LVwG-550943/7/Wg

Linz, 03.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde der E T, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. W N und Dr. T K, X, X, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf an der Krems vom 20. April 2016, GZ: Wa10-10-2016, betreffend die Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer wasser­recht­lichen Bewilligung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid wird behoben und der Behörde die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Sachverhalt:

 

Der verfahrensgegenständliche Bescheid bezieht sich auf den Antrag der Bf vom 15. Februar 2016. In diesem Antrag erklärt die Bf: „Ich (Wir) beabsichtigen ein Bauvorhaben, das im Nahbereich der X zu liegen kommt und ersuchen um wasserrechtliche Bewilligung“. Das Bauvorhaben mit der Bezeichnung „X“ ist auf den Grundstücken Nr. X, X, KG X, geplant. Die Projektsunterlagen bestehen aus einer „Baubeschrei­bung gemäß § 29 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO“ und einem von Architekt Dipl.-Ing. W H verfassten Einreichplan Nr. X (bestehend aus den Seiten A.1 bis A.10). Im Einreichplan ist keine Darstellung des Zustandes vor und nach Umsetzung der Maßnahmen betreffend Abflussverhältnisse eines
30-jährlichen Hochwassers der X - also auch nicht im unmittelbaren Pro­jekts­­bereich - enthalten (HQ30 - Ist, HQ30 - Projekt, Differenzendarstellung).

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (in der Folge: belangte Behörde) erließ ohne Vorprüfung durch einen Amtssachverständigen (ASV) den Verbesserungsauftrag vom 25. Februar 2016, der sich auf ein angeschlossenes „Merkblatt für Bauten im Hochwasserabflussbereich“ bezieht. In diesem Merk­blatt werden auch technische Angaben über das HQ100 gefordert. Für den Fall, dass die Bf die bis zum 31. März 2016 „geforderten Unterlagen“ nicht einreicht, wird im Verbesserungsauftrag die Zurückweisung des Antrages angedroht.

 

Mit dem bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag schließlich gemäß § 13 Abs. 3 AVG zurück, weil eine Vorlage der „geforderten Unterlagen“ bis dato nicht erfolgt sei.

 

Nach Beschwerdeeinbringung befasste die belangte Behörde ASV Ing. H mit dem Einreichprojekt und befindet sich dazu dessen Stellungnahme vom
12. Juli 2016 im Behördenakt. Dieser Stellungnahme zufolge hat das Einreich­projekt eine hydraulische Hochwasserabflussberechnung bezüglich „Auswir­kungen auf fremde Rechte“ zu enthalten. Schließlich legte die belangte Behörde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den Verfahrensakt mit Schreiben vom 29. August 2016 zur Entscheidung vor.

 

Auf die Anfrage des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, ob abgesehen von einer hydraulischen Hochwasserabflussberechnung weitere Unterlagen im Sinne des § 103 WRG zur fachlichen Beurteilung erforderlich sind, antwortete ASV Ing. H, dass das Einreichprojekt auch Lagepläne, Grundriss und Querschnitte des Zustandes vor und nach Umsetzung der bewilligungsnot­wendigen Maßnahmen auf Grund der Lage im HQ30 zu umfassen habe. Auf dieser Basis erfolge die hydraulische HW-Abflussberechnung in Bezug auf fremde Rechte mit Darstellung der HW-Abflussverhältnisse (HQ30 - Ist, HQ30 - Projekt, Differenzdarstellung).

 

Die Bf erklärte dazu mit Eingabe vom 19. September 2016, sie sei bereit, eine Darstellung der Hochwasserabflussverhältnisse nachzureichen. Es steht jedenfalls nicht fest, dass die Bf nicht bereit wäre, insoweit einem konkret formulierten Verbesserungsauftrag nachzukommen.

 

Die belangte Behörde und das W P gaben zur beabsichtigten Entscheidung keine Stellungnahme ab.

 

 

II.           Beweiswürdigung:

 

Der Sachverhalt (I.) beschränkt sich auf die Wiedergabe des Verfahrensablaufes. Dass die Bf nicht bereit wäre, einem konkret formulierten Verbesserungsauftrag nachzukommen, kann ihr nach dem Beweisergebnis - insbesondere ihrer Zusage vom 19. September 2016 - nicht unterstellt werden.

 

 

III.        Rechtliche Beurteilung:

 

1.           Zum Absehen von einer Verhandlung:

 

Eine Verhandlung war gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht erforderlich, da der Bescheid zu beheben ist.

 

2.           Zur Bestimmung des § 103 WRG:

 

Es ist Aufgabe der Behörde zu ermitteln, ob und welche Auswirkungen auf öffentliche Interessen oder auf wasserrechtlich geschützte Rechte Dritter mit dem Gegenstand des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens einhergehen. Aus § 103 Abs. 1 WRG 1959 ergibt sich keine verfahrensrechtliche Verpflichtung zur gutachtlichen Belegung des Ausbleibens von Auswirkungen auf öffentliche Interessen oder Rechte Dritter (Hinweis E 29.6.2000, 2000/07/0024). (VwGH 2006/07/0001: Die belangte Behörde forderte die Bf zur Vorlage von Berech­nungen über die Auswirkungen des Hochwasserabflusses und zur Vorlage eines Nachweises über die Geringfügigkeit der Auswirkungen auf die Nach­bar­grund­stücke bzw. auf andere Wasserbenutzungen auf. Im Fehlen dieser angeforderten Unterlagen lag daher kein Mangel, der Grundlage eines Verbes­serungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG sein hätte können. Die Nichterfüllung des Verbesserungs­auftrages rechtfertigte daher die Zurückweisung des Antrages der Bf nicht.)

 

Das Fehlen der in § 103 WRG 1959 genannten Unterlagen stellt im Übrigen einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar. Dies gilt auch für solche Unterlagen, die im § 103 WRG 1959 nicht ausdrücklich genannt sind, ihrer Natur nach aber in den Rahmen des § 103 WRG 1959 fallen, unter dem Aspekt dieser Bestimmung erforderlich sind und dem Antragsteller von der Behörde bekanntgegeben werden (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. März 2008, 2005/07/0070). Die Unterlagen sind somit soweit vorzulegen, als sie sich aus der Natur des Projekts nicht als entbehrlich erweisen. Bei der Frage, welche Unterlagen erforderlich sind, handelt es sich um eine Sachfrage, und es stellt das Fehlen notwendiger Unterlagen einen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar (vgl. VwGH 2010/07/0087).

 

Ein weiterer (neuer) förmlicher Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG wäre nicht erforderlich, wenn durch eine negative Stellungnahme hinreichend doku­mentiert ist, dass der Bewilligungswerber die aufgetragene Verbesserung ablehnt und ihr nicht nachkommen wird (vgl. VwGH 2002/09/0155). Die neuerliche Einräumung einer Frist zur Nachreichung wäre dann sinnlos und nicht im Rechtsschutzinteresse des Bewilligungswerbers geboten.  

 

3.           Ergebnis:

 

Die Bf ist entgegen der Ansicht der belangten Behörde gemäß § 103 WRG nicht verpflichtet, eine hydraulische Hochwasserabflussberechnung bezüglich „Auswir­kungen auf fremde Rechte“ vorzulegen. Das Einreichprojekt hat gemäß § 103 Abs. 1 lit. e WRG dessen ungeachtet Lagepläne, Grundriss und Querschnitte des Zustandes vor und nach Umsetzung der bewilligungsnotwendigen Maßnahmen auf Grund der Lage im HQ30 zu umfassen. Das Fehlen jeglicher Darstellung der HW-Abflussverhältnisse unter Bezugnahme auf die im Projekt enthaltenen Lage­pläne, Grundrisse und Querschnitte des Zustandes vor und nach Umsetzung der Maßnahmen (HQ30 - Ist, HQ30 - Projekt, Differenzendarstellung) stellt einen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG iVm § 103 Abs. 1 lit. e WRG dar.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist auf die Prüfung des konkreten Zurückweisungsgrundes beschränkt (vgl. VwGH Ra 2014/07/0002). Der im Verbesserungsauftrag der belangten Behörde enthaltene pauschale Verweis auf ein Merkblatt, das auch auf das HQ100 Bezug nimmt, ist nicht ausreichend. Gemäß § 38 Abs. 3 WRG kommt es ausschließlich auf das  30-jährliche Hochwas­ser an (HQ30). Die Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages rechtfertigte daher die Zurückweisung des Antrages nicht.

 

Es steht nicht fest, dass die Bf nicht bereit wäre, insoweit einem konkret formulierten Verbesserungsauftrag nachzukommen. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

Die Rechtslage ist durch die angeführte Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichts­hofes geklärt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl