LVwG-300815/14/BMa
Linz, 12.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des S.F. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. September 2015, GZ: SanRB96-128-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Jänner 2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens iHv 300 Euro (3 x 100 Euro) zu leisten.
III. Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
„Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T. s.r.o. mit eingetragenem Firmensitz in x, S., und somit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zu verantworten, dass von der genannten Gesellschaft als Arbeitgeber iSd § 7b Abs.1 AVRAG die nachfolgenden Arbeitnehmer
1. D.P., geb. x, s. StA., mit Beschäftigungsbeginn 28.3.2015
2. D.M., geb. x, s. StA., mit Beschäftigungsbeginn 4.3.2014
3. D.L., geb. 4x, s. StA., seit 2 Jahren (11.1.2013)
als Reinigungskräfte zur Erbringung einer fortgesetzten Arbeitsleistung nach Österreich zur D. L. in H., x, des Betreibers L. GmbH, entsandt worden waren, wo sie bei den Kontrollen am 11.1.2015 und 29.3.2015 von Organen der Finanzpolizei bei der Reinigung der Toilettenanlagen angetroffen wurden, ohne die Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) am o.a. Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitgehalten zu haben.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 7b Abs. 8 Zi.3 iVm § 7b Abs. 5 1. Fall Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt BGBl. I Nr. 94/2014, iVm § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 1991
Wegen dieser Verwaltungsübertretung in drei Fällen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafen von falls diese uneinbringlich ist, Gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
jeweils
3 x 500 Euro 3 x 33 Stunden § 7b Abs. 8 Zi.3 AVRAG
insges. 99 Stunden iVm § 9 Abs. 1 VStG
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
3 x 50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.650 Euro.“
1.2. Mit der rechtzeitigen Beschwerde vom 8. Oktober 2015 wurde im Wesentlichen vorgebracht, die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses angeführten D., D. und D. seien keine Arbeitnehmer gewesen, sondern selbstständige Gewerbetreibende aus der S. Abschließend wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung und Herabsetzung der Strafhöhe auf ein tat- und schuldangemessenes Maß beantragt.
2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht am 19. Oktober 2015 vorgelegt. Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
2.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und am 20. Jänner 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Bf mit rechtsfreundlicher Vertretung und Vertreter der Organpartei gekommen sind.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
F.S. ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T. s.r.o. mit Firmensitz in x, S. S. Staatsangehörige haben sich an ihn gewandt und gefragt, ob er ihnen Arbeit in Österreich beschaffen könne. F. hat in Erfahrung gebracht, dass die L. GmbH Reinigungspersonal für das Toilettenservice in der Nacht von 21:00 Uhr bis 5:00 Uhr benötigt. D., D. und D. haben diese Arbeiten übernommen und dem Bf, nachdem sie die Arbeiten absolviert hatten, mitgeteilt, wie viele Stunden sie dafür benötigten. Daraufhin wurde eine nach Stunden berechnete Vergütung für die drei Personen festgesetzt, wobei vorgegeben wurde, dass sie die von ihnen angegebenen Stunden arbeiten könnten. Mit der L. GmbH wurde ein Rahmenvertrag geschlossen, wonach die T. s.r.o. als Auftragnehmer für abgerufene Reinigungsleistungen eine pauschale Vergütung iHv 13 Euro zzgl. der im Zeitpunkt der Rechnungslegung geltenden gesetzlichen Umsatzsteuer pro Stunde und Reinigungsfachkraft erhält.
Die Reinigungskräfte haben darüber hinaus auch sogenannte „Regiearbeiten“ verrichtet, die sie dem Bf gemeldet haben und wofür sie mit demselben vereinbarten Stundensatz entlohnt wurden. Die geleisteten Stunden wurden wiederrum der L. GmbH von der T. s.r.o. in Rechnung gestellt.
Die drei s. Staatsangehörigen haben zum Zeitpunkt der Kontrolle einen Stundensatz von 7,50 Euro für ihre Arbeit erhalten. Nach der Kontrolle wurde der Stundenlohn auf 10 Euro erhöht und es wurden von diesem Betrag 2,50 Euro für die Wohngelegenheit, das den Arbeitern gemeinsam zur Verfügung gestellte Auto sowie die Putzmittel und Putzwerkzeuge abgezogen.
Die Bezahlung erfolgt in der Weise, dass die drei s. Staatsangehörigen eine Rechnung an die T. s.r.o. stellen und daraufhin den geltend gemachten Betrag, der sich durch die Arbeitsleistungen pro Stunde errechnet, bekommen. Das für die Arbeit benötigte Werkzeug, ebenso wie die Putzmittel und das Transportmittel um die Arbeitsstelle sowie die Unterkunft in Österreich zu erreichen, wurden den drei s. Staatsangehörigen von der T. s.r.o. zunächst kostenlos zur Verfügung gestellt, nach den beiden durchgeführten Kontrollen erfolgte der o.a. Abzug.
Es war ein „Pool“ von Arbeitern vorhanden. Diese haben sich selbst ausgemacht, wer welche Arbeit verrichtet. Der Bf hat dies schriftlich festgehalten, damit das auch funktioniert, er ist immer über den jeweiligen Einsatzort informiert (Seite 8 des Sprachprotokolls vom 20. Jänner 2016).
Nicht für jede Arbeit und jeden Arbeitsplatz war ein eigener Werkvertrag abgeschlossen worden, sondern es war nur niedergeschrieben, welchen Stundensatz die Arbeiter bekommen und was sie für die sonstigen Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, zu bezahlen haben (Seite 8 des Sprachprotokolls vom 20. Jänner 2016).
D., D. und D. waren im Besitz eines Gewerbescheins für verschiedene Tätigkeiten. D. z.B. hat im Rahmen dieser Gewerbeberechtigung über Vermittlung durch den Bf auch Fenster in V. eingebaut, wobei die Verrechnung wieder über die T. s.r.o. bzw. den Bf als deren Geschäftsführer erfolgt ist (Seite 5 und 6 des Sprachprotokolls vom 20. Jänner 2016).
Die drei s. Arbeitskräfte sind der deutschen Sprache nicht mächtig.
Bei Problemen während des Arbeitseinsatzes haben sich die S. an den Bf gewandt, der sich um die Problemlösung gekümmert hat. Die T. s.r.o. ist Eigentümerin des Autos mit der Aufschrift „P. F.“, das den drei s. Staatsangehörigen zum Erreichen ihrer Arbeitsstelle zur Verfügung gestellt wurde, der Bf ist dessen Zulassungsbesitzer. Obwohl alle drei Arbeiter nach der Kontrolle jeweils einen Beitrag für die Nutzung des Autos gezahlt haben, wurde dieses nur einer Person mit dem Auftrag übergeben, die anderen Arbeiter mitzutransportieren.
Die Benutzung des Autos, nämlich dass zwei Personen auf das Auto verzichten, die dritte Person fährt und die beiden anderen mitnimmt, hat der Bf mit den Leuten besprochen (Seite 6 des Sprachprotokolls vom 20. Jänner 2016).
Bei nicht ordnungsgemäßer Verrichtung der Arbeiten wird der vom Bf ausgezahlte Betrag gekürzt. (Seite 3 des Sprachprotokolls vom 20. Jänner 2016).
Die Arbeitszeiten sind durch die Betriebszeiten der L. GmbH vorgegeben, wobei der Toilettenservice nur in der mit Rahmenvereinbarung zwischen der L. GmbH und der T. s.r.o. vorgegebenen Einsatzzeiten erfolgen kann.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle wurden die Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 oder Sozialversicherungsdokument A1) nicht am Arbeits(Einsatz)ort bereitgehalten.
Nur für D. wurde das A1-Formular nachträglich vorgelegt.
3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde und der Aussage des Bf in der mündlichen Verhandlung ergibt.
Das Bereithalten der Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer zur Sozialversicherung am Einsatzort wurde vom Rechtsmittelwerber nicht ins Treffen geführt.
3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das OÖ LVwG erwogen:
3.3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen-vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
3.3.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlagen für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40-46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32-35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, die von der belangten Behörde der Strafbemessung zugrunde gelegt wurden, ist insofern eine Änderung eingetreten, als der Bf in der mündlichen Verhandlung angegeben hatte, dass seit 15.01.2016 ein Konkursverfahren, in dem er Schuldner ist, eröffnet wurde.
Das Rechtsmittelverfahren hat – ebenso wie das erstinstanzliche Verfahren keine strafmildernden oder straferschwerenden Umstände zutage gebracht.
Weil lediglich die Mindeststrafe verhängt wurde, kann diese – auch im Hinblick auf das vom Rechtsmittelwerber angegebene Konkursverfahren - nicht weiter herabgesetzt werden.
Die Ersatzfreiheitsstrafe wurde in Relation der Obergrenze der Geldstrafe zur Obergrenze der Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt und begegnet damit keinen Bedenken.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Bei diesem Ergebnis war zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht vorzuschreiben.
Zu III.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann