LVwG-700192/2/BP/SA
Linz, 20.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des F K,
geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 29. August 2016, GZ: Sich96-65-2016, wegen einer Übertretung nach dem Versammlungsgesetz,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG iVm. § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz, BGBl. Nr. 98/1953, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. I 161/2013, – VersG wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als im Spruch des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „als Teilnehmer“ durch die Wortfolge „als Anwesender bei“ ersetzt wird. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 10 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
29. August 2016, GZ. Sich96-65-2016, wurde über den Beschwerdeführer
(in der Folge: Bf) gemäß § 19 Versammlungsgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden verhängt.
Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:
In ihrer Begründung führt die belangte Behörde ua. Folgendes aus:
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, rechtzeitig eingebrachte Beschwerde des Bf vom 4. Oktober 2016, worin er wie folgt ausführt:
3. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Freistadt den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, da im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststand und auch vom Bf materiell nicht in Frage gestellt wird und im Übrigen kein darauf gerichtetes Parteienvorbringen besteht (vgl. § 44 Abs. 3 VwGVG).
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:
Nach der Teilnahme an einer angemeldeten Versammlung gegen den B am 6. Februar 2016 war der Bf im Bereich der Häuser L.straße 39 – 44 , L anwesend, als dort um 19.26 Uhr eine nicht angemeldete Sitzblockade von der Landespolizeidirektion Oberösterreich aufgelöst wurde. Diese Auflösung fand mittels mehrfacher Aufforderung und auch Lautsprecherdurchsagen statt. Bis 19.42 Uhr wäre es dem Bf möglich gewesen die Örtlichkeit zu verlassen, ohne einer Identitätskontrolle unterzogen worden zu sein. Der Bf wurde jedoch im Rahmen der Personenfeststellungen noch an der Örtlichkeit angetroffen.
II.
Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt nach der Aktenlage klar feststellbar war, erübrigt sich eine weiterführende Beweiswürdigung. Es ist anzumerken, dass es – wie nachfolgend zu ersehen sein wird – nicht darauf ankommt, ob der Bf an der unangemeldeten Sitzblockade teilgenommen hatte oder als quasi „Schaulustiger“ bloß anwesend war. Diese Anwesenheit aber bestreitet er selbst nicht. Die Frage der Beteiligung kann sohin dahingestellt bleiben.
III.
1. Gemäß § 14 Abs. 1 Versammlungsgesetz, BGBl. Nr. 98/1953, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. I 161/2013, – VersG, sind alle Anwesenden einer für aufgelöst erklärten Versammlung verpflichtet, den Versammlungsort sogleich zu verlassen und auseinander zu gehen.
Gemäß § 19 Abs. VersG sind Übertretungen dieses Gesetzes, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.
2.1. Hinsichtlich des Vorliegens der objektiven Tatseite weist § 14 Abs. 1 VersG im Wesentlichen lediglich zwei Tatbestandselemente auf. Zum Einen muss eine Versammlung aufgelöst worden sein, zum Anderen müssen anwesende Personen die Örtlichkeit verlassen und auseinander gehen. Zu betonen ist hier, dass § 14 ABs. 1 VersG nicht nur die Teilnehmer einer aufgelösten Versammlung dem Gebot die Örtlichkeit zu verlassen unterzieht, sondern dieses – wohl aus Praktikabilitätsgründen – auf sämtliche Anwesende erstreckt.
2.2. Im vorliegenden Fall ist nun unbestritten, dass anlässlich des B am 6. Februar eine angemeldete Kundgebung stattfand und dass sich in zeitlicher Folge auch eine Sitzblockade formierte, die nicht angemeldet bzw. behördlich genehmigt war. Um 19.26 Uhr sah sich die Einsatzleitung der LPD Oö. dazu veranlasst diese Versammlung aufzulösen. Diese Auflösung erfolgte ua. durch Lautsprecherdurchsagen – waren also klar vernehmlich.
Weiters ist festzuhalten, dass der Bf zuvor an der angemeldeten Kundmachung gegen den Burschenball – auch nach eigenen Angaben – teilgenommen hatte. Es würde jeder Lebenserfahrung widersprechen, wenn man von einer zufälligen Anwesenheit des Bf an der Örtlichkeit der Sitzblockade ausgehen wollte, gleich ob er selbst einer der Demonstranten war oder nur als spectator präsent war. Faktum ist, dass er um 19.42 Uhr die Örtlichkeit noch immer nicht verlassen hatte, obwohl dies geboten gewesen wäre. Wenn er nun einwendet, er habe den betreffenden abgesperrten Raum nicht mehr verlassen können, zumal jener durch Polizeiorgane abgeriegelt gewesen sei, so ist zu bemerken, dass dies ab 19.42 sicher der Fall gewesen sein wird, da diese Maßnahme ja darauf abzielte Identitätsfeststellungen bei den Personen vorzunehmen, die dem Gebot des Auseinandergehens keine oder nicht rechtzeitig Folge geleistet hatten.
2.3. Im Ergebnis bedeutet dies aber, dass der Bf durch sein Verhalten klar die objektive Tatseite der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung erfüllt.
3.1. § 14 Abs. 1 VersG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
3.2. Der Bf ließ jedenfalls die auch ihm gebotene Besonnenheit vermissen. Er hätte sich dessen bewusst sein müssen, dass er durch sein Verhalten - des nicht Verlassens der Örtlichkeit - eine Verwaltungsübertretung herbeiführt. Im Verfahren hat er zudem keine anerkennenswürdigen Umstände geltend gemacht, die sein Verhalten entschuldigen könnten. Der Einwand, er habe von der Untersagung der Sitzblockade und dem Gebot des Verlassens der Örtlichkeit keine Kenntnis erlangt, ist nicht nur angesichts des Umstandes, dass die Untersagung auch mittels Lautsprecherdurchsagen erfolgte, aber auch durch die bloße nicht unbedeutende Präsenz der Exekutive zu diesem Zeitpunkt wenig nachvollziehbar, sondern extendiert dies bis zur Grenze der Dreistigkeit.
3.3. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Bf auch die subjektive Tatseite erfüllt, wobei zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen ist.
4.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.
4.2. Im vorliegenden Fall wendet sich der Bf gegen die Höhe der verhängten Geld- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe. Es sei angemerkt, dass das LVwG Oberösterreich keinen Anlass fand, die Strafbemessung zu bemängeln. Die als Geldstrafe verhängten 50 Euro stellen knapp ein Fünfzehntel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens dar. Die knappen Einkommens- bzw. Vermögensverhältnisse des Bf fanden offenkundig durchaus Berücksichtigung.
4.3. Es konnte im vorliegenden Fall kein Aspekt erkannt werden, weshalb § 45 Abs. 1 Z. 4 VStG in Anwendung zu bringen gewesen wäre, da sowohl das Verschulden des Bf als auch die Folgen der Tat für das geschützte Rechtsgut – die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung – nicht als unbedeutend bzw. geringfügig zu qualifizieren sind.
5. Es war daher im Ergebnis die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses die Wortfolge „als Teilnehmer“ durch die Wortfolge „als Anwesender bei“ ersetzt wird.
6.1. Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Beitrag für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.
6.2. In diesem Sinn war dem Bf ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht in Höhe von 10 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei:
Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.
Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Bernhard Pree