LVwG-650683/7/Sch/HG

Linz, 14.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Säumnisbeschwerde der Marktgemeinde G, vertreten durch die E H Rechtsanwalts GmbH, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Landeshauptmann von Oberösterreich betreffend eine Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung am 11. Oktober 2016

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG wird die Säumnisbeschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

zu I.

 

1. Mit Schreiben vom 3. September 2015 stellte die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) an den Landeshauptmann von Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) einen Antrag auf Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG betreffend die Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x und Bahn-km x sowie Ersatzmaßnahmen (Straßenüberfahrtsbrücke bei Bahn-km x, LKW-Wendeplatz bei Bahn-km x und Ersatzweg von Bahn-km x bis Bahn-km x) der ÖBB-Strecke A – S im Gemeindegebiet der Marktgemeinde G. Die Bf stellte im Einzelnen die Anträge, der Landeshauptmann von Oberösterreich möge als Eisenbahnbehörde

·         eine mündliche Verhandlung abhalten und die Kostenmasse ermitteln

·         und aussprechen, dass die Bf für die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen  einen Anteil von 0 % zu tragen hat,

·         in eventu aussprechen, dass die Bf im Hinblick auf die Auflassung der Eisenbahnkreuzung in Bahn-km x einen Anteil zwischen 0 % und 18 % und im Hinblick auf die Auflassung der Eisenbahnkreuzung in Bahn-km x einen Anteil zwischen maximal 2 % und 10 % zu tragen hat,

·         und darüber absprechen, ob die Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x und Bahn-km x, wenn sie nicht aufgelassen worden wären, unter Vorschreibung einer anderen als der bisherigen Sicherungsart an das Schutzniveau der EisbKrV anzupassen gewesen wären und wenn ja, welche Kosten die Bf in diesem Fall zu tragen gehabt hätte.

 

Diesen Antrag auf Kostenentscheidung setzte die belangte Behörde bis zur Klärung einer Vorfrage gemäß § 38 AVG mit Bescheid vom 16. September 2015, Verk-720.357/52-2015-Aum/Gru, aus. Gegen diesen Aussetzungsbescheid erhob die Bf Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, welches den Bescheid mit Erkenntnis vom 20. November 2015, LVwG-650507/2/SCH/CG, behob.

 

In der Folge forderte die belangte Behörde mit Schreiben von 4. Dezember 2015 das betroffene Eisenbahnunternehmen zur Abgabe einer Stellungnahme bezüglich des Antrags auf Kostenentscheidung auf. Die Stellungnahme des Eisenbahnunternehmens vom 11. Jänner 2016, in welchem dieses mitteilte, die Behörde möge die Anträge der Bf abweisen bzw. zurückweisen und feststellen, die Bf hat für die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x und Bahn-km x einen Anteil von 50 % und für die Ersatzmaßnahme Straßenüberfahrtsbrücke einen Anteil von 25% der Kosten zu tragen, wurde mit Schreiben vom 18. Jänner an die Bf übermittelt. Die Bf antwortete darauf mit Schreiben vom 10. Februar 2016, in welchem die ursprünglich eingebrachten Anträge wiederholt wurden.

 

Mit Schreiben vom 15. Februar 2016 wurde schließlich die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH von der belangten Behörde um die Erstattung eines Gutachtens gemäß § 48 Abs. 4 EisbG ersucht, da sich die Behörde bei der Kostenfestsetzung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG einer Sachverständigenkommission zu bedienen hat, deren Geschäftsführung der Schieneninfrastruktur-Dienst­leistungsgesellschaft mbH obliegt.

 

Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 stellte auch das Eisenbahnunternehmen einen Antrag auf Kostenaufteilung gemäß § 49 Abs. 2 iVm. § 48 Abs. 2 – 4 EisbG für die Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x und x (in Einvernehmen mit dem Landeshauptmann von Niederösterreich) sowie für die Eisenbahnkreuzungen in Bahn-km x, x, x und x. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 12. Juli 2016 von der belangten Behörde an die Schienen­infrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH mit dem Ersuchen weitergeleitet, den Antrag in das laufende Verfahren miteinzubeziehen.

 

Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 übermittelte die Bf eine Stellungnahme zum Antrag des Eisenbahnunternehmens und erklärte, dass sie der Einbeziehung sämtlicher Eisenbahnkreuzungen in das Gutachten grundsätzlich positiv gegenüber­stehe, sofern damit keine weiteren Verzögerungen des bisher anhängig gemachten Verfahrens verbunden sind.

 

2. Mit Schreiben vom 15. Juli 2016, also zeitgleich mit der oben angeführten Stellungnahme zum Antrag des Eisenbahnunternehmens, erhob die Bf Säumnisbeschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 3 und Art 132 Abs. 3 B-VG betreffend den Antrag auf Kostenentscheidung vom 3. September 2015. Die Bf stellte darin die Anträge, die belangte Behörde möge

·         innerhalb der gesetzlichen Frist zur Nachholung des Bescheids über den Antrag der Bf entscheiden und diesen entsprechend dem Antrags­vorbringen behandeln

·         in eventu diese Säumnisbeschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorlegen, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge eine mündliche Verhandlung durchführen und in Stattgebung dieser Säumnis­beschwerde über den Antrag auf Kostenentscheidung gemäß § 48 Abs. 3 EisbG entsprechend dem Antragsvorbringen entscheiden.

 

Auf Anfrage der belangten Behörde bei der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH teilte der Vorsitzende der Sachverständigen­kommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG am 28. Juli 2016 telefonisch mit, dass der Antrag zwar seit 5 Monaten vorliege, jedoch erst Stellungnahmen der Verkehrsträger eingeholt werden müssen, sodann eine Sitzung mit 3 anderen Sachverständigen anberaumt werden müsse und erst danach ein Gutachten erstellt werden könne. Der Vorsitzende der Kommission sagte nach Hinweis durch die belangte Behörde auf die Dringlichkeit und Wichtigkeit des gegenständlichen Verfahrens zu, den Fall noch heuer zu erledigen, wies jedoch darauf hin, dass es noch Rückstände der Kommission auf Grund anderer und früher eingebrachter Anträge gibt, welche ebenfalls abzuarbeiten sind.

 

3. Da sich die belangte Behörde auf Grund der verpflichteten Einbeziehung des Gutachtens gemäß § 48 Abs. 4 EisbG und der daraus noch zu erwartenden Verzögerung des Verfahrens außer Stande sah, die Entscheidung binnen der gesetzlich vorgesehenen Nachfrist von 3 Monaten nachzuholen, legte sie den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 2. August 2016 vor.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das Beschwerdevorbringen und die öffentliche mündliche Verhandlung am 11. Oktober 2016.

 

Bei der mündlichen Verhandlung am 11. Oktober 2016 brachte die Bf im Wesentlichen ergänzend vor, dass von mehreren Gemeinden Verfahren im Hinblick auf die Kostentragung bei der Kommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG anhängig sind und dass zwar die Behörden bei der Kommission urgieren, aber ganz offenkundig ohne Erfolg. Es entsteht der Eindruck, dass die Mitglieder der Kommission nicht in der Lage sind, sich zu treffen. In diesem Sinne wäre eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes hilfreich und geboten, um die Angelegenheit allenfalls an den Verfassungsgerichtshof in der Form heranzutragen, als die Behörde alternativ zur erwähnten Kommission auch einen privaten Sachverständigen beiziehen kann. Besonders hervorzuheben ist auch, dass aufgrund der gesetzlichen Regelung eine allfällige Rechnung der ÖBB zu bezahlen wäre, und zwar die Hälfte der Kosten, erst später könnte dann eine andere Aufteilung erreicht werden. Im vorliegenden Fall ist aber von der ÖBB noch keine Rechnung gestellt worden, die finanzielle Situation der Gemeinde würde eine solche Zahlung auch nicht zulassen. Abschließend sei nochmals festzustellen, dass aus Sicht der Bf die Kommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG grundsätzlich der Behörde zuzurechnen sei, weshalb Säumnis vorliege.

 

5. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde (Säumnisbeschwerde).

 

Gemäß § 8 Abs. 1 VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß Art. 132 Abs. 3 B-VG kann wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltend­machung der Entscheidungspflicht berechtigt zu sein behauptet.

 

Die für das gegenständliche Verfahren maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über Eisenbahnen, Schienenfahrzeuge auf Eisenbahnen und den Verkehr auf Eisenbahnen (Eisenbahngesetz 1957 - EisbG), BGBl. Nr. 60/1957, in der Fassung BGBl. I Nr. 137/2015, lauten:

 

„Bauliche Umgestaltung von Verkehrswegen, Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge

 

Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung

 

§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:

1.

an einer bestehenden Kreuzung zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, wenn dies zur besseren Abwicklung des sich kreuzenden Verkehrs erforderlich und den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar ist;

2.

die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.

Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.

(2) Sofern kein Einvernehmen über die Regelung der Kostentragung zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast erzielt wird, sind die Kosten für die bauliche Umgestaltung der bestehenden Kreuzung, für die im Zusammenhang mit der Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder allenfalls erforderliche Durchführung sonstiger Ersatzmaßnahmen, deren künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung je zur Hälfte vom Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu tragen. Die Kosten für die im Zusammenhang mit der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erforderlichen Abtragungen und allenfalls erforderlichen Absperrungen beiderseits der Eisenbahn sind zur Gänze vom Eisenbahnunternehmen zu tragen. Die Festlegung der Art und Weise allenfalls erforderlicher Absperrungen beiderseits der Eisenbahn hat im Einvernehmen zwischen dem Eisenbahnunternehmen und dem Träger der Straßenbaulast zu erfolgen.

(3) Falls es das Eisenbahnunternehmen oder der Träger der Straßenbaulast beantragen, hat die Behörde ohne Berücksichtigung der im Abs. 2 festgelegten Kostentragungsregelung zu entscheiden,

1.

welche Kosten infolge der technischen Anpassung der baulichen Umgestaltung (Abs. 1 Z 1) im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der Kreuzung erwachsen, oder

2.

welche Kosten für eine allfällige Umgestaltung des Wegenetzes oder für die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen im verkehrsmäßigen Ausstrahlungsbereich der verbleibenden oder baulich umzugestaltenden Kreuzungen zwischen Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits infolge der Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges erwachsen,

und demgemäß in die Kostenteilungsmasse einzubeziehen sind und in welchem Ausmaß das Eisenbahnunternehmen und der Träger der Straßenbaulast die durch die bauliche Umgestaltung oder durch die Auflassung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges und die durch die künftige Erhaltung und Inbetriebhaltung der umgestalteten Anlagen oder durchgeführten Ersatzmaßnahmen erwachsenden Kosten zu tragen haben. Diese Festsetzung ist nach Maßgabe der seit der Erteilung der Baugenehmigung für die Kreuzung eingetretenen Änderung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der durch die bauliche Umgestaltung der Verkehrswege, der durch die nach Auflassung verbleibenden oder im Zusammenhang mit der Auflassung baulich umgestalteten Kreuzungen, des umgestalteten Wegenetzes und der durchgeführten Ersatzmaßnahmen erzielten Verbesserung der Abwicklung des Verkehrs auf der Eisenbahn oder des Straßenverkehrs, der hierdurch erzielten allfälligen Ersparnisse und der im Sonderinteresse eines Verkehrsträgers aufgewendeten Mehrkosten zu treffen. Eine derartige Antragstellung ist nur innerhalb einer Frist von drei Jahren ab Rechtskraft einer Anordnung nach Abs. 1 zulässig. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die vom Eisenbahnunternehmen und vom Träger der Straßenbaulast zu tragenden Kosten gilt die im Abs. 2 festgelegte Kostentragungsregelung.

(4) Die Behörde hat sich bei der Kostenfestsetzung des Gutachtens einer Sachverständigenkommission zu bedienen. Die Geschäftsführung der Sachverständigen­kommission obliegt der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH. Die Sachverständigenkommission besteht aus einem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Für jedes Mitglied ist ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Mitglieder und die Ersatzmitglieder sind vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie zu bestellen. Der Vorsitzende (Ersatzmitglied) muss rechtskundig sein. Von den weiteren Mitgliedern muss eines eine technische Fachperson des Eisenbahnwesens sowie eines eine technische Fachperson des Straßenwesens sein. Bei Kreuzungen mit Straßen, die nicht Bundesstraßen sind, soll die Fachperson des Straßenwesens mit dem Straßenwesen des in Betracht kommenden Landes besonders vertraut sein. Die Mitglieder der Sachverständigenkommission haben Anspruch auf Ersatz der angemessenen Reisekosten und Barauslagen sowie auf ein Sitzungsgeld. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen unter Bedachtnahme auf den Umfang der von der Sachverständigenkommission wahrzunehmenden Gutachtenstätigkeit durch Verordnung pauschalierte Beträge für das Sitzungsgeld der Mitglieder festlegen.“

 

6. Ein Antrag gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG ist zulässig, wenn die Behörde nicht innerhalb einer Frist von 6 Monaten entschieden hat, eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist ist im Eisenbahngesetz 1957 nicht vorgesehen.

 

Der Antrag der Bf vom 3. September 2015 ist am 7. September 2015 bei der belangten Behörde eingelangt. Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 hat die Bf Säumnisbeschwerde erhoben. Da die Bf den ursprünglichen Antrag gestellt hat, war sie auch zur Erhebung der Säumnisbeschwerde berechtigt (vgl. VwGH vom 27.04.2006, 2003/16/0506). Die belangte Behörde hat den ursprünglichen Antrag zwar gemäß § 38 AVG ausgesetzt, dieser Aussetzungsbescheid wurde jedoch mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 20. November 2015 behoben. Unbeschadet der vom Landesverwaltungsgericht behobenen Aussetzung des Verfahrens hat die belangte Behörde unzweifelhaft nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von 6 Monaten entschieden. Die Säumnis­beschwerde der Bf ist daher zulässig.

 

7. Eine Säumnisbeschwerde ist dann abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Ein solches Verschulden ist dann anzunehmen, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch ein schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde (vgl. etwa VwGH 22.12.2010, 2009/06/0134, mwN.).

 

Gründe für ein schuldhaftes Verhalten der Partei sind im gegenständlichen Verfahren nicht zu erkennen, es war daher zu prüfen, ob die belangte Behörde durch unüberwindliche Hindernisse von der Entscheidung abgehalten wurde.

 

Ein unüberwindliches, das Verschulden der Behörde ausschließendes Hindernis für die fristgerechte Erledigung der Sache liegt dann vor, wenn der Behörde trotz zweckentsprechender und zügiger Verfahrensführung eine Entscheidung vor dem Einlangen der Säumnisbeschwerde unmöglich gewesen ist (vlg. VwGH vom 31.01.2005, 2004/10/0218, bezüglich Devolutionsantrag).

 

Nach mehreren Verfahrensschritten, welcher Umstand zumindest keine Untätigkeit der belangten Behörde zu begründen vermag, wurde der Antrag der Bf schließlich mit Schreiben vom 15. Februar 2016 an die Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH mit dem Ersuchen um die Erstattung eines Gutachtens gemäß § 48 Abs. 4 EisbG weitergeleitet.

 

Ab diesem Zeitpunkt gab es, abgesehen von der Weiterleitung eines vom Eisenbahnunternehmen gestellten Antrags auf Kostenaufteilung, bis zum Einlangen der Säumnisbeschwerde am 19. Juli 2016 keine weiteren Tätigkeiten seitens der belangten Behörde gegenüber der Schieneninfrastruktur-Dienst­leistungsgesellschaft mbH, sondern die belangte Behörde hat das Gutachten der gesetzlich vorgesehenen Sachverständigenkommission abgewartet.

 

Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Tatsache, dass Sachverständigengutachten und Ermittlungsergebnisse erst nach längerer Zeit abgeliefert werden, für sich allein nicht geeignet, das Vorliegen eines unüberwindbaren Hindernisses zu begründen. Es ist Aufgabe der Behörde, mit Sachverständigen und anderen in das Verfahren Involvierten sachlich begründete Termine zu vereinbaren, deren Einhaltung zu überwachen und bei Nichteinhaltung entsprechende Schritte zu setzen (vgl. VwGH vom 21.09.2007, 2006/05/0145).

 

Daraus könnte allenfalls eine gewisse „Urgenzpflicht“ der Behörde beim Sachverständigen abgeleitet werden. Demgegenüber stellt sich allerdings ... die Frage, ob Urgenzen gegenständlich den Ablauf der Entscheidungsfrist hätten verhindern können, welche nach Lage der Dinge nahezu mit Gewissheit zu verneinen ist.

 

Wie sich aus einem Telefonat der belangten Behörde mit dem Vorsitzenden der Sachverständigenkommission am 28. Juli 2016 nämlich ergeben hat, war die Kommission im Zeitpunkt der Säumnisbeschwerde mit anderen Verfahren gemäß § 48 Abs. 2 bis 4 EisbG im Rückstand, welche vor dem gegenständlichen Antrag eingebracht worden sind. Der Vorsitzende teilte der belangten Behörde mit, dass er sich bemühen werde, noch im heurigen Jahr die Kommission einzuberufen und ein Gutachten zu erstellen.

 

Da diese Kommission gesetzlich vorgesehen ist, war es für die belangte Behörde auch nicht möglich, sich eines anderen Sachverständigen zu bedienen, noch hatte sie eine Möglichkeit, auf die Reihenfolge der Abwicklung der anhängigen Verfahren einen Einfluss zu nehmen.

 

Die Verzögerung der Schieneninfrastruktur-Dienstleistungsgesellschaft mbH bzw. der von ihr geführten Sachverständigenkommission kann daher auch nicht der Sphäre der belangten Behörde zugerechnet werden. Auch wenn sich Behörden etwaige Verzögerungen anderer Behörden, etwa bei der Übermittlung von Akten (vgl. dazu VwGH vom 3.10.1991, 88/07/0035), zurechnen lassen müssen, ist diese Rechtsprechung nicht ohne weiteres auf das vorliegende Verfahren übertragbar. So handelt es sich bei der Kommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG um eine gesetzlich vorgesehene, bundesweite Stelle, deren Gutachten für alle Eisenbahnbehörden in Österreich, welche über Anträge gemäß § 48 Abs. 3 EisbG zu entscheiden haben, eine unbedingt notwendige Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides ist. Ein Engpass bei dieser Sachverständigen­kommission kann deshalb aus Sicht des erkennenden Gerichtes nicht der einzelnen Eisenbahnbehörde als Verschulden angelastet werden.

 

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass für die belangte Behörde eine Entscheidung vor dem Einlangen der Säumnisbeschwerde auch bei zweck­entsprechender und zügiger Verfahrensführung nicht möglich gewesen wäre und die belangte Behörde daher kein überwiegendes Verschulden für die gegenständliche Verzögerung des Verfahrens trifft.

 

8. Zu den Ausführungen der Bf, dass es aus ihrer Sicht verfassungswidrig sei, dass sich die Behörde der Sachverständigenkommission gemäß § 48 Abs. 4 EisbG bedienen müsse und keinen nichtamtlichen Sachverständigen in ähnlicher Weise befassen kann, wie dies allgemein in § 52 Abs. 2 und Abs. 3 AVG geregelt ist, sind beim erkennenden Landesverwaltungsgericht keine Bedenken an der Verfassungskonformität der Bestimmungen des Eisenbahngesetzes entstanden: Die Beauftragung einer Sachverständigenkommission ist in ähnlicher Form bereits in der Stammfassung des Eisenbahngesetzes vorgesehen. Die Erstellung eines Gutachtens durch eine eigene Kommission kann im Hinblick auf die Besonderheit der Materie zweckmäßig sein und nicht ohne weiteres durch das Gutachten eines oder mehrerer nichtamtlicher Sachverständiger ersetzt werden.

 

9. Es war somit im Ergebnis die Säumnisbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

 

zu II.

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil es bezüglich der Zurechnung einer wie im Eisenbahngesetz 1957 vorgesehenen Sachverständigenkommission zur Sphäre der belangte Behörde bei einer Geltendmachung der Verletzung der Entscheidungspflicht an Rechtsprechung fehlt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Schön

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 8. Juni 2017, Zl.: E 3024/2016-13

Beachte:

Vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben.

VwGH vom 20. März 2018, Zl.: Ro 2017/03/0033-3