LVwG-601581/2/MZ

Linz, 12.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde der M. W., x, vertreten durch H. & Partner Anwaltsgesellschaft mbH, x, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.9.2016, GZ. UR96-17643-2015/MH STE P-Akt, wegen einer Übertretung des Kraftfahrgesetzes

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Die Beschwerdeführerin hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 76,- Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.a) Dem ggst Verfahren liegt eine Anzeige wegen einer am 10.10.2015 um 10:51 Uhr in Asten, A1 bei km 159.805 in Fahrtrichtung Salzburg mit dem KFZ mit dem Kennzeichen x erfolgten Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 52 km/h zugrunde.

 

b) Mit in diesem Verfahren in Rede stehenden Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.9.2016, GZ. UR96-17643-2015/MH STE P-Akt, wurde die bis dahin unbescholtene Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) schuldig erkannt, als vom Mieter namhaft gemachte Auskunftsperson gemäß § 103 Abs. 2 iVm § 103a Abs. 1 Z 3 KFG 1967 trotz Aufforderung nicht binnen zwei Wochen ab Zustellung der entsprechenden Anfrage mitgeteilt zu haben, wer das KFZ mit dem Kennzeichen x am 10.10.2015 um 10:51 Uhr in Asten, A1 bei km 159.805 in Fahrtrichtung Salzburg gelenkt hat.

 

Die Bf habe daher § 103 Abs 2 KFG 1967 übertreten, weshalb über sie gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 380,- Euro, ersatzweise eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 77 Stunden, verhängt wurde.

 

 

II. In der rechtzeitig gegen das in Rede stehende Straferkenntnis erhobenen Beschwerde bringt die Bf vor:

„Der Sachverhalt ist insoferne klar, als ich die von mir verlangte Auskunft nicht erteilt habe, und zwar deshalb, weil ich sie, ohne dass mir dies als Verschulden anzulasten wäre, nicht erteilen konnte. Wie ich bereits in meiner Stellungnahme ausgeführt habe, ist es richtig, dass ich das Fahrzeug übernommen habe, jedoch nicht alleine, sondern zusammen mit 2 Kolleginnen bzw. Kollegen zu einem Seminar gefahren bin. Wir haben uns dabei bei der Fahrt von Wien abgewechselt, wobei es wohl nicht zumutbar ist, den Wechsel des Fahrers auf den Kilometer genau festzuhalten. Dies insbesondere dann, wenn insgesamt 3 Personen gefahren sind. Auf der Strecke bis knapp vor Salzburg, sind alle 3 Insassen des Fahrzeuges gefahren.

 

Anhand des Lichtbildes – so war zumindest meine Hoffnung – hätte man möglicherweise erkennen können, wer damals gefahren ist, damit hätte die Sache geklärt werden können, doch war dies leider nicht der Fall.

 

Auch für derartige Delikte ist gemäß § 5 VStG zumindest Fahrlässigkeit, also eine Verschuldensart an der Nichteinhaltung der Vorschrift erforderlich. Nach einer Zeitspanne von rd. einem halben Jahr zwischen dem angeblichen Delikt (Oktober 2015) und der Aufforderung zur Bekanntgabe des Lenkers (März 2016), ist eine verlässliche Erinnerung nicht mehr zu erwarten. Eine Aufzeichnung bei welchem Kilometer wer gefahren ist bzw. gewechselt wurde, ist im Gesetz nicht vorgesehen und auch nicht zumutbar. Im Hinblick darauf, dass sich keine der fahrenden Personen an irgendein herausragendes Ereignis in Bezug auf die festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung erinnern konnte, ist es verständlich und nachvollziehbar, dass nach einem derart langen Zeitraum eben keine Erinnerungen mehr gegeben sind. Da sohin kein Verschulden, auch keine Fahrlässigkeit vorliegt, liegt auch der Deliktstatbestand nicht vor.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung ist der Behörde 1. Instanz insoweit zu folgen, als die Erschwerungs- bzw. Milderungsgründe richtig gewertet wurden. Was allerdings nicht richtig und ausreichend gewertet wurde, ist die Verschuldensfrage der Tat. Wenn man davon ausgeht, dass mir ein Verschulden anzulasten ist – damit sollten die vorigen Ausführungen keineswegs abgeschwächt werden – dann liegt wohl nur ein äußerst geringes Verschulden in Anbetracht der Umstände vor.

 

3 Lenker, die sich abgewechselt haben, eine längere Fahrtstrecke und ein Zeitraum von rd. einem halben Jahr zwischen der Fahrt und der Aufforderung der Bekanntgabe. Dieser Umstand ist nicht entsprechend gewichtet worden.

 

Es hätte daher mit einer weitaus geringeren Geldstrafe das Auslangen gefunden werden können.

 

Ich stelle daher den Antrag, meiner Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen mich gemäß § 45 VStG einzustellen; in eventu die ausgesprochene Geldstrafe schuldangemessen herabzusenken.“

 

 

III.a) Die belangte Behörde legte die rechtzeitig erhobene Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsstrafaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen; damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von dem in den Punkten I. und II. dargestellten, unstrittigen Sachverhalt aus.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.a) Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

[...]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 134. Strafbestimmungen.

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

1.b) Die Bf stellt die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes nicht in Abrede sondern vermeint eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses zu erkennen, da kein Verschulden vorliege.

 

Eine im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 auskunftpflichtige Person hat sicherzustellen, dass, wenn ein Fahrzeug von mehreren Personen benutzt wird, im Anlassfall eine der Rechtsvorschrift entsprechende Auskunft erteilt zu werden vermag. Dies bedeutet zwar keine Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuches oder von Aufzeichnungen. Oder anders gewendet: auf welche Art jemand die Auskunftserteilung sicherstellt, wird vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben. Beispielsweise durch das Führen von Aufzeichnungen hätte die Bf jedoch ihrer Auskunftsverpflichtung nachkommen können. Inwiefern die Führung derartiger Aufzeichnungen – wie die Bf geltend macht – unzumutbar sein soll, kann vom erkennenden Gericht aufgrund des geringen Aufwandes, welchen das Festhalten der notwendigen Daten verursacht, nicht nachvollzogen werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass es für entsprechende Aufzeichnungen wohl unerheblich sein dürfte, ob sich lediglich zwei oder (auch deutlich) mehr als zwei Personen beim Fahren abwechseln.

 

Hätte die Bf (die ihr zumutbaren) Aufzeichnungen geführt, hätte sie auch trotz des zwischen der Geschwindigkeitsübertretung und der Anfrage der Behörde verstrichenen Zeitraumes problemlos die angefragte Auskunft erteilen können.

 

Umstände, welche das Verschulden der Bf ausschließen würden, sind daher im Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs 1 VStG von fahrlässigem Verhalten der Bf auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen ist.

 

2) Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge schützt die Bestimmung des § 103 Abs 2 KFG 1967 das Interesse des Staates an einer jederzeit und ohne unnötige Verzögerung möglichen Ermittlung von Personen, die im Verdacht stehen, eine straßenpolizeiliche oder kraftfahrrechtliche Übertretung begangen zu haben, mithin das Interesse an einer raschen und lückenlosen Strafverfolgung (vgl VwGH 22.3.2000, 99/03/0434 mwN). Sinn und Zweck der Bestimmung ist es, der Behörde die jederzeitige Feststellung des verantwortlichen Lenkers ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen zu ermöglichen (vgl VwGH 23.4.2010, 2010/02/0090 mwN).

 

Der Unrechtsgehalt der von der Bf verwirklichten Übertretung ist hoch anzusehen, weil die Nichterteilung der Auskunft es dem Staat im ggst Fall verunmöglicht, ein Geschwindigkeitsdelikt zu verfolgen, welches aufgrund der Höhe der Überschreitung den Entzug der Lenkberechtigung nach sich zieht. Aus general- und spezialpräventiven Gründen ist daher mit einer spürbaren Strafe vorzugehen.

 

Auch wenn der Bf der Milderungsgrund der Unbescholtenheit zukommt, kein Erschwerungsgrund vorliegt und das Verschulden allenfalls gering ist, bestehen daher angesichts des Strafrahmens, welcher eine Geldstrafe bis zu einer Höhe von 5.000,- EUR vorsieht, keinerlei Bedenken gegen die von der belangten Behörde verhängte Strafe in der Höhe von 380,- EUR, die sich ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens bewegt.

 

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

 

3) Gemäß § 52 Abs 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auszusprechen hat. Abs 2 leg cit normiert, dass dieser Beitrag mit 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist.

 

Es sind der Bf daher 76,- Euro Verfahrenskostenbeitrag vorzuschreiben.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da der Frage, wie hoch im hier zu beurteilenden Einzelfall die Strafe zuzumessen ist, keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Dr. Markus Zeinhofer