LVwG-151078/4/VG
Linz, 27.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde der E-M E-M, wohnhaft in M, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 3. August 2016, GZ. Verk-960.327/1-2016-Ba/Eis, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme eines straßenrechtlichen Enteignungsverfahrens
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde und damit zugleich der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des straßenrechtlichen Enteigungsverfahrens (Bescheid der Oö. Landesregierung vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis, bestätigt mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ. LVwG-150639/8/VG/WP) als unbegründet abgewiesen.
II. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenzuspruch wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis wurde dem Antrag des Landes Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung (in der Folge auch: Antragstellerin), betreffend die Enteignung der Grundstücksteile der Beschwerdeführerin zur Umsetzung der Umfahrung „M-M“, Abschnitt x - M, stattgegeben (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt IV. dieses Bescheides wurde die Entschädigung für die enteigneten Grundstücksflächen festgesetzt.
I.2. Die dagegen erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ. LVwG-150639/8/VG/WP, als unbegründet abgewiesen.
I.3. Die gegen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung gerichtete Beschwerde der Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof wurde mit Beschluss vom 8. März 2016, E 2472/2015-11 abgelehnt.
I.4. Mit Eingabe vom 13. Juni 2016 beantragte die Beschwerdeführerin, das Amt der Oö. Landesregierung möge gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG die Wiederaufnahme des Enteignungsverfahrens betreffend die Entschädigung für die Enteignung von 850 m² Grundfläche in der KG M für die Umfahrung M, abgeschlossen durch ihren in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis, bestätigt mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ. LVwG-150639/8/VG/WP, bewilligen. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei im Zuge der Vorbereitung zur mündlichen Verhandlung beim Landesverwaltungsgericht zu GZ. LVwG-150845/3/RK/Eg am 14. Juni 2016 aufgefallen, dass seitens der Antragstellerin der Enteignung in der Niederschrift vom 21. Juli 2014 behauptet worden sei, die Beschwerdeführerin wäre am 21. Juli 2014 bei der Verhandlung zur Enteignung anwesend gewesen. Dies entspreche in keinem Falle den tatsächlichen Tatsachen. Der Beamte G. und seine Dienstvorgesetzten stünden daher im dringenden Verdacht unter Anwendung des dolus eventualis einen Vorteil zum eigenen Karrierevorteil und/oder zum Vorteil des Dienstgebers als auch eventualiter der Oö. Landesregierung versucht/erreicht zu haben. Die Beschwerdeführerin sei nachweislich am bezughabenden Datum (21. Juli 2014) nicht in M sondern wegen eines anderen LVwG-Verfahrens beim Obmann der Einforstungsgenossenschaften in Bad Mitterndorf gewesen. Der Antragsteller der Enteignung habe daher nach Ansicht der Beschwerdeführerin versucht, eine für sie günstige Entscheidung zu erschleichen. Da sich die Behörde und der beauftragte Sachverständige auf diese Niederschrift der Abteilung Geoinformation und Liegenschaften, Liegenschaftsmanagement vom 21. Juli 2014 gestützt habe, sei der Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG gegeben.
I.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 3. August 2016 gab die Oö. Landesregierung (in der Folge auch: belangte Behörde) dem Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführerin nicht statt. Begründend wurde zunächst ausgeführt, die Beschwerdeführerin meine offenbar, die Landesstraßenverwaltung habe sich den Nachweis glaubhaft zu machen, dass sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos versucht habe, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken, erschlichen. Dieser Auffassung könne sich die belangte Behörde aus folgenden Gründen nicht anschließen (Anonymisierung durch das Landesverwaltungsgericht, Anm.):
„Im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ: LVwG-150639/8A/G/WP, finden sich auf Seite 8 folgende Feststellungen: ‚2.3. Da für dieses Straßenbauvorhaben auch Grundstücke der Bf beansprucht werden müssen, unternahm die Antragstellerin mehrere Versuche, mit der Bf eine gütliche Einigung herbeizuführen. Die Bf wurde von der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Juni 2014, GZ: GeoL-C-310305/1-2014, gemeinsam mit anderen Grundeigentümern, für eine Verhandlung zur gütlichen Einigung am 7. Juli 2014 am Gemeindeamt der Gemeinde M stattfindend, eingeladen. Aufgrund einer Eingabe der Bf erging von der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. Juli 2014 eine weitere schriftliche Einladung zu einer gütlichen Verhandlung am 21. Juli 2014. Da die Bf auch an dieser Verhandlung nicht teilnahm, wurde in ihrer Abwesenheit eine entsprechende Vereinbarung auf Basis des - von der Antragstellerin in Auftrag gegebenen - Bewertungsgutachtens eines Sachverständigen erstellt, am Gemeindeamt der Gemeinde M hinterlegt und zugleich durch die Gemeinde M an die Bf mit der Bitte um Unterzeichnung übersandt. Eine Äußerung der Bf dazu erfolgte nicht. Mit einem weiteren Schreiben der Antragstellerin vom 31. Juli 2014 wurde der Bf ein komplettes Angebot, das alle vermögensrechtlichen Nachteile berücksichtigt, übermittelt und ersucht, sich bis 15. August 2014 für ein Angebot zu entscheiden. Auch innerhalb dieser Frist erfolgte keinerlei Äußerung durch die Bf. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 wurde die Bf nochmals zu einer Verhandlung am 24. Oktober 2014 zu Zwecken der gütlichen Einigung eingeladen. Auch an diesem Tag erschien die Bf nicht …‘
In der von der Oö. Landesregierung am 18. Dezember 2014 aufgenommenen Verhandlungsschrift ist unter Punkt a) Sachverhaltsdarstellung wörtlich Folgendes protokolliert: ‚Der Liegenschaftseigentümerin wurde mit Schreiben der Landesstraßenverwaltung vom 31.07.2014 sowie von der Gemeinde M mit Schreiben vom 17.10.2014 ein schriftliches, angemessenes Kaufangebot unterbreitet. Ihr wurde eine Gesamtentschädigung (Land und Gemeinde) in der Höhe von € 17.397,60 angeboten. Darauf hat jedoch [die Bf] nicht reagiert‘.
Anlässlich der am 26. Jänner 2015 abgehaltenen mündlichen Enteignungsverhandlung haben die Vertreter der Landesstraßenverwaltung Folgendes zu Protokoll gegeben; ‚Seitens der Landesstraßenverwaltung wurde die Grundeigentümerin seit Juni 2014 nachweislich mehrfach zu gütlichen Grundeinlöseverhandlungen eingeladen. Da die Grundeigentümerin keinen der angebotenen Termine wahrgenommen hat, wurde das gemeinsame gütliche Angebot der Landesstraßenverwaltung und der Gemeinde M mit der Darstellung aller Entschädigungspositionen nachweislich mit Einschreiben der Landesstraßenverwaltung vom 31.07.2014 schriftlich übermittelt und um Unterfertigung bis 15.08.2014 ersucht. Mit Schreiben vom 17.10.2014 wurde letztmalig ein gütlicher Grundeinlöseverhandlungstermin am 24.10.2014 mit dem Hinweis auf Fristverlängerung für einen gütlichen Abschluss bis längstens 03.11.2014 angeboten. Da die Grundeigentümerin auch dieser Einladung nicht Folge geleistet hat, wurde am 24.10.2014 die Bereitschaft zur gütlichen Grundeinlöse mit letztmaliger Frist 03.11.2014 auch telefonisch beim Gatten der Grundeigentümerin zusätzlich urgiert.
Im Schreiben der Wiederaufnahmewerberin vom 8. Dezember 2014, das der Verhandlungsschrift vom 26. Jänner 2015 angeschlossen ist, ist - wörtlich - Folgendes festgehalten: ‚... Mit Schreiben vom 31.7.2014 (GZ GeoL C 310305/6 2014 Gu) erhalten am 5.8.2014 hat uns Herr [G.] ein schriftliches Anbot (jedoch ohne erwähnte Sachverständigengutachten) mit Fristsetzung zum 15.8.2014 übermittelt. Die Frist von 14 Tagen wurde wiederum nicht eingehalten ...‘.
Aus all diesen Stellungnahmen, insbesondere aus den Feststellungen von [der Bf] vom 8. Dezember 2014 selbst, geht eindeutig hervor, dass die Landesstraßenverwaltung der Wiederaufnahmewerberin mit Schreiben vom 31. Juli 2014 ein schriftliches Kaufangebot übermittelt hat, das aber von der Enteignungsgegnerin unbeantwortet blieb. Damit ist es der Landesstraßenverwaltung im Sinne des § 36 Abs. 1 letzter Satz Oö. Straßengesetz 1991 zweifellos gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie in geeigneter Weise, aber erfolglos versucht hat, eine privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung mit der Einschreiterin zu erwirken. Damit kommt der von der Landesstraßenverwaltung angefertigten Niederschrift vom 21. Juli 2014, in der [die Bf] offensichtlich als anwesend geführt wurde, keinerlei Bedeutung mehr zu. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt das ‚Erschleichen‘ eines Bescheides dann vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind (siehe Hengstschläger-Leeb, AVG, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 4. Teilband, Seite 1237, RZ 12). Im gegenständlichen Fall wurde aber dem Enteignungsbescheid vom 25. Februar 2015 nicht die Niederschrift vom 21. Juli 2014 ‚zugrunde gelegt‘, sondern das Schreiben der Landesstraßenverwaltung vom 31. Juli 2014. Auf Grund dieses Umstandes kann daher die Oö. Landesregierung nicht erkennen, die Landesstraßenverwaltung hätte versucht, ein für sie günstiges Erkenntnis zu erschleichen.
Da nach Auffassung der OÖ. Landesregierung keine Zweifel am vorliegenden Sachverhalt bestehen, konnte auf eine Einvernahme von der [Bf] sowie ihres Gatten [Univ. Doz. Dr. E.] verzichtet werden.“
I.6. Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Beschwerdeführerin an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der beanstandet wird, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 13. Juni 2016 auf Wiederaufnahme des Enteignungsbescheides vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis, nicht stattgeben worden sei. Begründend wird dazu im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde vermeine, sie könne unter Hinweis auf den Verfahrensablauf des angeblichen Versuches einer gütlichen Einigung mit der Beschwerdeführerin darlegen, dass die belangte Behörde (gemeint: das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung als Antragstellerin im Enteignungsverfahren, Anm.) die Bedingungen des § 36 Abs. 1 Oö. Straßengesetz erfülle („dass sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos versucht hat, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken.“). Dies sei aber eine rechtsirrige Auslegung durch die belangte Behörde. Die Beschwerdeführerin habe am 8. Dezember 2014 den seitens der belangten Behörde (abermals gemeint: das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, Anm.) mit offenbar zu geringem Willen versehenen Versuch der gütlichen Einigung abgelehnt (Hinweis auf Beilage 1 zur Beschwerde, Stellungnahme vom 8. Dezember 2014). Weiters wird zusammengefasst dargelegt, dass der Beschwerdeführerin das Angebot vom 31. Juli 2014 übermittelt worden sei, dieses sei aber wegen zu kurzer Fristsetzung für eine rechtliche und wirtschaftliche Überprüfung nach Ablauf der eingeräumten Frist verfallen. Damit sei das Angebot vom 31. Juli 2014 rechtlich nicht mehr existent gewesen. Zur Vortäuschung ihres Bemühens habe die belangte Behörde (abermals gemeint: das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, Anm.) eine Lugurkunde (Hinweis auf die Beilage 2 der Beschwerde, Niederschrift vom 21. Juli 2014) erstellt, in dem dort vorgegeben werde, dass die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung über die Grundablöse anwesend gewesen sei. Die belangte Behörde vermeine, dass sie die Lugurkunde ihrem Bescheid nicht zu Grunde gelegt habe. Da das Angebot vom 31. Juli 2014 aber rechtlich hinfällig sei, liege dem bekämpften Bescheid de facto nur die Lugurkunde vom 21. Juli 2014 zu Grunde. Damit habe sich die belangte Behörde (gemeint wieder: das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, Anm.) den wiederaufzunehmenden Bescheid erschlichen. Die belangte Behörde verhindere die Aufdeckung des Zweckes der Lugurkunde vom 21. Juli 2014 und versuche die eigenen groben Verfehlungen und Gesetzesverstöße der Erschleichung eines Bescheides durch Verzicht der Zeugenvernehmung der Beschwerdeführerin und ihres Gatten zu vertuschen.
II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und den Gerichtsakt zu GZ. LVwG-150639. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte aufgrund der Aktenlage geklärt werden. Die von der Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ins Treffen geführte Niederschrift vom 21. Juli 2014 war – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – im straßenrechtlichen Enteignungsverfahren nicht entscheidungsrelevant (siehe dazu sogleich unter Punkt III.), weshalb eine Einvernahme der Beschwerdeführerin bzw. ihres Gatten nicht geboten war. Die im gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahren relevanten Rechtsfragen konnten anhand der bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gelöst werden. Somit konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG trotz Parteienantrags von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden (vgl. etwa VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0118, mwN).
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Zu I.:
Die Beschwerdeführerin beantragte mit dem beim Amt der belangten Behörde eingebrachten Schreiben vom 13. Juni 2016 gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis, abgeschlossenen Enteigungsverfahrens (bestätigt mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ. LVwG-150639/8/VG/WP), weil sie davon ausgeht, dass die „belangte Behörde“ durch die Niederschrift vom 21. Juli 2014 die Enteignungsentscheidung erschlichen habe.
Nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist.
Vom Erschleichen eines Bescheides iSd zitierten Bestimmung kann nur dann gesprochen werden, wenn der Bescheid seitens der Partei durch eine vorsätzliche (also schuldhafte), verpönte Einflussnahme auf die Entscheidungsunterlagen veranlasst wird (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 69 [Stand 1.1.2014, rdb.at] Rz 12 mHa VwGH 8.9.1998, 98/08/0090; 7.9.2005, 2003/08/0171). Im vorliegenden Beschwerdefall ist daher – wovon auch die belangte Behörde zu Recht ausgegangen ist – zu prüfen, ob das Land Oberösterreich (Landesstraßenverwaltung) als Antragstellerin und damit Partei im straßenrechtlichen Enteigungsverfahren die Enteigungsentscheidung aufgrund der Niederschrift vom 21. Juli. 2014 erschlichen hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt – wie die belangte Behörde bereits zutreffend ausführte – das „Erschleichen“ eines Bescheides dann vor, wenn dieser in der Art zustande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zugrunde gelegt worden sind. Zusammengefasst müssen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes drei Voraussetzungen gegeben sein: Erstens müssen objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung gemacht worden sein. Zweitens muss ein Kausalzusammenhang zwischen den unrichtigen Angaben der Partei und dem Entscheidungswillen der Behörde bestehen. Drittens muss Irreführungsabsicht der Partei vorliegen, nämlich eine Behauptung wider besseres Wissen in der Absicht, daraus einen Vorteil zu erlangen (vgl. abermals Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 69 Rz 12 mHa etwa auf VwGH 6.3.1953, 1034/52; 25.4.1995, 94/20/0779; 10.9.2003, 2003/18/0062; 29.1.2004, 2001/20/0346; 13.12.2005, 2003/01/0184; 8.6.2006, 2004/01/0470). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor: Die Beschwerdeführerin übersieht mit ihrem Vorbringen, dass der Enteignungsbescheid der Oö. Landesregierung vom 25. Februar 2015 durch die nachfolgende abweisende Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015 aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde und damit die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts an die Stelle des Bescheides getreten ist (vgl. OGH 24.11.2015, 1 Ob 127/15f mHa VfGH B 320/2014; E 1286/2014 und VwGH Ro 2014/15/0042; Ro 2015/03/0032). Mit anderen Worten: Die behördliche Entscheidung wurde durch die nachfolgende verwaltungsgerichtliche Entscheidung ersetzt. Die belangte Behörde hat daher richtig in der nunmehr angefochtenen Entscheidung zunächst auch auf die hg. Ausführungen im Erkenntnis vom 21. Oktober 2015 Bezug genommen. Darin hat das Landesverwaltungsgericht die Frage, ob das Land Oberösterreich als Antragstellerin im Enteignungsverfahren den Versuch einer privatrechtlichen Vereinbarung glaubhaft machen konnte, selbst durch eigene Erhebung überprüft und im Ergebnis bejaht. Dies erfolgte gerade nicht unter Bezugnahme auf die Niederschrift vom 21. Juli 2014, in der die Beschwerdeführerin als anwesend angeführt wurde. Im Gegenteil: Vielmehr geht aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Stellungnahme der Antragstellerin ausdrücklich hervor, dass die Beschwerdeführerin bei der Verhandlung am 21. Juli 2014 nicht anwesend war, weshalb die Antragstellerin weitere Schritte zur Herbeiführung einer privatrechtlichen Vereinbarung setzte. Das Landesverwaltungsgericht gelangte in seiner Entscheidung nach einer Gesamtbetrachtung der Einigungsversuche zu dem Ergebnis, dass sich die Antragstellerin ernsthaft bemühte, die entsprechenden Grundstücksflächen der Beschwerdeführerin zu erwerben. Sie hat die Beschwerdeführerin mehrfach zu mündlichen Verhandlungen geladen, wobei die Beschwerdeführerin keiner dieser Einladungen gefolgt ist. Weiters hat die Antragstellerin auch auf schriftlichem Wege Verhandlungsversuche unternommen und der Beschwerdeführerin angemessene Kaufangebote unterbreitet. Die mangelnde Bereitschaft der Beschwerdeführerin in ernsthafte Verhandlungen mit der Antragstellerin einzutreten, war nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts der Ablehnung eines angemessenen Angebots der Antragstellerin gleichzuhalten, weshalb letztendlich die Enteignung erforderlich war. Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass die Antragstellerin die Enteignungsentscheidung durch die Niederschrift vom 21. Juli 2014 erschlichen hat. Damit ist auch eine Einvernahme der Beschwerdeführerin bzw. ihres Gatten im gegenständlichen Wiederaufnahmeverfahren nicht von rechtlicher Relevanz, weil allfällige Ausführungen zu dieser Niederschrift vor dem Hintergrund der Judikatur zur Bestimmung des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG nicht zu einem anderen rechtlichen Ergebnis führen können.
Nach dem zuvor Gesagten kann somit dahingestellt bleiben, ob die Niederschrift vom 21. Juli 2014 für den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 25. Februar 2015 von wesentlicher Bedeutung war. Lediglich der Vollständigkeit halber hält das Landesverwaltungsgericht aber fest, dass diese Niederschrift auch für die ursprüngliche Entscheidung der Oö. Landesregierung nicht entscheidungswesentlich war. Vielmehr hat diese auf die eigenen Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 8. Dezember 2014 und das dort erwähnte Angebot der Antragstellerin vom 31. Juli 2014 Bezug genommen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Niederschrift vom 21. Juli 2014 und insbesondere dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin dort als anwesend angeführt wurde, im straßenrechtlichen Enteignungsverfahren (Bescheid der Oö. Landesregierung vom 25. Februar 2015, GZ. Verk-960271/24-2015-Ba/Eis, ersetzt durch das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 21. Oktober 2015, GZ. LVwG-150639/8/VG/WP) keine wesentliche Bedeutung zukam, weshalb von der Erschleichung der Enteignungsentscheidung nicht die Rede sein kann.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Mangels einer anders lautenden gesetzlichen Regelung für das gegenständliche Wiederaufnahmeverfahren hat die Beschwerdeführerin allfällige ihr im Verwaltungsverfahren bzw. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erwachsenden Kosten gemäß § 17 VwGVG iVm § 74 Abs. 1 AVG nach dem Grundsatz der Selbsttragung selbst zu bestreiten (vgl. VwGH 15.1.2000, 96/08/0093). Ihr Antrag auf Kostenzuspruch war daher als unzulässig zurückzuweisen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Wiederaufnahmeanträgen gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG nicht ab (siehe dazu die in der gegenständlichen Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Verena Gubesch