LVwG-410902/15/KH/AM

Linz, 03.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Hörzing über die Beschwerde des Herrn J.E., geb. x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F.M., x, W., gegen den Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Wels-Land vom 13. Juli 2015, GZ Pol96-61-2015, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) wurde über Herrn J.E. (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 1.000 Euro sowie eine Ersatzfreiheits­strafe von fünf Stunden wegen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspiel­gesetz (GSpG) verhängt. Weiters wurde ein Verfahrenskostenbeitrag von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Der Tatvorwurf des angefochtenen Straferkenntnisses lautet folgendermaßen:

„Sie haben als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma A. GmbH, mit dem Sitz in x, W., Nachfolgendes zu verantworten:

 

Tatort:

Bei einer Glücksspielkontrolle des Finanzamtes Grieskirchen Wels am 05.11.2014 ab 14.42 Uhr im Lokal C. D. in S., X wurde folgendes Glücksspielgerät betriebsbereit vorgefunden

 

FA-Geräte Nummer

Gerätebezeichnung

Seriennummer

Versiegelungs-plaketten

1

afric2go

x

A011505-A011510

 

Tatzeit:

Das Gerät war von 05.09.2014 bis 05.11.2014 um 15.22 Uhr (Beschlagnahme) betriebsbereit aufgestellt.

Am Gerät wurden mit einem elektronischen Glücksradspiel für einen Mindestein­satz von 1 Euro und einem Höchsteinsatz von 4 Euro Gewinne in Aussicht gestellt. Das Spielergebnis hing überwiegend vom Zufall ab.

Die Spiele wurden auf Rechnung der A. GmbH, x, W., ermöglicht, Gewinn und Verlustrisiko lagen bei ihr.

Damit hat diese Firma vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet.

Die Verwaltungsübertretung haben Sie als das zur Vertretung nach außen berufene Organ dieser Firma (handelsrechtlicher Geschäftsführer) gemäß § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 105/2014 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG).“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass durch die Dokumentation der Finanzpolizei zweifelsfrei nachgewiesen sei, dass mit gegenständlichem Gerät ein elektronisches Glücksradspiel angeboten wurde und damit verbotene Ausspielungen durchgeführt worden sind. Das Gerät halte zwar nicht ausschließlich eine Glücksradfunktion bereit, sondern verfüge auch über eine Geldwechselfunktion und können Musikstücke heruntergeladen werden. Es könne aber jedenfalls auch zu Spielzwecken verwendet werden und es würde sich dadurch, dass das Spielergebnis überwiegend vom Zufall abhängig wäre und der Spieler keine Möglichkeit habe, auf das Ergebnis Einfluss zu nehmen, beim gegenständlichen „afric2go“-Gerät um ein Glücksspielgerät handeln. Das Musikangebot habe lediglich eine „Alibifunktion“ und stelle gegenüber der Glücksspielfunktion eine untergeordnete Bedeutung dar. Das Glücksspielgerät falle somit unter das Glücksspielmonopol des Bundes und somit in den Anwendungsbereich des Glücksspielgesetzes.

Die Firma A. GmbH, bei der der Bf handelsrechtlicher Geschäftsführer war, habe mit dem genannten Glücksspielgerät am bezeichneten Standort auf ihre Rechnung und Gefahr ein elektronisches Glücksrad-Spiel ermöglicht und damit iSd § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild GSpG veranstaltet.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 5. August 2015, mit der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. Herabsetzung der verhängten Strafe beantragt wurden. Weiters wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Begründet wird diese u.a. mit Rechtwidrigkeit des Inhalts, Verfahrensfehlern, Unzuständigkeit der belangten Behörde, Aktenwidrigkeit, Ergänzungsbedürftig­keit, unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mangelnder Schuld und überhöhter Strafe.

 

Ferner legte der Bf ein ergänzendes Vorbringen samt einer Vielzahl von Unterlagen zum Unionsrecht vor.

 

I.3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungs­gericht mit Schreiben vom 13. August 2015 zur Entscheidung vor.

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in die im Akt einliegende Dokumentation und durch Einsichtnahme in die dem Gericht vorliegenden Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen F.M. vom 11. Februar 2013 (Basisgutachten) und vom 21. Februar 2013 (Kurzgutachten) und des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. M.S. vom 8. August 2013, sowie den diesbezüglichen Schriftverkehr zwischen der Direktion Inneres und Kommunales, Aufgabengruppe Verwaltungspolizei und dem BMF, Stabsstelle Finanzpolizei. Die beschwerdeführende Partei nimmt in einem ergänzenden Vorbringen zur Beschwerdeschrift, das am 14. September 2015, also am Tag vor der mündlichen Verhandlung mitsamt umfangreichen Beilagen dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich übermittelt wurde, ausdrücklich Bezug auf das Gutachten und die Rechtsansicht des BMF und des Landes Oberösterreich. Der Bf hält dazu fest, dass es sich beim gegenständlichen Gerät um ein baugleiches zu den in den angeführten Gutachten dargestellten Geräten handelt und aus diesem Grund der Beschwerde Folge zu geben und das Straferkenntnis zu beheben wäre. Weiters hat das LVwG Oö. am 15. September 2015 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zu dieser Verhandlung ist ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels erschienen. Zeugenschaftlich einvernommen wurde Herr W. von der Finanzpolizei.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entschei­dung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Bei einer von der Finanzpolizei als Organ der Abgabenbehörde am 5. November 2014 im Lokal „C. D.“ in S., X, durchgeführten Kontrolle, wurde das Gerät „afric2go“ mit der Serien­nummer x, betriebsbereit vorgefunden und mit der FA-Nr. 1 versehen. Im Lokal stand zumindest 1 USB-Stick zum Herunterladen von Musiktiteln zur Verfügung.

 

Beim gegenständlichen Gerät FA-Nr. 1 mit der Gehäusebezeichnung „afric2go“ handelte es sich um einen mehrstufigen Automaten, welcher für Geldwechsel­zwecke und für Musikunterhaltung bzw. entgeltlichen Musikdownload verwendet werden kann. Das Gerät verfügte über eine rote und eine grüne Taste. Durch Drücken der grünen Taste konnten die Stufen 1, 2 oder 4 gewählt werden. Nach Einwerfen von Geld wurde ein dem eingegebenen Betrag entsprechendes Guthaben auf dem Kreditdisplay angezeigt. Abhängig vom gewählten Multiplikator (der gewählten Stufe) konnten durch Drücken der roten Taste 1, 2 oder 4 (je nach Stufe) zuvor ausgewählte oder dem zufällig beleuchteten Feld entsprechende Lieder auf einen USB-Stick kopiert oder angehört werden. Der Käufer erwirbt dabei das Recht zur nicht gewerblichen Verwendung im privaten Rahmen. Wird die rote Taste in der Stufe 1 gedrückt, so verringert sich der Kreditstand um einen Euro, bei gewählter Stufe 2 verringert sich der Kreditstand um zwei Euro, bei gewählter Stufe 4 verringert sich der Kreditstand um vier Euro. 

Es begannen dabei die Zahlen und Symbole zu blinken. Bei Aufleuchten eines Zahlensymboles wurde der angezeigte Wert nach Betätigen der grünen Taste dem im Anzeigenfeld angezeigten Betrag zugebucht.

Durch Drücken der roten Taste kam es zur Aktivierung eines zufallsabhängigen Beleuchtungsumlaufes, welcher in den Zahlenfeldern in der Gerätemitte ausgelöst wurde. Die Aktivierung dieses Systems erfordert keine zusätzliche vermögenswerte Leistung.

Sofern am Ende des vom Kunden nicht beeinflussbaren Beleuchtungsumlaufs ein Zahlenfeld beleuchtet blieb, blieb ein Guthaben auf dem Anzeigedisplay stehen, welches dem Kredit zugezählt wurde. Das aktivierte zufallsabhängige Bonussystem ermöglicht in der Stufe 1 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) von 2, 4, 6, 8 oder 20, in Stufe 2 bzw. 4 einen Bonus (ein weiteres Guthaben) in doppelter bzw. vierfacher Höhe. Durch Drücken der grünen Taste konnte der Kredit inklusive eines allfällig erzielten Bonus ausgeworfen werden.

Der jeweils abgespielte Musiktitel war bei angestecktem USB-Stick nicht hörbar. Ein Download der Titel auf einen USB-Stick war möglich.

 

In einem an die A. GmbH gerichteten Schreiben des Amtes der Oö. Landesregierung, Direktion Inneres und Kommunales, vom 7. März 2013 wird mitgeteilt, dass nach „telefonischer Rücksprache und eingeholter Stellung­nahme […] vom Bundesministerium für Finanzen […], Leiter der Stabsstelle Finanzpolizei, mitgeteilt [wurde], dass der Automat afric2go, unter der Voraussetzung, dass diese Automaten so wie in den vorgelegten Sach­verständigengutachten betrieben werden, als Musikautomaten (Musicbox) einzustufen sind.“

 

Das vorliegende Gerät entspricht (mit Ausnahme des Umstandes, dass das begutachtete Gerät die Stufen 1 und 2, das hier gegenständliche Gerät die Stufen 1, 2 und 4 aufweist) hinsichtlich seiner Funktionsweise dem im Basisgutachten dargestellten Gerät.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt, insbesondere aus der Anzeige, dem schlüssigen und nachvollziehbaren Aktenvermerk der Finanzpolizei samt Dokumentation des Probespiels mit Fotoaufnahmen, dem Gutachten M. sowie aus den Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 15. September 2015.

Wie sich aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt, verfügt das gegenständliche Gerät über eine Anzeige für die Musiktitel. Dass ein Downloadvorgang möglich war, ergibt sich aus der Anzeige und dem Aktenvermerk der Finanzpolizei. Das Gerät gleicht seinem Erscheinungsbild und seiner Funktion nach jenem, welches im Basisgutachten beurteilt wurde. Dies ergibt sich aus dem Akt der Finanzpolizei sowie aufgrund der Zeugenaussage. Lediglich verfügt das gegenständliche Gerät über einen zusätzlichen, 4-fachen Vervielfältigungsfaktor. Dieser ist mittlerweile an allen Geräten vorhanden und bekannt. An der Funktionsweise des Gerätes ändert dies nichts. Aus der GSp26b-Dokumentation der Finanzpolizei ergibt sich zudem, dass auf den angesteckten USB-Stick Musiktitel geladen werden konnten.

 

Dass das verfahrensgegenständliche Gerät zwecks selbstständiger und nachhaltiger Einnahmenerzielung im Lokal betrieben wurde, folgt bei wirklichkeitsnaher Betrachtung bereits daraus, dass die Aufstellung von einem Geräte, an dem gegen In-Aussicht-Stellen von Gewinnen Einsätze geleistet werden können, in einem öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals letztlich mit der Absicht erfolgte, Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen auf diesem Gerät zu erzielen. Es sind im Verfahren auch keinerlei Gründe hervorgekommen, die dafür sprechen würden, dass die Überlassung des Geräts durch dessen Eigentümer aus reiner Freigiebigkeit vorgenommen worden wären. Weiters sind im Verfahren auch keine Umstände hervorgekommen, dass das Gerät nicht zur Durchführung von Glücksspielen zur Verfügung gestellt worden wäre, sowie dass das Gerät nicht freiwillig vom Eigentümer zur Verfügung gestellt worden wäre.

 

Der Bf war zur Tatzeit handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. GmbH. Dass der Bf bzw. die A. GmbH im Besitz einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG für Ausspielungen am verfahrensgegenständlichen Standort mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät gewesen wäre oder eine Konzession oder Bewilligung für in Oberösterreich stattfindende Ausspielungen vorgelegen wäre, wurde von ihr zu keinem Verfahrenszeitpunkt behauptet. Ebenso ist eine solche der Homepage des BMF x nicht entnehmbar.

 

 

III. Rechtsgrundlagen

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von bis zu 60.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmen im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG daran beteiligt.

 

Gemäß § 2 GSpG sind Ausspielungen Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammen­hang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögens­werte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Gemäß § 2 Abs. 4 GSpG sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind, verboten.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Aufgrund der zwischenzeitig ergangenen Entscheidungen des VwGH (VwGH v. 20. April 2016, Ro 2015/17/0020 und 0021) zum Gerät „afric2go“ kann die bisherige Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, die zusammengefasst davon ausging, dass aufgrund der Zurverfügungstellung eines Musiktitels, welcher auf einem Datenträger gespeichert und mitgenommen werden kann und des daraus resultierenden Erhalts eines Wertäquivalents keine Einsatzleistung und insofern keine Ausspielung vorliegt, nicht mehr aufrecht­erhalten werden.

 

Das Oö. Landesverwaltungsgericht stützte sich bei dieser Rechtsprechung insbesondere auf die unter II.1. erwähnten Gutachten, die den Schluss zuließen, dass es sich bei Geräten, die diesen Gutachten entsprechen, um Musikautomaten handle. Dieser Ansicht war auch der Leiter der Stabstelle der Finanzpolizei, worauf die zuständige Abteilung der Oö. Landesregierung mit Schreiben vom 25. März 2013 mitteilte, dass Geräte, die den Gutachten entsprechen würden, als Musikautomaten zu qualifizieren seien.

 

Der Verwaltungsgerichtshof stellte nunmehr klar (Ro 2015/17/0020), dass für die Erfüllung des § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG lediglich Voraussetzung ist, dass im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel eine vermögenswerte Leistung erbracht wird. Der Einsatz von 1 Euro stehe in unmittelbarem Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel, da gleichzeitig mit der Betätigung der „Musik kopieren/hören“-Taste der zufallsabhängige Beleuchtungsumlauf in Gang gesetzt werde, mit dem der Einsatz vervielfacht werden könne. Selbst ein zeitversetztes Starten der Gewinnspielfunktion könne den Zusammenhang zwischen Einsatzleistung und Gewinnspiel nicht durchbrechen, da selbst ein verzögert in Gang gesetztes Glücksspiel noch in einem engen Zusammenhang mit der Einsatzleistung stehe, weil die vermögenswerte Leistung des Anwenders nicht auf den Erwerb eines Musiktitels beschränkt ist, sondern auch die (nachfolgende) Gewinnchance umfasse.

 

Entsprechend der jüngsten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist – trotz Übereinstimmung der Funktionsweise des gegenständlichen Geräts mit dem Gutachten von F.M. – festzuhalten, dass mit dem gegenständlichen Gerät mit der FA-Nr. 1 Spiele durchgeführt werden können, deren Ergebnis ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt. Es gibt keine Hinweise, dass der Spieler durch besonderes Geschick, Erfahrung oder besondere Kenntnisse den Spielausgang bewusst beeinflussen könnte. Da die Spieler Einsätze leisteten und für diese ein Gewinn in Aussicht gestellt war, handelt es sich um Ausspielungen i.S.d. GSpG, wobei für diese keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG vorlag und der Bf von diesem auch nicht ausgenommen war, weshalb diese Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG verboten waren.

 

Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt, wurde das gegenständliche Gerät im vorgeworfenen Tatzeitraum im verfahrensgegenständlichen Lokal zur Erzielung selbstständigen und nachhaltigen Einnahmenerzielung betrieben. Wie eben dargestellt, wurden am Gerät verbotene Ausspielungen durchgeführt. 

 

IV.2. Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf berief sich jedoch in seinem Vorbringen vom 14. September 2015, welches in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht verlesen wurde, auf die oben erwähnten Gutachten von F.M. und von Mag. S. sowie auf den oben erwähnten Schriftverkehr der Oö. Landesregierung, in dem auf die Stellung­nahme des Leiters der Stabstelle der Finanzpolizei Bezug genommen wird.

 

Der Bf beruft sich damit einen Verbotsirrtum.

 

Entschuldigend wirken dabei nach stRspr nur das Vertrauen auf die einschlägige und einhellige höchstgerichtliche Rsp zum Tatzeitpunkt (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177), von der zuständigen Behörde selbst erteilte Auskünfte über ihre Verwaltungspraxis (VwSlg 14.020 A/1994) bzw. eine tatsächlich bestehende „ständige Verwaltungsübung“ (VwGH 22.3.1994, 93/08/0177) sowie Rechts­auskünfte auf Grundlage einer vollständigen Sachverhaltsmitteilung, wenn sie von einer fachkompetenten Stelle/Person stammen und bestimmte wesentliche Kriterien erfüllen. Entschuldigend wirkt hiebei eine Rechtsauskunft der zuständigen Behörde (VwGH 4.10.2012, 2012/09/0134, 18.9.2008, 2008/09/0187), einer anderer fachkompetenter Institutionen, zB der gesetz­lichen beruflichen Vertretungen (zB VwGH 16. 11. 1993, 93/07/0022, 0023), der Gebietskrankenkasse (VwSlg 14.020 A/1994) oder auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (VwSlg 13.257 A/1990) bzw. in sehr eingeschränktem Ausmaß die Rechtsauskunft berufsmäßiger Parteienvertreter (zB von Rechtsanwälten). Diese muss sich jedenfalls an der maßgeblichen Rsp der Höchstgerichte und gegebenenfalls an der Rechtsmeinung der zuständigen Behörde (VwSlg 11.744 A/1985) orientieren. Das Vertrauen auf die (falsche) Rechtsauskunft ist dem Auskunftssuchenden insbesondere dann vorwerfbar, wenn dem Beschuldigten das Spannungsverhältnis zur gegenteiligen Behördenauffassung bekannt ist oder sich unmittelbar aus dem Inhalt der Auskunft auch für den Nicht-Fachmann ersichtliche Zweifel ergeben (VwGH 22.2.2006, 2005/17/0195); (vgl. Lewisch in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 5 Rz 21  (Stand 1.7.2013, rdb.at).

 

Somit fehlt es im konkreten Fall an einem dem Bf vorwerfbaren Verhalten. Der Bf durfte auf die Rechtsansicht der Oö. Landesregierung bzw. des Leiters der Stabstelle Finanzpolizei, wonach es sich bei einem derartigen Gerät um einen Musikautomaten handle, soweit es dem Sachverständigengutachten entspricht, vertrauen. Der Bf konnte sich somit erfolgreich auf einen Verbotsirrtum berufen.

 

 

V. Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, da sich der Bf erfolgreich auf einen entschuldigenden Verbotsirrtum berufen konnte.

 

 

VI. Unzulässigkeit der Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin er­folgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichts­hof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Hörzing