LVwG-301016/8/BMa/AKe
Linz, 26.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der J.K., vertreten durch Ing. Mag. K.H., Rechtsanwalt in L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 17. November 2015, GZ: SanRB96-38-2015, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (im Folgenden: AuslBG)
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
2. Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 9. Dezember 2015, die dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 13. April 2016 gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am 21. September 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer in rechtsfreundlicher Vertretung und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind. Als Zeuge wurde L.K. einvernommen.
3. Das Landverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
Aufgrund der Geburt gemeinsamer Kinder wurde der landwirtschaftliche Betrieb ab dem Jahr 2013 nahezu ausschließlich alleine von D.K., dem Ehemann der Bf geführt. Mit ihm wurde im Jahr 2013 eine Vereinbarung getroffen, wonach D.K. als verantwortlicher Beauftragter die Geschäfte des landwirtschaftlichen Betriebs alleine führt. Es kann nicht festgestellt werden, ob diese Vereinbarung auch der zuständigen Behörde bekanntgegeben wurde.
Im Jahr 2014 wurde von D.K. bei einer u. Agentur für die Vermittlung von Erntehelfern der Bedarf einer bestimmten Anzahl von Arbeitskräften angemeldet und diese Anzahl von Personen unter Bekanntgabe der von der u. Agentur angegebenen Namen der Ausländer dem AMS gemeldet. 2014 ist es zu Ernteausfällen aufgrund von Frostschäden gekommen, sodass bereits im Juni eine Meldung an die ukrainische Agentur erfolgte, dass nun nicht mehr die gesamte Anzahl der angegebenen Arbeitskräfte benötigt wird, sondern eine geringere Anzahl.
Die von D.K. angeforderten Arbeitskräfte sind Anfang September 2014 mit einem Bus gemeinsam von einem landwirtschaftlichen Betrieb im Bezirk P. zum Betrieb der Beschwerdeführerin angereist. In diesem Bus anwesend war auch A.D., der im Februar 2014 ebenfalls dem AMS als Arbeitskraft bekanntgegeben wurde, dessen Dienste aber aufgrund der Ernteausfälle nicht mehr benötigt wurden.
Aufgrund der bekannten Unruhen in der U. im Jahr 2014 hat D. persönliche Nachteile befürchtet und den Gatten der Beschwerdeführerin ersucht, in Österreich bleiben zu können, bis auch die anderen Arbeiter ihre Beschäftigung im landwirtschaftlichen Betrieb beenden.
Weil der Vater des D.K. selbst Erfahrungen mit Militäreinsätzen in Zusammenhang mit Unruhen gemacht hat, hat er auf seinen Sohn eingewirkt, D. im Arbeiterwohnheim, das dem Schwiegervater der Rechtsmittelwerberin gehört, wohnen zu lassen. Von diesem wurde auch empfohlen, damit er sozialversicherungsrechtlich abgesichert ist, D. zur OÖ GKK als Arbeiter anzumelden. Im Betrieb der Beschwerdeführerin war geplant, eine weitere Obstplantage im Oktober bzw. November 2014 zu errichten und es war absehbar, dass die Arbeitskraft des D. dann benötigt werden würde.
Der Gatte der Beschwerdeführerin hat für D. am 3. September 2014 beim AMS eine Beschäftigungsbewilligung für den zeitlichen Geltungsbereich vom 13.10.2014 bis 20.12.2014 beantragt und diesen am 5. September 2014 bei der GKK zur Sozialversicherung angemeldet. Der Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung wurde mit Bescheid vom 13.10.2014 genehmigt. Zur Arbeit wurde D. aber erst am 14. Oktober 2014 bis ca. Mitte November eingesetzt. Nachdem die geplante Obstplantage errichtet worden war, ist D. gemeinsam mit den übrigen Arbeitern aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin abgereist.
3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 21. September 2016 ergibt.
In dieser Verhandlung hat der Gatte der Beschwerdeführerin, der ebenfalls als Beschwerdeführer im verbundenen Verfahren LVwG-301015 an der Verhandlung teilgenommen hatte, geschildert, dass D. erst am 14. Oktober 2014 zur Arbeit herangezogen wurde. Dies wurde auch von der Beschwerdeführerin und dem vernommenen Zeugen, der einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen hat, bestätigt.
Ebenso hervorgekommen ist, dass die Beschwerdeführerin mit den Bestimmungen des ASVG nicht soweit vertraut war, dass sie gewusst hätte, dass das Melden eines Arbeitnehmers, der tatsächlich nicht im Betrieb beschäftigt ist, nach dem ASVG zu ahnden ist.
Eine Beschäftigung für den vorgeworfenen Tatzeitraum konnte auch vom Vertreter des Finanzamts nicht dargelegt werden, sodass dieser in der mündlichen Verhandlung in seiner abschließenden Stellungnahme angegeben hatte, aufgrund des fehlenden Tatbestandselements einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegen zu treten.
3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
3.3.1. Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
Nach § 2 Abs. 2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung
a. in einem Arbeitsverhältnis,
b. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
c. in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeit nach § 3 Abs. 5 leg.cit,
d. nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
e. überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988, und des § 5a Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287.
Gemäß § 2 Abs. 4 1. Satz leg.cit. ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a leg.cit. begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ (§ 41 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.
Wie sich aus den Feststellungen ergibt, war D. im inkriminierten Zeitraum nicht als Erntehelfer im Betrieb der Beschwerdeführerin beschäftigt. Damit hat die Rechtsmittelwerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, nämlich die Beschäftigung eines u. Staatsangehörigen in Österreich ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Bestätigung nicht begangen.
Es war daher der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.
Damit erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen sowie eine Prüfung der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin.
Eine allfällige Übertretung der Bestimmungen des ASVG war in diesem Verfahren nicht zu prüfen.
zu II.
Bei diesem Verfahrensergebnis hat die Beschwerdeführerin gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu tragen.
zu III.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann