LVwG-500219/8/Wg

Linz, 24.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des J G, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J S, x, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 4. April 2016, GZ: Wa96-11-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem WRG,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben. Das Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      Der Beschwerdeführer (Bf) ist gemeinsam mit M G Inhaber eines Wasserbenutzungsrechtes zum Betrieb einer x-anlage auf Grst. Nr. x, x und x, KG H, mit Anspeisung aus der V im Bereich des Grst. Nr. x. Die Bezirkshaupt­mannschaft Freistadt (im Folgenden: die belangte Behörde) wirft ihm im bekämpften Straferkenntnis vor, er habe, wie am 8. Oktober 2015 und zuletzt am 31. März 2016 durch einen wasserbautechnischen Amtssachverständigen festgestellt worden sei, die Nebenbestimmungen a) Maß der Wasserbenutzung und die Auflagepunkte 2. und 3. des Bescheides vom 31. Oktober 2000 (gemeint: 2001), GZ: Wa10-116-2000, nicht eingehalten. Die belangte Behörde ging von einer Verwaltungsübertretung iSd § 137 Abs. 2 Z 1 WRG aus. Sie verhängte im Straferkenntnis eine Geldstrafe in der Höhe von 600 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 600 Stunden. Als Verfahrenskostenbeitrag wurden 60,00 Euro vorgeschrieben.

 

1.2.      Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bf beantragt die Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstraf­verfahrens. Es würden lediglich Schätzungen des Amtssachverständigen vor­liegen, die nicht zur Grundlage eines Straferkenntnisses werden dürfen.

 

1.3.      Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakte (GZ: Wa10-149-2015 und GZ: Wa96-11-2015) und Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme eines Amtssachverständigen für Hydrologie. Nach Wahrung des Parteiengehörs äußerte sich die belangte Behörde mit Eingabe vom 19. Oktober 2016. Auf Anfrage des LVwG verzichtete sie aber auf die Durchführung einer Verhandlung und weitere Einvernahmen.

 

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

In der wasserrechtlichen Bewilligung vom 31. Oktober 2001 wurde unter den Nebenbestimmungen (Spruchabschnitt I) Folgendes festgelegt: „a) Maß der Wasserbenutzung: Für die Anspeisung der x-anlage aus der V: 3l/sec bzw 259/2 m3/d, wobei eine Restwassermenge von mind 13 l/s im Gerinne verbleibt“. Dies wurde auch als Auflage f.2 so vorgeschrieben, dass das Maß der Wasserbenutzung für die Dotation der gesamten Anlage (4 Teiche) aus der V bzw. für die Ableitung des Überwassers aus der Teichanlage in die V mit 3 l/s, das sind 259,2 m3/d festgesetzt wird, wobei jedoch sichergestellt sein muss, dass eine Mindestwassermenge von 13 l/s im Gerinne verbleibt. Weiters wurde als Auflage f.3 vorgeschrieben, dass das Entnahmebauwerk durch eine Drossel auf die eingeräumte Entnahmewassermenge zu adaptieren ist. Die Drossel ist so anzubringen, dass sie nicht entfernt werden kann und sicherstellt, dass bei Eintreten des Niedrigstwassers keine Wasserentnahme mehr möglich ist (Bescheid und Niederschrift ON 1 und ON 2 des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015).

 

Die PI W zeigte am 26. Juli 2015 bei der belangten Behörde an, dass der Bf am 20. Juli 2015 trotz Niedrigstwassers den größten Teil des Wassers aus dem Bachbett der V ausgeleitet habe, sodass kaum Restwasser im Bachlauf verblieben sei. In der Anzeige der Österreichischen Wasserschutzwacht vom 7. September 2015 wird dem Bf angelastet, er würde „laufend“ entgegen einer Auflage immer wieder das Fließen des Baches absperren. Die Anzeigen basieren nicht auf einer Messung der tatsächlich abgeleiteten Wassermenge (Anzeigen ON 5 und ON 6 des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015).

 

Die belangte Behörde hatte zwischenzeitig das Ermittlungsverfahren eingeleitet und führte am 10. August 2015 gemeinsam mit dem wasserbautechnischen ASV M einen Lokalaugenschein durch. Der ASV schätzte die Entnahmemenge auf 4,4 l/s und die verbleibende Restewassermenge auf 1,5 l/s. Eine Messung wurde nicht durchgeführt. Der ASV kam zu dem Ergebnis, dass die genehmigte Wassermenge von 3 l/s mit 4,4 l/s überschritten worden sei und die zu verbleibende Restwassermenge von 13 l/s mit der Wassermenge von 1,5 l/s weit unterschritten worden sei. Mit Schreiben vom 15. September 2015 drohte die belangte Behörde den Bewilligungsinhaber gemäß § 27 Abs. 4 WRG den Entzug der wasserrechtlichen Bewilligung an, sollten sie Bescheidauflagen weiterhin nicht einhalten (Aktenvermerk ON 7 und Schreiben ON 8, jeweils des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015).

 

Am 8. Oktober 2015 um 14:20 Uhr führte der ASV Meindl neuerlich einen Lokal­augenschein durch. Der ASV schätzte die Entnahmemenge auf 4,6 l/s und die in der V verbleibende Restwassermenge auf 10 l/s. Er teilte der Behörde mit, dass Entnahmemenge und Restwassermenge neuerlich nicht eingehalten worden seien. Eine Messung wurde nicht durchgeführt. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2015 drohte die belangte Behörde den Bewilligungsinhaber neuerlich den Entzug der Bewilligung an (Aktenvermerk ON 10 und Schreiben ON 12, jeweils des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015).

 

Am 19. November 2015 um 12:15 Uhr führte der ASV M auf Grund des zweiten Schreibens der belangten Behörde einen weiteren Lokalaugenschein durch. Er führte keine Messung durch. Er schätzte die Entnahmemenge auf 4,6 l/s und die in der V verbleibende Restwassermenge auf etwa 5 l/s (Aktenvermerk ON 14 des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015). 

 

Am 31. März 2016 um 16:00 Uhr führte der ASV M neuerlich einen Lokalaugen­schein durch. Er führte keine Messung durch. In einem Aktenvermerk hielt er fest, es sei der gleiche Zustand wie beim Lokalaugenschein am 8. Oktober 2015 und am 19. November 2015 vorgefunden worden. Daraufhin entzog die belangte Behörde dem Bf und M G die wasserrechtliche Bewilligung mit Bescheid vom 4. April 2016. Festzuhalten ist, dass die belangte Behörde gleichzeitig zu GZ: Wa96-11-2015, ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bf durchführte, das mit Erlassung des Straferkenntnisses vom 4. April 2016 endete. Der Bf erhob sowohl gegen den Entzugsbescheid vom 4. April 2016 als auch gegen das Straferkenntnis mit gesonderten Eingaben Beschwerde. Über die gegen den Entzugsbescheid erhobene Beschwerde entscheidet das LVwG zu GZ: LVwG-550896 (Aktenvermerk ON 15, Bescheid ON 16, Beschwerde ON 17 jeweils des Behördenaktes GZ: Wa10-149-2015, Behördenakt GZ: Wa96-11-2015).

 

Im Beschwerdeverfahren holte das LVwG ein Gutachten des Amtssachverstän­digen für Hydrologie Ing. E ein. ASV Ing. E führte in Anwesenheit des Bf am 20. September 2016 einen Lokalaugenschein durch. An diesem Tage waren die oberen beiden x-teiche nicht dotiert, abgelassen und außer Betrieb gesetzt. Die Entnahmeleitung aus der V mündete an diesem Tag in ein unmittelbar oberhalb des 3. Teiches gelegenes Schachtbauwerk. Das der V entnommene Bachwasser lief dort frei aus und wurde anschließend dem 3. Teich zugeleitet. Es konnte zur Bestimmung der Entnahmemenge aus der V beim erwähnten Schachtbauwerk eine sogenannte Gefäßmessung durchgeführt werden. Diese ergab eine Entnahmemenge von 3,54 l/s, wobei hier eine Messfehlertoleranz gemäß ÖNORM von +/- 5% zu berücksichtigen wäre. Weiters wurde, ca. 5-10 m oberhalb der Entnahmestelle der x-teiche des Bf, eine Durchflussmessung auch an der V, mittels eines hydrometrischen Messflügels durchgeführt. Diese ergab einen Menge von 30,3 l/s, wobei auch hier eine Messfehlertoleranz von +/- 5 % zu berücksichtigen ist. Rechnerisch verblieben demzufolge zum Zeitpunkt der Messungen (ohne Berücksichtigung der Messfehlertoleranzen) in der abwärtigen Bachstrecke der V 26,76 l/s (Restwasser). Ergänzend wird festgehalten, dass am Tage der oben beschriebenen Messungen (20. September 2016) die Wasser­führung der V zwischen MQ (Mittelwasser) und MNQ (mittlere Niederwasser­führung) gelegen war (tendenziell näher bei MNQ). Dies konnte auf Grund der an diesem Tag bei den Pegelstellen P/W und U/K des H D vorliegenden Wasserführungen vergleichsweise festgestellt werden. Ergänzend ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass sich die charakteristischen Wasserführungs­daten der V für den dortigen Bachabschnitt (Einzugsgebiet rd. 8,1 km2) wie folgt darstellt: MQ= rd. 85 l/s, MNQ = rd. 20 l/s. Diese Daten wurden von den Messdaten der oben erwähnten Pegelstellen des H D abgeleitet. Zum Zeitpunkt des Ortsaugenscheines am 20. September 2016 und der an diesem Tage durchgeführten Messungen wurden bei Berücksichtigung der Messfehler­toleranzen das Maß der Wasserbenutzung gemäß Spruchabschnitt I.a. und I.f.3 der wasserrechtlichen Bewilligung vom 31. Oktober 2001 im Wesentlichen eingehalten. Zum Entnahmebauwerk ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass die Dotationswassermenge auf Grund der Situierung der Drosseleinrichtung, so wie sie am 20. September 2016 gegeben war, Schwankungen unterliegen muss. Bei höherer Wasserführung wird sich auf Grund von hydraulischen Gesetzmäßigkeiten die Dotationsmenge erhöhen, bei geringeren Wasser­führungen der V verringern. Im Übrigen sind im Bachprofil der Entnahmestelle keine stabilen Verhältnisse gegeben, womit eine dauerhaft geregelte, gleich­mäßige Entnahme aus dem Bach nicht gewährleistet sein kann. Verlandungen bzw. Eintiefungen im Entnahmebereich sind naturbedingt, und ohne technische Hilfsmittel nicht zu verhindern. Demzufolge ist die Einhaltung des Auflagenpunkte I.f.3. der wasserrechtlichen Bewilligung ohne technische Hilfsmittel (z.B. Stabilisierung der Bachsohle) sehr schwer und möglicherweise nur mit sehr hohem technischen Aufwand zu bewerkstelligen (Gutachtliche Stellungnahme Ing E ON 9 des verwaltungsgerichtlichen Aktes).

 

Es steht nicht fest, dass an den im Verwaltungsverfahren der belangten Behörde angeführten Tagen (20. Juli 2015 bzw. „laufend“, 10. August 2015, 8. Oktober 2015, 19. November 2015, 31. März 2016) eine Messung der Entnahmemenge mittels Gefäßmessung und eine Messung der Restwassermenge mittels hydrometrischen Messflügels nicht möglich war. Es steht auch nicht fest, dass eine solche Messung zu keinem von der Schätzung bzw. Berechnung des ASV M abweichenden Ergebnis gekommen wäre. Es steht also nicht fest, dass an den genannten Tagen bzw. Zeiträumen die in der wasserrechtlichen Bewilligung vorgeschriebene Restwassermenge von 13 l/s bzw. Entnahmemenge von 3 l/s nicht eingehalten wurde (Gutachtliche Stellungnahme Ing E ON 9 des verwaltungsgerichtlichen Aktes, Aktenvermerke Ing. M Behördenakt GZ: Wa10-149-2015).

 

3. Beweiswürdigung:

 

Einleitend (1) werden Verfahrensgegenstand und Ablauf des verwaltungsgericht­lichen Ermittlungsverfahrens zusammenfassend wiedergegeben.

 

In der Sache selbst (2) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer ange­gebenen Beweismittel. Zunächst werden Feststellungen zum vorangegangenen Verwaltungsverfahren getroffen. Wie sich aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ASV für Hydrologie Ing. E ergibt, wäre grundsätzlich die Entnahmemenge mit Gefäßmessung und die Restwassermenge mit hydrometrischem Messflügel zu messen. Konkret zu den dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Tagen 8. Oktober 2015 und 31. März 2016 befragt, führte ASV Ing. E gutachtlich aus, es könne aus fachlicher Sicht nicht ausgeschlossen werden, dass es durch eine entsprechende Messung an diesen Tagen zu einer abweichenden Beurteilung gekommen wäre. Es könne aber auch keine Aussage getroffen werden, ob zu den angeführten Terminen Messungen technisch möglich gewesen wären. Die belangte Behörde hielt dem in ihrer Stellungnahme vom 19. Oktober 2016 entgegen, das Gutachten des Ing. E entkräfte in keiner Weise die fachlichen Angaben des ASV M. Nun traf ASV M in den von ihm erstellten – nicht als Gutachten bezeichneten – Aktenvermerken keine Aussage dazu, ob eine Messung technisch möglich gewesen wäre. Aus den Aktenvermerken lässt sich auch keine gutachtliche Schlussfolgerung ableiten, dass eine Messung zu keinen von der Schätzung bzw. Berechnung abweichenden Ergebnissen geführt hätte. Zusammenfassend liegt keine gutachtliche Aussage dazu vor, dass an den im Verwaltungsverfahren der belangten Behörde angeführten Tagen (20. Juli 2015 bzw. „laufend“, 10. August 2015, 8. Oktober 2015, 19. November 2015, 31. März 2016) eine Messung der Entnahmemenge mittels Gefäßmessung und eine Messung der Restwassermenge mittels hydrometrischen Messflügels nicht möglich war. Es steht auch nicht fest, dass eine solche Messung zu keinem von der Schätzung bzw. Berechnung des ASV M abweichenden Ergebnis gekommen wäre. Es ist durchaus möglich, aber nicht ausreichend wahrscheinlich, dass die Auflagen nicht eingehalten wurden. Es steht also nicht fest, dass an den genannten Tagen bzw. Zeiträumen die in der wasserrechtlichen Bewilligung vorgeschriebene Restwassermenge von 13 l/s bzw. Entnahmemenge von 3 l/s nicht eingehalten wurde

 

4. Rechtliche Beurteilung:

 

4.1. Zum Absehen von einer Verhandlung:

 

Eine mündliche Verhandlung war nicht erforderlich, weil bereits nach der Akten­lage feststeht, dass der Bescheid zu beheben ist (§ 44 VwGVG). Die belangte Behörde verzichtete auf die Durchführung einer Verhandlung und weitere Einvernahmen.

 

4.2. Zur Bestimmung des § 137 Abs. 2 Z 1 WRG und zum Beweismaß iSd § 45 Abs. 2 AVG:

 

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist gemäß § 137 Abs. 1 Z 1 und Z 7, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530,00 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer

1. ohne gemäß § 9 Abs. 1 oder 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Tagwässer benutzt oder der Benutzung dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt;

7. die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Neben­bestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschrie­benen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält;

 

Die belangte Behörde ging von einer Verwaltungsübertretung iSd § 137 Abs. 2 Z 1 WRG aus. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Annahme einer Tatsache als erwiesen (vgl. § 45 Abs. 2 AVG) keine „absolute Sicherheit“ erforderlich, sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel 3 168f: an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die erfor­derliche Überzeugung der Behörde kann sowohl durch unmittelbare als auch durch mittelbare Beweise herbeigeführt werden (§ 46 Rz 3f). Lässt sich eine Tatsache nicht feststellen („non liquet“ [Fasching Rz 878]; „Beweisnotstand“ [VwGH 20.04.1995, GZ: 93/09/0408]), dann hat die Behörde grundsätzlich von deren Nichtvorliegen auszugehen (VwGH 16.06.1992, GZ: 92/08/0062; 29.06.2000, GZ: 2000/07/0024; siehe auch § 39 Rz 14). Das bedeutet aber nicht, dass vom bloßen Misslingen eines Nachweises auf das Erwiesensein des Gegenteiles geschlossen werden kann (vgl. VwGH 20.09.1995, GZ: 93/13/0006; ferner VwGH 26.02.1986, GZ: 84/03/0388). Allerdings gilt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für den im AVG nicht geregelten Fall, dass eine Beweisführung nicht möglich ist, als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation (z.B. der bewilligungslosen Errichtung eines Brunnens) keine Vorteile gezogen werden dürfen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 45 Rz 2 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).

 

Bei der Feststellung, ob der Konsens in objektiver Hinsicht nicht eingehalten wurde bzw. wird, gilt es folgende Beweisregel zu beachten: Der Durchführung von Messungen ist - soweit diese möglich sind - grundsätzlich der Vorrang vor Berechnungen einzuräumen. "Grundsätzlich" bedeutet, dass diese Verpflichtung nicht allgemein besteht, sobald eine Messung (technisch) möglich ist, allerdings kann nur in Ausnahmefällen davon abgesehen werden. Ob ein solcher Aus­nahmefall vorliegt, ist auf sachverständiger Grundlage fallbezogen in schlüssiger Weise darzulegen. Eine Messung darf unterbleiben, wenn sie nicht möglich ist oder nach dem Stand der Technik, angesichts der mittels Berechnung erzielten Werte, ein Messergebnis, das hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Betriebsanlage zu einer abweichenden Beurteilung führen könnte, ausge­schlossen werden kann (vgl. VwGH 26.11.2015, GZ: 2012/07/0027, 18.05.2016, GZ: Ra 2015/04/0053). Diese Grundsätze sind nicht nur bei Prognoseentschei­dungen in Genehmigungsverfahren, sondern auch im verwaltungspolizeilichen Verfahren und Verwaltungsstrafverfahren zu beachten (zu Messungen im verwal­tungspolizeilichen Verfahren vgl Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 360 RZ 28 sowie PKT 4.4.2. des Erkenntnisses LVwG-850614/10/Wg)

 

Im gegenständlichen Fall ist eine Messung der Entnahmemenge mittels Gefäßmessung und der Restwassermenge mittels hydrometrischen Messflügels grundsätzlich möglich. In einem solchen Fall bedarf es besonderer gutachtlicher Ausführungen dazu, weshalb eine Messung an einem bestimmten Tag nicht möglich war bzw. ausgeschlossen ist, dass eine Messung zu einem von einer Schätzung abweichenden Ergebnis gekommen wäre. Allein der Umstand, dass dazu nachträglich – im Beschwerdeverfahren - keine gutachtliche Äußerung mehr möglich ist, weil der im Verwaltungsverfahren beigezogene ASV dazu kein Gutachten erstellt hat, berechtigt das LVwG nicht, eine Schätzung vorzunehmen. Andernfalls würden die höchstgerichtlich entwickelten Verfahrensgarantien gerade im nach Art. 6 EMRK besonders sensiblen Bereich des Verwaltungs­strafverfahren und im verwaltungspolizeilichen Verfahren unterlaufen. Im Ergebnis steht nicht fest, dass die erwähnten Auflagen bzw. das Maß der Wasserbenutzung nicht eingehalten wurden. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweiswürdigungsregel und kommt nur zur Anwendung, wenn auch nach dem Ergebnis der Beweiswürdigung noch Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten bleiben (VwGH 30.01.2015, GZ: 2011/17/0081). Im Zweifel war daher davon auszugehen, dass der Bf die Tat nicht begangen hat, was die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge hat (§ 45 Abs. 1 Z 1 VStG).

 

 

5.           Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes geklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl