LVwG-300853/11/BMa/TK
Linz, 05.10.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des F. D., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. G., S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29. September 2015, SV96-12-2014, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Oktober 2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG hat der Beschwerdeführer weder einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens beim Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:
1.2. Mit der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 29.10.2015, die dem Oö. LVwG am 9. November 2015 gemeinsam mit dem Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt wurde, wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.
Das LVwG entscheidet gemäß § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.
2. Das Oö. LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde und am 3. Oktober 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Vertreter des Bf und ein Vertreter der Organpartei gekommen sind.
3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen.
3.1. Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:
F. D. ist Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG der Fa. H KG mit Sitz in S, X.
Es kann nicht festgestellt werden, dass S. V., geb. X, am 29. Jänner 2014 um ca. 8.50 Uhr und am 3. Februar 2014 um 14.45 Uhr von der H KG in der Zweigniederlassung R, X, R, Außenstelle V, X, V bzw. Außenstelle S, X, S, beschäftigt wurde.
3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 3. Oktober 2016 ergibt. In dieser Verhandlung wurde vom Zeugen S. V. die Zeitaufzeichnungen seiner Anwesenheit in der Fa. F KG, die mit einem elektronischen Datenerfassungssystem erfolgten, u.a. für den 29.1.2014 und den 3.2.2014 vorgelegt. Aus diesen Zeitaufzeichnungen ergibt sich, dass S. V. zu den vorgeworfenen Tatzeiten in der Fa. F KG anwesend war und daher zu diesen Zeiten eine Beschäftigung des V. durch die Fa. H KG nicht erfolgen konnte.
Vom Vertreter des Finanzamtes wurde in der abschließenden Stellungnahme geäußert, dass aufgrund der vorliegenden Beweise einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegengetreten wird.
3.3. In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. LVwG erwogen:
3.3.1. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.
Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind (Abs. 2 leg.cit).
Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber nach § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.
Gemäß § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungs-behörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungs-strafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
3.3.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde S. V. zu den vorgeworfenen Tatzeiten nicht von der Firma H KG beschäftigt. Damit aber hat der Bf die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen und das Verfahren war gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG iVm § 38 VwGVG einzustellen.
3.3.3. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Bf gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG iVm § 38 VwGVG weder einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht noch einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde zu tragen.
4. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Gerda Bergmayr-Mann