LVwG-650725/2/MZ

Linz, 02.11.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des M A, geb x, O, P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29.9.2016, GZ: VerkR21-64/7-2016-Saz, wegen Entzugs der Lenkberechtigung

zu Recht    e r k a n n t :

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Mit Spruchpunkt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29.9.2016, GZ: VerkR21-64/7-2016-Saz wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) die von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf am 11.8.2015 unter der Zahl 14213705, ausgestellte Lenkberechtigung für die Klassen AM und B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit „auf die Dauer von 15 Monaten, gerechnet von 22.11.2015 bis 22.04.2017“, entzogen und dem Bf das Lenken von Motorfahrrädern und vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen für die gleiche Dauer verboten.

 

Mit Spruchpunkt II. wurde angeordnet, der Bf habe eine Nachschulung gemäß der Verordnung des BMVIT über verkehrspsychologische Nachschulungen bei einer hiezu ermächtigten Stelle zu absolvieren.

 

Mit Spruchpunkt III. wurde einem Rechtsmittel gegen den Bescheid wegen Gefahr im Verzug die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Ihren Bescheid begründet die belangte Behörde mit einer Verurteilung des Bf durch das LG Steyr vom 6.7.2016 wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten gewerbsmäßigen Diebstahls zu einer bedingten Zusatzstrafe von 16 Monaten, woraus eine entsprechende Verkehrsunzuverlässigkeit resultiere. Da der Bf Probeführerscheinbesitzer sei, ergebe sich die Anordnung der Nachschulung zwingend aus § 4 Abs 3 FSG.

 

II. Gegen den angefochtenen Bescheid erhob der Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde.

 

Diese begründet der Bf wie folgt:

„… Ich wohne gemeinsam mit meiner Mutter und meinem dreijährigen Bruder in Pfarrkirchen/Bad Hall. Meine Mutter ist auf Grund familiärer Schwierigkeiten auf meine Unterstützung sowohl in persönlicher wie in finanzieller Hinsicht angewiesen.

 

Seit 1. Juni 2016 bin ich bei der Firma G in Kremsmünster als Hilfsarbeiter über eine Leasingfirma beschäftigt. Bis auf Ausnahmen die vor allem durch Krankenstände anderer Mitarbeiter entstanden sind, arbeite ich in der dritten Schicht. Mein regelmäßiger Arbeitsbeginn ist daher 22 Uhr. Zu dieser Zeit gibt es für mich keine Möglichkeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln meinen Arbeitsplatz zu erreichen. Ich werde sicher meinen Arbeitsplatz verlieren wenn ich die vereinbarte Bedingung – Arbeit in der dritten Schicht – nicht einhalten kann. Dies bedeutet auch einen Verlust meiner Existenzsicherheit.

 

Den gerichtlichen Weisungen der Hauptverhandlung vom 6. Juli 2016 komme ich nach und nehme sie sehr ernst. Gespräche mit der Bewährungshilfe von Neustart Steyr finden meist in zwei wöchentlichen Abständen statt. Die Weisung die Männerberatung in Steyr aufzusuchen wird ebenfalls von mir wahrgenommen und umgesetzt.

Ich bin gerne bereit auch noch – wenn notwendig und sinnvoll – weitere Auflagen umzusetzen wenn ich dadurch meine Lenkberechtigung und somit auch meinen Arbeitsplatz behalten kann.

 

Auch mit einer Probezeitverlängerung der Lenkberechtigung bin ich einverstanden.

 

Ich schaffe es laufend meine Situation zu verbessern und zu stabilisieren. Meine Arbeit ist in diesem Prozess ein sehr wichtiger Teil und hat mir auch geholfen mein soziales Umfeld zu verändern. Seit August 2016 bin ich sogar wieder als Fußballspieler in einem Verein (G) aktiv.

 

Ich bitte Sie mir die Lenkerberechtigung nicht zu entziehen. Gerne bin ich bereit auch Ihnen die Weisungsnachweise über Männerberatung und Bewährungshilfe regelmäßig vorzulegen.“

 

III.a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich somit die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich, welches durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Vorstrafenregister des Bf. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von keiner der Verfahrensparteien beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich aus dem Verwaltungsakt ergibt, war die Durchführung einer solchen auch im Sinne des § 24 Abs 1 VwGVG nicht erforderlich bzw durch die mündliche Erörterung im Sinne des Abs 4 leg cit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten. Dass der Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 GRC entgegenstünde, vermag ebenfalls nicht erkannt zu werden.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem, unstrittigem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist im Besitz einer von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf am 11.8.2015 unter der Zahl 142137xx ausgestellten Lenkberechtigung für die Klassen AM und B und befindet sich noch in der Probezeit.

 

Mit Urteil des LG Steyr vom 6.7.2016, Zl 15 Hv 42/16k 164, wurde (ua) über den Bf wie folgt abgesprochen:

„E E, E A, M A, C B S, F A und A C sind schuldig, sie haben

 

I. im Zeitraum September 2015 bis 21.11.2015 an nachgenannten Orten teils als Beteiligte (§ 12 StGB) in nachstehendem Zusammenwirken nachstehenden Geschädigten fremde bewegliche Sachen in einem hinsichtlich E E, M A, C B S und F A insgesamt EUR 5.000,-übersteigenden Wert großteils durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei es teils beim Versuch geblieben sei und E E, E A, M A, C B S, F A und A C, nachdem sie bereits zwei solche Taten begangen hatten, in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von (Einbruchs)Diebstählen eine längere Zeit hindurch eine nicht bloß geringfügige Einnahme zu verschaffen, und zwar

1. E E, E A, M A und F A in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken

a) im September 2015 in N Berechtigten der Kinderfreunde N eine Flasche Whisky „Jack Daniels" im Wert von EUR 25,- durch Aufdrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch;

b) im September 2015 in S in zwei Angriffen Berechtigten der Pizzeria A Getränke im Wert von insgesamt zumindest EUR 20,— durch Aufdrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch;

c) in der Zeit von 02. bis 03.10.2015 in N Berechtigten des Stockschützenvereins N geeignetes Diebsgut durch Aufdrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch, wobei es beim Versuch geblieben sei;

d) in der Zeit von 02. bis 03.10.2015 in N Berechtigten des ATSV N eine Handkassa unbekannten Wertes samt darin befindlichem Bargeld im Wert von EUR 603,18 sowie vier Packungen Zigaretten unbekannten Wertes durch Einsteigen in das Objekt, sohin durch Einbruch;

e) am 06.10.2015 in A Berechtigten des FC A fünf Packungen Zigaretten im Wert von EUR 40,-, 1 Packung Zigarillos im Wert von EUR 5,-, Bargeld im Wert von EUR 12,-, zwei Paar Fußballschuhe unbekannten Wertes, Süßigkeiten im Wert von EUR 15,- und zwei Fußbälle im Wert von EUR 280,- durch Einsteigen durch ein Fenster, sohin durch Einbruch;

f) in der Zeit von 12. bis 13.10.2015 in D Berechtigten der UNION D Bargeld im Wert von EUR 120,- durch Aufdrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch;

2. E E, M A, F A und C B

S in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken

a) am 21.11.2015 in A Berechtigen der Fa. G P GesmbH einen Tresor unbekannten Wertes samt darin befindlichen Geldtaschen und Bargeld im Wert von EUR 105,- durch Einschlagen eines Fensters, sohin durch Einbruch;

b) in der Zeit von 27. bis 29.05.2015 in W in zwei Angriffen Berechtigten der Fa. L F GmbH zumindest Aluminiumblöcke im Wert von EUR 744,-;

c) in der Zeit von 15. bis 31.01.2015 in N Berechtigten der Fa. A Immobilien GmbH Aluminiumbleche, Profile und Eisenplatten im Wert von zumindest EUR 100,-;

d) im Februar 2015 in N Berechtigten der Fa. E-T Kupferkabel unbekannten Wertes;

3. E E, M A und F A in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken

a) in der Zeit von 18. bis 19.10.2015 in B Berechtigten des Lokals „R" bzw. der Fa. D GmbH & Co KG Bargeld im Wert von EUR 762,60 durch Einsteigen in das Objekt durch ein Fenster und Aufbrechen eines Automaten, sohin durch Einbruch;

b) am 21.10.2015 in N Berechtigen des Gemeindekindergartens L geeignetes Diebsgut durch Aufbrechen einer Tür, sohin durch Einbruch, wobei es beim Versuch geblieben sei

c) am 27.10.2015 Berechtigen des Lokals „C" in B geeignetes Diebsgut durch Aufbrechen eines Fensters, sohin durch Einbruch, wobei es beim Versuch geblieben sei;

d) am 04.11.2015 in S Berechtigen des Lokals „S" geeignetes Diebsgut durch Aufbrechen eines Fensters, sohin durch Einbruch, wobei es beim Versuch geblieben sei;

e) am 17.11.2015 in R Berechtigten der Imbissbude „T" geeignetes Diebsgut durch Eindrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch, wobei es beim Versuch geblieben sei;

4. E A, M A und F A in bewusstem und

gewolltem Zusammenwirken

a) in der Zeit von 08. bis 09.10.2015 in B Berechtigten der Union V G B Süßigkeiten im Wert von EUR 30,- durch Aufdrücken eines Fensters, sohin durch Einbruch;

b) am 13.10.2015 in B Berechtigten des Lokals „C" eine Handkassa im Wert von EUR 40,- samt Bargeld im Wert von EUR 300,- durch Aufbrechen eines Fensters, sohin durch Einbruch;

c) am 13.10.2015 in B Berechtigten des Lokals „R" Bargeld im Wert von EUR 170,- und einen Schlüsselbund unbekannten Wertes sowie Bargeld im Wert von EUR 30,- zum Nachteil der Terminal Wettbüro GmbH durch Einsteigen in das Objekt und Aufbrechen einer Lade sowie zweier Spielautomaten, sohin durch Einbruch;

d) in der Zeit von 15. bis 16.10.2015 in W Berechtigten des ASKÖ SV Tennis alkoholische Getränke im Wert von EUR 80,- durch Aushebeln einer Tür, sohin durch Einbruch;

e) in der Zeit von 15. bis 16.10.2015 in W Berechtigten der Union W Bargeld im Wert von EUR 360,— sowie zwei Stangen Zigaretten im Wert von EUR 94,— durch Aufdrücken einer Tür, sohin durch Einbruch;

f) in der Zeit von 18. bis 19.10.2015 in B Berechtigten der Union G V B Süßigkeiten unbekannten Wertes durch Aufbrechen eines Fensters, sohin durch Einbruch;

5. …

7. E E und M AI in bewusstem und gewolltem

Zusammenwirken teils mit dem abgesondert verfolgten R K

a) in der Zeit von 12.02.2015 bis 16.02.2015 in B Berechtigten der Fa. B 30 Kupferplatten im Wert von EUR 10.200,- sowie 10 Kupferplatten im Wert von EUR 1.700,-;

b) am 23.02.2015 in S Berechtigten der Fa. AB M GmbH 12 Aluminiumplatten im Wert von zumindest EUR 150,— wobei es infolge Betretung durch die Polizei beim Versuch geblieben sei;

c) am 23.02.2015 in N Berechtigten der Fa. P M GesmbH 7 Aluminiumblöcke im Wert von EUR 250,—;

d) in der Zeit von Jänner 2015 bis 22.02.2015 in N Berechtigen der Fa. P M GesmbH ca. 300 bis 400 kg Aluminiumblöcke und Niro im Wert von insgesamt zumindest EUR 500,—;

e) in der Zeit von Jänner 2015 bis 22.02.2015 in S Berechtigen der Fa. AB M GmbH ca. 40 bis 50 Alu- und NIRO-Platten im Wert von insgesamt zumindest EUR 500,-;

f) in der Zeit von Jänner 2015 und 22.02.2015 in N Berechtigten der Fa. E-T GesmbH & Co KG zwei Rollen Kupferkabel unbekannten Wertes;

g) in der Zeit von Jänner 2015 bis 22.02.2015 in S Berechtigten der Fa. K J GesmbH gebrauchte Wasserhähne und Armaturen im Wert von insgesamt zumindest EUR 300,-;

h) in der Zeit von 01.11. bis 31.12.2014 in N Berechtigten der P

M GmbH Aluminiumblöcke im Wert von zumindest EUR 531,-;

i) im Frühjahr 2015 in W in zwei oder drei Angriffen Berechtigten der Fa.

L Formenbau GmbH Aluminiumblöcke und -platten bislang unbekannten Wertes;

8. …

 

II. …

 

M A hat hiedurch das Verbrechen des teils versuchten, teils vollendeten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür unter Anwendung des § 19 Abs 1 iVm § 5 Z 4 JGG unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom 26.1.2016, 10 Hv31/15d gemäß §§ 31, 40 StGB nach dem Strafsatz des § 130 Abs 2 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 16 (sechzehn) Monaten sowie zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens gemäß § 389 Abs 1 StPO verurteilt.

 

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Gemäß § 38 Abs 1 Z 1 StGB wird die erlittene Vorhaft von 23.11.2015, 19.30 Uhr, bis 25.11.2015, 14.49 Uhr, auf die verhängte Freiheitsstrafe angerechnet.

Gemäß §§ 50 iVm 51 StGB ergeht die Weisung, der Angeklagte hat für die Dauer der Probezeit eine Männerberatung in Anspruch zu nehmen und den Beginn binnen 2 Monaten nach Rechtskraft des Urteils sowie die Fortsetzung der Therapie dem Gericht unaufgefordert vierteljährlich nachzuweisen.

 

Gemäß §§ 50 iVm 52 StGB wird für den Angeklagten für die Dauer der Probezeit Bewährungshilfe angeordnet.“

 

Der Bf arbeitet über eine Leasingfirma als Hilfsarbeiter bei der Firma G in Kremsmünster in der um 22 Uhr beginnenden dritten Schicht.

 

IV. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten idgF auszugsweise:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die: ...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7), ...

 

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. …

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. …

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand: ...

10. eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat; ...

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist. …

 

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder …

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. …

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. …

 

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. …

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. …

 

Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer von ausländischen Lenkberechtigungen und Führerscheinen

§ 30. (1) …

(2) Einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, hat die Behörde die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. …“

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oö hat erwogen:

 

a) Dem Bf wurde der die Entziehung bewirkende Bescheid am 3.10.2016 zugestellt und damit – einer allfälligen Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt – der Entzug zu genanntem Datum wirksam. Dass die belangte Behörde im Spruch einen Entzug in der Dauer von 15 Monaten anordnet, bei dem in Folge genannten Entzugszeitraum jedoch eine Dauer des Entzugs für 17 Monate festlegt (22.11.2015 bis 22.4.2017) und damit der Spruch Widersprüche enthält, vermag vor dem Hintergrund, als sich der Entzug an sich, wie zu zeigen sein wird, als rechtswidrig erweist, für die Rechtsmittelentscheidung außer Betracht zu bleiben.

 

b) Die Basis für den Entzug der in Rede stehenden Lenkberechtigungen des Bf und die weitere Maßnahme nach dem FSG bildet die Verurteilung des Bf durch das LG Steyr wegen des Verbrechens des teils versuchtem, teil vollendetem schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 Abs 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten.

 

Voraussetzung für den Entzug der Lenkberechtigung ist zunächst, dass der Bf eine „bestimmte Tatsache“ im Sinne des § 7 Abs 3 FSG verwirklicht hat. Ausführungen hierzu finden sich im angefochtenen Bescheid nicht und lässt sich auch aus den abgedruckten Rechtsvorschriften (§ 7 Abs 3 Z 8 – 11 FSG) diesbezüglich nichts ableiten.

 

In diesem Zusammenhang ist daher zunächst festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung in Ansehung der bloß demonstrativen Aufzählung der Tatbestände in § 7 Abs 3 FSG (arg „insbesondere“) und unter Bedachtnahme darauf, dass von den Diebstählen nur der räuberische Diebstahl gemäß § 131 StGB in § 7 Abs 3 Z 10 FSG genannt ist, die Auffassung vertritt, dass auch andere besondere Diebstähle, insbesondere wiederholte Einbruchsdiebstähle, dem in der zuletzt zitterten Norm genannten räuberischen Diebstahl an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleichgehalten werden und daher eine „bestimmte Tatsache“ darstellen können. Bejaht wurde das Vorliegen einer „bestimmten Tatsache“ vom Höchstgericht durchwegs in Fällen, die als Verbrechen qualifiziert waren (vgl VwGH 14.3.2000, 99/11/0355; 23.4.2002, 2002/11/0019). Ein „bloßes“ Vergehen des (schweren) Diebstahls ist hingegen gegenüber einem der in § 7 Abs 3 Z 10 FSG genannten Delikte nicht als gleichwertig anzusehen (vgl VwGH 13.8.2002, 2002/11/0058).

 

Da der Bf wegen des Verbrechens des teils versuchtem, teils vollendetem schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch verurteilt wurde, ist vor Hintergrund der zitierten Judikatur vom Vorliegen einer „bestimmten Tatsache“ im Sinne des § 7 Abs 3 Z 10 FSG auszugehen.

 

c) Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs 1 Z 2 FSG genügt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach jedoch nicht schon das Vorliegen einer bestimmten Tatsache, sondern es muss auf Grund der gemäß § 7 Abs 4 FSG vorzunehmenden Wertung anzunehmen sein, der Betreffende werde sich wegen seiner Sinnesart weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden (vgl etwa VwSlg 15.059 A/1998).

 

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass dem Bf die Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten vom Strafgericht zur Gänze bedingt nachgesehen wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner mittlerweile ständigen Judikatur wiederholt hervorgehoben, dass eine bedingte Strafnachsicht nach § 43 Abs 1 StGB zwar für sich allein noch nicht zwingend dazu führe, dass der Betreffende bereits als verkehrszuverlässig anzusehen wäre, weil sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht zur Gänze mit jenen decken, die für das Strafgericht für die bedingte Strafnachsicht nach dem StGB von Bedeutung sind, dass aber nach diesen Bestimmungen des StGB die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen wären und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könne, welche für die in § 7 Abs 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können (vgl VwGH 21.11.2006, 2005/11/0168; 14.5.2009, 2009/11/0048; 23.11.2011, 2009/11/0263).

 

Im ggst Fall hat das Strafgericht im Urteilszeitpunkt (6.7.2016), wie die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe zeigt, ungeachtet des bis in den November 2015 andauernden strafbaren Verhaltens des Bf die Auffassung vertreten, dass die bloße Androhung der Vollziehung der Strafe allein genügen werde, den Bf von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Das Strafgericht hat demnach angenommen, beim Bf bestehe angesichts der Androhung der Vollziehung der Strafe keine Wiederholungsgefahr.

 

Dafür, dass es entgegen dieser Einschätzung besondere Umstände gäbe, die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die Annahme gerechtfertigt hätten, dass sich der Bf wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, "sonstiger schwerer Handlungen schuldig machen" werde (§ 7 Abs 1 Z 2 FSG), weshalb etwa zehn Monate nach Beendigung des strafbaren Verhaltens noch von einer Verkehrsunzuverlässigkeit für (mindestens) weitere drei Monate (vgl dazu VwGH 23.4.2002, 2001/11/0149; 17.10.2006, 2006/11/0120; 26.1.2010, 2009/11/0207) auszugehen wäre, gibt es nach der Aktenlage keinen Hinweis.

 

In diesem Zusammenhang darf auch nicht völlig außer Betracht bleiben, dass der Bf bis dato nicht wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten ist und sich somit seit der Anlasstat wohlverhalten hat. Er geht zudem einer Beschäftigung nach; mit dem damit einhergehenden Einkommen dürfte wohl auch ein Motiv für wiederholte Taten wegfallen.

 

Vor diesem Hintergrund ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Auffassung, dass im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des angefochtenen Bescheides nicht mehr von einer länger als dreimonatigen Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf ausgegangen werden konnte, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben ist.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da es sich bei der Frage, wie lange der Bf aufgrund der konkret von ihm verwirklichten Straftat verkehrsunzuverlässig sein dürfte, um eine nicht zur Verallgemeinerung geeignete Einzelfallprognose handelt, und die Entscheidung sich im Übrigen auf die zitierte, soweit ersichtlich einheitliche höchstgerichtliche Rechtsprechung stützt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer