LVwG-301262/6/Kl/SH
Linz, 31.10.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Mag. R.G., x, Z., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. August 2016, GZ: Pol96-406-2016/Gr, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Gleichbehandlungsgesetz – GlBG folgenden
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. August 2016, GZ: Pol96-406-2016/Gr, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 10 Abs. 3 Z 1 Gleichbehandlungsgesetz 2004 idgF eine Ermahnung erteilt. Es wurde ihm vorgeworfen, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH mit Sitz in T., x, gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten hat, dass diese Firma zumindest am x auf der Internetseite x ein Stelleninserat mit dem Wortlaut „KFZ-Techniker...abgeschlossener Zivil- bzw. Präsenzdienst“ geschaltet und dadurch Arbeitsplätze nur für Männer ausgeschrieben hat, obwohl ein Arbeitsplatz weder öffentlich noch innerhalb des Betriebes nur für Männer oder nur für Frauen ausgeschrieben werden darf.
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und darin die ersatzlose Aufhebung des Bescheides und Einstellung des Verfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Geschäftsführer der P. GmbH aus ihrer Mitte Herrn Dipl.-Ing. S.G. als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz bestellt haben. Die Bestellung samt Zustimmung wurde in Kopie beigeschlossen. Die Bestellung von Herrn Dipl.-Ing. S.G. als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz bewirkt eine Entpflichtung der übrigen Geschäftsführer. Es hat daher der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung schon aus diesem Grund keinesfalls zu vertreten. Es ist daher aus diesem Grund das Verfahren einzustellen. Im Übrigen wurde die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, insbesondere wurde das Recht auf rechtliches Gehör verletzt, da keine Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt wurde. Inhaltlich ist der Vorwurf falsch und unberechtigt, zumal im Stelleninserat „KFZ-Techniker (m/w)“ ausgeschrieben wurde und somit selbstverständlich und klar erkennbar ist, dass die Stellenausschreibung sowohl an Männer als auch an Frauen adressiert ist. Dies ist auch in der Überschrift mit „(m/w)“ hervorgehoben. Auch kann es vorkommen, dass Männer untauglich sind oder aus sonstigen Gründen keine Verpflichtung zur Ableistung von Präsenz- oder Zivildienst haben. Solche Männer sind durch die Stellenanzeige auch nicht ausgeschlossen. Auch können nach geltender Rechtslage Frauen einen Ausbildungsdienst beim Bundesheer leisten. Die Wortfolge „abgeschlossener Präsenzdienst“ kann somit auch auf Frauen zutreffen bzw. können auch Männer von dieser Formulierung nicht betroffen sein. Es ist daher völlig unverständlich und gibt keinerlei Anhaltspunkte, aus dieser Wortfolge abzuleiten, dass der Arbeitsplatz nur für Männer (oder nur für Frauen) ausgeschrieben sei. Es liegt daher keine Rechtswidrigkeit vor.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat die G, am Verfahren beteiligt. In der Stellungnahme vom 14. Oktober 2016 wurde ausgeführt, dass im Jahr 2000 die Gleichbehandlungskommission ein Gutachten zum Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung erstellt hat. Dieses Gutachten bezieht sich zwar auf das Gleichbehandlungsgesetz BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 44/1998, die Bestimmung zum Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung hat sich jedoch seitdem nicht geändert. Die Erstellung des Gutachtens verfolgte den Zweck, anhand konkreter Beispiele aus der Praxis der Stellenausschreibung klar zu stellen, inwiefern sprachliche „Ausweichmanöver“ gegen das Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung verstoßen und was im Interesse der Chancengleichheit von Frauen und Männern bei der Textierung und Gestaltung von Stelleninseraten zu beachten ist. Im Gutachten der Gleichbehandlungskommission wird festgehalten: „Inserate sind unmissverständlich an Frauen und Männer zu richten, um dem Ziel des Gebotes der sprachlichen Gleichbehandlung zu entsprechen. Stellenausschreibungen in Form der expliziten Erwähnung beider Geschlechter sind der direkteste und effizienteste Weg zur Gesetzeskonformität (oftmals bieten sich dafür verschiedene Alternativen an, wie z.B. Manager/ Managerin, BuchhalterIn, Direktor/in, etc.). Formulierungen, mit denen die Berufsbezeichnungen umschrieben werden, wie z.B.: „Assistenz Geschäftsführung“, „Marketing-Key Account Management“ verwirklichen das Ziel nicht im gleichen Ausmaß.
Die L. GmbH argumentiert, dass durch die Berufsbezeichnung „Bautechniker (m/w)“ in der Überschrift „die Stellenausschreibung somit selbstverständlich und klar erkennbar sowohl an Männer als auch an Frauen adressiert war.“
Die P. GmbH schließt sich dieser Argumentation hinsichtlich der Stellenausschreibung betreffend „KFZ-Techniker (m/w)“ vollinhaltlich und wortgleich an.
Der Zusatz (m/w) in Stelleninseraten ist als Grenzfall anzusehen. Aus diesem Grund ist in der Broschüre der Gleichbehandlungsanwaltschaft "Geschlechtergerechte Stellenausschreibung" (S. 37) auch festgehalten: „Fremdsprachige Berufsbezeichnungen“, für die es im Deutschen keine entsprechende weibliche Form gibt (z.B. Patissier, Discjockey, Senior Trader) bedürfen der Klarstellung, dass sowohl Frauen als auch Männer angesprochen werden, etwa durch die Beifügung von m/w.
Hinsichtlich zusätzlicher Anmerkungen, die auf ein bestimmtes Geschlecht schließen lassen, wurde unter Zitierung des § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 1 Wehrgesetz 2001 auf das Gutachten der Gleichbehandlungskommission hingewiesen, wonach der Hinweis auf den absolvierten Präsenzdienst als Anstellungserfordernis den Kreis der Bewerberinnen im Hinblick auf die Wehrpflicht in unzulässiger Weise auf das männliche Geschlecht einschränkt.
Es wurde nochmals auf das Ziel der Bestimmung des § 9 Abs. 1 GlBG hingewiesen, Möglichkeiten für Frauen und Männer offenzuhalten, ohne Einschränkungen durch Stereotype zuzulassen. Der Blick soll auf die Tätigkeit, nicht auf das Geschlecht gelenkt werden. Es ist auch im Interesse jedes Unternehmens, die jeweils qualifizierteste Person für die ausgeschriebene Stelle zu finden.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG.
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerde wurde eine „Vereinbarung über die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG aus dem Kreis der zur Vertretung nach außen Berufenen für die P. GmbH“ angeschlossen. Diese Vereinbarung lautet:
5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:
5.1. Gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz – VStG, welcher gemäß § 38 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren anzuwenden ist, ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist (Abs. 1).
Gemäß § 9 Abs. 2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Gemäß § 9 Abs. 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.
5.2. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG. Entsprechend der vorgelegten Urkunde vom 04.07.2016 wurde an den ebenfalls als handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellten Dipl.-Ing. S.G. die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit für das gesamte Unternehmen und die Einhaltung sämtlicher Verwaltungsvorschriften übertragen. Der zum verantwortlichen Beauftragten Bestellte ist ebenfalls als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P. GmbH eingetragen. Es ist daher eine Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten für das gesamte Unternehmen gemäß § 9 Abs. 2 VStG zulässig und hat dieser Bestellte ausdrücklich in der Urkunde seiner Bestellung gemäß § 9 Abs. 4 VStG zugestimmt. Auch kommt ihm als handelsrechtlicher Geschäftsführer die erforderliche volle Anordnungsbefugnis zu. Es sind daher sämtliche Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 und 4 VStG für die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erfüllt. Mit der Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten und nachweislichen Zustimmung zur Bestellung ist die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf den bestellten Dipl.-Ing. S.G. übergegangen.
Den Beschwerdeführer trifft daher für eine Tatbegehung am x keine verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung mehr, weshalb der angefochtene Bescheid aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen war.
6. Da die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde muss durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.
Gegen diesen Beschluss steht der belangten Behörde innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen. Diese ist beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt