass der erforderlichen Maßnahmen zu ermöglichen, und dass zum anderen die bis zu diesem Stichtag auf der Grundlage der für ungültig erklärten Bestimmungen erlassenen Maßnahmen nicht in Frage gestellt werden können.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Beschwerde ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheids aufgrund einer behaupteten Unionsrechtswidrigkeit des Korrekturfaktors gerügt. Dieser Korrekturfaktor wurde mit Entscheidung 2013/448/EU der Europäischen Kommission unionsweit festgelegt und in Österreich mit der Korrekturfaktorverordnung, BGBl. II Nr. 379/2013, auf Basis einer Verordnungsermächtigung in § 24 Abs. 3 Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011), BGBl. I Nr. 118/2011, umgesetzt. Mit dem Korrekturfaktor wird die Summe der Zuteilungen auf Basis der Referenzwerte mit der zulässigen Höchstmenge der kostenlosen Emissionszertifikate in rechnerischen Einklang gebracht.

 

Die belangte Behörde hat die oben zitierten geltenden Bestimmungen bei der gegenständlichen Zuteilung von kostenlosen Emissionszertifikaten –wie unbestritten geblieben ist- gesetzeskonform angewandt und danach die Anzahl der für die Jahre 2013 bis 2020 kostenlos zuzuteilenden und zu vergebenden Emissionszertifikate festgelegt.

 

Der EuGH hat in seinem oben zitierten Urteil die Ungültigkeit von Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448/EU der Kommission vom 5. September 2013 über nationale Umsetzungsmaßnahmen für die übergangsweise kostenlose Zuteilung von Treibhausgasemissionszertifikaten gemäß Artikel 11 Absatz 3 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates erklärt.

 

Jedoch entfaltet diese Feststellung der Ungültigkeit von Art. 4 und Anhang II des Beschlusses 2013/448 erst nach Ablauf eines Zeitraumes von zehn Monaten ab der Verkündung des vorliegenden EuGH-Urteils Wirkung. Damit wird u.a. gewährleistet, dass die bis zu diesem Stichtag auf der Grundlage der für ungültig erklärten Bestimmungen erlassenen Maßnahmen nicht in Frage gestellt werden können.

 

Somit hat die belangte Behörde ihre Entscheidung auf -derzeit noch- geltende gesetzliche Bestimmungen gestützt, weshalb die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht zu bestätigen und die Beschwerde abzuweisen war.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer