LVwG-550804/19/SE
Linz, 12.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Maga. Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn A K, X,
X, nunmehr vertreten durch X Rechtsanwälte, X, X, vom 29. Jänner 2016, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 28. Dezember 2015,
GZ: ForstR10-43/14-2012/Ka, wegen eines forstrechtlichen Auftrages zur Wiederaufforstung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 28. Dezember 2015, GZ: ForstR10-43/14-2012/Ka, ersatzlos behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding (kurz: belangte Behörde) vom 28. Dezember 2015, GZ: ForstR10-43/14-2012/Ka, wurde Herrn A K, X, X (kurz: Beschwerdeführer), aufgetragen, die rechtliche Ordnung unter näher bestimmten Auflagen, Bedingungen und Befristungen auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Gemeinde X, im nordöstlichen Bereich im Ausmaß von rund 100 m2 sowie im westlichen Bereich im Ausmaß von rund 1.800 m2 durch entsprechender Aufforstung herzustellen.
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass es sich bei den gegenständlichen Flächen um Wald iSd Forstgesetzes 1975 handle, welche gehäckselt bzw. gemäht wurden, was wiederum keine forstliche Nutzung darstelle. Es liege daher eine illegale Rodung vor.
I.2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer binnen offener Frist mit Beschwerde erhoben. Er beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides und in eventu die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Zusammenfassend führte er aus:
Die gegenständlichen Flächen seien nicht Wald. Durch jahrelange Nichtbewirtschaftung sei eine Verbuschung erfolgt. Der westliche Bereich sei seit mehr als 10 Jahren nicht Wald. Nur dieser Bereich sei vom Pächter gemulcht worden. Die Wurzeln seien aber nicht dauerhaft entfernt worden.
Er habe keinen Auftrag erteilt oder selbst Hand angelegt, weshalb er nicht verpflichtet werden könne.
Ferner erfülle der angefochtene Bescheid nicht die normativen Voraussetzungen, weil der Adressat nicht eindeutig erkennbar ist sowie Namen und Adressen und Funktionen des Leiters des forsttechnischen Dienstes, des Amtssachverständigen, etc. fehlen würden.
I.3. Der Verfahrensakt ist gemeinsam mit der Beschwerde am 23. März 2016 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt.
I.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat ein forstfachliches Gutachten eingeholt. Der beauftragte Amtssachverständige führte am 1. Juli 2016 im Beisein des Bruders des Beschwerdeführers einen Lokalaugenschein durch. Das Gutachten vom 14. Juli 2016 beinhaltet 16 Abbildungen - Orthofotos, Laserscans und Fotos. Es wird auszugsweise Folgendes ausgeführt:
„[...]
3 Befund
3.1 Historie
Das 8.643 m² große Grundstück Nr. X in der KG X, welches sich im grundbücherlichen Eigentum des Beschwerdeführers befindet, ist 220 m lange, rund 50 m breit und weist die Benützungsart „landwirtschaftlich genutzte Grundflächen“ auf. Das Grundstück ist ausschließlich von Agrarflächen umgeben und von Norden her durch einen unbefestigten Zufahrtsweg erschlossen. Im Lauf der Jahre erfolgte im Ostteil ein natürlicher Anflug an unterschiedlichen Pflanzen und Gehölzen. Zusätzlich wurden auf der Fläche laut Verfahrensakt von der Vorbesitzerin Bäume aufgeforstet. in den folgenden Abbildungen ist die natürliche Sukzession auf dem Grundstück X in zeitlicher Abfolge dargestellt.
[...]
3.2 Aktuelle Situation
Die östliche Grundstücksfläche ist derzeit mit Sträuchern (nördlicher Teil ca. 2.600 m2) und Zitterpappeln (südlicher Teil ca. 660 m2) bestockt, der West- und Südteil ist Grünland. In der nachstehenden Abbildung sind die unterschiedlichen Nutzungsformen dargestellt.
[...]
An der Westseite im direkten Anschluss an die bestockte Fläche wurden nach Auskunft [des Bruders des Beschwerdeführers] ca. 150 Grauerlen (ein- bis dreireihig) entlang der gesamten Bestockungslinie gepflanzt, welche beim Ortsaugenschein auch vorgefunden wurden.
4 Gutachten
[...]
4.2 Konkrete Fragestellungen
1. Sind die bzw. waren die im gegenständlichen Bescheid unter Punkt I. 1. definierten Teilflächen des Gst. Nr. X, KG X, im Ausmaß von ca. 1.800 m2 und 100 m2 mit forstlichem Bewuchs gemäß § 1a Abs. 1 Forstgesetz 1975 bestockt?
Das nachstehende Foto vom 09.03.2012 (aus Verfahrensakt) zeigt die Fläche nach Entfernung des „Waldes“ bzw. der Gehölzgruppe, d.h. die aktuelle Bestockung entwickelte sich aus den am Foto ersichtlichen Baum- und Straucharten Der Bestandesrand dürfte ebenfalls mit der jetzigen Bestockungslinie übereinstimmen.
[...]
Die im o.a. Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding aufzuforstenden Flächen im Ausmaß von 1.800 m2 und 100 m2 wurden dem beigefügten Plan entnommen und bestmöglich nachkartiert. Die nachstehenden Abbildungen zeigen die zwei Teilflächen (gelb umrandet) jeweils auf einem digitalen Oberlächenmodell (Airborne Laserscanning 2006) und auf Orthofotos (Bildflug vom 28.10.2010 und 19.07.2014).
[...]
Dabei kann festgestellt werden, dass auf der 1.800 m2 großen Fläche nur einzelne Gehölze (Bäume, Sträucher) stockten, die 100 m2 große Teilfläche war bestockungsfrei. Derzeit ist die größere Teilfläche unbestockt, auf der kleineren hat sich eine Strauchvegetation eingestellt.
2. Wie viele Jahre besteht/bestand diese Bestockung auf den gegenständlichen Teilflächen des Gst. Nr. X, KG X, bereits?
Wie auf dem oben dargestellten Orthofoto (Bildflug vom 10.06.1998) ersichtlich, bestand bereits damals eine natürliche Vegetation, welche sich sukzessive weiter entwickelte und durch Aufforstungen ergänzt wurde.
3. Ergeben diese Teilflächen, falls diese ein Ausmaß von weniger als 1.000 m2 aufweisen, gemeinsam mit unmittelbar räumlich zusammenhängender Bestockung auf angrenzenden Grundstücken ein Gesamtausmaß von mindestens 1.000 m2 mit einer durchschnittlichen Breite von 10 m?
Für die Feststellung der forstgesetzlichen Waldeigenschaft ist das Ausmaß einer bestockten Fläche über die Verbindungslinie entlang der Außenseite der randlichen Stämme zu ermitteln (keine überschirmte Fläche). Für die Abgrenzung eignet sich sehr gut das digitale Oberflächenmodell aus dem Jahr 2006, wo die Konturen der einzelnen Gehölze markant hervortreten. Konkret wird davon ausgegangen, dass es sich um forstlichen Bewuchs gemäß Forstgesetz handelt, wie dies auch aus den Orthofotos ableitbar ist. Die nachstehende Abbildung zeigt blau umrandet die nach fachlichen Kriterien abgegrenzte Waldfläche, welche ein Ausmaß von ca. 1.420 m2 einnimmt. die westlich lokalisierten Gehölze sind vornehmlich Einzelindividuen, die aus forstfachlicher Sicht keinen unmittelbar räumlichen Zusammenhang zum Wald darstellen und somit die forstgesetzliche Waldeigenschaft nicht erlangen.
[...]
4. Liegen die Voraussetzungen für einen Tatbestand gemäß § 1 Abs. 4 lit. a bis d Forstgesetz 1975 vor?
Die obige Darstellung zeigt die „Walddarstellung“ vor Durchführung der Fällungs- bzw. Rodungsmaßnahmen, d.h. ursprünglich handelte es sich um eine Waldfläche im Ausmaß von ca. 1.420 m2, welche auch heute noch „Wald“ i.S.d. Forstgesetzes ist. Die nach den Rodungsmaßnahmen sich einstellende Vegetation (siehe Abbildung 6) stellt keinen Wald dar, weil auf der 2.600 m2 großen Fläche ausschließlich Sträucher stocken, die somit bestandesbildend sind, und die mit Zitterpappeln bestockte 660 m2 große Fläche die erforderlichen 1.000 m2 nicht erreichen. Die nachstehende Abbildung gibt einen Überblick über folgende Flächendarstellung:
gelb: Behördlich vorgeschriebene Aufforstungsfläche
blau: Waldfläche i. S. d. Forstgesetzes
grün: Aktuelle Bestockung
[...]
5. Sind die vorgeschriebenen Maßnahmen lt. Spruchpunkt I. 3. und 4. im angeführten Ausmaß notwendig und auch angemessen? Sind darüberhinausgehende bzw. andere Maßnahmen erforderlich?
Die im ggst. Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmenpunkte sind aus forstfachlicher Sicht gegenstandslos, weil es sich bei den betroffenen Flächen (gelb umrandet) um „Nichtwald“ handelt. Weiters müsste die 1.420 m2 große Fläche wieder in Wald übergeführt werden, d.h. aufforsten mit forstlichen Gehölzen (keine bestandesbildenden Sträucher), oder eine Rodungsbewilligung beantragt werden.
5 Zusammenfassung
Im verfahrensgegenständlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding wurden dem Beschwerdeführer zwei Flächen im Ausmaß von 1.800 m2 und 100 m2 zur Wiederaufforstung mit Erlen vorgeschrieben. Bei diesen Flächen handelt es sich aus gefertigter Sicht und aufgrund der oben dargestellten Sachlage um Nichtwald, was einen forstbehördlichen Wiederaufforstungsauftrag obsolet macht.
[...]“
I.5. Dieses Gutachten wurde sowohl dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis vorgelegt und ihnen gleichzeitig die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Innerhalb der gesetzten Frist langte folgende zusammengefasste Stellungnahme der belangten Behörde ein:
Die Ermittlung der ehemaligen Waldfläche sei nicht nachvollziehbar. Unmittelbar vor der Erstellung des Oberflächenmodells gefällte Bäume und Sträucher würden nicht berücksichtigt werden. Auch würden die fachlichen Feststellungen vor Ort 2011 und 2012 ergeben, dass Baumstümpfe ersichtlich waren und deshalb die Waldeigenschaft vorliege.
Es wurde eine Gutachtensergänzung bzw. ein „Obergutachten“ betreffend Widerspruch zu den Feststellungen vor Ort in den Jahren 2011 und 2012, Auflistung der vorgefundenen Sträucher, Vorliegen forstlicher Bestockung entsprechend dem Anhang zum Forstgesetz, Inselbetrachtung der mit Zitterpappeln bestockten Fläche.
Ferner liege ein Bescheid des Landeshauptmannes vom 20. Juni 2012 vor, mit dem die damalige Abweisung der Rodungsbewilligung bestätigt wurde.
I.6. Dem Beschwerdeführer wurde entsprechend seinem Antrag vom 16. August 2016, eingelangt am 19. August 2016, die Stellungnahmefrist bis zur Durchführung der mündlichen Verhandlung am 28. September 2016 verlängert.
Mit Schriftsatz vom 19. September 2016 ersuchte der Beschwerdeführer um Übermittlung von wesentlichen Akteninhalten. Diese wurden am darauffolgenden Tag an seinen Rechtsvertreter übermittelt.
Am 27. September 2016 langte die Stellungnahme des Beschwerdeführers zum gegenständlichen Gutachten beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ein.
Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt:
· Auf den gegenständlichen Flächen bestehe kein forstlicher Bewuchs und seien auch keine Rodungsmaßnahmen durchgeführt worden. Das Häckseln einer Teilfläche des Grundstückes sei keine Rodung.
· Der Beschwerdeführer habe keine Kenntnis über die Durchführung von Häckselmaßnahmen des Pächters gehabt.
· Die mit Sträuchern bewachsene Fläche von 2.600 m2 sei nie forstwirtschaftlich bewirtschaftet und auch nicht forstlich genutzt worden.
· Es sei zu ergänzen, dass die Teilfläche im Ausmaß von 100 m2 völlig bestockungsfrei sei.
· Die im Gutachten angeführte Fläche von 1.420 m2 sei kein Wald, weil sie nur mit Sträuchern bewachsen sei. Es handle sich um nicht forstlich genutzte Strauchflächen.
· Es bestehe kein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zwischen der mit Zitterpappeln bestockten Fläche und mit der Fläche von 1.420 m2 Größe.
· Die Beweisergebnisse der beiden 2011 und 2012 befassten Amtssachverständigen seien unmaßgeblich.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag, der Beschwerde stattzugeben und festzustellen, dass es sich bei dem Grundstück Nr. X, KG X, nicht um Wald handelt, sodass der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben werde.
I.7. Am 28. September 2016 fand eine mündliche Verhandlung statt, an der der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers, die belangte Behörde und der beigezogene forstfachliche Amtssachverständige teilnahmen.
Zu Beginn fasste der Amtssachverständige die wesentlichsten Punkte seines Gutachtens vom 14. Juli 2016 zusammen und führte ergänzend dazu aus, dass, wenn Gehölze an geschlossenen Wald angrenzen, diese Einzelindividuen aus fachlicher Sicht nicht in die Waldflächenabgrenzung und somit zur Waldfeststellung heranzuziehen sind.
Die belangte Behörde verwies auf den Bescheid des Landeshauptmannes vom 2. Juli 2013, Zahl ForstR-100896/8-2013-Kc/Sch, wonach die verfahrensgegenständlichen Flächen Wald seien. Der im Bescheid zitierte Plan bzw. das Foto mit der rot umrandeten Fläche, die Wald sein soll, sei nicht auffindbar. Im Verfahrensakt vorhandene Pläne mit handschriftlich eingefügten Schraffierungen dürften Grundlage für das Verfahren betreffend die Rodungsbewilligung gewesen sein. Dies sei auch als Grundlage für das gegenständliche Verfahren gewesen.
Der im Jahr 2012 befasste Amtssachverständige habe eine andere fachliche Feststellung getroffen, aus diesem Grund gehe die belangte Behörde davon aus, dass begründend auf die Vorverfahren, die gelb umrahmten Flächen Wald im Sinne des Forstgesetzes seien und diese durch Schlägerungsarbeiten ohne Vorliegen der dafür erforderlichen Rodungsbewilligung gerodet worden seien.
Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers schloss sich den Ausführungen des Amtssachverständigen an, insbesondere seine Aussagen betreffend das Nichtvorliegen eines räumlichen Zusammenhanges der gegenständlichen Flächen mit einem Wald. Ferner sei im Sinne des § 1 Abs. 3 Forstgesetz 1975, unmittelbarer forstbetrieblicher Zusammenhang nicht gegeben, sodass jedenfalls keine Waldeigenschaft hinsichtlich der gegenständlichen Flächen vorliege. Im Übrigen könne aus den Rodungsbewilligungsakten nicht nachvollziehbar entnommen werden, ob die nunmehr beschwerdegegenständlichen Flächen als Waldflächen im Sinne des Forstgesetzes festgestellt worden seien.
Der Antrag im Schriftsatz vom 27. September 2016 werde dahingehend eingeschränkt, dass festgestellt werden möge, dass die beschwerdegegenständlichen Flächen wie in der Beilage ./A gelb umrahmt dargestellt, nicht Wald im Sinne des Forstgesetzes sind.
Es wurde beantragt der Beschwerde stattzugeben und den forstrechtlichen Auftrag zu beheben.
II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und Einholung eines forstfachlichen Gutachtens sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28. September 2016.
II.2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens wird folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen festgestellt:
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des 8.643 m2 großen Grundstückes Nr. X, KG X, Gemeinde X. Dieses Grundstück ist 220 m lang, rund 50 m breit und weist die Benützungsart „landwirtschaftlich genutzte Grundflächen“ auf.
Die östliche Grundstücksfläche ist derzeit im ca. 2.600 m2 großen nördlichen Teil mit Sträuchern sowie im ca. 660 m2 großen südlichen Teil mit Zitterpappeln bestockt. Der West- und Südteil sind Grünland. An der Westseite im direkten Anschluss an die bestockte Fläche wurden 150 Stück Grauerlen (ein- bis dreireihig) entlang der gesamten Bestockungslinie gepflanzt.
In den Jahren 2006, 2010 und 2014 stockten auf der gegenständlichen 1.800 m2 großen Teilfläche einzelne Gehölze (Bäume, Sträucher). Die 100 m2 große Teilfläche war bestockungsfrei. Derzeit ist die größere Teilfläche unbestockt, auf der kleineren hat sich eine Strauchvegetation eingestellt.
Schon am 10. Juni 1998 (Bildflug) bestand eine natürliche Vegetation, die sich sukzessive weiter entwickelte und durch Aufforstungen ergänzt wurde.
Die westlich lokalisierten Gehölze sind vornehmlich Einzelindividuen, die keinen unmittelbar räumlichen Zusammenhang zur 1.420 m2 großen, südlichen Teilfläche darstellen. Auf der 2.600 m2 großen Teilfläche stocken ausschließlich bestandesbildende Sträucher.
Eine bescheidmäßig ausgesprochene Waldfeststellung liegt derzeit nicht vor.
II.3. Das Gutachten des beigezogenen forstfachlichen Amtssachverständigen vom 14. Juli 2016 basiert auf dem am 1. Juli 2016 durchgeführten Lokalaugenschein, den im Verfahrensakt vorhandenen Fotos sowie auf Orthofotos und Oberflächenmodellen aus dem Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS).
Die belangte Behörde wendet ein, dass das oben zitierte Gutachten mangelhaft sei, weil insbesondere die naturschutz- und forstfachlichen Stellungnahmen in vorangehenden Verfahren, in denen die Waldeigenschaft festgestellt wurde, ohne Berücksichtigung geblieben seien.
Dazu ist Folgendes festzuhalten:
In einem Aktenvermerk vom 18. Februar 2011 hat der Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz der belangten Behörde u.a. festgehalten: „Es kann festgestellt werden, dass die auf den beiliegenden Luftbildern noch gut zu erkennende Gehölzgruppe auf der Grundparzelle Nr. X, KG X, gänzlich geschlägert und auf Stock gesetzt wurde. [...] Aus fachlicher Sicht kann festgestellt werden, dass es sich derzeit noch um eine Gehölznutzung handelt.“
Der Amtssachverständige vom Forsttechnischen Dienst der Bezirkshauptmannschaft Schärding hat in einem Aktenvermerk vom 12. März 2013 über den Lokalaugenschein am 9. März 2012 u. a. festgehalten: „Auf der Parzelle X, KG X, Gemeinde X, befanden sich zum Lokalaugenschein zahlreiche Strauchausschläge bis 1 m Höhe und etliche Baumstöcke von Nadelhölzern.
Im beiliegenden Plan rot umrandet ist die Waldfläche iSd Forstgesetzes 1975. Bestockt ist die Fläche mit Weiden, Erlen und ehemals Koniferen am westlichen Rand (im Alter über 20 Jahre) – siehe Fotos. Die Fläche ist über 5500 m2.“
Mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 2. Juli 2013, GZ: ForstR-100896/8-2013-Kc/Sch, wurde die Abweisung der beantragten Rodung für das gegenständliche Grundstück bestätigt.
In diesem Bescheid wird ein forstfachliches Gutachten vom 13. Mai 2013 zitiert. Darin wird u. a. festgehalten: „Aktuell ist die laut Verfahrensakt im Herbst 2011 geschlägerte und von der BH Schärding festgestellte überwiegend ebene Waldfläche im Ausmaß von ca. 4.500 m2 mit einem dichten überwiegend 1 bis 2 m hohen Stockausschlag aus Weiden, Erlen und Hartriegel etc. bestockt. Der westliche Teil des Grundstückes wird als Wiese genutzt. Im Bereich der festgestellten Waldfläche waren zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins [10. April 2013] nach wie vor Wurzelstöcke von Weiden und Erlen im Durchmesser von z. T. mehr als 20 cm, im mittleren Westteil der Waldfläche Wurzelstöcke von Fichten (ca. 7 Reihen) in einem Verband von etwa 1 x 1 m vorhanden, die auf eine aktive Einbringung von Nadelhölzern vor mehr als 15 Jahren schließen lassen.“
Die in diesem Bescheid zitierte Skizze, auf der mit roter Umrandung die Waldfläche eingezeichnet ist, ist nicht mehr auffindbar. In diesem Bescheid wird die Waldeigenschaft des gegenständlichen Grundstückes nicht ausgesprochen, sondern ist der Landeshauptmann vom Vorliegen dieser ausgegangen („von der BH Schärding festgestellte überwiegend ebene Waldfläche im Ausmaß von ca. 4.500 m2“). Auch im Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2012,
GZ: ForstR10-43-2012/Ka, wurde keine Waldfeststellung für zumindest Teile des gegenständlichen Grundstückes mit Grünlandwidmung ausgesprochen, sondern ausschließlich die Bewilligung zur dauernden Rodung nicht erteilt.
Vergleicht man das in der Verhandlung vorgelegte Oberflächenmodell (Beilage ./A) mit jenem Orthofoto mit rot umrandeter „Waldfläche“ (kurz: „FD-Orthofoto 2012“), das der Forstfachliche Dienst der belangten Behörde seiner fachlichen Beurteilung vom 12. März 2012 zu Grunde gelegt hat, so zeigt sich eine idente Bestockung. Es ist erkennbar, dass eine Bestockung der nordöstlich befindlichen 100 m2 großen aufzuforstenden Fläche –wie auch auf anderen Orthofotos- nicht vorhanden ist.
Weiters sind auf dem „FD-Orthofoto 2012“ Bestockungen im südlichen Teil in ähnlichen Entfernungen wie im westlichen Teil ersichtlich. Diese Bestockung wurde aber nicht als Wald eingestuft. Insgesamt betrachtet ist die fachliche Beurteilung des Forstlichen Dienstes der belangten Behörde bei der Beurteilung, in welchem Ausmaß die Waldeigenschaft auf dem gegenständlichen Grundstück vorliegt nicht schlüssig nachvollziehbar.
Das nunmehr eingeholte forstfachliche Gutachten vom 14. Juli 2016 hingegen beinhaltet eine detaillierte, dem Gutachtensauftrag entsprechende Beschreibung, ist schlüssig aufgebaut, aufgrund der zahlreichen Orthofotos, Fotos und dem Oberflächenmodell auch für Dritte nachvollziehbar, widerspruchsfrei und vollständig, weshalb das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dieses seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt.
Orthofoto Orthofoto Orthofoto
ALS 2006 Bildflug 2010 Bildflug 2014
(gelb: behördlich vorgeschriebene Aufforstungsfläche)
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:
III.1. Maßgebliche Rechtslage:
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 (ForstG 1975), BGBl. Nr. 440/1975, i. d. g. F. lauten:
„Begriffsbestimmungen
§ 1a. (1) Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes sind mit Holzgewächsen der im Anhang angeführten Arten (forstlicher Bewuchs) bestockte Grundflächen, soweit die Bestockung mindestens eine Fläche von 1.000 m² und eine durchschnittliche Breite von 10 m erreicht.
(2) Wald im Sinne des Abs. 1 sind auch Grundflächen, deren forstlicher Bewuchs infolge Nutzung oder aus sonstigem Anlass vorübergehend vermindert oder beseitigt ist.
[...]
(4) Nicht als Wald im Sinne des Abs. 1 gelten:
a) unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Grundflächen, die anders als forstlich genutzt werden und deren Bewuchs mit einem Alter von wenigstens 60 Jahren eine Überschirmung von drei Zehntel nicht erreicht hat,
b) bestockte Flächen, die infolge des parkmäßigen Aufbaues ihres Bewuchses überwiegend anderen als Zwecken der Waldwirtschaft dienen,
c) forstlich nicht genutzte Strauchflächen mit Ausnahme solcher, die als Niederwald bewirtschaftet wurden oder für welche die Schutzwaldeigenschaft festgestellt (§ 23) oder die Bannlegung ausgesprochen (§ 30) wurde,
d) Baumreihen, soweit es sich nicht um Windschutzanlagen (§ 2 Abs. 3) handelt,
e) ....
[...]
Feststellungsverfahren
§ 5 (1) Bestehen Zweifel, ob
a) eine Grundfläche Wald ist oder
b) ein bestimmter Bewuchs in der Kampfzone des Waldes oder als Windschutzanlage den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unterliegt,
so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen. § 19 Abs. 4 ist sinngemäß anzuwenden.
(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen 10 Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass
1. die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder
eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt oder eine angemeldete dauernde Rodung gemäß § 17a durchgeführt wurde, und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt.
[...]
Rodung
§ 17 (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
[...]
Forstaufsicht
§ 172. [...]
(6) Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vollschriften außer Acht lassen, hat die Behörde unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere
a) die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung [...]
dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen. [...]“
III.2. Wenn die Waldeigenschaft einer Fläche nicht rechtskräftig nach § 5 ForstG 1975 festgestellt worden ist, kann die Waldeigenschaft von der Behörde im Rahmen eines Verfahrens zur Erteilung eines forstpolizeilichen Auftrages als Vorfrage geprüft werden (vgl. dazu VwGH vom 24.7.2013, Zl. 2013/10/0112).
Die Frage der Waldeigenschaft der gegenständlichen Teilflächen ist für die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich in der Hauptfrage präjudiziell, d.h. für die Lösung der Hauptfrage eine notwendige Rechtsfrage, insoweit eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, da darüber noch nie abgesprochen wurde sowie bei der belangten Behörde auch kein Waldfeststellungsverfahren anhängig ist, als Vorfrage selbst zu beurteilen und diese Beurteilung der Entscheidung in der Hauptfrage zugrunde zu legen.
Entscheidend ist daher für die Beurteilung der Waldeigenschaft das Ergebnis der Untersuchung der Frage, ob die verfahrensgegenständlichen Teilflächen gemäß § 5 Abs. 2 „innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetz war“ (vgl. VwGH vom 25.5.1987, Zl. 87/10/0046). Bei der Frage der Waldeigenschaft einer Grundfläche handelt es sich um eine Rechtsfrage (VwGH vom 14.6.1993, Zl. 90/10/0100).
III.3. Auf der 1.800 m2 großen Fläche stockten nur einzelne Gehölze (Bäume, Sträucher). Die 100 m2 große Fläche war bestockungsfrei. Diese beiden entsprechend dem angefochtenen Bescheid aufzuforstenden Flächen erfüllen für sich allein betrachtet die notwendigen Voraussetzungen für einen Wald iSd ForstG 1975 nicht.
Orthofoto
Im östlichen Teil des gegenständlichen Grundstückes besteht eine Bestockung mit forstlichem Bewuchs im Ausmaß von ca. 1.420 m2 (blau umrandete Fläche, sh. Abb. unten).
Orthofoto
Die westlich lokalisierten Gehölze sind vornehmlich Einzelindividuen, die aufgrund des fehlenden räumlichen Zusammenhangs selbst unter der Annahme, dass es sich bei der (östlichen, blau umrahmten) Fläche um Wald handelt, nicht die forstrechtlichen Waldeigenschaften erfüllen (sh. oben die gelb umrahmte Fläche). Somit ist auch die 1.800 m2 große (westliche) Teilfläche nicht als Wald iSd ForstG 1975 zu qualifizieren.
III.4. Ein forstpolizeilicher Auftrag gem. § 172 Abs. 6 ForstG 1975 kann aber nur dann erteilt werden, wenn bei der Behandlung von Wald die forstrechtlichen Bestimmungen außer Acht gelassen werden. Da es sich hier bei den gegenständlichen Flächen aber nicht um Wald handelt, kann durch das Häckseln, Schlägern bzw. Mähen keine Rodung iSd § 17 Abs. 1 ForstG 1975 vorliegen, weshalb auch der Wiederforstungsauftrag iVm § 172 Abs. 6 ForstG 1975 nicht zulässig ist.
Auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers war daher nicht mehr einzugehen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Maga. Sigrid Ellmer