LVwG-750391/3/Sr/HG

Linz, 17.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde von B R, geb. x, StA Serbien, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23. August 2016, GZ: Pol18-6336, mit dem ein Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger“ abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm. § 47 Abs. 3 und § 20 Abs. 1 NAG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als der Beschwerdeführerin die "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" für zwölf Monate erteilt wird.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 23. August 2016, GZ: Pol18-6336, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) vom 13. Juli 2016 auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 iVm. § 11 Abs. 2 Z  1, Abs. 4, Abs. 2 Z 4 und Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz abgewiesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde darin wie folgt aus:

 

"Sie haben am 13.07.2016 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land einen Erstantrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" eingebracht.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21.07.2016, nachweislich hinterlegt am 23.07.201, wurden Sie über das Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und Ihnen mitgeteilt, dass die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beabsichtigt, Ihren Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" abzuweisen.

 

Mit Schreiben vom 04.08.2016 haben Sie Folgende Stellungnahme abgegeben:

„Ich habe am 13.07.2016 bei der BH Linz Lande den Antrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" eingebracht. Mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme von 21.07.2016 ist es festgestellt, dass ich die Voraussetzungen laut § 45 Abs. 3 zur Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" nicht erfühle und das BH Linz Land beapsicht meinen Antrag abzuweisen, gegen den oben angeführten Ergebnis der Beweisaufnahme gebe ich innerhalb offener Frist die Stellungnahme und begründe diese wie folgt: In den oben angeführten Bescheid ist angegeben dass ich nicht einen glaubhaften Nachweis über häuslicher Gemeinschaft mit meiner Mutter habe und das ich in unseren Herkunftsstaat von ihr keinen Unterhalt bezogen habe. Ich habe in Serbien immer in Familienhaus meinen Eltern gelebt und weil ich dort studiert und nach dem Studium arbeitslos war, haben meine Eltern den Unterhalt für mich geleistet. Ich erwähne noch einmal, dass meine ganze Familie in Österreich lebt (Mutter, Vater und Bruder). Die besuchten mich regelmässig in Serbien und gäben mir dabei immer größere Summen, die dienten meinen Unterhalt für ein paar Monaten. Weiters, dass in Haftungserklärung eingegebene Einkommen meiner ist Mutter nicht tragfähig. Meine Eltern sind verheiratet und leben gemeinsam. Monatliche Familieneinkommen beträgt ca. € 3.000,-

Beweis: Lohnzettel, Privathaushaltsbestätigung, Heiratsurkunde.

Aus angeführten Gründen ersuche ich Sie mir eine Niederlassungsbewilligung-Angehöriger nach § 47 Abs-3 Z3 zu erteilen. Ich bitten um Verständnis für meine Situation, und hoffen auf eine positive Erledigung meines Anliegen."

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere aus den Ihrem Antrag beigefügten Unterlagen.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

[Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtsvorschriften setzt die belangte Behörde fort:]

 

Durch die demonstrative Aufzählung von „Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen" soll verdeutlicht werden, dass die individuelle Situation des Antragstellers oder des im Falle einer Familienzusammenführung für ihn Aufkommenden, die Höhe der erforderlichen Unterhaltsmittel beeinflusst, weshalb die tatsächliche Höhe der Lebensführungskosten als relevanter Faktor mit zu berücksichtigen ist.

 

Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen sind daher vom (Netto)Einkommen in Abzug zu bringen, jedoch nur insoweit, als sie ziffernmäßig über dem in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG genannten „Freibetrag" liegen und schmälern insofern die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel.

 

Da der Aufenthalt eines Fremden gem. § 11 Abs. 2 Z4 NAG zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen darf, müssten Ihre Eltern ein monatliches Einkommen erzielen, das über dem derzeit geltenden ASVG-Richtsatz liegt und zudem Kosten für den Wohnungsaufwand und eventuelle Kredite abdeckt. Der Richtsatz für ein Ehepaar und eine erwachsene Einzelperson beträgt im Jahr 2016 Euro 2.206,36 (1.323,58 + 882,78) monatlich. Aus den vorgelegten Unterlagen Ihrer Eltern ist ersichtlich, dass diese ein monatliches Durchschnittseinkommen von ein Euro 2.714,80 erwirtschaften. Die Mietbelastungen belaufen sich auf 320,00 Euro monatlich, nach Abzug des Wertes der freien Station bleibt ein Restbetrag von 37,94 Euro/monatlich, wobei davon auszugehen ist, dass die monatliche Mietbelastungen höher sind, da keine Nachweise über die aktuelle Miethöhe erbracht wurden. Die monatlichen Kreditbelastungen belaufen sich auf 969,76 Euro. Nach Abzug der Miete und der monatlichen Kreditbelastungen bleibt ein gesamtes verfügbares Einkommen von 1.707,10 Euro/monatlich. Wie oben dargestellt, beträgt der Richtsatz für ein Ehepaar und eine erwachsene Person 2.206,36 Euro/monatlich. Somit bleibt ein monatlicher Differenzbetrag von -499,26 Euro.

 

Aus diesem Grund besteht die begründete Gefahr, dass Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen wird. Des Weiteren gefährdet dieser Mangel an Unterhaltsmittel die öffentliche Ordnung und Sicherheit (vgl. ua. VwGH 30.01.2007, 2006/18/0448).

 

Im oben zitierten Erkenntnis führt der VwGH aus, dass nach ständiger Judikatur aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der finanziellen Belastung der Republik Österreich und die Gefahr der illegalen Beschaffung der Mittel zum Unterhalt resultiert. Vermag ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen, so ist sowohl der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 NAG als auch der Versagungsgrund des Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 leg.cit. erfüllt. Dass dieser Mangel an Unterhaltsmitteln die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet, ergibt sich im Übrigen auch aus § 60 Abs. 2 Z 7 iVm Abs. 1 Z 1 FPG.

 

[Nach Wiedergabe der Rechtsvorschriften betreffend einer Erteilung trotz Vorliegen eines Erteilungshindernisses, wenn dies im Sinne des Art 8 EMRK geboten ist, setzt die belangte Behörde fort:]

 

Sie haben Ihr gesamtes Leben in Ihrem Heimatland verbracht. Auch die Schulbildung und Ihr Studium haben Sie dort absolviert. Es sind keine Tatsachen geltend gemacht worden, die auf eine besondere Integration in Österreich hindeuten würden.

 

Nach Prüfung Ihres Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK kommt die hs. Niederlassungsbehörde zum Ergebnis, dass die Abweisung Ihres Antrages zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten und somit zulässig ist.

 

Aus den oben genannten Gründen war Ihr Antrag auch abzuweisen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. Mit Schreiben vom 19. September 2016 erhob die Bf in rechtsfreundlicher Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

 

"I. Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.8.2016, GZ. Poll8-6336, zugestellt am 24.8.2016, erhebe ich durch meinen bevollmächtigten Vertreter in offener Frist

 

Beschwerde

 

an das Landesverwaltungsgericht wegen Gesetzeswidrigkeit und stelle die

 

Anträge,

 

das LVwG möge:

 

a. eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen; sowie

b. den hier angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 23.8.2016, GZ. Poll8-6336, zugestellt am 24.8.2016, dahingehend abändern, dass mir die beantragte „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" erteilt und ausgestellt wird; oder

c. den Bescheid der belangten Behörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.

 

II. Zur Begründung führe ich aus:

 

Ich habe am 13. Juli 2016 bei der BH Linz-Land einen Erstantrag auf Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" eingebracht. Dieser Antrag wurde aus dem Grund abgewiesen, weil meine Eltern anscheinend über kein ausreichendes Einkommen verfügen. Der monatliche Durchschnittsgehalt meines Vaters wird von der belangten Behörde mit EUR 1.323,58 und das meiner Mutter mit EUR 882,78 beziffert. Im Hinblick auf die vorgelegten Lohnzettel erscheinen diese Beträge als falsch:

 

Es ist unbestritten, dass die Wohnungsmiete EUR 350,- (inkl. 10% USt) und die monatlichen Kreditraten EUR 969,76 betragen.

 

Wie es allerdings aus den letzten drei Lohnzetteln meines Vaters ersichtlich ist, hat er im Juni 2016 EUR 4.590,41 (inkl. Urlaubszuschuss), im Juli 2016 EUR 2.150,92 und im August 2016 EUR 2.296,58 verdient. Wenn man das niedrigste Einkommen iHv 2.150,92 mit 14 multipliziert und mit 12 dividiert, kommt man auf ein monatliches Durchschnittseinkommen von EUR 2.509,41.

 

Doch auch hinsichtlich des monatlichen Durchschnittseinkommens meiner Mutter hat sich die belangte Behörde geirrt. Im Juni 2016 verdiente sie EUR 1.762,75 (inkl. Urlaubszuschuss), im Juli 2016 EUR 1.003,47 und im August 2016 EUR 1.095,42. Wenn man den niedrigsten Betrag von EUR 1.003,47 mit 14 multipliziert und mit 12 dividiert, ergibt das ein monatliches Durchschnittseinkommen von EUR 1.170,72.

 

Insgesamt verdienen meine Eltern daher durchschnittlich EUR 3.680,13 im Monat und nicht, wie es von der belangten Behörde festgestellt wurde, EUR 2.714,80. Abzüglich der monatlichen Kreditraten und der Wohnungsmiete (abzüglich der freien Station) ergibt das einen Betrag von EUR 2.642,43, der meinen Eltern frei zur Verfügung steht.

 

In Anbetracht des ASVG-Richtsatzes für ein Ehepaar und einen Erwachsenen (insgesamt EUR 2.206,36) können meine Eltern ein deutlich höheres Einkommen nachweisen. Auch wenn man bei meinem Vater den Umstand berücksichtigt, dass er jeweils am Jahresanfang zwei Monate arbeitslos gemeldet sein könnte, so ergibt sein monatliches Durchschnittseinkommen einen Betrag von EUR 2.150,92 (2.150,92 multipliziert mit 12 - inkl 11. und 12. Monatsgehalt als Sonderzahlung, dividiert durch 12), wobei das Arbeitslosengeld nicht mitberücksichtigt wird. Das ergibt einen insgesamt frei zur Verfügung stehenden Betrag in Höhe von EUR 2.283,94. Bei meiner Mutter ist davon auszugehen, dass sie ununterbrochen beschäftigt sein wird.

 

Aufgrund dessen besteht keine begründete Gefahr, dass mein Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich zu einer finanziellen Belastung einer öffentlichen Gebietskörperschaft führen wird. Es wird auch weder die öffentliche Ordnung, noch die öffentliche Sicherheit gefährdet.

 

Da ich sohin sämtliche gesetzliche Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel besitze, hätte mir dieser auch erteilt werden müssen."

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 27. September 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde­vorbringen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Die Bf ist 30 Jahre alt und Staatsangehörige der Republik Serbien. Ihre Mutter, Frau B R, ist österreichische Staatsbürgerin.

 

Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der Mutter der Bf beträgt unter Berücksichtigung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes etwa 1.101,05 Euro, das des Vaters der Bf etwa 2.428,23 Euro.

 

Die Eltern der Bf haben eine monatliche Mietbelastung (inkl. Betriebskoten) in der Höhe von 425,00 Euro und Verpflichtungen aus Kreditrückzahlungen in der Höhe von etwa 969,76 Euro pro Monat.

 

 

II.             

 

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Akt. Die Berechnung des Einkommens der Eltern der Bf konnte auf Grund der im Akt einliegenden Lohnzetteln sowie Einkommenssteuer­bescheiden vorgenommen werden. Die Berechnung der monatlichen Verpflichtungen zu den Kreditrückzahlungen ergab sich aus dem im Akt einliegenden Berechnungsblatt der belangten Behörde und wurde von der Bf auch nicht bestritten. Ebenso wurde ein Mietvertrag samt einer Bestätigung, dass sich der Mietzins nicht erhöht hat, vorgelegt.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und in der Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung auch im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, konnte von der Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

III.            

 

1. Gemäß § 3 Abs. 2 NAG iVm. § 3 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

2. Gemäß § 8 Abs. 1 Z 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2015, berechtigt der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ zur befristeten Niederlassung ohne Ausübung einer Erwerbstätigkeit; die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur auf Grund einer nachträglichen quotenpflichtigen Zweckänderung erlaubt.

 

Gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2015, kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a) die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,

b) die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder

c) bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.

 

Gemäß § 47 Abs. 1 sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Gemäß § 11 Abs. 2 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte

5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6. der Fremd im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

 

Gemäß § 11 Abs. 4 NAG widerstreitet der Aufenthalt eines Fremden dem öffentlichen Interesse, wenn

1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden würde oder

2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Gemäß § 11 Abs. 5 NAG führt der Aufenthalt eines Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Abs. 2 Z 15 oder 18), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 NAG sind, sofern nicht anderes bestimmt ist, befristete Aufenthaltstitel für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum auszustellen, es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer der Aufenthaltstitel beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht hat seine Entscheidung an der im Zeitpunkt ihrer Erlassung maßgeblich Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076). Daher sind auch die aktuellen Unterlagen betreffend das Gehalt der Eltern miteinzubeziehen.

 

Dem Ermittlungsverfahren und dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass die belangte Behörde ausschließlich eine mögliche finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft als Erteilungshindernis gesehen hat. Betreffend den unbestritten vorliegenden Erteilungsvoraussetzungen ist der belangten Behörde zu folgen. Somit bleibt lediglich zu prüfen, ob die Erteilung des beantragten Titels zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen würde.

 

Für die Feststellung, ob der Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen kann ist auf die Haushaltsrichtsätze gemäß § 293 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) abzustellen. Die relevanten Richtsätze für das Jahr 2016 lauten:

 

 

Euro

Für Einzelpersonen:

882,78

Für Ehegatten:

1.323,58

Freie Station:

282,06

 

Die notwendigen Unterhaltsmittel für die Bf und ihre Eltern belaufen sich daher auf 2.206,36 Euro (1.323,58 für die Eltern + 882,78 für die volljährige Bf).

 

4. Bei der Berechnung des monatlichen Nettoeinkommens muss es sich um feste und regelmäßige Einkünfte handeln. Folglich sind Urlaubs- oder Weihnachtsgeld (da fest und regelmäßig), sowie andere regelmäßige Sonderzahlungen (wie z.B. regelmäßige Überstunden) bei der Unterhaltsberechnung zu berücksichtigen.

 

 

 

Das monatliche Einkommen des Vaters der Bf ergibt sich im Detail wie folgt:

 

Der Vater ist offensichtlich im Zeitraum von Jänner bis ca. Mitte März branchen­bedingt jedes Jahr arbeitslos gemeldet. Für diesen Zeitraum wird der vorliegende Arbeitslosenbezug aus dem Jahr 2015 in der Höhe von 3.727,62 Euro herangezogen. Die verbleibenden Tage im März können dem Gehaltszettel vom März 2016 entnommen werden (731,32 Euro). Festzustellen ist, dass die Anzahl der Tage im März, in denen er 2016 nicht gearbeitet hat, mit der Anzahl der Tage im März 2015, für welche der Vater Arbeitslosengeld bezogen hat, übereinstimmt. Für den Zeitraum von Jänner bis März kann daher ein Einkommen von 4458,94 Euro (3.727,62 + 731,32) angenommen werden.

 

Bezüglich der Monate, in denen Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld bezogen wird, wird der Juni 2016 herangezogen, in dem der Vater einen Urlaubszuschuss erhalten hat. Da die Höhe des Weihnachtsgeldes in etwa der Höhe des Urlaubs­geldes entspricht, wird das Einkommen für Juni 2016 in der Höhe von 4.590,41 Euro zweimal eingerechnet.

 

Bezüglich der verbleibenden 7 Monate eines Jahres wird das Durchschnittsgehalt der Monate April (2.134,04 Euro), Mai (2.275,02 Euro), Juli (2.150,92 Euro) und August (2.296,58), jeweils 2016, herangezogen. Dies ergibt für diese Zeitspanne ein durchschnittliches Monatsgehalt von 2214,14 Euro.

 

Somit ergibt sich als durchschnittliches Monatseinkommen ein Betrag von (4458,94 + 2 * 4.590,41 + 7 * 2214,14) / 12, somit 2428,23 Euro.

 

Das monatliche Einkommen der Mutter der Bf ergibt sich im Detail wie folgt:

 

Der Monat Juni 2016 wird für die Bemessung bezüglich der Monate, in denen Weihnachts- bzw. Urlaubsgeld bezogen wird, herangezogen. Somit wird der Betrag von 1762,75 Euro zweimal eingerechnet.

 

Für die restlichen 10 Monate eines Jahres wird der Durchschnitt aus den Monaten April (828,64 Euro) Mai (947,31 Euro), Juni (1.762,75), Juli (1.003,47 Euro) und August (1.095,42 Euro), jeweils 2016, herangezogen. Dies ergibt für diese Zeitspanne ein durchschnittliches Monatsgehalt von 968,71 Euro.

 

Somit ergibt sich als durchschnittliches Monatseinkommen ein Betrag von (2 * 1.762,75 + 10 * 968,71) / 12, somit 1.101,05 Euro.

 

5. Die zu berücksichtigende Mietbelastung hat nicht nur den Hauptmietzins zu umfassen, sondern auch die im vereinbarten Pauschalmietzins enthaltenen Betriebskosten (vgl. ua. VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0346).

 

Bezüglich der Mietbelastung wurde von der Vermieterin bestätigt, dass der Betrag noch immer dem im Mietvertrag aus dem Jahr 2005 festgesetzte Mietzins in der Höhe von 352,00 Euro entspricht. Dieser Mietvertrag enthält auch noch pauschalierte Betriebskosten in der Höhe von 73,00 Euro, welche zu den Mietbelastungen hinzuzurechnen sind. Es ergibt sich somit ein Betrag in der Höhe von 425,00 Euro, der als monatliche Mietbelastung anzusetzen ist.

 

6. Für das gegenständliche Verfahren ergibt sich somit ausgehend von den oben dargestellten monatlichen Einkünften und Belastungen folgende Rechnung:

 

 

Euro

Einkommen des Vaters der Bf:

2.428,23

Einkommen der Mutter der Bf:

1.101,05

abzgl. Miete und Betriebskosten:

- 425,00

abzgl. Kreditbelastung

- 969,76

Berücksichtigung der freien Station:

282,06

Verfügbare Mittel:

2.416,58

 

Bei einer Gegenüberstellung der Unterhaltsmittel nach den Haushaltsrichtsätzen gemäß § 293 ASVG von 2016 und den berechneten verfügbaren Mitteln ergibt sich somit eine Differenz von 210,22 Euro (2.416,58 - 2.206,36) zu Gunsten der Bf. Der Aufenthalt der Bf wird somit zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Wie bereits oben dargestellt, liegen die weiteren Erteilungsvoraussetzungen unbestritten vor. Eine nochmalige Prüfung konnte daher unterbleiben.

 

7. Der beantragte Aufenthaltstitel ist gemäß § 8 Abs. 1 Z 6 NAG befristet zu erteilen, wobei dies gemäß § 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten beginnend mit dem Ausstellungsdatum zu erfolgen hat.

 

8. Es war also im Ergebnis der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ befristet auf 12 Monate zu erteilen und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

IV.          Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Christian Stierschneider