LVwG-301020/13/GS/PP

Linz, 29.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn H. W., geb. x, x, P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. H., x, M, vom 14. März 2016, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11. Februar 2016, GZ: SanRB96-519-2015, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängten Strafen auf 3 x 1.000 Euro (gesamt 3.000 Euro) und die Ersatzfreiheits­strafe auf je 1 Tag (gesamt 3 Tage) herabgesetzt werden. Im Übrigen wird das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als im Spruch statt dem Wort „Verantwortlicher“ folgende Wortfolge eingefügt wird: „handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ“.

 

II.      Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde reduziert sich auf 300 Euro. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1.       Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 11.2.2016, GZ: SanRB96-519-2015, wurden über den Beschwerdeführer (Bf) drei Geldstrafen iHv je 8.500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe  3 x 6 Tage) gemäß § 7i Abs. 3 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) verhängt. Ferner wurde zur Gesamtstrafe von 25.500 Euro ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv 2.550 Euro vorgeschrieben. Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als Verantwortliche(r) der Firma x GmbH in N, x, zu verantworten, dass nachstehende 3 Arbeitnehmer/innen beschäftigt wurden, ohne ihnen den zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien gleistet zu haben.

 

Folgende Person/en wurden beschäftigt:

 

1.  K. E.

     geb. x

     Zeitraum der Unterentlohnung: 02.06.2014 – 31.12.2014

     Unterentlohnung für den oa. Zeitraum in Euro: 2.761,71

 

2.  K. P.

     geb. x

     Zeitraum der Unterentlohnung: 02.04.2012 – 31.12.2014

     Unterentlohnung für den oa. Zeitraum in Euro: 7.250,26

 

3.  S. M.

     geb. x

     Zeitraum der Unterentlohnung: 02.04.2012 – 02.06.2014

     Unterentlohnung für den oa. Zeitraum in Euro: 8.696,52“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Sachverhalt aus der Anzeige der Oö. GKK, L, vom 21.5.2015 ergebe. Die Oö. GKK habe die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. In der Anzeige werde weiters ausgeführt, dass das gegenständliche Verfahren einen Sachverhalt behandle, der vor dem 1.1.2015 eingetreten sei, weshalb sich sämtliche Anführung von Paragrafen des AVRAG auf die jeweilige Fassung vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 94/2014 (ASRÄG 2014) beziehen. Anlässlich der am 30.4.2015 abgeschlossenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) wäre durch den Sozialversicherungsprüfer festgestellt worden, dass drei Dienstnehmer durch die Dienstgeberin x GmbH im Prüfzeitraum unter­kollektivvertraglich entlohnt worden wären. Aufgrund der ausgeübten Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter der betroffenen nachstehenden Dienstnehmer komme der Kollektivvertrag Handel Angestellte, Gehaltstafel a) Allgemeiner Groß- und Kleinhandel, Einstufung Beschäftigungsgruppe 3, zur Anwendung. Der anzuwendende Kollektivvertrag sehe hinsichtlich der korrekten Gehaltseinstufung die Anrechnung sämtlicher Vordienstzeiten als Angestellter vor. Die Anrechnung dieser Zeiten, die durch die Dienstgeberin richtigerweise hätte berücksichtigt werden müssen, sei für den gesamten Beschäftigungszeitraum der jeweiligen Dienstnehmer nicht erfolgt. Der Bruttogrundlohn läge somit jeweils unter dem gebührenden kollektivvertraglichen Mindestlohn.

 

K. E.:

beschäftigt von 2.6.2014 bis laufend

Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab Juni 2014, 18. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 2.6.2014 bis 31.12.2014. Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 15,73 % (2.761,71 Euro) unterschritten worden.

 

K. P.:

beschäftigt von 2.4.2012 bis 31.12.2014 (Urlaubsersatzleistung bis 4.1.2015), Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab April 2012, 12. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) ab Jänner 2014, 15. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versiche­rungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 2.4.2012 bis 31.12.2014. Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 9,49 % (7.250,26 Euro) unterschritten worden.

 

S. M.:

beschäftigt von 2.4.2012 bis 2.6.2014 (Urlaubsersatzleistung bis 5.6.2014), Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab April 2012, 18. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 2.4.2012 bis 2.6.2014. Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 13,67 % (8.696,52 Euro) unterschritten worden.

 

In Ihrem E-Mail vom 26.8.2015 habe der Bf als Rechtfertigung angegeben, dass die falsche Einstufung der Mitarbeiter nicht aus Absicht erfolgt sei. Bei Herrn K. und Herrn K. wäre die Einstufung und somit auch die Entlohnung sofort nach Kenntnis einer falschen Einstufung korrigiert und entsprechend behoben worden. Herr S. sei nicht mehr beim Bf beschäftigt, daher sei auch eine Änderung nicht mehr möglich. Die Einstufung sei auf Basis der dem Bf vorgelegten und auch nicht vorgelegten Bewerbungs-Unterlagen (Herr S.) erfolgt. Die Vordienstzeiten wären gemeinsam mit dem jeweiligen Mitarbeiter ermittelt worden. Der jeweiligen Einstufung hätten auch alle Mitarbeiter schriftlich zugestimmt. Es wäre dem Bf nicht möglich gewesen ihm unbekannte Vordienstzeiten anzurechnen. Bezüglich des Telefonates vom 27.8.2015 mit dem Bf wäre in einem Aktenvermerk festgehalten worden, dass Herr K. und Herr K. bewusst Vordienstzeit verschwiegen hätten. Nach Rechtsauskunft des Rechtsvertreters hätte der Bf keine Nachzahlung zur Unterentlohnung zu leisten. Die Nachzahlung der festgestellten Grundlohndifferenzen sei laut Auskunft des Geschäftsführers Herrn W. vom 20.5.2015 bisher nicht erfolgt. Herr H. W. hätte es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x GmbH zu verantworten, dass für die angeführten Dienstnehmer anstelle des zustehenden monatlichen Grundlohnes zu wenig an Entgelt geleistet worden wäre. Da die Grundlohnunterschreitung beträchtlich sei (zwischen 9,49 und 15,73 %), für einen längeren Zeitraum erfolgt sei und drei Dienstnehmer betroffen gewesen wären, könne von keinem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden. Darüber hinaus wäre den Dienstnehmern die festgestellten Grundlohndifferenzen vom Dienstgeber nicht nachgezahlt worden. Die Voraussetzungen für das Absehen von einer Strafe wären somit nicht erfüllt. Es liege eine Verwaltungsübertretung gemäß § 7 i Abs. 3 AVRAG (Unterentlohnung) vor.

 

I.2.    In der verfahrensgegenständlichen Beschwerde wird begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass zuallererst Verjährung eingewendet werde. Das strafbare Verhalten habe sowohl nach der Anzeige als auch dem Spruch des von der Behörde erlassenen Straferkenntnisses nach mit 02.06.2014 (S.) bzw. 31.12.2014 (K. und K.) aufgehört, da die Unterentlohnung der Arbeitnehmer nur bis zu diesen genannten Zeitpunkten erfolgt sei. Gemäß §§ 7i Abs. 3 und 5 AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 24/2011 betrage die Verjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 VStG allerdings lediglich ein Jahr, sohin hätte ein Straf­erkenntnis hinsichtlich der zur Last gelegten Strafhandlungen bis 02.06.2015 hinsichtlich Herrn S. bzw. bis 31.12.2015 hinsichtlich der Arbeitnehmer K. und K. erlassen werden müssen. Das bekämpfte Straferkenntnis wäre jedoch am 11.02.2016 erlassen worden und es wäre die Strafbarkeit in sämtlichen Fällen zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt.

 

Hinsichtlich Sachverhalt und Verschulden wird weiters ausgeführt, dass zunächst als richtig zugestanden werde, dass die drei genannten Mitarbeiter (K., K., S.) offensichtlich unterkollektivvertraglich entlohnt worden wären. Ausdrücklich bestritten wird aber, dass der Umstand mir als Bf vorgeworfen werden könne:

 

Zu E. K.:

K. hat auf Grundlage des Angestelltendienstvertrages vom 26.05.2014 ab 02.06.2014 im Unternehmen x GmbH als Außendienstmitarbeiter zu arbeiten begonnen.

 

Zu P. K.:

K. habe auf Grundlage des Angestelltendienstvertrages vom 19.03.2012 ab 02.04.2012 im Unternehmen x GmbH Außendienstmitarbeiter zu arbeiten begonnen; er hat mit 31.12.2014 von einem unselbstständigen in ein selbstständiges Dienstverhältnis im Unternehmen gewechselt.

 

Zu M. S.:

S. habe auf Grundlage des Angestelltendienstvertrages vom 03.04.2012 ab 02.04.2012 im Unternehmen x GmbH Außendienstmitarbeiter zu arbeiten begonnen; er sei mit 02.06.2014 aus dem Unternehmen aufgrund seines Verhaltens, welches eine fristlose Entlassung gerechtfertigt hätte, in beiderseitigem Einvernehmen ausgeschieden und es wäre mit ihm hierzu ein Vergleich samt Generalklausel abgeschlossen worden.

 

Im Zuge jedes Einstellungsgespräches wäre den Dienstnehmern ein Personal­bogen ausgehändigt und nach deren eigenen Angaben ausgestellt worden; auf Grundlage der Angaben zu diesen Personalbögen, die ausschließlich von den Arbeitnehmern selbst stammen würden, sei auch deren Einstufung erfolgt (K. im 11. Berufsjahr, K. im 8. Berufsjahr, S. ebenfalls im 8. Berufsjahr, je Beschäftigungsgruppe 3). Der Bf habe keinerlei Anlass gehabt, den Angaben der Dienstnehmer nicht zu folgen und es sei einvernehmlich die Einstellung basierend ausschließlich auf den glaubhaften eigenen Angaben der Dienstnehmer erfolgt, bei Herren K. und K. nach Überprüfung der dem Bf vorgelegten Bewerbungs­unterlagen. Anlässlich der Betriebsprüfung Ende 2014/Anfang 2015, abge­schlossen am 30.04.2015, wäre der Bf unter Vorlage der Versicherungsdaten­auszüge von den tatsächlichen Vordienstzeiten des jeweiligen Dienstnehmers unterrichtet worden, woraufhin im Falle K. unverzüglich eine richtige Einstufung des Dienstnehmers und die entsprechende kollektivvertragliche Entlohnung erfolgt sei. Die Dienstnehmer S. und K. waren zu diesem Zeitpunkt bereits ausge­schieden. Als Beweis werden die drei Personalbögen sowie die Einvernahme des Bf genannt. Einen Arbeitgeber träfen Fürsorge- und Aufklärungspflichten. So sei dieser verhalten, einen Arbeitnehmer, der nicht von selbst Vordienstzeiten bekanntgebe, nach diesen zu fragen oder ihn aufzufordern, entsprechende Nachweise zu erbringen. Diese ständige Rechtsprechung des OGH zu der Frage, welche Pflichten den Arbeitgeber auferlegt werden könnten, wenn es um die Ermittlung von Vordienstzeiten und sohin die gerechte Einstufung des Arbeit­nehmers gehe, habe auch im anzuwendenden Kollektivvertrag für Angestellte und Lehrlinge in Handelsbetrieben Niederschlag gefunden. So führe III.4. des KV aus, dass der Angestellte spätestens bei Abschluss des Arbeitsvertrages nach Vordienstzeiten zu befragen sei. Der Angestellte habe diese glaubhaft zu machen bzw. nachzuweisen. Nicht oder verspätet glaubhaft gemachte bzw. nachgewiesene Vordienstzeiten seien für die Einstufung erst ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung zu berücksichtigen. Auf einen separaten Nachweis mittels Dienstzeugnissen oder ähnlichem habe der Bf verzichtet, da ihm die Angaben der Dienstnehmer in den Gesprächen bzw. den Personalbögen im Zusammenhang auch mit den Bewerbungsunterlagen glaubhaft erschienen wären und er ihnen in der Hinsicht sogar entgegengekommen wäre. Den von der Rechtsprechung und auch vom Kollektivertrag geforderten Pflichten wäre der Bf sohin eindeutig nachgegangen. Als Geschäftsführer sei er auf die Richtigkeit der Angaben der Dienstnehmer angewiesen und habe auch einen Anspruch darauf, dass er auf diese Angaben vertrauen könne; alles andere würde eine vollkommene Überspannung des Sorgfaltsmaßstabes bedeuten. Dement­sprechend sei auch die Einstufung und die Bezahlung der drei Dienstnehmer erfolgt. Zugriff auf die ihm erst während der Betriebsprüfung ausgehändigten Versicherungsdatenauszüge habe er vor der Überprüfung nicht gehabt und es wäre ihm insbesondere auch gesetzlich untersagt gewesen, diese eigenmächtig zu beschaffen.

 

Hinsichtlich falscher rechtlicher Beurteilung / Inhaltlicher Rechtswidrigkeiten wurde weiters vorgebracht, dass ein Hinweis auf § 9 VStG sowie eine Subsumtion der Feststellungen unter diese Gesetzesbestimmung weder im Spruch noch in der Begründung zu finden wären. Als Rechtsvorschrift werde im Spruch §7i Abs. 3 AVRAG, BGBl. Nr. 459/1993 idF BGBl. I Nr. 24/2011 angeführt. In der Begründung werde allerdings § 7i AVRAG in der aktuell gültigen Fassung zitiert. Außerdem wurde ein Verstoß gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen normiert, da die Behörde dem Bf niemals eine Frist gesetzt hätte, während derer er die Lohndifferenzen zu begleichen hätte. Selbst wenn § 7i Abs. 4 AVRAG, nicht zutreffen würde, sei noch § 45 VStG zu beachten.

Abschließend wird zur Strafbemessung ausgeführt, dass die verhängte Geldstrafe von insgesamt 28.050 Euro nicht tat- und schuldangemessen sei. Selbst dann, wenn man den Bf für schuldig erkenne, reklamiere er seine vollkommene Unbescholtenheit. Sobald er von der zu niedrigen Einstufung erfahren habe, habe er die Einstufung der Mitarbeiter entsprechend erhöht. Hinsichtlich der zu niedrigen Einstufung habe er sich in einem von ihm nicht zu vertretenden Irrtum befunden, der einzig und allein auf den falschen Angaben der Arbeitnehmer beruhe. Er selbst sei seiner Fürsorge- und Aufklärungspflicht wie bereits erwähnt nachgekommen und habe sich hinsichtlich der Vordienstzeiten erkundigt und auf die seitens der Mitarbeiter in den Gesprächen und Personalbögen angegebenen Zeiten vertraut. Es läge im konkreten Fall sohin eine Unzahl an Milderungs­gründen sowie gar keine Erschwerungsgründe vor, die Behörde sei in ihrer Begründung allerdings auf diese Punkte gar nicht eingegangen. Darüber hinaus habe die Behörde es verabsäumt, Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Bf durchzuführen.

 

I.3.    Die verfahrensgegenständliche Beschwerde wurde dem Oö. Landesver­waltungsgericht (LVwG) am 14.04.2016 von der belangten Behörde samt Akteninhalt zur Entscheidungsfindung übermittelt.

 

I.4.    Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14.09.2016. Zu dieser wurden ordnungsgemäß der Bf zuhanden seines rechtlichen Vertreters, die belangte Behörde, die Oö. GKK und die drei betroffenen Dienstnehmer als Zeugen geladen. Die belangte Behörde entschuldigte ihr Kommen, die Oö. GKK blieb der Verhandlung unentschuldigt fern. Weiters entschuldigte der Zeuge P. J. K. sein Kommen.

 

 

II.      Folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest:

 

Der Bf H. W. ist jedenfalls seit dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X GmbH in A-N, X.

 

Anlässlich der am 30.04.2015 abgeschlossenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) steht fest, dass die Dienstnehmer E. K., P. K. und M. S. unterkollektivvertraglich entlohnt wurden. Aufgrund der ausgeübten Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter der betroffenen nachstehenden Dienstnehmer kommt der Kollektivvertrag Handel Angestellte, Gehaltstafel a) Allgemeiner Groß- und Kleinhandel, Einstufung Beschäftigungsgruppe 3, zur Anwendung. Der anzuwendende Kollektivvertrag sieht hinsichtlich der korrekten Gehaltseinstufung die Anrechnung sämtlicher Vordienstzeiten als Angestellter vor.

 

K. E.

beschäftigt von 02.06.2014 bis laufend

Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab Juni 2014, 18. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 02.06.2014 bis 31.12.2014

-  ausbezahltes Entgelt: € 14.797,69

-  gebührendes Entgelt: € 17.559,40

Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 15,73 % (€ 2.761,71) unterschritten.

 

K. P.

beschäftigt von 02.4.2012 bis 31.12.2014 (Urlaubsersatzleistung bis 4.1.2015) Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab April 2012, 12. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) ab Jänner 2014, 15. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versiche­rungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 02.04.2012 bis 31.12.2014

-  ausbezahltes Entgelt: € 69.191,13

-  gebührendes Entgelt: € 76.441,39

Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 9,49 % (€ 7.250,26) unterschritten.

 

S. M.

beschäftigt von 02.04.2012 bis 02.06.2014 (Urlaubsersatzleistung bis 05.06.2014)

Einstufung: Beschäftigungsgruppe 3, ab April 2012, 18. Berufsjahr aufgrund Vordienstzeiten als Angestellter (laut Versicherungsdatenauszug) betroffener Zeitraum der Unterentlohnung: 02.04.2012 bis 02.06.2014

-  ausbezahltes Entgelt: € 54.941,41

-  gebührendes Entgelt: € 63.637,93

Der Grundlohn wurde insgesamt für diesen Zeitraum um 13,67 % (€ 8.696,52) unterschritten.

 

Hinsichtlich der drei Dienstnehmer wurden jeweils Personalbögen vorgelegt. Auf diesen Personalbögen befindet sich der Vordruck: „Die Einstufung erfolgte nach Zugrundelegung des aktuellen Kollektivvertrages und Durchsicht der vom Dienstnehmer vorgelegten Bewerbungsunterlagen. Der Dienstnehmer bestätigt die Richtigkeit sämtlicher Angaben“.

 

Auf einen separaten Nachweis mittels Dienstzeugnissen, Versicherungs­datenauszug,... hat der Bf bei der Einstellung der genannten Personen verzichtet. Die genannten Personen haben bei der Einstellung Vordienstzeiten nicht bewusst verschwiegen.

 

Die bei der GPLA-Prüfung festgestellten Grundlohndifferenzen wurden vom Bf nicht nachgezahlt.

 

 

III.     Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus der mündlichen Verhandlung vor dem Oö. LVwG am 14.09.2016. Die bei der GPLA-Prüfung festgestellte Unterentlohnung hinsichtlich der drei Dienstnehmer für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde vom Bf grundsätzlich nicht bestritten. Dass der Bf bei der Einstellung der drei genannten Herren auf die Vorlage eines entsprechenden Nachweises der angegebenen Vordienstzeiten verzichtet hat, führt er bereits in seiner Beschwerde dezidiert aus. Einen diesbezüglichen Versicherungsdatennachweis verlangt der Bf von einzustellenden Personen erst, seitdem ihm diese Notwendigkeit durch die erfolgte Kontrolle bewusst geworden ist. Dass keiner der drei Herren Vordienstzeiten bewusst verschwiegen hat, hat der Bf in der Verhandlung klargestellt. Die Auskunft bei der Wirtschaftskammer, dass der Bf die bei der Kontrolle festgestellten Grundlohndifferenzen den Dienstnehmern nicht nachzahlen müsse, ist laut der ständigen Judikatur der Höchstgerichte nicht richtig und wurde vom Bf erst nach Feststellung der Grundlohndifferenzen eingeholt. Sie stellt deshalb keinen Entlastungsbeweis für den Bf dar.

 

 

 

IV.     Rechtliche Erwägungen:

 

§ 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) besagt, dass für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personen­gesellschaften strafrechtlich verantwortlich ist, sofern die Verwaltungsvor­schriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2011 bestimmt Folgendes:

 

§ 7i. (3) Wer als Arbeitgeber/in ein/en Arbeitnehmer/in beschäftigt oder beschäftigt hat, ohne ihm/ihr zumindest den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn unter Beachtung der jeweiligen Einstufungskriterien zu leisten, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Sind von der Unterentlohnung höchstens drei Arbeit­nehmer/innen betroffen, beträgt die Geldstrafe für jede/n Arbeitnehmer/in 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall 4.000 Euro bis 50.000 Euro.

 

(4)     Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde fest, dass die Unterschreitung des Grundlohns gering oder das Verschulden des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin geringfügig ist, hat sie von der Verhängung einer Strafe abzusehen, sofern der/die Arbeitgeber/in dem/der Arbeitnehmer/in die Differenz zwischen dem tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt binnen einer von der Behörde festzusetzenden Frist nachweislich leistet und eine solche Unterschreitung des Grundlohns durch den/die Arbeitgeber/in das erste Mal erfolgt. Hat das Kompetenzzentrum LSDB, der zuständige Krankenversicherungs­träger oder die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse bei erstmaliger Unterschreitung des Grundlohns von einer Anzeige abgesehen oder hat die Bezirksverwaltungsbehörde von der Verhängung einer Strafe abgesehen, ist bei der erstmaligen Wiederholung der Unterschreitung zumindest die Mindeststrafe zu verhängen. Im Fall des ersten und zweiten Satzes ist § 21 Abs. 1 VStG nicht anzuwenden. Weist der/die Arbeitgeber/in der Bezirksverwaltungsbehörde nach, dass er/sie die Differenz vom tatsächlich geleisteten und dem dem/der Arbeitnehmer/in nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelt geleistet hat, ist dies bei der Strafbemessung strafmildernd zu berücksichtigen.

 

(5)     Die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 3 beträgt ein Jahr.

 

Das gegenständliche Verfahren behandelt einen Sachverhalt, der einen Zeitraum vor dem 1.1.2015 betrifft, weshalb das AVRAG in der Fassung vor dem Inkraft­treten des Bundesgesetzes BGBl. I. Nr. 94/2014 (ASRÄG 2014), nämlich in der Fassung BGBl. Nr. I Nr. 24/2011 (Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz – LSDB-G) zur Anwendung, kommt.

 

Zur Frage der Verjährung:

Gemäß § 7i Abs. 5 AVRAG beträgt die Verjährungsfrist (§ 31 Abs. 2 VStG) für Verwaltungsübertretungen gemäß § 3 ein Jahr. Es handelt sich hiebei um die Verfolgungsverjährung.

 

Für den Beginn der einjährigen Verjährungsfrist (Verfolgungsverjährung) ist die Beendigung der strafbaren Handlung entscheidend. Das strafbare Verhalten im Zusammenhang mit einer Unterentlohnung iSd § 7i Abs. 3 AVRAG besteht in der Nichtleistung des (laut Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag) zustehenden Grundlohnes. Dieses strafbare Verhalten liegt folglich solange vor, bis der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den ihm zustehend Grundlohn geleistet (bzw. nachgezahlt) hat.

 

Vom Bf wurde nicht bestritten, dass die bei der Kontrolle festgestellte Unter­entlohnung nach Kollektivvertrag den drei Arbeitern nicht nachgezahlt wurde.

 

Dass dem österreichischen Gesetzgeber diese Unverjährbarkeit durchaus bewusst war, hat er dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er mit dem Arbeits- und Sozialrechtsänderungsgesetz 2014 (ASRÄG 2014) die entsprechenden Verjährungsbestimmungen im AVRAG per 1.1.2015 entschärft hat.

 

Auszug aus den Erläuterungen zur Regierungsvorlage:

„Neuregelung der Verjährung im Fall des Lohndumpings: Derzeit ist die Strafverfolgung möglich, solange der/die Arbeitgeber/in nicht den vorenthaltenen Grundlohn nachzahlt, auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewirkt keinen Eintritt der Verfolgungsverjährung. Davon abweichend ist künftig vorgesehen, dass der Beginn der Verjährung (Verfolgungs- und Strafbarkeits­verjährung) mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit des Entgelts eintritt. ....“. Die entsprechende Neuregelung findet sich zukünftig in § 7a Abs. 7 AVRAG und lautet: „Die Frist für die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 1 VStG) beträgt drei Jahre ab der Fälligkeit des Entgelts. Bei Unterentlohnungen, die durchgehend mehrere Lohnzahlungsräume umfassen, beginnt die Frist für die Verfolgungs­verjährung im Sinn des ersten Satzes der Fälligkeit des Entgelts für den Lohnzahlungsraum der Unterentlohnung. Die Frist für die Strafbarkeitsverjährung (§ 31 Abs. 2 VStG) beträgt in diesen Fällen fünf Jahre. Hinsichtlich von Sonderzahlungen beginnen die Fristen nach den beiden ersten Sätzen ab dem Ende des jeweiligen Kalenderjahres (Abs. 5 3. Satz) zu laufen.“

 

Bei den verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen ist aufgrund der unstrittigen Tatsache, dass die festgestellte Unterentlohnung vom Bf nicht nachgezahlt wurde, somit keine Verjährung eingetreten.

 

Zur Unterentlohnung:

 

Dass der objektive Tatbestand der Unterentlohnung der drei Beschäftigten, K., K. und S. gegeben ist, wurde vom Bf nicht bestritten.

 

Zur subjektiven Tatseite:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsvorschrift stellt ein Ungehorsams­delikt (sh. Kühteubl/Wieder: Das neue Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz, ZAS 2011/36, D.1.a. mwN) dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahr­lässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Beschwerdeführer kein Entlastungsbeweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder der Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaft­machung nicht aus.

 

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.6.2016, Ra 2016/11/0007, ausführt, sind die Beweggründe und allfällige Hindernisse für das Unterbleiben der Ausbezahlung des zustehenden Mindestentgeltsgrundsätzlich nicht unbeachtlich, allerdings erst bei der fallbezogenen Beurteilung des  subjektiven Tatbestandes (Verschulden) des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

 

Eingewendet wird, dass die verfahrensgegenständliche Unterentlohnung dem Bf subjektiv nicht vorgeworfen werden kann, da die Anrechnung der Vordienstzeiten aufgrund der Abgaben der Beschäftigten in den Personenblättern vorgenommen wurde. Gleichzeitig wurde vom Bf ausdrücklich vorgebracht, dass auf einen separaten Nachweis mittels Dienstzeugnis oder ähnliches verzichtet wurde, da ihm die Angaben der Dienstnehmer in den Gesprächen bzw. den Personalbögen im Zusammenhang mit den Bewerbungsunterlagen glaubhaft erschienen und er ihnen in der Hinsicht sogar entgegengekommen sei.

 

Wie der Bf in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde unter Nennung der Entscheidung des OGH 8ObA190/97t v. 10.07.1997 anführt, treffen einen Arbeitgeber Fürsorge- und Aufklärungspflichten. In dieser Entscheidung schreibt der OGH weiters, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, den Angestellten, der nicht selbst Vordienstzeiten bekannt gibt, nach diesen zu fragen. Für die sachliche Richtigkeit dieser Angaben ist die Erörterung der Vordienstzeiten zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unumgänglich. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Nachweispflicht im Kollektivvertrag kommt man bei der Auslegung zum selben Ergebnis, dass eine Vordienstzeitenanrechnung nicht auf die bloße Behauptung hin zu erfolgen hat. Wenn daher dem Bf aufgrund der vorausgehenden Besprechungen vor Aufnahme der Außendiensttätigkeit durch die Dienstnehmer bekannt war, dass die Herren schon länger im Außendienst tätig waren, wäre der Bf verpflichtet gewesen die einzustellenden Personen danach zu befragen und sie zur Vorlage von Nachweisen aufzufordern (vgl. OGH 8 ObA190/97 t).

 

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes haftet der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche im Zusammenhang mit der Begehung eines Ungehorsamsdeliktes auch für das Handeln anderer (ihm zuzurechnender) Personen, wenn es ihm nicht gelingt glaubhaft zu machen, dass er im Betrieb ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hat, sodass er unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten konnte. Nur ein solches, durch den Beschuldigten eingerichtetes Kontrollsystem hat daher exkulpierende Wirkung. Ein solches liegt aber nur dann vor, wenn dadurch die Einhaltung der Mindestentlohnungskriterien im Betrieb jederzeit sichergestellt werden kann (vgl. VwGH 24.07.2012, 2009/03/0141 mwN).

 

Der Bf hat in seiner Beschwerde ausgeführt, dass er auf einen separaten Nachweis mittels Dienstzeugnis oder ähnliches verzichtet hat, weil ihm die Angaben der Dienstnehmer in den Gesprächen bzw. den Personalbögen auch im Zusammenhang mit den Bewerbungsunterlagen glaubhaft erschienen wären. Dadurch zeigt sich, dass der Bf kein wirksames Kontrollsystem eingerichtet hatte, um die Einhaltung der Lohnkriterien in seinem Betrieb sicherzustellen.    Auch der Vorwurf, dass zwei Dienstnehmer bewusst Vordienstzeiten verschwiegen hätten, wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem VwGH zurückgenommen. Der Bf hätte sich als hr. Gf und Dienstgeber mit den entsprechenden Vorschriften vertraut machen müssen. Dem Bf ist somit als nach außen vertretungsbefugte Person der verfahrensgegenständlichen Firma jedenfalls Fahrlässigkeit anzurechnen. Die vorgeworfenen Straftatbestände sind dem Bf somit auch subjektiv anzurechnen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Zunächst ist anzuführen, dass die oben zitierte Bestimmung des § 7i Abs. 3 für die gegenständliche Verwaltungsübertretung einen Strafrahmen von 1.000 Euro bis 10.000 Euro je Arbeitnehmer vorsieht.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die Gesetzesmaterialen zum AVRAG zeigen, dass es der Gesetzgeber nicht allein den Arbeitnehmern überlassen wollte, sich im Falle der nichtordnungsgemäßen Zahlung des zustehenden Lohnes (u.a. zivilgerichtlichen Schritten) zur Wehr zu setzen. Vielmehr soll es den Arbeitnehmern, weil diese „aus Angst vor Verlust ihres Arbeitsplatzes erfahrungsgemäß nur selten rechtliche Schritte im Falle einer Unterentlohnung“ setzten oder „Beratungsangebote ..... betreffend das ihnen zustehende Mindestentgelt“ in Anspruch nehmen, auch den Verwaltungs­straftatbestand des § 7i Abs. 3 AVRAG Schutz geboten werden. Gleichzeitig dient diese Norm, wie die Materialen zeigen, auch der Sicherung eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs zwischen den Unternehmen (vgl. auch das Erkenntnis des VwGH vom 10.06.2015, Zl. 2013/11/0121).

 

Diese beiden ausgewiesenen gesetzlichen Ziele (Schutz der Arbeitnehmer und Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs) sind nur dann effektiv erreichbar, wenn der Arbeitgeber die Löhne seiner Arbeitnehmer im zustehenden Ausmaß tatsächlich ausbezahlt (siehe VwGH v. 30.06.2016, Ra 2016/11/0007).

 

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis ausgeführt, dass von keinem geringen Verschulden auszugehen ist, da die Grundlohnunterschreitung beträchtlich ist (zwischen 9,49 und 15,73 %), für einen längeren Zeitraum erfolgte und drei Dienstnehmer betroffen sind und außerdem die festgestellten Grundlohndifferenzen vom Bf bis dato nicht nachbezahlt wurden, die Voraussetzungen für das Absehen von der Strafe (§ 7 i Abs.4 AVRAG) nicht erfüllt sind. Diesbezüglich ist der belangten Behörde u.a. im Hinblick auf die Judikatur des VwGH beizupflichten. So hat der VwGH beispielsweise in seiner Entscheidung vom 23.10.2014, Ro 2014/11/0083, eine Unterentlohnung im Ausmaß von zumindest 6,6 % nicht mehr als geringe Unterschreitung des Grundlohnes gewertet. Die Behörde war demnach auch nicht gehalten, dem Bf eine Frist zur Leistung des ausstehenden Grundlohnes zu setzen.

 

Eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 45 Abs. 1 Z.4 VStG bzw. eine Ermahnung scheidet mangels Vorliegen geringen Verschuldens ebenfalls aus.

 

Als Milderungsgrund für die Strafbemessung ist die bisherige einschlägige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bf zu werten. Weiters ist ihm zugutezuhalten, dass er ab Kenntnis der Unterentlohnung des nach der Kontrolle noch bei ihm beschäftigten Dienstnehmers K. den nach Kollektivvertrag zustehenden Lohn bezahlt hat. Nach Ansicht der erkennenden Richterin war daher mit dem Verhängen der Mindeststrafe das Auslangen zu finden. Auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bf war daher nicht näher einzugehen.

 

Da das Verwaltungsgericht gemäß § 50 VwGVG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, war es zur Spruchkorrektur berechtigt.

 

Dem in der Verhandlung vom Rechtsvertreter gestellte Beweismittelantrag auf Einvernahme des Zeugen P. F. wird keine Folge gegeben, da das Beweisthema nicht entscheidungswesentlich ist. Rechtlich entscheidend ist die unstrittige  Tatsache, dass vom Bf als zur Vertretung nach außen berufenes und somit strafrechtlich verantwortliches Organ, von den genannten einzustellenden Personen kein Nachweis ihrer Vordienstzeiten verlangt wurde.

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird. Der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde (10 % der verhängten Strafe) und die Ersatzfreiheitsstrafe waren entsprechend zu reduzieren.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

V.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger