LVwG-300970/32/Kl/SH

Linz, 20.10.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des M.W., x, W., D., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11. Dezember 2015, BZ-Pol-09046-2015, wegen Verwaltungs­übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 28. April 2016, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­straf­verfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 11. Dezember 2015, BZ-Pol-09046-2015, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in Höhe von insgesamt 3.540 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatz­freiheits­strafen von insgesamt 655 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen nach jeweils § 28 Abs. 2 Z 1 iVm § 9 Abs. 1 erster Tatbestand Arbeitszeitgesetz – AZG (in neun Fällen) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der S. GmbH mit Sitz in W., x, zu verantworten hat, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin nachstehend angeführte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Arbeitsstätte in W., X, Einkaufszentrum D., X, entgegen § 9 Abs. 1 AZG, wonach die Tagesarbeitszeit zehn Stunden nicht überschreiben darf, zu folgenden gesetzwidrigen Arbeitszeiten herangezogen hat:

 

1) folgende Arbeitnehmer/innen entgegen § 9 Abs. 1 AZG, wonach die Tagesarbeitszeit

zehn Stunden nicht überschreiten darf, zu folgenden Arbeitsleistungen verpflichtet wurden

a) S.G.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

02.01.2014

10:26

23.01.2014

10:15

b) S.J.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

02.01.2014                     

11:29

03.01.2014                    

12:01

09.01.2014                     

11:20

14.01.2014                        

11:14                                                           

16.01.2014

10:51                                                                        

18.01.2014

10:18

20.01.2014                       

11:23

22.01.2014

10:54

27.01.2014

11:27                                                                        

29.01.2014

11:49

30.01.2014

11:15

31.01.2014

13:42

c)R.O.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

31.01.2014

13:39                                                                      

 

d) P.J.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

02.01.2014

10:32

03.01.2014

10:30                                                                       

20.01.2014

10:12

29.01.2014

10:26                                                                        

e) L.A.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

02.01.2014

10:15

08.01.2014

10:07                                                

13.01.2014

10:19                                                                        

14.01.2014

10:09                                                                   

22.01.2014

10:14

f) L.S.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

07.01.2014

10:22

10.01.2014

10:12

17.01.2014

10:09

21.01.2014

10:10

28.01.2014

10:07

31.01.2014

12:48

g) K.L.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

07.01.2014

11:33

13.01.2014

10:10

17.01.2014

10:12

21.01.2014

10:12

22.01.2014

10:22

23.01.2014

12:11

24.01.2014

10:21

27.01.2014

10:48

29.01.2014

10:53

31.01.2014

14:11

h) F.S.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

07.01.2014

10:26                                                                    

08.01.2014

10:16

i) J.S.

Datum (tt.mm.jjjj)

effektive Tagesarbeitszeit (hh.mm)

17.01.2014

10:40

22.01.2014

10:17

23.01.2014

10:39

31.01.2014

12:43

Dadurch wurde § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl. Nr. 461/1969 i.d.F- BGBl I

Nr. 124/2008 übertreten, wonach die Tagesarbeitszeit 10 Stunden nicht überschreiten

darf.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass auf eigene Verantwortung gegen die klaren und dokumentierten Anweisungen des Beschwerdeführers eigenmächtig und rechtswidrig handelnde Personen bereits vor dem Magistrat der Stadt Wien benannt wurden, welche die faktische Geschäftsführung übernommen hätten und eigenmächtig und wider­rechtlich klare und dokumentierte Anweisungen des Unternehmens außer Kraft gesetzt hätten. Auch der damals aktive Betriebsrat könne dies bestätigen, ins­besondere dass in allen Filialen die Bestimmungen zum Arbeitszeitgesetz vor­schriftsmäßig ausgehängt und bekannt gewesen seien. Die Mitarbeiter hätten die Anweisung fremder Dritter befolgt, ohne Rücksprache mit irgendjemandem zu halten. Der Beschwerdeführer selbst habe versucht, die Ungereimtheiten aufzu­klären und zukünftigen weiteren Verstößen vorzubeugen. Er habe die streit­gegen­ständlichen Stundenüberschreitungen nicht zu verantworten. Zum gegen­ständlichen Zeitpunkt sei T.R. Filialleiter gewesen. Selbst für den Fall einer Abwesenheit gebe es einen Stellvertreter, der in seiner Abwesenheit für den sachgerechten und rechtskonformen Betrieb verantwortlich gewesen sei. Auch hätte Herr S. als regionaler Vertriebsleiter die Kontrollhoheit und sollte bei derartigen gravierenden Themen von der Belegschaft unterrichtet werden. Dieses System sei gerade zu dem Zweck eingerichtet worden, weil das Tagesgeschäft vieler Dutzender Filialen nicht von einer Person geführt, verantwortet und geprüft werden könne. Auch sei der Beschwerdeführer im gegenständlichen Zeitraum teilweise nicht anwesend gewesen, weil er sich auf Urlaub, Dienstreisen und Wochenenden befunden hätte. Der Beschwerdeführer habe sehr wohl wider­sprochen und mit persönlich hohem Einsatz und schließlich Verlust seines Arbeits­platzes dafür gekämpft, dass das Recht eingehalten werde. Zum Beweis für eine faktische Geschäftsführerschaft werden Frau K.B. sowie Frau E.D., beide X International, sowie D.F., C. X International, bekanntgegeben. Letzterer habe die Überschreitungen trotz Widersprüchen durch den Beschwerdeführer gebilligt und weiter anweisen lassen. Auch können Herr M. und Frau S. bestätigen, dass der Beschwerdeführer nicht im Geringsten mit der Sache zu tun habe.

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vorgelegt und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Das zuständige Arbeitsinspektorat wurde am Verfahren beteiligt. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 28. April 2016 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, an welcher die geladenen Parteien teilgenommen haben. Weiters wurden die Zeugen H.M., C.S., G.S., S.J. und L.K. geladen und einvernommen. Die weiters geladenen Zeugen K.B., E.L.D. und D.M.F., alle G., sind nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen. Von einer weiteren Einvernahme konnte Abstand genommen werden.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht folgender Sach­verhalt als erwiesen fest und wird der Ent­scheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer war im Tatzeitraum 2. Jänner 2014 bis 31. Jänner 2014 im Firmenbuch als handels­rechtlicher Geschäftsführer der S. GmbH mit Sitz in W. eingetragen. Er war Geschäftsführer vom 04.09.2012 bis 24.07.2014. Ab 24.07.2014 wurde das Unternehmen übernommen durch S. GmbH, deren Geschäftsführer er nicht mehr war.

Eine Kontrolle des zuständigen Arbeitsinspektorates der zur Verfügung gestellten Arbeitszeitaufzeichnungen betreffend die Arbeitsstätte in W., X, Einkaufszentrum D., X, ergab hinsichtlich neun namentlich angeführter Arbeitnehmer/innen eine Überschreitung der Tages­arbeitszeit von zehn Stunden im Zeitraum vom 02.01.2014 bis 31.01.2014.

Ein gegen den mit Urkunde vom 07.06.2013 zum verantwortlichen Beauftragten bestellten T.R. eingeleitetes Verwaltungsstrafverfahren wurde mit Erkennt­nis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 11.02.2015 eingestellt, weil er als Filialleiter seine Tätigkeit in der Filiale im Tatzeitraum aufgrund Urlaubs und Krankenstandes nicht ausgeübt hat und damit auch keine Anweisungen im Zu­sammenhang mit der einzuhaltenden Arbeitszeit geben konnte, und es daher an einem wesentlichen Kriterium der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten, nämlich der Anordnungsbefugnis, gefehlt hat.

Für jede Filiale der S. GmbH gab es einen Filialleiter, konkret für das Einkaufszentrum D. Herrn T.R. Der Filial­leiter war für alle Personalmaßnahmen wie Einstellungen und Einteilungen und sonstige Entscheidungen für die Filiale zuständig. Für jeden Filialleiter gab es einen Stellvertreter. Übergeordnet war jeweils ein regionaler Verkaufsleiter, welchem auch Prokura für die Region zukam. Der regionale Verkaufsleiter war für die in seiner Region befindlichen Filialen zuständig.

Noch vor dem Jahreswechsel 2013/2014 kam es zu einem Zusammenschluss von X mit Y. Herr S. kam aus der Gruppe X, wobei das D. zur X-Gruppe gehörte. Herr J. kam aus dem Bereich Y, wurde dann zum Jahreswechsel 2013/2014 von Herrn S. eingeschult und war parallel mit diesem im D. tätig und wurde dann bei Überführung in die X-Gruppe als regionaler Verkaufsleiter eingesetzt. Das Einkaufszentrum D. war ursprünglich X-Laden und wurde dann als Y-Laden umgestaltet und als solcher in der X-Gruppe weitergeführt. Herr R.F. gehörte zunächst zur X-Gruppe und war zu Zeiten des X Regionalleiter für Oberöster­reich so wie sein Kollege S. Regionalleiter für W. war. Bei Übernahme durch X wurde dann Herr F. zum Regionalleiter und Vorgesetzten des Herrn J. für Y und später X. Es war daher im Jänner 2014 für die Filiale D. Herr S. nicht mehr zuständig, sondern Herr J. und dessen Vorgesetzter R.F.

Die Arbeitszeitüberschreitungen im Jänner 2014 erfolgten über direkte und un­mittelbare Anweisung der in der Zentrale der X (x) in E. zuständigen Leiterin Retail, Frau K.B., welche direkt in der Filiale Arbeitszeitverlängerungen angeordnet hat. Auch hatten Herr F. und Herr J. die Anweisung, keine Anweisungen mehr vom Beschwerde­führer zu übernehmen. Auf kollegialer Ebene wurde der Beschwerdeführer aber dann von F. oder J. über Anweisungen informiert. Ein Kontakt zum Filialleiter R. bestand in dieser Zeit nicht, weil dieser zu diesem Zeitpunkt gesundheit­liche Probleme hatte und in der Filiale nicht tätig war.

Das Arbeitsverhältnis (Geschäftsführer) des Beschwerdeführers mit dem Unter­nehmen wäre noch bis Ende 2014 gelaufen. Aufgrund verschiedener Vorkomm­nisse schon im Jahr 2013 hat der Beschwerdeführer den Gesellschaftern bekannt­gegeben, seinen Vertrag nicht mehr zu verlängern. Aufgrund der Arbeits­zeitüberschreitungen und Anweisungen trotz seiner Mahnungen und Hinweises auf Gesetzesverstöße hat der Beschwerdeführer dann im März 2014 fristlos seine Funktionen niedergelegt und ist mit 01.06.2014 aus dem Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ausgeschieden.

Der Zeitplan, aus dem die Zeiteinteilung der einzelnen Mitarbeiter und Mit­arbeiterinnen ersichtlich war, wurde immer eine Woche vorher ausgehängt. Es waren im Jänner 2014 immer Arbeitszeitüberschreitungen ersichtlich. Wegen der erheblichen Überschreitungen, und weil auch Kolleginnen mit kleinen Kindern dabei waren, die weg mussten, wurde Herr J. als E.-Manager und Vorgesetzter und Regionalleiter diesbezüglich von den Arbeitnehmern in Kenntnis gesetzt und angesprochen. Dieser ist auch dann in die Filiale gekommen und hat sich dort informiert und ein Telefonat geführt. Es kam aber nicht zu einer Veränderung oder Verbesserung. Es ist dann in weiterer Folge der Shop-Leiter der x in der Filiale aufgetaucht, welcher dann auch den Mitarbeitern unter­breitete, dass nunmehr in zwei Schichten zu arbeiten ist, also auch in der Nacht. Diese Nachtarbeit wurde aber ausschließlich von Leuten aus E. geleistet.

Es gab auch Kontakt mit dem Betriebsrat.

Herr H.M. war im Jänner 2014 und ist auch heute noch Betriebs­rat für die Zentrale in W. Sein Aufgabenbereich ist die Instandhaltung aller Filialen in Österreich und D. Alle Filialen in Österreich sind gleich organisiert. Organisatorisch zuständig und verantwortlich ist für jede Filiale der jeweilige Filialleiter, nämlich es ist für jede Filiale ein Filialleiter bestellt, welcher hinsichtlich Arbeitnehmerschutz als verantwortlicher Beauftragter bestellt ist und auch zum gewerberechtlichen Filialgeschäftsführer bestellt ist. Den Personalein­satzplan, also Einteilung der Arbeitszeiten, macht der jeweilige Filialleiter bzw. sein Stellvertreter. Jeder Filialleiter hat auch einen Stellvertreter für den Fall seiner Abwesenheit. Der Filialleiter organisiert sein Personal im Dienstplan. Eine Zuständigkeit zur Personalaufnahme hatte er im Jänner 2014 nicht und hat er auch heute nicht. Auch der Gebietsleiter, der für mehrere Filialen zuständig ist, kann zwar bei anderen Filialen Personal anfordern bzw. auch das Personal von anderen Filialen umorganisieren. Eine Aufnahme von zusätzlichem Personal ist auch dem Regional- bzw. Gebietsleiter nicht möglich. Die Personalbewirt­schaftung erfolgt ausschließlich in der Zentrale in E.

Für das D. war damals der Filialleiter Herr R. In der Zeit der krankheitsbedingten Abwesenheit des Herrn R. machte Herr Z., der auch in der Filiale D. beschäftigt war, alles was Herr R. sonst machte. In dieser Zeit kam es zu „wilden Zuständen“, nicht nur hin­sichtlich Arbeitszeit, sondern auch im Hinblick auf den Warenverkauf. Der Kundenandrang war enorm aufgrund des besonderen Abverkaufs. Es kam zu heftigen Arbeitszeitüberschreitungen. Es wurde auch die Zentralbetriebsrätin ein­geschaltet, nämlich Frau C.S. Diese wurde im November 2013 Vorsitzende des Zentralbetriebsrates. Da es für die Filiale D. keinen Betriebsrat gab und die Filiale geschlossen werden sollte, hat sie sich um die Filiale gekümmert und die Mitarbeiter entsprechend informiert und deren Fragen beantwortet. Auch wurde S.Z., der die Agenden anstelle des kranken Herrn R. übernommen hat, darauf hingewiesen, dass das so nicht geht, dass von Montag bis Samstag von morgens bis abends im Geschäft von den Leuten gearbeitet wird. Auch wurde er darauf aufmerksam gemacht, dass den Beschäftigten ein freier Tag zur Verfügung stehen muss. Allerdings wurde so viel Ware angeliefert, die auch wieder aufgeräumt hat werden müssen und auch hätte verkauft werden müssen. Es war so viel Arbeit, dass Arbeitnehmer um sechs Uhr in der Früh im Geschäft waren und dann dort bis zwölf Uhr nachts arbeiteten.

S.Z. hat die Direktiven vom Bereichsleiter bzw. Regionsleiter J. bekommen und mit diesem die Leute eingeteilt.

Der Beschwerdeführer hat im Grunde dieser Umstände dann eine Sitzung mit den Betriebsräten, auch der Zentralbetriebsrätin S. und Herrn M., sowie auch erstmalig einer Vertreterin der Zentrale aus E., Frau E.D., H R Direktorin bzw. Personalverantwortliche, einberufen. Bei dieser Sitzung waren die Regionsleiter und Prokuristen bzw. Ver­triebsleiter aber nicht anwesend. Die Beschwerdepunkte wurden bei der Sitzung von E.D. zwar aufgenommen; es wurde aber von ihr immer nur geantwortet, dass das nach E. mitgenommen und weitergeleitet wird. Frau D. war informiert über die Verhältnisse und Zustände in den Filialen. Dabei handelte es sich nicht nur um Probleme hinsichtlich D., sondern auch hinsichtlich der anderen Filialen und anderer Punkte, darunter auch die Arbeitszeitproblematik. Auch wurde der Personalengpass besprochen sowie auch die budgetäre Situation.

Die Vorsitzende des Zentralbetriebsrates wurde auch vom Personal beigezogen und vergewisserte sich diese selbst über die verheerenden Zustände und darüber, dass das Personal total überfordert war. Auch der Stellvertreter war überfordert. Sie hat dann auch die Anzeige beim Arbeitsinspektorat gemacht. Weiters hatte sie Kontakt mit dem Beschwerdeführer, der ihr zu verstehen gab, dass er alles nach E. weiter­zuleiten hat. Dies gilt auch heute noch. Allerdings ist nunmehr verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer Herr D.F., welcher sich ebenfalls in der X-Zentrale in E. befindet. Auch heute müssen alle Geschäftsfälle und Geschäftsstücke übersetzt werden und die Anbringen nach E. gesandt werden. Sowohl damals als auch heute noch können Filialleiter Personal selber nicht einstellen, es muss immer jeweils die Zustimmung aus E. eingeholt werden. Auch heute noch muss der Filialleiter beim A-M Personal an­fordern und dieser leitet dies dann weiter nach E. Ursprünglich, nämlich zu Zeiten, in denen noch X und Y getrennt waren, konnten Regionalleiter auch Personal aufnehmen. Zum Zeitpunkt der Übernahme durch X wurde ihnen dann diese Kompetenz genommen und wird die Personalaufnahme direkt in E. entschieden. Zunächst war zwar die Geschäftsführung noch von der Familie E. gestellt, aber die Entscheidung wurde weitergeleitet nach E. Bei gänzlicher Übernahme durch X lag dann die Entscheidung zur Gänze in E. Nur in kleineren Dingen konnte der Beschwerdeführer Anordnungen treffen, in größeren Dingen bemerkte er immer, dass er dies nach E. weiterzuleiten hat und dies in E. entschieden wird. Die Vorsitzende des Zentralbetriebsrates kann sich auch erinnern, dass sogar Anordnungen von einem Europa-Verantwortlichen der Firma im Nachhinein wieder revidiert wurden bzw. solche Personen auch durch die Firmenzentrale ausgeschaltet wurden. Der Beschwerdeführer hat eher den Mitarbeitern zugewandte Anordnungen und Ver­fügungen getroffen und es gab sehr gute Gespräche des Betriebsrates mit dem Beschwerdeführer und machte er nie Druck, auch nicht zu dem Zeitpunkt, zu dem Anzeige erstattet wurde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist im Grunde der Aussagen des Beschwerdeführers und der einvernommenen Zeugen erwiesen. An der Glaubwürdigkeit der Zeugen bestehen keine Zweifel. Die Aussagen sind einhellig und widersprechen sich in keinem Punkt. Es kam eindeutig hervor, dass Direktiven aus E. direkt gegeben wurden und jegliche Willensbildung dazwischen ausgeschaltet wurde.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz – AZG darf die Tagesarbeitszeit zehn Stunden und die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 AZG sind Arbeitgeber, die Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 9 hinaus einsetzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 1.815 Euro, im Wiederholungsfall von 145 Euro bis 1.815 Euro zu bestrafen.

 

Vom Beschwerdeführer blieb unbestritten und ist im gesamten Verfahren erwiesen, dass es im angeführten Zeitraum zu erheblichen Arbeitszeitüber­schreitungen hinsichtlich der angeführten Arbeitnehmer kam. Es ist daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretungen nach dem AZG erfüllt.

 

5.2. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite hat aber der Beschwerdeführer zu Recht auf mangelndes Verschulden hingewiesen und in einem umfangreichen Vor­bringen dargelegt, dass er alles Mögliche zur Hintanhaltung der Verwaltungs­übertretungen unternommen hat. Es wurde im durchgeführten Beweisverfahren eindrücklich nachgewiesen, wie seitens der Konzernzentrale vorgegangen wurde und der Beschwerdeführer aus dem Entscheidungsprozess ausgeschlossen wurde. Der Beschwerdeführer hat auch nachgewiesen, dass er umgehende Konsequenzen gezogen hat, indem er fristlos seine Funktion zurückgelegt hat und sein Arbeitsverhältnis als Geschäftsführer beendet hat. Er hat im Tat­zeitraum alles ihm Mögliche und Zumutbare unternommen, um die Verwaltungs­übertretungen hintanzuhalten. Dies wurde auch im Beweisverfahren nach­gewiesen, indem er sowohl mit dem Regionalleiter als auch Betriebsrat und letzt­lich der Firmenzentrale Kontakt hatte und auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen hinwies und hinwirkte. Es wurde aber einhellig von den Zeugen bestätigt, dass der Beschwerdeführer bei Anordnungen übergangen wurde und daher ein Overruling durch die Zentrale in E. stattfand.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zwar zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Gerade im Beschwerdefall wurde aber vom Beschwerdeführer nachdrücklich auf­gezeigt, dass er alle zumutbaren Maßnahmen gesetzt hat, um die Verwaltungs­übertretungen zu verhindern, und ihm keine weitere Möglichkeit zur Verfügung stand, die Verwaltungsübertretungen hintanzuhalten. Letztlich hat er selber Konsequenzen gezogen. Es ist daher dem Beschwerdeführer eine Glaubhaft­machung dahingehend gelungen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschriften kein Verschulden trifft.

Da aber Strafbarkeit voraussetzt, dass die Handlung auch subjektiv vorwerfbar ist, also Verschulden vorliegt, war mangels der subjektiven Tatseite Strafbarkeit des Beschwerdeführers nicht gegeben.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ist von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.

 

7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungs­ gerichtshof einzu­bringen.

 

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt