LVwG-650668/11/SCH/MSt
Linz, 13.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn F. H., x, S., seinerzeit vertreten durch die H. Rechtsanwälte GmbH, x, P., vom 18. Mai 2016, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 18. April 2016, GZ: VerkR21-16-1-2016, wegen Entziehung der Lenkberechtigung
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Bescheid vom 18. April 2016, GZ: VerkR21-16-1-2016, betreffend die Lenkberechtigung des Herrn F. H. Folgendes verfügt:
„Spruch
a) Die Lenkberechtigung der Klasse B wird Ihnen für die Dauer von 3 Monaten, gerechnet ab dem Tag der Führerscheinabnahme entzogen.
In dieser Zeit darf Ihnen keine Lenkberechtigung neu erteilt werden.
Führerschein
ausgestellt von: Bezirkshauptmannschaft Perg
am: 22.12.1992
Geschäftszahl: VerkR1204/01/1231/1992
Rechtsgrundlage:
§ 24 Abs. 1 Z1 und Abs. 3, § 25 Abs. 1 und § 7 Abs. 3 Z13 des Führerscheingesetzes (FSG)
b) Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde gegen diesen Bescheid wird im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug aberkannt.
Rechtsgrundlage:
§ 13 Abs.2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetztes VwGVG
c) Es wird Ihnen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Rechtsgrundlage:
§ 30 Abs. 2 Führerscheingesetz (FSG)“
2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer im Wege seiner seinerzeitigen Rechtsvertretung rechtzeitig Beschwerde erhoben. Dieses Vollmachtsverhältnis ist laut entsprechender Mitteilung vom 6. Oktober 2016 inzwischen beendet worden.
Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu entscheiden.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z1 VwGVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3. Der in Beschwerde gezogene Bescheid ist darin begründet, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2014 und 2015 insgesamt sechs Mal verwaltungsstrafrechtlich belangt werden musste, da er eine Auflage, unter der ihm die Lenkberechtigung erteilt worden war, nämlich das Tragen einer Sehbrille, wiederholt nicht eingehalten hatte. Es mangle ihm sohin aufgrund der bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z13 FSG und deren Wertung an der Voraussetzung der Verkehrszuverlässigkeit.
4. Vom Beschwerdeführer ist mit dem Beschwerdeschriftsatz eine Bestätigung des Augenlaserzentrums Bratislava vorgelegt worden, wonach er sich am 11. Jänner 2012 einer Augenlaseroperation unterzogen habe.
Das Landesverwaltungsgericht hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens die zuständige Fachabteilung Gesundheit des Amtes der Oö. Landesregierung dahingehend kontaktiert, ob diese Bestätigung ausreicht, um von einem der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung entsprechendem Sehvermögen des Beschwerdeführers ausgehen zu können. Hierauf wurde mitgeteilt, dass dies nicht der Fall sei, vielmehr bedürfe es einer aktuellen Visus-Erhebung und auch der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer ohne Verwendung eines Sehbehelfes über ein ausreichendes Sehvermögen verfügt.
Dies wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, woraufhin von ihm die Bestätigung einer ärztlichen Untersuchung nach § 8 FSG vom 10. Oktober 2016 vorgelegt wurde. Diese vom Arzt für Allgemeinmedizin Dr. J. L. in P. erstellte Begutachtung ergab, dass der Beschwerdeführer einen beidäugigen Visus von 1,0 aufweist, also jedenfalls dem Mindestmaß für die Gruppe 1 im Sinne des § 7 Abs. 2 Z1 lit.a FSG-GV von 0,5 entspricht.
Von einer Korrekturnotwendigkeit des Visus ist in dem Gutachten nicht die Rede. In der Rubrik „Bemerkungen/Begründung/ergänzende Anamnese“ heißt es:
„O.B. Z.n. Hornhautkorrektur“
Somit kann als schlüssig nachvollziehbar das Vorbringen des Beschwerdeführers gewertet werden, dass er nach der von ihm veranlassten Augenlaseroperation über ein hinreichendes Sehvermögen verfügt.
5. Gemäß § 7 Abs. 1 Z1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.
Gemäß § 7 Abs. 3 Z13 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand sonstige vorgeschriebene Auflagen als Lenker eines Kraftfahrzeuges wiederholt nicht eingehalten hat.
Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Durch die eingangs angeführten einschlägigen Verstöße gegen die dem Beschwerdeführer vorgeschriebene Auflage der Verwendung eines Sehbehelfes ist zwar belegt, dass er eine bestimmte Tatsache im Sinne der zitierten Gesetzesstelle gesetzt hat.
Zumal er zum Zeitpunkt der Erlassung des in Beschwerde gezogenen Entziehungsbescheides jedoch nach der gegebenen Sachverhaltslage durch die Augenlaseroperation ein ausreichendes Sehvermögen besaß, muss bei der Wertung dieser Tatsache aber nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden werde. Durch das oben erwähnte ärztliche Gutachten gemäß § 8 FSG vom 10. Oktober 2016 ist das Vorbringen des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine auch ohne Sehbehelf durch die erwähnte Operation gegebene ausreichende Sehschärfe verifiziert worden, sodass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides der Behörde nicht als verkehrsunzuverlässig im Sinne des § 7 Abs. 1 FSG anzusehen war (vergleiche hiezu das in dieser Frage ergangene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 24. April 2015, LVwG-411-043/R13-2015).
Zu II.
Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. S c h ö n