LVwG-850565/17/BMa/BZ
Linz, 28.09.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde der M K, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. W N, Dr. T K, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 6. Februar 2016, GZ: Ge20-215-2015-Bck miterl. Wa10-130-2015-Bck (mitbeteiligte Partei: R K), hinsichtlich der Erteilung der geweberechtlichen Bewilligung den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 6. Februar 2016, GZ: Ge20-215-2015-Bck miterl.
Wa10-130-2015-Bck, wurde R K (in der Folge: mitbeteiligte Partei) die gewerbebehördliche Genehmigung für die Erweiterung der bestehenden Betriebsanlage durch Neubau einer X-halle mit X-platz und Flugdach, Befestigung von X-Stellplätzen, Abbruch einer X-halle, Auflassung des bestehenden X-platzes und Verwendung dieser Fläche als Abstellplatz für X, Errichtung einer pelletsbefeuerten Heizungsanlage auf dem Grundstück Nr. X, KG X, Marktgemeinde S, X, unter Vorschreibung von Betriebszeiten und Auflagen sowie die wasserrechtliche Bewilligung für die Versickerung von Niederschlagswässern und zur Errichtung und zum Betrieb der hierzu dienenden Anlagen, befristet, unter Festsetzung des Maßes der Wasserbenutzung und Vorschreibung von Auflagen erteilt.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom
25. Februar 2016, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Sache zur Verfahrensergänzung, in eventu die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Anträge der mitbeteiligten Partei abgewiesen werden, beantragt werden.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Bf als Partei vollständig übergangen worden sei. Sie sei Miteigentümerin oder berechtigte Anrainerin der gegenständlichen Grundstücke. Die Bf hätte sich zur Gänze gegen das beantragte Projekt ausgesprochen. Ihre Einwendungen, Rechte und Interessen wären weder aufgenommen noch im Bescheid berücksichtigt worden. Sie sei als Partei vollständig ignoriert bzw. übergangen worden. Das zu Grunde liegende Verwaltungsverfahren sei qualifiziert mangelhaft und neu durchzuführen und der erlassene Bescheid sei formell und inhaltlich mangelhaft.
2.1. Die belangte Behörde hat die Beschwerde mit dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 31. März 2016 zur Entscheidung vorgelegt.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichterin.
2.2. Mit Schriftsatz vom 25. Mai 2016 hat die Bf aufgrund eines Verbesserungsauftrages des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 10. Mai 2016 eine Ergänzung/Verbesserung ihrer Beschwerde übermittelt, in dem im Wesentlichen ausgeführt wird, die Bf habe keine (ausreichende) Gelegenheit zur Stellungnahme bzw. zur Abgabe von Einwendungen gehabt. Ihre Einwendungen seien ignoriert worden. Darüber hinaus wurde in dem Schreiben die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten, die Gefährdung ihres Lebens, ihrer Gesundheit und ihres Eigentums geltend gemacht.
2.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt, die Beschwerde, den Schriftsatz der Rechtsmittelwerberin vom 25. Mai 2016 und am
14. September 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der rechtsfreundliche Vertreter der Bf, zwei Vertreterinnen der belangten Behörde und die mitbeteiligte Partei gekommen sind. Zeugenschaftlich wurden Bürgermeister Ing. G M H, F K und M K einvernommen.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
3.1. Es steht - in Ergänzung zu den Punkten 1.1. bis 2.2. dieses Erkenntnisses - folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt fest:
Die mitbeteiligte Partei beantragte unter Vorlage von Projektunterlagen die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Neubau einer X-halle mit X-platz und Flugdach sowie Befestigung von X-Stellplätzen, Abbruch einer X-halle, Auflassung des bestehenden X-platzes und Verwendung dieser Fläche als Abstellplatz für X sowie Errichtung einer pelletsbefeuerten Heizungsanlage. Diese Maßnahmen sind auf dem Grundstück Nr. X, KG X, geplant. Weiter beantragte die mitbeteiligte Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Versickerung von Oberflächenwässern auf dem Grundstück Nr. X, KG X.
Die Grundstücke Nr. X und X, jeweils KG X, stehen im Alleineigentum der mitbeteiligten Partei. Die Bf ist Miteigentümerin des Grundstückes Nr. X. Verfahrensgegenständlich sind keine Maßnahmen auf dem Grundstück Nr. X.
Die belangte Behörde hat über die o.a. Anträge am 1. Februar 2016 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Kundmachung vom 13. Jänner 2016 wurde der Bf nachweislich zugestellt und es wurde in der Kundmachung auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG hingewiesen.
Die Bf ist zur mündlichen Verhandlung gekommen.
Während der mündlichen Verhandlung hat die Bf keine Einwendungen erhoben, die eine Beeinträchtigung ihrer subjektiven Rechte darstellen würden. Die Bf hat - trotz Rechtsbelehrung durch die Verhandlungsleiterin - die mündliche Verhandlung ohne Protokollierung von Einwendungen sowie ohne nähere Darlegung ihrer Einwendungen verlassen. Die Bf hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie gegen das beantragte Vorhaben sei.
Das Vorbringen der Bf in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung, sie befürchte Umweltgefährdungen, bezieht sich auf eine Lackieranlage, die nicht verfahrensgegenständlich ist.
In der Verhandlungsschrift vom 1. Februar 2016 wurde unter den abschließenden Feststellungen der Verhandlungsleiterin protokolliert, dass die Bf die Verhandlung um 13.50 Uhr ohne Abgabe einer Stellungnahme verlassen habe.
3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt widerspruchsfrei aus dem Verwaltungsakt und den in den wesentlichen Punkten übereinstimmenden Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 14. September 2016 ergeben hat.
Vor allem der Zeuge Bürgermeister Ing. H hat einen glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Übereinstimmend haben beide Zeugen, die eine Aussage getätigt haben, angegeben, dass die Bf die mündliche Verhandlung am 1. Februar 2016 verlassen hat, ohne konkrete Einwendungen zu erheben.
3.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
3.3.1. Gemäß § 74 Abs. 2 Gewerbeordnung 1994 (GewO) dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
Nach § 356 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) in folgender Weise bekannt zu geben:
1. Kundmachung an der Amtstafel der Gemeinde (§ 41 AVG),
2. Verlautbarung auf der Internetseite der Behörde,
3. Anschlag auf dem Betriebsgrundstück und
4. Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern.
Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Anschlag im Sinne der Z 3 und 4 kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung erfolgen.
Gemäß § 42 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) hat die Kundmachung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.
3.3.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein Verlust der Parteistellung als Nachbar im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994 im Fall der Durchführung einer ordnungsgemäß kundgemachten Verhandlung in Verbindung mit dem Unterlassen der Erhebung von Einwendungen eintreten (vgl. VwGH
18. Februar 2015, Ra 2014/04/0014).
Eine Einwendung im Rechtssinn liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 18. Mai 2016, Ra 2016/04/0043) nur vor, wenn der Nachbar die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend macht, wobei die Erklärungen nicht nur ihrem Wortlaut nach, sondern auch nach ihrem Sinn zu beurteilen sind. An die Behörde gerichtete Erinnerungen bzw. Aufforderungen, ihrer amtswegigen Prüfpflicht nachzukommen, Befürchtungen bzw. Vermutungen, der Genehmigungswerber werde in Überschreitung des Konsenses weitere Tätigkeiten entfalten bzw. sich nicht an die Vereinbarungen halten, sind ebenso wie bloße Hinweise auf die von der Behörde bei Genehmigung zu beachtenden Punkte nicht als geeignete Einwendungen zu werten.
Es muss daher dem betreffenden Vorbringen jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechtes geltend gemacht wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist. Das heißt, es muss auf einen oder mehrere der im § 74 Abs. 2 Z 1, 2, 3 oder 5 GewO, im Falle des § 74 Abs. 2 Z 2 auf einen oder mehrere der dort vorgesehenen Alternativtatbestände (Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder „in anderer Weise“ auftretende Einwirkungen) abgestellt sein. Die Erlangung der Parteistellung durch Nachbarn im Sinne des § 356 Abs. 3 leg. cit. setzt daher das Vorliegen derart qualifizierter Einwendungen voraus; ein lediglich allgemein gehaltenes, nicht auf die konkreten Verhältnisse des Beteiligten abgestelltes Vorbringen stellt aber schon begrifflich keine Behauptung der Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes im Sinne des Rechtsbegriffes einer Einwendung dar (vgl. VwGH 28. Jänner 1997, 96/04/0240).
3.3.3. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde die Bf als Nachbarin der Betriebsanlage (im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO 1994) ordnungsgemäß mit Kundmachung vom 13. Jänner 2016, unter Hinweis auf die Präklusionswirkungen des § 42 Abs. 1 AVG, geladen und ist zur mündlichen Verhandlung am
1. Februar 2016 gekommen. Während dieser wurde sie von der Verhandlungsleiterin auf die Möglichkeit und das Erfordernis der Erhebung geeigneter Einwendungen hingewiesen.
Die Bf hat in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2016 nur Einwendungen hinsichtlich einer Lackieranlage geäußert, die aber nicht verfahrensgegenständlich war. Darüber hinaus hat die Bf lediglich pauschal angegeben, dass sie sich gegen das Projekt ausspreche.
Damit aber hat sie keine Gefährdung oder Verletzung eines konkreten subjektiven-öffentlichen Rechtes behauptet und keine Einwendungen vorgebracht, die ihre Parteistellung aufrecht erhalten hätten, sodass es durch Präklusion zu deren Verlust gekommen ist.
Daran vermag auch das mit Schriftsatz vom 25. Mai 2016 verbesserte Beschwerdevorbringen sowie das Vorbringen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nichts zu ändern, da die bereits eingetretene Präklusion dadurch nicht wieder wegfällt (siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 42 Rz 37 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).
Die Bf, die ihre Parteistellung im Verwaltungsverfahren infolge Präklusion (§ 42 Abs. 1 AVG) verloren hat, ist nicht beschwerdelegitimiert (Eder/Martschin/ Schmid Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte § 18 K9).
Damit aber war die Beschwerde der Bf an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Zu II.:
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann