LVwG-301104/9/KLi/Gru
Linz, 06.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 18. Mai 2016 des A.S., geb. x, x, W., D., vertreten durch Dr. M.B., Rechtsanwalt, x, S., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 26. April 2016, GZ: SanRB96-75-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als im Hinblick auf Spruchpunkt a) von der Verhängung einer Strafe abgesehen und dem Beschwerdeführer eine Ermahnung gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erteilt wird; sowie im Hinblick auf Spruchpunkt b) das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wird.
II. Der Beschwerdeführer hat weder einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde noch zum Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 26.4.2016, GZ: SanRB96-75-2015, wurden dem Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) Übertretungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes wie folgt vorgeworfen:
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf eine Geldstrafe von 3.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1.008 Stunden gem. § 7i Abs. 1 AVRAG verhängt. Ferner wurde er verpflichtet einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 300 Euro zu zahlen.
§ 7b. (1) Ein/e Arbeitnehmer/in, der/die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, hat unbeschadet des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Rechts für die Dauer der Entsendung zwingend Anspruch auf
1. | zumindest jenes gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen von vergleichbaren Arbeitgebern/Arbeitgeberinnen gebührt (ausgenommen Beiträge nach § 6 BMSVG und Beiträge oder Prämien nach dem BPG); |
2. | bezahlten Urlaub nach § 2 Urlaubsgesetz, sofern das Urlaubsausmaß nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates geringer ist; nach Beendigung der Entsendung behält dieser/diese Arbeitnehmer/in den der Dauer der Entsendung entsprechenden aliquoten Teil der Differenz zwischen dem nach österreichischem Recht höheren Urlaubsanspruch und dem Urlaubsanspruch, der ihm/ihr nach den Rechtsvorschriften des Heimatstaates zusteht; ausgenommen von dieser Urlaubsregelung sind Arbeitnehmer/innen, für die die Urlaubsregelung des BUAG gilt; |
3. | die Einhaltung der kollektivvertraglich festgelegten Arbeitszeitregelungen; |
4. | die Bereithaltung der Aufzeichnung im Sinne der Richtlinie des Rates über die Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen (91/533/EWG) in Österreich durch den Arbeitgeber oder den mit der Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers gegenüber den entsandten Arbeitnehmern Beauftragten. |
Ein/e Beschäftiger/in mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich gilt hinsichtlich der an ihn/sie überlassenen Arbeitskräfte, die zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, in Bezug auf die Abs. 3 bis 5 und 8, § 7d Abs. 1, § 7f Abs. 1 Z 3 sowie § 7i Abs. 1 und Abs. 4 Z 1 als Arbeitgeber/in. Sieht das nach Abs. 1 Z 1 anzuwendende Gesetz, der Kollektivvertrag oder die Verordnung Sonderzahlungen vor, hat der/die Arbeitgeber/in diese dem/der Arbeitnehmer/in aliquot für die jeweilige Lohnzahlungsperiode zusätzlich zum laufenden Entgelt (Fälligkeit) zu leisten. |
[...]
(3) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben die Beschäftigung von Arbeitnehmer/innen, die zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden, spätestens eine Woche vor der jeweiligen Arbeitsaufnahme der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen zu melden und dem/der im Abs. 1 Z 4 bezeichneten Beauftragten, sofern nur ein/e Arbeitnehmer/in entsandt wird, diesem/dieser, die Meldung in Abschrift auszuhändigen oder in elektronischer Form zur Verfügung zu stellen. Die Meldung hat ausschließlich automationsunterstützt über die elektronischen Formulare des Bundesministeriums für Finanzen zu erfolgen. In Katastrophenfällen, bei unaufschiebbaren Arbeiten und bei kurzfristig zu erledigenden Aufträgen ist die Meldung unverzüglich vor Arbeitsaufnahme zu erstatten. Die Zentrale Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen hat die Meldung an den zuständigen Krankenversicherungsträger (§§ 26 und 30 ASVG), und sofern es sich um Bautätigkeiten handelt, der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse elektronisch zu übermitteln.
[...]
(5) Arbeitgeber/innen im Sinne des Abs. 1 haben, sofern für den/die entsandten Arbeitnehmer/innen in Österreich keine Sozialversicherungspflicht besteht, Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin zur Sozialversicherung (Sozialversicherungsdokument E 101 nach der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, Sozialversicherungsdokument A 1 nach der Verordnung (EG) Nr. 883/04) sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Abs. 3 und 4 am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereitzuhalten oder diese den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse unmittelbar vor Ort in elektronischer Form zugänglich zu machen. Sofern für die Beschäftigung der entsandten Arbeitnehmer/innen im Sitzstaat des/der Arbeitgebers/Arbeitgeberin eine behördliche Genehmigung erforderlich ist, ist auch die Genehmigung bereitzuhalten. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die erforderlichen Unterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten oder in elektronischer Form zugänglich zu machen. Ist die Bereithaltung oder Zugänglichmachung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Verlangen nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis einschließlich des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
[...]
(8) Wer als Arbeitgeber/in im Sinne des Abs. 1
1. | die Meldung oder die Meldung über nachträgliche Änderungen bei den Angaben (Änderungsmeldung) entgegen Abs. 3 nicht, nicht rechtzeitig oder nicht vollständig erstattet oder |
2. | in der Meldung oder Änderungsmeldung nach Abs. 3 wissentlich unrichtige Angaben erstattet oder |
3. | die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 nicht bereithält oder den Organen der Abgabebehörden oder der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vor Ort nicht unmittelbar zugänglich macht oder |
4. | die erforderlichen Unterlagen entgegen Abs. 5 oder § 7h Abs. 2 nicht übermittelt, |
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Bei grenzüberschreitender Entsendung gilt die Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Arbeits(Einsatz)ort der nach Österreich entsandten Arbeitnehmer/innen liegt, bei wechselnden Arbeits(Einsatz)orten am Ort der Kontrolle. |
(9) Die Abs. 1 bis 8 gelten auch für Arbeitnehmer/innen, die von einem/einer Arbeitgeber/in mit Sitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Erbringung einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt werden.
§ 7d. (1) Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 haben während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.
[...]
§ 7f. (1) Die Organe der Abgabenbehörden sind berechtigt, das Bereithalten der Unterlagen nach §§ 7b Abs. 5 und 7d zu überwachen sowie die zur Kontrolle des dem/der nicht dem ASVG unterliegenden Arbeitnehmer/in unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zustehenden Entgelts im Sinne des § 7i Abs. 5 erforderlichen Erhebungen durchzuführen und
1. | die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer/innen ungehindert zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist, |
2. | von den dort angetroffenen Personen Auskünfte über alle für die Erhebung nach Abs. 1 maßgebenden Tatsachen zu verlangen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um Arbeitgeber/innen oder um Arbeitnehmer/innen handelt, sowie |
3. | in die zur Erhebung erforderlichen Unterlagen (§§ 7b Abs. 5 und 7d) Einsicht zu nehmen, Abschriften dieser Unterlagen anzufertigen und die Übermittlung von Unterlagen zu fordern, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Erfolgt bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten die Kontrolle nicht am ersten Arbeits(Einsatz)ort, sind die Unterlagen der Abgabenbehörde nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktags abzusenden sind. Für die Übermittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen. |
(2) Die Organe der Abgabenbehörden haben die Ergebnisse der Erhebungen nach Abs. 1 dem Kompetenzzentrum LSDB zu übermitteln und auf Ersuchen des Kompetenzzentrums LSDB konkret zu bezeichnende weitere Erhebungen zu übermittelten Erhebungsergebnissen oder Erhebungen auf Grund von begründeten Mitteilungen durch Dritte durchzuführen.
§ 7i. (1) Wer die erforderlichen Unterlagen entgegen § 7d Abs. 1 oder § 7f Abs. 1 Z 3 nicht übermittelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit Geldstrafe von 500 Euro bis 5 000 Euro, im Wiederholungsfall von 1 000 Euro bis 10 000 Euro zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer entgegen § 7g Abs. 2 oder § 7h Abs. 2 die Unterlagen nicht übermittelt.
(2) Wer entgegen § 7f Abs. 1 den Zutritt zu den Betriebsstätten, Betriebsräumen und auswärtigen Arbeitsstätten oder Arbeitsstellen sowie den Aufenthaltsräumen der Arbeitnehmer/innen und das damit verbundene Befahren von Wegen oder die Erteilung von Auskünften verweigert oder die Kontrolle sonst erschwert oder behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.
(2a) Wer die Einsichtnahme in die Unterlagen nach den §§ 7b Abs. 5 und 7d verweigert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist für jede/n Arbeitnehmer/in von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro zu bestrafen.
(3) Ebenso ist nach Abs. 2a zu bestrafen, wer als Arbeitgeber/in entgegen § 7g Abs. 2 die Einsichtnahme in die Unterlagen verweigert.
(4) Wer als
1. | Arbeitgeber/in im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält, oder |
2. | Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, oder |
3. | Beschäftiger/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen nicht bereithält |
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall von 4 000 Euro bis 50 000 Euro zu bestrafen. |
(5) Wer als Arbeitgeber/in einen/e Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest das nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Entgelt unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien, ausgenommen die in § 49 Abs. 3 ASVG angeführten Entgeltbestandteile, zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungszeiträume umfassen, liegt eine einzige Verwaltungsübertretung vor. Auf Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag beruhende Überzahlungen bei den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag gebührenden Entgeltbestandteilen sind auf allfällige Unterentlohnungen im jeweiligen Lohnzahlungszeitraum anzurechnen. Hinsichtlich von Sonderzahlungen für die in § 7g Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Arbeitnehmer/innen liegt eine Verwaltungsübertretung nach dem ersten Satz nur dann vor, wenn der/die Arbeitgeber/in die Sonderzahlungen nicht oder nicht vollständig bis spätestens 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres leistet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeitnehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Wiederholungsfall 2 000 Euro bis 20 000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Wiederholungsfall 4 000 Euro bis 50 000 Euro.
[...]
V.2. Bei der Strafbemessung handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.11.1966, 1846/65) innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Demgemäß obliegt es der Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgeblichen Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung des Ermessensaktes auf eine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwSlg. 8134 A/1971).
V.3. Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe, die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
V.5.1. Im Erkenntnis des VwGH vom 5.5.2014, Ro 2014/03/0052 setzte sich dieser mit der Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG auseinander. Der dortige Revisionswerber begründete die Zulässigkeit seiner Revision damit, dass es noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der seit 1. Juli 2013 geltenden neuen Rechtslage des § 45 Abs. 1 VStG, und zwar insbesondere in Bezug auf § 45 Abs. 1 Z 4 und den letzten Absatz des § 45 Abs. 1 VStG, gebe. Zu prüfen sei die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und inwieweit das Verschulden eines Beschuldigten als gering anzusehen sei.
Der VwGH führte dazu aus, dass mit dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013 § 45 VStG (unter anderem) um den – im gegenständlichen Fall maßgeblichen – Einstellungstatbestand der Z 4 erweitert wurde, wonach von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde – nach dem Schlusssatz des § 45 Abs. 1 VStG – dem Beschuldigten in diesem Fall unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. In den Gesetzesmaterialien (ErlRV 2009 BlgNR 24. GP, 19) wird dazu erläutert, dass mit dem neu formulierten § 45 Abs. 1 VStG insbesondere die bisher in § 21 Abs. 1 VStG enthaltenen Bestimmungen zusammengeführt werden sollen.
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG und der neue Schlusssatz dieses Absatzes entsprächen im Wesentlichen§ 21 Abs. 1 VStG (alte Fassung). Zu der zuletzt genannten Bestimmung, die ein Absehen von der Verhängung einer Strafe (bei allfälliger Ermahnung des Beschuldigten) vorsah, „wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind“, besteht eine gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 21 VStG E 5 ff, und in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 bis 11 und 18 wiedergegebene Judikatur), anhand derer auch die Rechtsfragen, die der vorliegende Fall aufwirft gelöst werden können, sodass es keiner neuen Leitlinien bedarf.
Nichts anderes kann auch im vorliegenden Fall gelten und ist dieser anhand der bisherigen Rechtsprechung zu beurteilen.
V.5.2. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6 ff dazu aus: Für das Vorgehen nach § 21 VStG [nunmehr § 45 Abs. 1 Z 4 VStG] müssen im Wesentlichen zwei Kriterien vorliegen: Das Verschulden des Beschuldigten muss gering sein und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Feststellungen dazu und damit die Basis für die Entscheidung werden sich in aller Regel aus den Erhebungsergebnissen bzw. im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ergeben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).
Unter geringfügigem Verschulden versteht die Rspr solche Fälle, in denen das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Schuld- und Unrechtsgehalt zurückbleibt (zB VwGH 12.9.1986, 86/18/0059; 8.10.1990, 90/19/0483; 18.9.1996, 94/03/0128; 10.12.2001, 2001/10/0049; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92). Durch eine solche Auslegung des § 21 VStG ist gleichzeitig klargestellt, dass die Bestimmungen des § 21 VStG nicht nur im Fall der leichten Fahrlässigkeit angewendet werden können (zB VwGH 5.9.1986, 86/18/0167; 20.9.1995, 93/03/0083; 29.5.1998, 98/02/0050; 14.10.2005, 2004/05/0221). Die Meinung, dass ein geringfügiges Verschulden nur dann vorliegen kann, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, wird von der Rspr abgelehnt (VwGH 29.5.1998, 98/02/0050).
Neben der Voraussetzung des Vorliegens von bloß geringfügigem Verschulden, bei dessen Nichtvorliegen nach der Judikatur des VwGH die zweite Voraussetzung in aller Regel nicht mehr geprüft wird, darf die Verwaltungsübertretung für die Anwendung von § 21 VStG nur unbedeutende Folgen nach sich ziehen. Beide Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (zB VwGH 16.3.1987, 87/10/0024; 19.5.1993, 92/09/0031; 10.12.1996, 96/04/0154; OGH 23.4.1992, 15 Os 19/92; 8.9.1994, 12 Os 109/94).
V.5.3. Im Fall des AuslBG erwähnt Sander in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 6ff nachfolgende Fälle: Bloß geringfügiges Verschulden kann (betreffend Verwaltungsübertretungen nach dem AuslBG) etwa dann vorliegen, wenn nicht eine Umgehungshandlung gesetzt werden sollte, sondern die Tatbestandsmäßigkeit in der Person des Ausländers verkannt wurde (VwGH 19.9.2001, 99/09/0264; 2007.09/0229). Wenn im Ergebnis ein Ausländer fahrlässig ohne die formellen Voraussetzungen nach dem AuslBG beschäftigt wurde, dieser aber materiell die Voraussetzungen für die Verlängerung seines Befreiungsscheines erfüllt hat, sodass die Beschäftigung im Ergebnis nur der gesetzlichen Ordnung widersprach und es für die konkrete Tat daher charakteristisch ist, dass sie in allen für die Strafbarkeit relevanten Gesichtspunkten eklatant hinter den typischen Straftaten nach § 28 AuslBG zurückbleibt, ist von bloß geringem Verschulden auszugehen (VwGH 4.9.2006, 2005/09/0073; 24.5.2007, 2006/09/0086; 18.9.2008, 2007/09/0241).
V.5.4. Sander führt in Raschauer/Wessely, VStG, § 21 Rz 18 ff zum Ausspruch einer Ermahnung aus: Wenn die Behörde gemäß § 45 Abs. 1 vorzugehen hat, kann sie den Beschuldigten mittels Bescheid ermahnen, wenn dies erforderlich ist, um ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten. [...] Die Rspr nimmt an, dass die bescheidmäßige Ermahnung denselben Vorschriften unterliegt, wie die bescheidmäßige Erlassung eines Straferkenntnisses (zB VwGH 22.6.1971, 253/71; 19.11.1974, 799/73; 19.5.1980, 3407/79). Dadurch kann eine bescheidmäßig ausgesprochene Ermahnung auch vor den UVS [nunmehr: LVwG] und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts angefochten werden (zB VwGH 8.2.1988, 87/10(0188). Der Ausspruch einer Ermahnung ist jedoch nur zulässig, wenn die Voraussetzungen hiefür, nämlich die Notwendigkeit, dadurch den Beschuldigten von der Begehung weiterer Handlungen der gleichen Art abzuhalten, vorliegen.
Diese Erwägungen zur Ermahnung im Hinblick auf das AuslBG lassen sich auch auf das AVRAG übertragen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
VI.2. Die Beurteilung und Abwägung der Milderungs- und Erschwerungsgründe sowie das Vorgehen mittels Ermahnung iSd § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist außerdem jeweils im Hinblick auf den konkreten
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s e
1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
2. Gemäß § 7n Abs. 2 AVRAG wird darauf hingewiesen, dass mit der rechtskräftigen Bestrafung die Eintragung in die Evidenz des Kompetenzzentrum LSDB verbunden ist.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer