LVwG-900000/99/SE

Linz, 19.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn Mag. W P, K, vertreten durch S, Rechtsanwälte GmbH, L, vom 4. November 2014 gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz, Disziplinarsenat II, Hauptstraße 1-5, 4041 Linz, vom 6. Oktober 2014, betreffend Dienstpflichtverletzungen nach Behebung der Spruchpunkte I.2., II.1., III. und IV. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 6. August 2015, GZ. LVwG-900000/31/SE, durch den Verwaltungsgerichtshof

 

zu Recht erkannt:

I.         Gemäß § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG wird der Beschwerde teilweise stattgegeben.

 

 

Die Spruchpunkte I. 2., II. 1 und III. des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses lauten nunmehr wie folgt:

 

„I. Der Beschuldigte, Herr Mag. W P, wird im Zusammenhang mit dem Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 folgender Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt

 

2. die Einholung der Zustimmung des Gemeinderats (Beginn der Unterlassung am 31. Jänner 2007) gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM

 

unterlassen zu haben.

 

II.   Der Beschuldigte, Herr Mag. W P, wird im Zusammenhang mit dem Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 von den erhobenen Vorwürfen, Dienstpflichtverletzungen durch

 

1. das Unterlassen der Dokumentationspflicht gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 19 Abs. 1 GEOM

 

begangen zu haben, freigesprochen.

 

III. Über den Beschuldigten, Herrn Mag. W P, wird gemäß §§ 134, 135 Abs. 1 Z 3 und 103 Oö. StGBG 2002 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.500 Euro verhängt, davon werden 2.000 Euro gem. § 124 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 auf 3 Jahre bedingt nachgesehen.“

 

 

Der Spruchpunkt IV. des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses

wird ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts-hofgesetz 1985 - VwGG eine ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              1. Mit Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission der Landeshauptstadt Linz vom 6. Oktober 2014 wurde der Beschwerdeführer wie folgt schuldig erkannt:

 

„Der [Beschwerdeführer] wird im Zusammenhang mit dem Abschluss des SWAP 4175 folgender Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt:

 

1. Unterlassung von Informationspflichten gegenüber Herrn F.referenten der Landeshauptstadt Linz, [...] (im Folgenden kurz „FR“ genannt) (in Teilen) hinsichtlich der vorgeworfenen Tatbestände „R der B“ vom 25.11.2008 (Beginn der Unterlassung war 25. 11. 2008), vom 13.3.2009 (Beginn der Unterlassung war 13.3.2009) und vom 26. 6. 2009 (Beginn der Unterlassung war 26.6.2009); Verstoß gegen §§ 8 Abs. 2 und 4 GEOM, § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002

 

2. Unterlassung von Dokumentationspflichten (Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung am 8. 2. 2007); Verstoß gegen §§ 19 Abs. 1 , 27 Abs. 2, § 32 Abs. 1 GEOM; § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002

 

3. Unterlassung der Einholung der GR-Zustimmung (Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung am 18. 1. 2007); Verstoß gegen §§ 8 Abs. 3 Z 3 GEOM, § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002

 

4. Unterlassung der Einholung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung (Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung am 18. 1. 2007); Verstoß gegen § 78 Abs. 1 Ziffer 2 und 3 StL. 1992 idF vor der Novelle LGBl. Nr. 1/2012, § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002.“

 

 

I. 2. Der dagegen erhobenen Beschwerde des Beschwerdeführers gab das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 6. August 2015, GZ. LVwG-900000/31/SE, teilweise statt, sodass der Spruch des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses lautete:

 

„I. Der [Beschwerdeführer] wird im Zusammenhang mit dem Abschluss des Swap Geschäft 4175 folgender Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt

 

1. Informationspflichten gegenüber den zu den Tatzeitpunkten amtierenden F.referenten der Landeshauptstadt Linz hinsichtlich der „R der B“ vom 25. November 2008 (Beginn der Unterlassung am 27. November 2008), 23. März 2009 (Beginn der Unterlassung am 19. März 2009) und 26. Juni 2009 (Beginn der Unterlassung am 2. Juli 2009) gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 8 Abs. 2 und 4 GEOM und

 

2. die Einholung der Gemeinderats-Zustimmung (Beginn der Unterlassung am 21. Jänner 2007) gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM

 

unterlassen zu haben.

 

II. Der [Beschwerdeführer] wird im Zusammenhang mit dem Abschluss des SWAP 4175 von den erhobenen Vorwürfen, Dienstpflichtverletzungen durch

 

1. das Unterlassen der Dokumentationspflicht gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 19 Abs. 1 GEOM und

 

2. das Unterlassen der Einholung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung gem. § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 iVm § 78 Abs. 1 Z 2 Oö. StL. 1992 

 

begangen zu haben, freigesprochen.

 

III. Über den [Beschwerdeführer] wird gemäß §§ 102 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2  und 103 Oö. StGBG 2002 eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 Euro verhängt, davon werden 2.500 Euro gem. § 124 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 auf 3 Jahre bedingt nachgesehen.

 

IV. Der [Beschwerdeführer] hat gemäß §§ 123 Abs. 2 und 128 Abs. 2, zweiter Satz, erster Halbsatz Oö. StGBG 2002 die mit dem Verfahrensaufwand verbundenen Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von 1.000 Euro zu ersetzen.“

 

 

I. 3. Der Beschwerdeführer und die belangte Behörde erhoben dagegen Revision.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. April 2016, Zl. Ro 2015/09/0014-4, Ro 2016/09/0004-6, das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich im Spruchpunkt I.2., II.1., III. und IV. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurden die Revisionen abgewiesen.

 

Begründend hielt der Verwaltungsgerichtshof auszugsweise Folgendes fest:

 

„[...]

A) Vorweg werden daher die Auslegung der Verjährungsregel des § 104 Abs. 6 Oö StGBG 2002 und die von deren Ergebnis abhängende Frage der Hemmung gemäß § 104 Abs. 3 Oö StGBG geklärt.

 

[...]

 

Entgegen der vom Zweitrevisionswerber vertretenen Ansicht enthält die Norm des § 104 Abs. 6 Oö. StGBG 2002 eine abweichende Regelung ausschließlich zu § 104 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. Die anderen Bestimmungen des § 104 Oö. StGBG 2002 bleiben davon unberührt. Im vorliegenden Fall interessiert vor allem Abs. 3 leg. cit., der die Hemmung des Laufs der Verjährungsfristen der Absätze 1 und 2 durch näher genannte Zeiträume regelt.

 

Daher hat das Landesverwaltungsgericht grundsätzlich zu Recht den Hemmungszeitraum des bei Gericht anhängigen Strafverfahrens miteinbezogen. Dies durfte das Landesverwaltungsgericht allerdings nur dann, wenn der der Dienstpflichtverletzung zugrunde gelegte Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder des strafgerichtlichen Verfahrens war (§ 104 Abs. 3. Oö. StGBG). [...]

 

In diesem wirtschaftlich komplexen Sachverhalt ist auch die Unterlassung der gebotenen Informationspflicht (Spruchpunkt I.1.), die Unterlassung der Einholung der Gemeinderats-Zustimmung (Spruchpunkt I.2.), die Unterlassung des Führens einer Dokumentation (Spruchpunkt II.2.) und das Unterlassen der Einholung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung (Spruchpunkt II.2.) inkludiert.

 

[...]

 

B) [...]

 

Das Landesverwaltungsgericht ist zu Recht von Idealkonkurrenz ausgegangen und durfte den Hemmungstatbestand des § 104 Abs. 3 Oö StGBG in die Berechnung der Verjährung einbeziehen, wobei die Hemmung durch Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens vom 3. Mai 2011 bis 2. April 2014 Bedeutung im gegenwärtigen Verfahrensstand ohnehin nur für den Verjährungszeitraum des Spruchpunktes 1.2. hat.

 

[...]

 

Gegenständlich kommt es nach der unmissverständlichen Norm ausschließlich auf die Kenntnis der Disziplinarkommission in Ausübung dieser Funktion an.

 

[...]

 

Die Begründung des Landesverwaltungsgerichts, erst mit dem Einlangen der Disziplinaranzeige habe die Disziplinarkommission die fristauslösende Kenntnis gemäß § 104 Abs. 1 Z. 1 Oö StGBG 2002 erlangt, steht daher weder mit der hg. Rechtsprechung im Widerspruch noch ist sie rechtswidrig.

 

C) Der Zweitrevisionswerber rügt als inhaltliche Rechtswidrigkeit, es liege in Punkt 1.2. ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung vor. Im Spruch gehe das Landesverwaltungsgericht von einem Beginn des Tatzeitraumes 21. Jänner 2007 aus, in der Begründung hingegen vom 31. Jänner 2007. Ab diesem Zeitpunkt habe der Zweitrevisionswerber „die Struktur und die Eckpunkte des Swap 4175“ gekannt. Der Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung sei daher ab 31. Jänner 2007 anzunehmen. Der vorgeworfenen Tatzeitraum werde dadurch eingeschränkt.

 

Widersprüche zwischen dem Spruch und der Begründung, z.B. über konkrete Tatumstände wie die Tatzeit, ziehen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses in dem davon betroffenen Srpuchumfang nach sich (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahren6, Seite 695, E 19ff., wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

 

Da im gegenständlichen Fall ein unlösbarer Widerspruch hinsichtlich des Beginnes des Tatzeitraumes in Punkt I.2. besteht, waren schon deshalb dieser Spruchpunkt und demzufolge auch die Aussprüche über die Strafe und die Kosten wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

 

D) [...]

 

Bei einem derartigen Volumen ist die Ansicht des Landesverwaltungsgerichts, dass es sich bei diesen Rn um „bedeutsame“ und „wichtige“ Angelegenheiten im Sinne der oben dargestellten Normen handelt, auch vor dem Hintergrund, dass die Bedeutung an der Finanzgebarung der Stadt L zu messen ist, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

 

[...]

 

E) [...]

 

„Angesichts der finanziellen Tragweite der mit dem SWAP 4175 verbundenen weiteren Geschehnisse hätten ihm jedenfalls Bedenken entstehen müssen, dass es sich dabei um „bedeutsame“ bzw. „wichtige“ und demnach informationspflichtige Angelegenheiten handle. Er wäre deshalb zur Einholung einer Auskunft im obigen Sinne verpflichtet gewesen, dies wäre ihm auch zumutbar gewesen.

 

Die Revision des Zweitrevisionswerbers gegen den Spruchpunkt I.1. war daher abzuweisen.

 

F) [...]

 

Als weitere „Aktenwidrigkeit“ rügt der Zweitrevisionswerber, dass das Landesverwaltungsgericht „wortwörtlich einen angeblichen Inhalt des Aktenvermerkes des P./Verfassung vom 1. Dezember 2010“ wiedergebe, „obwohl sich diese Textpassage im genannten Aktenvermerk so nicht findet, sondern stattdessen ein Text, der im Ergebnis das Gegenteil zum Ausdruck bringt“. Mit diesem Vorbringen ist der Zweitrevisionswerber im Recht. Zwar findet sich der erste wörtlich auf S. 58 vierter Absatz des angefochtenen Erkenntnisses zitierte Text im Aktenvermerk der P./Verfassung vom 1. Dezember 2010, nicht jedoch der als sechster Absatz auf S. 58 wörtlich wiedergegebene Text.

 

[...]

 

G) [...]

 

G.1.) Den Freispruch des Zweitrevisionswerbers gemäß Spruchpunkt II.1. [...]

 

Es ist nicht schlüssig, dass das Landesverwaltungsgericht einerseits davon ausgeht, dass der Zweitrevisionswerber „nie Aktenvermerke oder Niederschriften“ im Konnex mit dem SWAP 4175 angelegt hat, andererseits aber ausführt, „dass andere Zeiträume sehr wohl ausreichend dokumentiert waren“.

 

Diesen logischen Widerspruch zeigt der Erstrevisionswerber zu Recht auf.

 

Ist aber festgestellt, dass der Zweitrevisionswerber „nie“ dokumentiert hat, so ist nicht nachvollziehbar, dass das Landesverwaltungsgericht das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung „wegen Unterlassung der Dokumentationspflicht“ als „nicht erwiesen“ ansah. Es ist dabei unerheblich, ob das angelastete Verhalten – wie das Landesverwaltungsgericht ausführt – bereits vor dem von der erstinstanzlichen Disziplinarkommission angenommenen 8. Februar 2007 begonnen hätte (und sohin ein längerer Tatzeitraum vorläge als vorgeworfen), weil jedenfalls seit diesem Tag vom Zweitrevisionswerber keine nachvollziehbare und überprüfbare Dokumentation vorgenommen wurde.

 

Das angefochtene Erkenntnis erweist sich im Spruchpunkt I.1. [gemeint war wohl II.1.] als inhaltlich rechtswidrig.

 

G.2.) Den Freispruch des Zweitrevisionswerbers gemäß Spruchpunkt II.2. [...]

 

Derartige Finanzgeschäfte sind erst durch die Oö. Gemeinderechtsnovelle 2012 (LGBl. Nr. 1/2012) ausdrücklich erfasst.

 

Es ist dem Landesverwaltungsgericht zu folgen, dass der Zweitrevisionswerber zum Zeitpunkt des Abschlusses des SWAP 4175 keine zumutbaren Zweifel (anders als im Hinblick auf die Normen zur Informationspflicht, siehe oben) daran hegen musste, dass ein derartiges Geschäft nicht als „Darlehen“ oder „Darlehensvertrag“ anzusehen war.

 

Daher war die Revision gegen Spruchpunkt II.2. als unbegründet abzuweisen.“

 

 

II.             1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt samt umfangreicher Beilagen, die im Beschwerdeverfahren abgegebenen Stellungnahmen und Unterlagen.

 

II. 2. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinrei­chend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Es waren Rechtsfragen zu beurteilen, deren weitere Klärung durch eine mündliche Verhandlung auch nicht zu erwarten war. Ferner haben der Beschwerdeführer und die belangte Behörde auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet und diesen Verzicht nicht widerrufen.

 

II. 3. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer ist Magister der Sozial- und Volkswirtschaft, war seit x bei der Landeshauptstadt Linz beschäftigt und steht in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis. Seit x 2016 befindet er sich im Ruhestand.

 

Mit 1. Mai 1997 wurde er zum Leiter der S bestellt. Im Oktober 2003 wurde er zusätzlich zu dieser Funktion mit der Leitung der Geschäftsgruppe F. und V. (F) betraut. Mit 15. Juni 2009 wurde dem Beschwerdeführer die Leitung der Dienststelle „W.service der Stadt Linz“ (WSL) – unter gleichzeitiger Entbindung von der Leitung der Dienststelle S – übertragen.

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses erhielt der Beschwerdeführer ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 4.200 Euro.

Derzeit beträgt das monatliche Nettoeinkommen ca. 3.540 Euro. Der Beschwerdeführer ist Hälfteeigentümer eines teilweise mit Pfandrechten belasteten Einfamilienhauses. Weiters verfügt er über Wertpapierdepots (ca. 20.200 Euro – verpfändet; 800 Euro), eine Zukunftsvorsorge (ca. 10.900 Euro, verpfändet), ein Sparbuch (14.000 Euro), einen Bausparvertrag (ca. 4.700 Euro). Für einen von der Stadt Linz erhaltenen Zuschuss zu seinen Verteidigungskosten ist noch eine Steuernachzahlung in Höhe von ca. 40.000 Euro ausständig. Überdies ist der Beschwerdeführer für seinen studierenden Sohn (geb. x) sorgepflichtig.

 

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum war der F der Landeshauptstadt Linz für die F. und V. zuständig. Dem Leiter der S oblagen neben der Leitung der Erstellung von Voranschlag, Rechnungsabschluss und mittelfristiger Planung insbesondere die laufende Überwachung und Einleitung allfälliger Maßnahmen im Rahmen der (finanz-) wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und deren Beteiligungen. Angelegenheiten betreffend die Verwaltung bestehender Darlehen und Anleihen sowie abgeschlossene Derivatgeschäfte der Landeshauptstadt Linz – insbesondere im Bereich Kommunikation Verhandlung mit Banken – sowie die Erstellung von Amtsberichten zum Schuldenmanagement (sog. Debt-Managementberichte) samt Berichterstattung im Finanzausschuss waren bis 2010 ausschließlich dem Beschwerdeführer vorbehalten.

 

Der Gemeinderat der Stadt Linz hat in der Gemeinderatssitzung vom                3. Juni 2004 unter anderem gem. § 46 Abs. 1 Z 9 StL. 1992 folgenden Beschluss gefasst:

„2. Die F wird ermächtigt, dass Fremdfinanzierungsportfolio durch den Abschluss von marktüblichen Finanzgeschäften und Finanzterminkontrakten zu optimieren.“

Aus dem diesbezüglichen Amtsbericht der S vom 13. Mai 2004, bearbeitet vom Beschwerdeführer, geht hervor, dass betreffend Fremdfinanzierung in ausländischer Währung eine entsprechende Kurssicherung als notwendig erachtet wird, zumal die Prognosen der Banken über die weitere Kursentwicklung sehr divergieren und diese Finanztermingeschäfte sehr kurzfristig erfolgen müssen. Die F sollte daher durch diese Ermächtigung – im Einvernehmen mit dem F.referenten und gegen Berichterstattung über die Aktivitäten im Finanzausschuss – ausschließlich für bestehende Fremdfinanzierungen durch den Abschluss von Finanztermingeschäften eine Optimierung des bestehenden Fremdfinanzierungsportfolios hinsichtlich Finanzierungsform, Laufzeit und Zinssätzen vornehmen können. Die Neuaufnahme von Fremdfinanzierungen blieb weiterhin den zuständigen Organen der Stadt vorbehalten.

 

Konkrete Aussagen bzw. Vorgaben, welche Finanzgeschäfte und Finanzterminkontrakte im Einzelnen von Punkt 2. des Gemeinderatsbeschlusses vom 3. Juni 2014 umfasst sind bzw. sein sollten, fehlen. Auch gibt es keine erklärenden Angaben, was unter „marktüblich“ und „optimieren“ zu verstehen ist.

 

Die Stadt Linz verfügte bis 2010 über keine schriftlichen Regelungen zum Finanz-und Risikomanagement.

 

Seit Februar 1993 werden von der heutigen Dienststelle P. (Präsidium, Personal und Organisation) die Anträge an die kollegialen Organe Gemeinderat und Stadtsenat einer formellen Prüfung unterzogen. Die konkrete formale Überprüfung umfasst unter anderem folgende Punkte:

-      Einhaltung des Bundes- Vergabegesetzes 2006 (nur bei Vergabeverfahren)

-      Ist in der Vorlage an das kollegiale Organ der Hinweis auf die Zuständigkeit des zur Beschlussfassung vorgesehenen Kollegialorganes enthalten?

-      Ist die Zuständigkeit des vorgesehenen kollegialen Organes gegeben?

-      Wurden die im Dienstweg erforderlichen Unterschriften eingeholt?

-      Ist die Unterschrift des zuständigen bzw. des sachlichen Betracht kommenden Stadtsenats-Mitgliedes angebracht?

-      Liegen besondere Anwesenheits- und/oder Beschlussfassungserfordernisse vor?

Die inhaltliche Verantwortung der Vorlagen und Anträge liegt bei der erstellenden Dienststelle bzw. im Falle einer Mitwirkung bei der rechtsberatenden Dienststelle.

 

Am 26. September 2006 schloss der Beschwerdeführer mit der B den Resettable CHF linked Swap Nr. 3976 ab. Dieser Abschluss war nicht Gegenstand einer Beschlussfassung im Gemeinderat der Stadt Linz.

 

In der Finanzausschusssitzung vom 4. Mai 2006 berichtete der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die bestehende 195 Mio. CHF-Anleihe und Darstellung der damaligen Markterwartungen im CHF-Bereich, dass aufgrund der steigenden Zinsen und der recherchierten Meinungen über die Marktentwicklung seitens des Debt-Managements überlegt werde, eine Absicherung gegen das Zinsrisiko vorzunehmen. Als Absicherungsinstrument wurde von ihm ein „Zinsswap in Fixzins“, in Betracht gezogen, wobei er den Abschluss eines 1-Jahres-Swap zu einem Fixzins von 1,8 % als günstig hervorhob. Der F.referent hielt den Wechsel zum 1-Jahres-Swap für „überlegenswert“ und äußerte, dass hierfür kein gesonderter Gemeinderatsbeschluss erforderlich wäre, da Maßnahmen des Debt-Managements mit Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 an die F. und V. delegiert wurden.

 

Im Schreiben vom 13. September 2006 an den Bürgermeister der Stadt Linz, das im Dienstweg auch vom F.referenten mitgezeichnet wurde, ersuchte der Beschwerdeführer einerseits um die Unterfertigung von Rahmenverträgen für Finanztermingeschäfte der S , RLB OÖ und der B und andererseits informierte er über die beabsichtigte bedingte Vergabe an die B P.S.K. über 20 Mio. Euro und deren wichtigsten Rahmenbedingungen. In diesem Schreiben wies er darauf hin, dass die Ermächtigung zum Abschluss dieser Maßnahmen des Debt-Managements auf dem Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 beruht. Die notwendigen Unterschriften wurden geleistet.

Nach zahlreichen Sondierungsgesprächen mit diversen österreichischen und internationalen Bankinstituten beabsichtigte der Beschwerdeführer im               Dezember 2006 die bestehende 195 Mio. CHF-Anleihe in Form eines einfachen Zinsswap gegen steigende Zinsen abzusichern. Er fühlte sich 2007 auf dem Gebiet der möglichen Instrumente „sattelfest“, weshalb zuvor keine Maßnahmen aufgrund Punkt 2. des Gemeinderatsbeschlusses vom 3. Juni 2004 umgesetzt wurden.

 

Der Beschwerdeführer hat vor Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 Währungsanalysen und Prognosen eingeholt. Es hat keine Hinweise gegeben, dass der Währungskurs dauerhaft unter dem Wert 1,54 bleiben würde. Allen Analysen war damals gemein, dass sie eine Entwicklung des Euro/CHF-Wechselkurses in Richtung 1,60 und darüber erwartet haben. Der Beschwerdeführer hat nicht damit gerechnet, dass der Wechselkurs dauerhaft unter dem Wert 1,54 bleiben wird. Bevor er das Swap-Geschäft 4175 abgeschlossen hat, hat er auch negative Perioden gerechnet und es war ihm bewusst, dass sich aufgrund von Kursschwankungen in manchen Perioden Zahlungsverpflichtungen ergeben können.

 

Am 18. Jänner 2007 fand eine Gemeinderatssitzung statt.

 

Am 22. Jänner 2007 zeigte sich der Beschwerdeführer im Rahmen eines Kundengesprächs an einem Angebot der B interessiert.

 

Am 31. Jänner 2007 übermittelte die B dem Beschwerdeführer ein Angebot zur „Optimierung über einen Resettable linked Swap“. Dieses Angebot war Gegenstand eines Telefongesprächs zwischen dem Beschwerdeführer und der B am 1. Februar 2007. Die darin verwendete Formel war rein rechnerisch mit einem nach oben hin unbegrenzten Währungsrisiko verbunden. Das war dem Beschwerdeführer grundsätzlich bewusst. Er setzte die EUR/CHF-Wechselkurse 1,50, 1,48 und 1,45 in die Formel ein und ließ sich die Richtigkeit seiner Zinsberechnungen von der B bestätigen. Der Beschwerdeführer ging aufgrund der historischen Kursentwicklung und diverser Währungsanalysen davon aus, dass sich der EUR/CHF-Wechselkurs in den nächsten 10 Jahren innerhalb eines Korridors von ca. 1,62 - 1,44 bewegen werde.

Zwischen 1. und 7. Februar 2007 erfolgten diverse Telefongespräche zwischen dem Beschwerdeführer und Vertretern der B. Am Donnerstag, 8. Februar 2007 fand eines der wöchentlichen Jour fixe beim F.referenten statt, an dem auch der Beschwerdeführer teilnahm. Es ist nicht erwiesen, dass im Rahmen dieser Besprechung über das gegenständliche Swap-Geschäft 4175 gesprochen wurde (Urteil des Landesgerichtes Linz vom 11.12.2013, S. 35 2. Absatz 2. Satz). Bis zum Abschluss am 12. Februar 2007 gab es keine Gespräche mit dem F.referenten über das Swap-Geschäft 4175.

 

Am 12. Februar 2007 legten die B und die X ihre Schlussangebote mit einem vorgegebenen Strike von 1,54 vor. Der Beschwerdeführer erteilte an diesem Tag telefonisch den Zuschlag an die B und bestätigte die Annahme des Angebots per E-Mail. Die schriftliche Einzelabschlussbestätigung zu diesem Swap mit der Referenznummer 4175 datiert am 16. Februar 2007 wurde seitens der Stadt Linz nur vom Beschwerdeführer unterfertigt. Dieser Abschluss war nicht Gegenstand einer Beschlussfassung im Gemeinderat der Stadt Linz und wurde diesbezüglich auch keine aufsichtsbehördliche Genehmigung eingeholt.

 

In der Finanzausschusssitzung am 15. Mai 2008 wurde die Bewertung des Swap 4175 vom Beschwerdeführer nach Rücksprache mit den F.referenten nicht mehr dargestellt, weil er trotz Erklärung der Einflussfaktoren durch die  B den Mitgliedern des Finanzausschusses das Zustandekommen der Bewertung mangels unzureichender Fachkenntnisse nicht vermitteln hätte können.

 

Am 25. November 2008 übersendete ein Vertreter der B – einem von ihm als „wieder versöhnlich“ bezeichneten EUR/CHF-Wechselkursniveau von 1,54/1,55 – dem Beschwerdeführer ein „Optimierungsangebot“, wonach bezugnehmend auf den Restrukturierungsvorschlag vom 5. November 2008 eine „bedingte Absicherung“ der nächsten drei Anpassungstermine mit einem Strike von 1,49 und einem Knock-out bei 1,398 zu einem Preis (Optionsprämie) von insgesamt CHF 2.583.750 angeboten wurde. Der Beschwerdeführer nahm dieses Angebot nicht an. Die Stadt Linz erzielte nach wie vor positive Cashflows.

 

Mit E-Mail von 13. März 2009 unterbreitete ein Vertreter der B dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf den bevorstehenden Anpassungstag (14. April) ein Absicherungsgeschäft für den nächsten Fälligkeitstermin durch ein zusätzliches Optionsgeschäft zum Preis von rund CHF 1,258 Mio.

 

Mit E-Mail vom 26. Juni 2009 teilte unter Hinweis auf die Kurserholung ein Vertreter der B dem Beschwerdeführer den aktuellen Prämienaufwand für einen Rückkauf der beiden nächsten Optionstermine (15. Oktober 2009 und 15. April 2010) mit. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der regen und sehr cleveren Interventionspolitik der SNB absehbar die Kurse nicht unter 1,50 sinken würden, das Risiko für die Stadt Linz somit bei maximal 2,7% limitiert bleibe und sich daher die Frage der Sinnhaftigkeit einer Prämienleistung zur Absicherung stelle.

 

Der Beschwerdeführer hat den F.referenten über diese „R“ nicht informiert. Es gab wöchentlich an Donnerstagen ein Jour fixe beim F.referenten.

Hinsichtlich der Auslegung der in der GEOM und dem Stadtstatut der Landeshauptstadt Linz normierten Informationspflichten gibt es keine expliziten schriftlichen magistratsinternen Regelungen.

 

Ab November 2010 wurde in den Medien über die negativen wirtschaftlichen Folgen des Swap-Geschäfts 4175 berichtet.

 

Die beiden Aktenvermerke der „PO/Verfassung“ vom 1. Dezember 2010, mit dem Betreff „GR-Beschluss vom 3.6.2004; Abschluss von marktüblichen Finanzgeschäften und Finanztermingeschäften durch die F“ wurden von einem ab 1. Jänner 2011 dem Disziplinarsenat II zugehörigen Mitglied verfasst und jeweils vom damaligen Präsidialdirektor unterfertigt.

 

Diese beiden Aktenvermerke sind teilweise völlig wortident, darüber hinaus lauten sie jedoch unterschiedlich. Einer umfasst drei Seiten (kurz: „kürzerer AV), der andere fünf Seiten (kurz: „längerer AV“).

 

Beim längeren AV ist am Ende eine Unterschriftsparaphe des Verfassers. Diese fehlt am kürzeren AV. Auf dem kürzeren AV ist mit einem Stempel „MD eing. -6.12.10“ angebracht. Daneben steht handschriftlich vermerkt „Wo nach Korrekturen zKG, 6.12.2010“. Dies fehlt wiederum am längeren AV.

 

Der Beschwerdeführer legte seine Funktion als Leiter der F. und V. und F mit Wirkung 1. April 2011 zurück.

 

Am 12. April 2011 langte bei der Staatsanwaltschaft Linz eine anonyme Strafanzeige aufgrund von Medienberichten, wonach in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Politiker und/oder Beamte „irgendwelche Zockerzinsgeschäfte“ gemacht haben, die bis zu 260 Mio. Euro Steuergeld kosten können, ein.

 

Am 3. Mai 2011 erging an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz in der Strafsache gegen den Beschwerdeführer und den F.referenten ein Amtshilfe ersuchen. Ebenfalls am 3. Mai 2011 erging in der gleichen Angelegenheit eine Anordnung von sicherheitsbehördlichen Ermittlungen an das Landespolizeikommando Oberösterreich, Landeskriminalamt.

 

Im Zuge der Aufarbeitung des Swap-Geschäfts 4175 in den Jahren 2010 und 2011 wurden das diesbezüglich vorhandene Material und Unterlagen zusammengetragen und in eine chronologische Reihenfolge gebracht. Hierzu bedurfte es mehrerer Sitzungen, da der Beschwerdeführer erst für sich eine zeitliche und inhaltliche Ordnung herstellen musste, da manche Zeiträume schlecht bzw. nicht dokumentiert waren. Auf Outlook-Basis waren keine Informationen mehr zu beschaffen, weil das Material nach einer gewissen Zeit überschrieben wird.

 

Der Beschwerdeführer hat über Besprechungen mit dem F.referenten keine Aktenvermerke oder Niederschriften angefertigt. Keine der an den Jours fixes teilnehmenden Personen hat Dokumentationen über die Besprechungsinhalte der jeweiligen Jours fixes dokumentiert.

 

Mit Weisung des Magistratsdirektors vom 24. Mai 2011 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf eine erstellte Chronologie der Kontakte Stadt Linz – B sowie innerhalb der Stadtverwaltung als Basis für die diversen Swap-Verträge Stadt Linz – B (v. a. des anlassgebenden Vertrages 4175) aufgefordert, allenfalls weitere noch vorhandene einschlägige Schriftstücke (ggf. auch in elektronischer Form) unverzüglich, längstens bis 30. Mai 2011, vorzulegen.

 

Der Beschwerdeführer hat manche E-Mails, die ihm als nicht mehr relevant erschienen, von Zeit zu Zeit gelöscht oder anlässlich der Übernahme der Leitung des Wirtschaftsservices und der damit verbundenen Übersiedlung vernichtet. Außerdem stand die Speicherkapazität am PC nur begrenzt zur Verfügung. Sämtliche noch vorhandene elektronische Dokumente im Zusammenhang mit den Swaps und den Darlehen wurden auf einen USB-Stick kopiert und übergeben. Auch wurden alle beim Beschwerdeführer verbliebenen Schriftstücke  übergeben.

 

Eine Vollständigkeitsprüfung der in der B-Stellungnahme vom 8. August 2011 an die Staatsanwaltschaft Linz angeführten E-Mails ergab das Fehlen bzw. die Unvollständigkeit der E-Mails vom 7. Jänner 2008 des Beschwerdeführers an die B betreffend die Reduzierung der CHF-Bewertung von 9,33 Mio. per Ende September 2007 auf 1 Mio. per Ende Dezember und vom 11. April 2008 von der B an den Beschwerdeführer betreffend Absehbarkeit einer negativen Änderung des Wechselkurses trotz positiver Zahlungen an die Stadt Linz.

 

Die Landeshauptstadt Linz holte Rechtsgutachten betreffend die gesetzlichen Verpflichtungen zur Einholung der Gemeinderatszustimmung und aufsichtsbehördlichen Genehmigung betreffend Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 ein, die zum Ergebnis kamen, dass eine Verpflichtung besteht.

 

Mit Schreiben der P. vom 19. Dezember 2011 wurde die Disziplinarkommissionen von der Anzeige gegen den Beschwerdeführer in Kenntnis gesetzt und an die zuständige Vorsitzende des Disziplinarsenates II weitergeleitet.

 

Am 3. Februar 2012 erfolgte durch die Disziplinarkommission der Beschluss auf Einleitung des Verfahrens, sowie gleichzeitig auf Unterbrechung des Verfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss bzw. Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens. Der Einleitungs- und Aussetzungsbeschluss wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 6. Februar 2012 zugestellt.

 

Mit Rechtskraftvermerk vom 1. April 2014, bei der belangten Behörde am 2. April 2012 eingelangt, erging im gerichtlichen Strafverfahren das Urteil, welches mit einem Freispruch endete.

 

Mit Schreiben der Disziplinarkommission vom 11. Juni 2014 erging an den Beschwerdeführer die Aufforderung zur Rechtfertigung.

 

Das angefochtene Disziplinarerkenntnis vom 6. Oktober 2014 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 7. Oktober 2014 zugestellt.

 

Unbestritten blieb, dass der Beschwerdeführer

-      den F.referenten über die „R“ vom 25. November 2008, 23. März 2009 und 26. Juni 2009 nicht informierte,

-      über Besprechungen mit dem F.referenten keine Aktenvermerke, Niederschriften oder Protokolle angefertigt hat (vgl. Verhandlungsschrift vom 30.9.2014, S. 25 drittletzter Absatz, S. 28 2. Absatz)

-      weder einen Gemeinderatsbeschluss noch eine aufsichtsbehördliche Genehmigung für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 einholte, obwohl eine gesetzliche Verpflichtung dazu bestanden hat.

 

II. 4. Hinsichtlich der beiden Aktenvermerke vom 1. Dezember 2010 wird festgehalten, dass dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Kopien und keine Originale vorliegen. Aktenvermerke sind Aufzeichnungen, die für den Verfasser für die Behandlung des Geschäftsfalles von Bedeutung sind. Sie entfalten aber keine rechtliche Bindung.

 

 

III. Aufgrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Anlehnung an die vom Verwaltungsgerichtshof vertretene Rechtsansicht eine Entscheidung über das vom Beschwerdeführer eingebrachte Rechtsmittel betreffend Unterlassung der Einholung der Gemeinderats – Zustimmung und das Unterlassen der Dokumentationspflicht sowie der Aussprüche über die Strafen und Kosten zu treffen.

 

III. 1. Verjährung allgemein:

 

III. 1.1. Entsprechend dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 2016, Zl. Ro 2015/09/0014-5, Ro 2016/09/0004-6, ist der Hemmungstatbestand des § 104 Abs. 3 Oö. StGBG 2002 in die Berechnung der Verjährung einzubeziehen, wobei die Hemmung durch Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens vom 3. Mai 2011 bis 2. April 2014 Bedeutung hat.

 

III. 1.2. Nach § 104 Abs. 1 Z 1 Oö. StGBG 2002 kommt es unmissverständlich ausschließlich auf die Kenntnis der Disziplinarkommission in Ausübung ihrer Funktion an. Mit dem Einlangen der Disziplinaranzeige hat die Disziplinarkommssion die fristauslösende Kenntnis gemäß § 104 Abs. 1 Z 1 Oö. StGBG 2002 erlangt.

 

III. 1. 3. Ende der Dienstpflichtverletzung:

 

Der Beschwerdeführer hat mit Wirkung 1. April 2011 seine Funktion als Leiter der F. und V. des Magistrats der Landeshauptstadt Linz zurückgelegt. Ab diesem Zeitpunkt hatte er die dienstlichen Aufgaben des F nicht mehr zu erfüllen, weshalb zu diesem Zeitpunkt die gegenständlich vorgeworfenen pflichtwidrigen Unterlassungen als beendet anzusehen sind.

Der Einleitungsbeschluss wurde am 6. Februar 2014 dem Beschwerdeführer zugestellt. Die Frist gem. § 104 Abs. 1 Z 2 Oö. StGBG 2002 ist somit gewahrt.

 

III. 1.4. Es ist die Einhaltung folgender Fristen unter Berücksichtigung der Hemmdauer zu prüfen:

 

·         Zustellung des Einleitungsbeschlusses innerhalb von

-   sechs Monaten ab Kenntnis der Disziplinarkommission und

-   drei Jahren ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung  und

-   fünf Jahren ab dem Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung und

 

·         Verhängung der Disziplinarstrafe innerhalb von drei Jahren ab Zustellung des Einleitungsbeschlusses

 

Die Disziplinarkommission erlangte Kenntnis von der Dienstpflichtverletzung am 19. Dezember 2011. Der Einleitungsbeschluss ist am 6. Februar 2012 dem Beschwerdeführer zugegangen und war somit rechtzeitig.

 

Am 12. April 2011 langte eine anonyme Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Linz ein. Die ersten Verfolgungshandlungen wurden am 3. Mai 2011 gesetzt. Das gerichtliche Strafverfahren war somit ab diesem Zeitpunkt „anhängig“, wodurch der Beginn der Fristenhemmung ausgelöst wurde.

 

Das vom Landesgericht Linz ergangene Urteil war mit 1. April 2014 rechtskräftig. Diese Mitteilung erging an die belangte Behörde am 2. April 2014, womit zu diesem Zeitpunkt die Fristenhemmung beendet wurde.

 

Somit ergibt sich, dass entsprechend § 104 Abs. 3 Oö. StGBG 2002 die in § 104 Abs. 1 und 2 Oö. StGBG 2002 normierten Fristen im Zeitraum vom 3. Mai 2012 (Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens) bis 2. April 2014 (Einlangen der Mitteilung über die Rechtskraft) gehemmt sind.

 

Der Beschwerdeführer legte mit Wirkung 1. April 2011 seine Funktion als Leiter der F. und V. und F des Magistrats der Landeshauptstadt Linz zurück. Ab diesem Zeitpunkt hatte er die bisher mit seiner Funktion verbundenen dienstlichen Aufgaben nicht mehr zu erfüllen, weshalb auch ein Nachholen der noch andauernden pflichtwidrigen Unterlassungen nicht mehr möglich war. Der Zeitpunkt der Beendigung der (im Folgenden noch zu prüfenden) vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen ist somit mit 1. April 2011 festzustellen.

 

Zwischen Beendigung der Dienstpflichtverletzung und Beginn der Fristhemmung liegt eine Zeitspanne von 1 Jahr, 1 Monat und 2 Tagen. Der am 6. Februar 2012 zugestellte Einleitungsbeschluss erfolgte somit fristgerecht.

 

Unbestrittener Maßen gilt die Verjährungsfrist von drei Jahren des                     § 104 Abs. 2 Oö. StGBG 2002 für Tätigkeitsdelikte und Unterlassungsdelikte gleichermaßen. Sie unterliegt auch der Hemmung nach § 104 Abs. 3 leg. cit.

 

Die Zeitdauer zwischen Ende der Fristhemmung und Zustellung des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses der belangten Behörde am 7. Oktober 2014 beträgt 6 Monate und 5 Tage. Die Frist gem. § 104 Abs. 2 Oö. StGBG 2002 ist somit gewahrt.

 

Da seit dem Einlangen der Mitteilung über die Rechtskraft weniger als drei Jahre verstrichen sind, darf eine Disziplinarstrafe noch verhängt werden.

 

 

III. 2. Dienstpflichtverletzung allgemein

 

III. 2.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

 

Landesgesetz über das Dienstrecht der Beamten und Beamtinnen der Städte mit eigenem Statut (Oö. Statutargemeinden-Beamtengesetz 2002 - Oö. StGBG 2002), LGBl. Nr. 50/2002, i. d. F. 19/2014:

 

„§ 35

Allgemeine Dienstpflichten

 

(1) Der Beamte (Die Beamtin) ist verpflichtet, seine (ihre) dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung und der innerdienstlichen Regelungen treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen. Er (Sie) hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.

 

[...]“

 

III. 2. 2. Dienstpflicht

 

Der Beschwerdeführer ist Beamter des Magistrats der Landeshauptstadt Linz und befindet sich seit x 2016 im Ruhestand. Von 1. Jänner 1997 bis zum 15. Juni 2009 war er mit der Leitung der S betraut. Von 23. Oktober 2003 bis 31. März 2011 war er zudem Leiter der Geschäftsgruppe F-F.

 

Er war für die F. und V. der Landeshauptstadt Linz zuständig. Als Leiter der S gehörten neben der Leitung der Erstellung von Voranschlag, Rechnungsabschluss und mittelfristige Planung insbesondere die laufende Überwachung und Einleitung allfälliger Maßnahmen im Rahmen der (finanz-)wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt und deren Beteiligungen zu seinen Aufgaben. Angelegenheiten betreffend die Verwaltung bestehender Darlehen und Anleihen sowie abgeschlossene Derivatgeschäfte der Landeshauptstadt Linz – insbesondere im Bereich Kommunikation Verhandlung mit Banken – sowie die Erstellung von Amtsberichten zum Schuldenmanagement (sog. Debt-Managementberichte) samt Berichterstattung im Finanzausschuss waren bis 2010 ausschließlich dem Beschwerdeführer vorbehalten.

 

Beamte haben die Pflicht, die ihnen zukommenden dienstlichen Aufgaben zu erfüllen. Hinsichtlich Erfüllung der Aufgabe besteht eine Pflicht zur Rechtmäßigkeit, eine Treuepflicht, eine Pflicht zur Gewissenhaftigkeit, zur Unparteilichkeit, zur Ausschöpfung aller Mittel zur Eigeninitiative. Diese Pflichten sind voneinander unabhängig zu beurteilen (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, S. 131f).

 

Seine dienstlichen Aufgaben hatte der Beschwerdeführer entsprechend der geltenden Rechtsordnung und internen Regelungen treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zu besorgen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt für die Tatbestandsverwirklichung insgesamt Verhaltensweisen, die ‚ein gewisses Gewicht haben' und so die ‚Schwelle der disziplinären Erheblichkeit' überschreiten.

 

Eine Verletzung der Dienstpflicht kann nur dann angenommen werden, wenn Handlungspflichten, die den Beamten aufgrund von Rechtsvorschriften und seines Kompetenzbereichs konkret treffen, nicht eingehalten werden und für diese eine disziplinäre Erheblichkeit festgestellt wird.

 

Zu den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers in der Funktion des F gehörten jedenfalls die Dokumentationspflicht gem. § 19 Abs. 1 GEOM sowie die Prüfung und Einholung notwendiger Gemeinderatsbeschlüsse gem. § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM.

 

 

III. 3. Dokumentationspflicht

 

III. 3. 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften

 

Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Linz – GEOM

 

„§ 19 Überprüfbarkeit des Verwaltungshandeln

 

(1) Die Abwicklung der Dienstgeschäfte ist so zu gestalten, dass sie jederzeit und ohne Schwierigkeiten nachvollzogen und überprüft werden kann.

 

[...]

§ 27 Besprechungen

 

(2) Der wesentliche Inhalt einer Besprechung sowie Datum und Teilnehmerkreis sind grundsätzlich in einem Aktenvermerk oder einer Niederschrift festzuhalten. Die Entscheidung darüber obliegt dem Besprechungsleiter; sie ist am Beginn der Besprechung bekannt zu geben.

 

[...]

§ 32 Formen schriftlicher Aktenbehandlung

 

(1) Aktenvermerke (AV): Aktenvermerke sind dem Akt anzuschließende Aufzeichnungen über Sachverhalte, die einem Mitarbeiter zur Kenntnis gelangen und für die Behandlung eines Geschäftsfalles von Bedeutung sind.

 

[...]“

 

III. 3. 2. Spruchpunkt I. 2. des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses lautet:

 

„2. Unterlassung von Dokumentationspflichten (Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung am 8.2.2007), Verstoß gegen §§ 19 Abs. 1, 27 Abs. 2, 32 Abs. 1 GEOM; 35 Abs. 1 Oö. StGBG.“

 

Konkrete Vorgaben oder Rahmenbedingungen über die Gestaltung der Abwicklung von Dienstgeschäften und über den zeitlichen Rahmen von erforderlichen Dokumentationen sind in § 19 GEOM nicht enthalten. Auch gab es darüber hinaus keine anderen internen Vorgaben über die Dokumentation von Finanzgeschäften.

 

§ 27 Abs. 2 GEOM gibt das schriftliche Festhalten des wesentlichen Inhalts von Besprechungen vor, wobei die Entscheidung, ob ein Aktenvermerk oder eine Niederschrift anzufertigen ist, vom Besprechungsleiter zu Beginn der  Besprechung festzulegen ist. § 32 Abs. 1 GEOM definiert den Begriff Aktenvermerk.

 

III. 3. 3. Dienstpflichtverletzung durch Unterlassen der Dokumentationspflicht:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26. April 2016, Zl. Ro 2015/09/0014-5, Zl. Ro 2016/09/0004-6, u.a. festgehalten, dass es nicht schlüssig sei, dass das Landesverwaltungsgericht einerseits davon ausgeht, dass der Zweitrevisionswerber „nie Aktenvermerke oder Niederschriften“ im Konnex mit dem Swap 4175 angelegt hat, andererseits aber ausführt, dass andere Zeiträume sehr wohl ausreichend dokumentiert waren. Weiters führte er aus: „Ist aber festgestellt, dass der Zweitrevisionswerber „nie“ dokumentiert hat, so ist nicht nachvollziehbar, dass das Landesverwaltungsgericht das Vorliegen der Dienstpflichtverletzung „wegen Unterlassung der Dokumentationspflicht“ als „nicht erwiesen“ ansah.“

 

Dazu ist nunmehr Folgendes festzuhalten:

 

Eine Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit der Abwicklung von Dienstgeschäften i. S. d. § 19 GEOM erfordert, dass der Schriftverkehr (inkl. E-Mails) sowie Aktenvermerke, Protokolle, Niederschriften über wesentliche Schritte, Entscheidungsgrundlagen, wesentliche Besprechungsinhalte, vorgesehene Mitzeichnungen und Kenntnisnahmen sowie sonstige wichtige Unterlagen (z. B. Vertragsentwürfe), etc. so rechtzeitig in einem Akt protokolliert werden, dass die chronologische Abfolge,  Nachvollziehbarkeit und Überprüfung gewährleistet sind. Mit dem  alleinigen Erstellen von Aktenvermerken und Niederschriften über den wesentlichen Inhalt von Besprechungen gem. § 27 Abs. 2 GEOM ist aber eine Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit des Verwaltungshandeln noch nicht sichergestellt.

 

Wie vom Beschwerdeführer angegeben hat er über Gespräche mit dem F.referenten nie Aktenvermerke oder Niederschriften angelegt - unabhängig davon, um welche Angelegenheit es sich gehandelt hat.

 

So wurde auch über die wöchentlichen Jours fixes nichts Schriftliches von ihm festgehalten. Dies erfolgte auch nicht von anderen Teilnehmern an den Jours fixes. Nach § 27 Abs. 2 GEOM hätte der F.referent als Leiter dieser Jours fixes zu Beginn der Besprechung bekannt geben müssen, ob der wesentliche Inhalt in einem Aktenvermerk oder einer Niederschrift festzuhalten ist. Dies wurde offensichtlich aber auch unterlassen, weil es –wie es scheint- gängige Praxis war, den wesentlichen Inhalt dieser Jours fixes entsprechend § 27 GEOM nicht festzuhalten.

 

Der Beschwerdeführer hat demnach keine Aktenvermerke oder Niederschriften hinsichtlich der im Konnex mit dem SWAP 4175 stattgefundenen Besprechungen mit dem F.referenten angefertigt.

 

Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer die Unterlassung der Dokumentationspflicht im Zusammenhang mit dem Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 ab 8. Februar 2007 vorgeworfen.

Sie ist davon ausgegangen, dass in der Besprechung mit dem F.referenten am 8. Februar 2007 und in darauffolgenden Besprechungen das Swap-Geschäft 4175 Thema war und mangels Festhalten des wesentlichen Inhalts dieses Dienstgeschäfts im Sinne der gebotenen Überprüfbarkeit des Verwaltungshandelns nicht vollständig nachvollzogen werden kann. Jedoch konnte genau für diese Besprechung nicht festgestellt werden, dass (im Rahmen des wöchentlichen Jour fixe) über das Swap-Geschäft 4175 überhaupt gesprochen wurde.

 

Die belangte Behörde hat aber darüber hinaus nichts dahingehend vorgebracht, dass der Beschwerdeführer auch in weiteren – zeitlich späteren – stattgefundenen Jours fixes und/oder Besprechungen mit dem F.referenten über das Swap-Geschäft 4175 gesprochen hätte. Überdies steht fest, dass bis zum Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 am 12. Februar 2007 diesbezüglich keine Gespräche bzw. Besprechungen mit dem F.referenten geführt wurden.

 

Alleine das Eingeständnis des Beschwerdeführers, dass er allgemein keine Aktenvermerke und/oder Niederschriften über Besprechungen mit dem F.referenten angefertigt hat, ohne konkrete Angaben, sondern lediglich auf der bloßen Annahme, dass nach dem 8. Februar 2007 weitere Besprechungen mit dem F.referenten über das Swap-Geschäft 4175 stattgefunden hätten, reicht nicht aus, die Unterlassung der Dokumentationspflicht als erwiesen anzusehen.

 

In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass der Beschwerdeführer den F.referenten über die gegenständlichen R jedenfalls in keinem Jour fix bzw. in keiner Besprechung informiert hat.

 

Die belangte Behörde hat zwar in der Verhandlung vor der Disziplinarbehörde am 30. September 2014 die sorgfaltswidrig unterlassene Dokumentation von Besprechungsinhalten mit diversen B-Mitarbeitern vorgebracht (vgl. Verhandlungsschrift vom 30.9.2014, S. 27 2. Absatz), aber auch dazu keine näheren  Angaben, wie z.B. wann diese stattfanden – ob vor oder nach dem 8. Februar 2007, ausgeführt.

 

Im Zuge der Aufarbeitung des Swap-Geschäfts 4175 in den Jahren 2010 und 2011 wurden das diesbezüglich vorhandene Material und die Unterlagen zusammengetragen und in eine chronologische Reihenfolge gebracht. Manche Zeiträume waren schlecht bzw. nicht dokumentiert. Daraus ergibt sich aber vice versa, dass für manche andere Zeiträume sehr wohl „Material“, also diverse Unterlagen (Schriftverkehr, E-Mails,...) über die Abwicklung des Swap-Geschäfts 4175, ausreichend vorhanden waren.

 

Aber auch hier fehlen konkrete Angaben der belangten Behörde, welche Zeiträume nicht bzw. nicht im entsprechenden Ausmaß dokumentiert waren, insbesondere, ob diese den Zeitraum vor oder nach dem 8. Februar 2007 betroffen haben.

 

Jedenfalls steht fest, dass keine Besprechungen bzw. Gespräche des Beschwerdeführers mit dem F.referenten über das Swap-Geschäft 4175 zwischen 8. Februar 2007 und 12. Februar 2007 stattgefunden haben.

 

Aus den obigen Ausführungen ergibt sich zwar, dass die Abwicklung bzw. der Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 insgesamt betrachtet über den gesamten Zeitraum nicht immer so gestaltet war, dass dieses „Dienstgeschäft“ jederzeit und ohne Schwierigkeiten nachvollzogen und überprüft werden konnte.

 

Die belangte Behörde hat aber keine konkreten Angaben darüber gemacht, wann und in welcher Weise der Beschwerdeführer seiner Dokumentationspflicht gemäß § 19 Abs. 1 GEOM ab dem 8. Februar 2007 nicht nachgekommen ist, wobei nochmals festgehalten wird, dass es nicht erwiesen ist, dass im Jour fix am 8. Februar 2007 das Swap-Geschäft 4175 thematisiert wurde. Inwiefern der Dokumentationspflicht nach dem 8. Februar 2007 nicht ordnungsgemäß nachgekommen wurde und deshalb keine nachvollziehbare und überprüfbare Dokumentation vorgenommen wurde, hat die belangte Behörde nicht konkret dargelegt.

 

Ferner hätte die belangte Behörde auch konkret feststellen müssen, in welchem Ausmaß ein „Fehlverhalten“ des Beschwerdeführers vorliegt. Die alleinige Tatsache, dass gegen die Dokumentationspflicht verstoßen wurde reicht für das Feststellen einer Dienstpflichtverletzung nicht aus. Vielmehr bedarf es auch der Prüfung, ob durch diesen Verstoß die Schwelle der disziplinären Erheblichkeit überschritten wird.

 

Entsprechend der oben gemachten Ausführungen kann mangels genau definiertem „Fehlverhalten“ des Beschwerdeführers sowie Zeitraum die Verletzung der Dokumentationspflicht nach dem 8. Februar 2007 nicht konkret festgestellt werden, weshalb auch die Überprüfung des Überschreitens der Schwelle der disziplinären Erheblichkeit nicht möglich war. Der Tatbestand des § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 ist somit nicht erfüllt.

 

 

III. 4. Einholung eines Gemeinderatsbeschlusses für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175

 

III. 4. 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

 

Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung für den Magistrat der Landeshauptstadt Linz – GEOM:

 

„§ 8 Aufgaben der Gruppenleiter

[...]

 

(3) Den Gruppenleitern obliegen außer den ihnen in dieser GEOM und in anderen Vorschriften zugewiesenen Aufgaben auch:

[...]

3. die Herbeiführung von grundsätzlichen, aber ausstehenden Entscheidungen und Weisungen der Kollegialorgane, des Bürgermeisters, einzelner Mitglieder des Stadtsenates oder des Magistratsdirektors und

[...]

 

Statut für die Landeshauptstadt Linz 1992 (StL. 1992), LGBl. Nr. 7/1992 i. d. zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung LGBl. Nr. 1/2005:

 

„§ 46

Zuständigkeit des Gemeinderates

 

(1) Dem Gemeinderat sind außer den ihm in diesem Gesetz und in anderen gesetzlichen Vorschriften zugewiesenen Aufgaben folgende Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs vorbehalten:

 

[...]

 

9. die Aufnahme und Gewährung von Darlehen oder die Leistung von Bürgschaften, wenn das Darlehen oder die Bürgschaft den Betrag von 100.000 Euro übersteigt;

 

[...]

 

12. der Abschluß und die Auflösung sonstiger Verträge, wenn das darin festgesetzte einmalige Entgelt 100.000 Euro oder das jährliche Entgelt 50.000 Euro übersteigt.

 

[...]

 

III. 4. 2. Unbestritten blieb, dass für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 der Gemeinderatsbeschluss der Landeshauptstadt Linz vom 3. Juni 2004 nicht ausreichend war und deshalb die Angelegenheit dem Gemeinderat neuerlich gem. § 46 Abs. 1 Z 9 und auch gem. § 46 Abs. 1 Z 12 Oö. StL. 1992 vorzulegen gewesen wäre.

 

Die Herbeiführung von Entscheidungen der Kollegialorgane war entsprechend § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM von den dienstlichen Aufgaben des Beschwerdeführers umfasst.

 

 

III. 4. 3. Dienstpflichtverletzung durch Unterlassen der Einholung eines Gemeinderatsbeschlusses:

 

Der Beschluss des Gemeinderats der Stadt Linz vom 3. Juni 2004 beinhaltet die Ermächtigung der F, das Fremdfinanzierungsportfolio durch den Abschluss von marktüblichen Finanzgeschäften und Finanzterminkontrakten zu optimieren.

In dem vom Beschwerdeführer vorbereiteten Amtsbericht vom 13. Mai 2004 wird dazu ausgeführt, dass aufgrund erhöhter Schwankungsbereitschaft des Schweizer Franken eine Kurssicherung überlegenswert ist. Deshalb soll die F für die sehr kurzfristig abzuschließenden Finanztermingeschäfte auch in ausländischer Währung betreffend bestehende Fremdfinanzierungen ermächtigt werden. Klargestellt wurde auch, dass die Neuaufnahme von Fremdfinanzierungen weiterhin den zuständigen Organen der Stadt vorbehalten bleibt.

 

Weitere Ausführungen bzw. Vorgaben betreffend finanziellen Rahmen, Laufzeit, etc. fehlen. Es wurde auch nicht erklärt, welche Geschäfte „marktübliche Finanzgeschäfte und Finanzterminkontrakte“ sind oder deren Grundstruktur erläutert. Der Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 ist daher nicht ausreichend konkret.

 

Die Dienststelle P. prüft Kollegialanträge ausschließlich in formeller Hinsicht vor deren Beschlussfassung. So wurde auch die formelle Richtig- und Gesetzmäßigkeit des Beschlussantrages auf Basis des Amtsberichts vom 13. Mai 2004 geprüft. Die Prüfung inhaltlicher Belange, wie z. B. welche Wertgrenzen erreicht werden und insbesondere, welche konkreten Genehmigungspflichten eine bestimmte Angelegenheit erfordert, liegt und lag auch nie in der Verantwortung der P., sondern ausschließlich bei der fachlich zuständigen Dienststelle. Die P. war daher auch nicht verpflichtet, zu prüfen, ob der Beschluss mit der Verwendung des Begriffs „marktübliche Finanzgeschäfte und Finanzterminkontrakte“ für die F und den Gemeinderat ausreichend konkret war.

 

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass die P. nach rechtlicher Überprüfung des Amtsberichtes vom 13. Mai 2004 keinerlei Grund zur Beanstandung hatte und er deswegen davon ausgehen durfte, dass der Abschluss von Swaps durch den später erlassenen Gemeinderatsbeschluss jedenfalls gedeckt sei, so ist entgegenzuhalten, dass die P. mit den wenigen Informationen im Amtsbericht vom 13. Mai 2004 gar nicht in der Lage gewesen wäre, festzustellen, welche Zustimmungs- bzw. Genehmigungserfordernisse einzuhalten sind. Wäre diese Aufgabe tatsächlich bei der P. gelegen, so hätte dieser Amtsbericht, der vom Beschwerdeführer selbst erstellt wurde, viel ausführlicher sein müssen.

 

Überdies musste er als Beamter in langjähriger Leitungsfunktion und insbesondere in der Funktion des F wissen, dass die P. seit Februar 1993 ausschließlich aufgrund der im Amtsbericht angeführten Genehmigungstatbestandes überprüft, ob z. B. das vorgesehene Kollegialorgan tatsächlich zuständig ist, alle im Dienstweg einzuholenden Unterschriften vorhanden sind und besondere Anwesenheits- und/oder Beschlusserfordernisse vorliegen.

 

Zwischen dem Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 bis zum Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 liegt ein Zeitraum von mehr als zweieinhalb Jahren. In diesem Zeitraum haben sich die „marktüblichen Finanzgeschäfte und Finanzterminkontrakte“ weiterentwickelt und sind auch neue Finanzprodukte entstanden.

 

Der Beschwerdeführer gab selbst an, dass er erst 2007 ausreichend Kenntnis über Zinsabsicherungsgeschäfte durch Derivate hatte und sich „sattelfest“, also in der Lage fühlte, ein derartiges Geschäft abzuschließen. Daraus ist abzuleiten, dass er zum Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses am 3. Juni 2004 noch nicht über den nötigen Wissensstand sowie Überblick über die Struktur und wesentliche Parameter derartiger Geschäfte hatte.

 

Dem Beschwerdeführer war aber zum Zeitpunkt der Erstellung des Amtsberichts vom 13. Mai 2004, der Grundlage für den Beschluss des Gemeinderates am 3. Juni 2004 war, bewusst, dass für den Abschluss von „marktüblichen Finanztermingeschäften und Finanzterminkontrakten“ zur Optimierung des Fremdfinanzierungsportfolios die Zustimmung des Gemeinderates gem. § 46 Abs. 1 Z 9 StL. 1992 einzuholen ist.

 

Aufgrund des neuen Wissenstandes und der langen Zeitdauer seit Beschlussfassung, hätten beim Beschwerdeführer bei Einhaltung der gehörigen Sorgfalt jedenfalls Bedenken entstehen müssen, ob der Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 noch als Grundlage für den Abschluss Swap-Geschäfts 4175 herangezogen werden kann oder nicht. Dem Beschwerdeführer war 2007 auch bewusst, dass sich aus dem Swap-Geschäft 4175 zumindest phasenweise Zahlungsverpflichtungen der Stadt Linz ergeben werden und die dem Swap 4175 zugrunde gelegte  Formel rechnerisch und objektiv betrachtet mit einem nach oben hin unbegrenzten Währungsrisiko verbunden war. Eine neuerliche Beschlussfassung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz war daher angesichts der mit dem Swap-Geschäft 4175 verbundenen finanziellen Tragweite jedenfalls indiziert. Nach § 46 Abs. 1 Z 12 Oö. StL. 1992 besteht eine Zuständigkeit des Gemeinderats beim Abschluss und der Auflösung sonstiger Verträge, wenn das darin festgesetzte einmalige Entgelt 100.000 Euro oder das jährliche Entgelt 50.000 Euro übersteigt. Die Beschlussfassung des Gemeinderates am 3. Juni 2004 gründet sich ausschließlich auf § 46 Abs. 1 Z 9 Oö. StL. 1992. Das Faktum, dass zusätzlich Zahlungsverpflichtungen für die Stadt Linz entstehen können sowie das nach oben hin unbegrenzte Währungsrisiko wurde hier nicht berücksichtigt. Das musste auch der Beschwerdeführer wissen, weil er der Verfasser des diesbezüglichen Amtsberichts war.

 

Vom Leiter der F und F der drittgrößten Stadt Österreichs kann vorausgesetzt werden und ist es ihm somit zumutbar, dass er – auch wenn er kein Jurist ist – über die in seinen Aufgabenbereich fallenden Zuständigkeitsbestimmungen des Gemeinderates, zu denen jedenfalls § 46 Abs. 1 Z 9 und 12 StL. 1992 gehören, Kenntnis hat. Ferner stand dem Beschwerdeführer eine rechtsbetreuende Dienststelle, das Finanzrechts- und Steueramt, für die Klärung von Rechtsfragen zur Verfügung, die er jedoch nicht befasst hat.

 

Bei Durchführung einer ordnungsgemäßen Prüfung wäre man zum Schluss gekommen, dass das Swap-Geschäft 4175 über den durch Beschluss vom 3. Juni 2004 genehmigten Umfang hinausgeht und eine neuerliche Befassung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz erforderlich ist.

 

Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass auch innerhalb der Stadt Linz lange Zeit sämtliche damit befassten Stellen der Auffassung waren, dass keine zusätzlichen Genehmigungen erforderlich sind und verweist auf nachstehende Passage des (kürzeren) Aktenvermerks vom 1. Dezember 2010 der P.:

 

„Auf Grund der in § 46 Abs. 1 Z 2 StL. 1992 normierten Oberaufsicht über die Geschäftsführung ist nach Auffassung des P./Verfassung eine solche direkte Beauftragung der F grundsätzlich möglich und rechtskonform. Ein derartiger Grundsatzbeschluss samt Beauftragung zur weiterführenden Umsetzung durch die Stadtverwaltung entspricht zu dem langjähriger Praxis (wie z. B. bei Darlehensaufnahmen).“

 

Daraus lässt sich nicht, wie vom Beschwerdeführer behauptet, schließen, dass der Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 als zulässig zu subsumieren gewesen wäre. Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass diese zitierte Textpassage, die sowohl im kürzeren als auch im längeren Aktenvermerk vom 1. Dezember 2010 wortident vorkommt, die allgemeine Zulässigkeit der Beauftragung der F durch den Gemeinderat behandelt.

 

In beiden Aktenvermerken vom 1. Dezember 2010 wird nach der oben zitierten Textpassage noch ausgeführt:

„Trotz dieser überaus pragmatischen Handhabung wird aber keinesfalls die grundsätzlich im StL. 1992 festgelegte Zuständigkeit der jeweiligen Organe in Abrede gestellt. Im Grundsatzbeschluss sind die wesentlichen Umsetzungsparameter dargelegt, innerhalb derer die Verwaltung mit der dann selbständig vorzunehmenden Umsetzung beauftragt wird.“

 

Daraus ist abzuleiten, dass trotz Vorhandensein eines Grundsatzbeschlusses eine weitere Beschlussfassung erforderlich ist, wenn sich neue, zuvor nicht absehbare, genehmigungspflichtige „Umstände“ bzw. „Geschäftsbedingungen“ bei der Umsetzung ergeben.

 

Unabhängig von den weiteren – teilweise unterschiedlichen – Ausführungen in den Aktenvermerken vom 1. Dezember 2010 ist festzuhalten, dass durch die dem Beschwerdeführer ab 2007 bekannten Zahlungsverpflichtungen der Stadt Linz und dem unbegrenzten Währungsrisiko aus dem Swap-Geschäft 4175 neue maßgebliche Geschäftsbedingungen im Vergleich zum Beschlusszeitpunkt 3. Juni 2004 vorgelegen sind.

 

Der Beschwerdeführer sieht sich auch durch den Bericht des Kontrollamtes – Stadtrechnungshofes vom 23. September 2008, Seite 21,  bestätigt, dass stadtintern lange Zeit davon ausgegangen wurde, dass der Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 ausreichend sei:

„VASt. 2.9500.829000 Sonstige Einnahmen (StK)

+ 2.991,5 TEUR

Die Einnahmen aus den Zinssicherungsgeschäften mit den diversen Banken (R ., S OÖ., B PSK und N International) konnten bei der Budgeterstellung nicht vorhergesehen werden. Der Abschluss von Terminkontrakten wurde mit GRB vom 3.6.2004 genehmigt um das Zinsniveau zu sichern und das Zinsrisiko möglichst niedrig zu halten. Im Portfolio sind hauptsächlich Kredite auf Basis Euro variabel Euribor und CHF variabel Libor enthalten. Bis jetzt konnten Ausgleichszahlungen der Banken lukriert werden. Nicht auszuschließen ist allerdings, dass auch die Stadt Linz in Zukunft einmal Ausgleichszahlungen leisten wird müssen.“

 

Dem ist entgegen zu halten, dass dieser Bericht ausschließlich den Rechnungsabschluss 2007 behandelt, der über die Wirtschaftsführung und das Jahresergebnis der Landeshauptstadt Linz im KJ 2007 Aufschluss gibt. Das Kontrollamt – Stadtrechnungshof überprüft somit die Wirtschaftsführung der Stadt, jedoch nicht die Zulässigkeit, das rechtmäßige Zustandekommen oder die Richtigkeit von für die Wirtschaftsführung notwendigen Organbeschlüsse. Es kann somit auch aus dem zitierten Bericht des Kontrollamtes – Stadtrechnungshof nicht geschlossen werden, dass durch den Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 der Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 ausreichend gedeckt war.

 

Politische Referenten und Gemeinderäte haben nicht die Aufgabe, zu prüfen, ob die vorgelegten Beschlussanträge für das jeweilige Geschäft ausreichend sind. Im Gegenteil, das ist genau die Aufgabe der Beamten. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Zustimmungen für ein Geschäft vorliegen und dieses gesetzes- und beschlusskonform ausgeführt bzw. umgesetzt wird. Darauf können politische Referenten und Gemeinderäte auch vertrauen.

 

Wenn nun, wie der Beschwerdeführer anführt, der F.referent und die Mitglieder des Finanzausschusses (bestehend aus Mitgliedern des Gemeinderates) nie Zweifel hinsichtlich des Gemeinderatsbeschlusses vom 3. Juni 2004 als ausreichende Grundlage für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 äußerten, so rührt das daher, dass sie darauf vertrauen durften, dass der Beschwerdeführer (wie bis dahin) seine Aufgaben ordnungsgemäß erledigt hat.

 

Der Beschwerdeführer hätte daher aus all den oben angeführten Gründen die Einholung eines neuerlichen Gemeinderatsbeschlusses für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 veranlassen bzw. herbeiführen müssen. Er hat gegen § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM verstoßen.

 

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass die Subsumption des Swap-Geschäfts 4175 unter § 46 Abs. 1 Z 9 oder Z 12 StL. 1992 in der zum Zeitpunkt der Tathandlung geltenden Fassung ähnlich komplexer Überlegungen wie seine Unterstellung unter die aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht gemäß § 78 Abs. 1 Z 2 Oö. StL. 1992 bedürfe, ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer ja selbst eine „grundsätzliche“ Genehmigungspflicht für „marktübliche Finanzgeschäften und Finanzterminkontrakten zur Optimierung des Fremdfinanzierungsportfolios“, worunter er auch das Swap-Geschäft 4175 subsumierte, angenommen hat, aber der Wissensstand von 2007 bei ihm noch nicht vorhanden war. Er hätte deshalb auch davon ausgehen müssen, dass am 3. Juni 2004 die Strukturen und das Ausmaß eines „marktüblichen Finanzgeschäfts bzw. Finanzterminkontraktes“ wie das Swap-Geschäft 4175 dem Gemeinderat nicht bekannt war. Immerhin ist, wie bereits oben dargelegt, es Aufgabe der Beamtenschaft, die politischen Mandatare insbesondere fachlich zu informieren und zu beraten, um eine gesetzeskonforme Umsetzung der Aufgaben zu gewährleisten.  Wie sollten aber die Mitglieder des Gemeinderates über ein Geschäft wie das Swap-Geschäft 4175 ausreichend Kenntnis haben, wenn nicht einmal der zuständige F über diese Art von Geschäften genügend Wissen darüber hatte.

 

Den Beschwerdeführer traf aufgrund seiner dienstlichen Stellung eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Es muss angenommen werden, dass sich der Beschwerdeführer mit den – entsprechend seiner Beschäftigung nach – einschlägigen Vorschriften, auch wenn er kein Jurist ist, bekannt gemacht hat. Er hat sich mit den ihn treffenden grundlegenden dienstlichen Aufgaben und damit verbundene Pflichten auseinanderzusetzen.

 

Solche Verletzungen des materiellen Rechts oder der Verfahrensbestimmungen bei Ausübung des Dienstes sind Gegenstand des Disziplinarrechts, die mit Rücksicht auf Art und Schwere der Verfehlung aus general- und spezialpräventiven Gründen einer disziplinären Ahndung bedürfen, wenn die Fehler so schwer wiegen, dass das Vertrauen in die Gesetzestreue der Verwaltung in Frage steht und eine besondere oder grob fahrlässige Missachtung des Gesetzes erkennen lassen (vgl. dazu VwGH vom 5.9.2013, Zl. 2011/09/0040). Dies ist im konkreten Fall gegeben, da es sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Kollegialorgane und politischen Referenten von höchster Bedeutung ist, sich darauf verlassen zu können, dass die zuständigen Beamten für die jeweiligen Dienstgeschäfte auch die erforderlichen Zustimmungen einholen. Es war grob fahrlässig, dass der Beschwerdeführer in so einer bedeutsamen finanziellen Angelegenheit und dem Wissen, dass es auch zu Zahlungsverpflichtungen der Landeshauptstadt Linz kommen kann und ein unbegrenztes Währungsrisiko besteht, nicht neuerlich die Angelegenheit – nach mehr als zweieinhalb Jahren – hinsichtlich der Notwendigkeit eines weiteren Gemeinderatsbeschlusses geprüft bzw. prüfen hat lassen und einen Gemeinderatsbeschluss herbeigeführt hat.

 

Als objektiver Sorgfaltsmaßstab gilt im Disziplinarrecht die "Übung eines Mustermenschen" oder einer "Maßfigur". Ein mit den rechtlich geschützten Werten angemessen verbundener, besonnener und einsichtiger Mensch hätte im gegenständlichen Fall jene Sorgfalt angewandt, dass er eben aufgrund des neuen Wissensstand geprüft bzw. prüfen hätte lassen, ob das Swap-Geschäft 4175 vom Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 gedeckt ist oder nicht. Die Schwelle der disziplinären Erheblichkeit ist durch das Fehlverhalten des Beschwerdeführers jedenfalls überschritten worden.

 

Der Beschwerdeführer hat somit die durch die Unterlassung der im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben wahrzunehmenden Verpflichtung gem. § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM seine Dienstpflichten gem. § 35 Oö. StGBG 2002 verletzt.

 

III. 4. 4. Verjährung:

 

Bei einem Gespräch mit der B am 22. Jänner 2007 zeigte sich der Beschwerdeführer an einem Angebot zur Absicherung der bestehenden 195 Mio. CHF-Anleihe interessiert. Der Beschwerdeführer erhielt am 31. Jänner 2007 ein Angebot der B zur „Optimierung über einen Resettable linked Swap“, das Grundlage für das Schlussangebot vom 12. Februar 2007 war.

Ab diesem Zeitpunkt kannte der Beschwerdeführer die Struktur und Eckpunkte des Swap 4175. Der Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung ist daher ab 31. Jänner 2007 anzunehmen. Der vorgeworfene Tatzeitraum wird dadurch eingeschränkt.

 

Davon ausgehend berechnet sich die Verjährungsfrist gem. § 104 Abs. 6 Oö. StGBG 2002 wie folgt:

 

Die Zeitspanne vom 31. Jänner 2007 bis zum 3. Mai 2011 (Anhängigkeit des gerichtlichen Strafverfahrens) beträgt 4 Jahre, 3 Monate und 3 Tage. Mit 2. April 2014 endete die Hemmdauer. Die Zustellung des Einleitungsbeschlusses erfolgte am 6. Februar 2012 und war somit fristgerecht.

 

Das bedeutet, dass die Verjährungsfrist auch dann gewahrt ist, wenn der Beginn der pflichtwidrigen Unterlassung – wie von der belangten Behörde angenommen – am 18. Jänner 2007 gewesen wäre.

 

 

III. 5. Strafbemessung:

 

III. 5. 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

 

Landesgesetz über das Dienstrecht der Beamten und Beamtinnen der Städte mit eigenem Statut (Oö. Statutargemeinden-Beamtengesetz 2002 - Oö. StGBG 2002), LGBl. Nr. 50/2002, i. d. F. 19/2014:

 

„§ 101

Dienstpflichtverletzungen

 

Der Beamte (Die Beamtin, die) schuldhaft (ihre) Dienstpflichten verletzt, ist nach den folgenden Bestimmungen zur Verantwortung zu ziehen. Maßnahmen im Rahmen der Dienstaufsicht bleiben davon unberührt.

 

§ 102

Disziplinarstrafen

 

(1) Disziplinarstrafen sind

1.   der Verweis,

2.   die Geldbuße bis zu einer Höhe von 25% des Monatsbezuges unter Ausschluss der Kinderbeihilfe,

3.   die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderbeihilfe,

4.   die Versetzung in den Ruhestand mit gemindertem Ruhebezug unter Ausschluss der Kinderbeihilfe und des Pflegegeldes,

5.   die Entlassung.

 

(2) In den Fällen des Abs. 1 Z. 2 und 3 ist von dem Monatsbezug auszugehen, der dem Beamten (der Beamtin) auf Grund seiner besoldungsrechtlichen Stellung im Zeitpunkt der Fällung des erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnisses beziehungsweise im Zeitpunkt der Verhängung der Disziplinarverfügung gebührt. Allfällige Kürzungen des Monatsbezuges sind bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

 

[...]

§ 103

Strafbemessung

 

(1) Das Maß für die Höhe der Strafe ist die Schwere der Dienstpflichtverletzung. Die nach dem Strafgesetzbuch für die Strafbemessung maßgebenden Gründe sind dem Sinn nach zu berücksichtigen; weiters ist auf die persönlichen Verhältnisse des Beamten (der Beamtin) Bedacht zu nehmen.

 

(2) Hat der Beamte (Die Beamtin) durch eine Tat oder durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen und wird über diese Dienstpflichtverletzungen gleichzeitig erkannt, ist nur eine Strafe zu verhängen, die nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen ist, wobei die weiteren Dienstpflichtverletzungen als Erschwerungsgrund zu werten sind.

 

[...]

 

§ 124

Bedingte Strafnachsicht und Absehen von der Strafe

 

(1) Die Disziplinarbehörde kann den Vollzug einer verhängten Geldstrafe unter Bestimmung einer Bewährungsfrist von mindestens einem und höchstens drei Jahren bedingt nachsehen, wenn dadurch dienstliche Interessen nicht beeinträchtigte werden und nach den Umständen des Falls angenommen werden kann, dass die bloße Androhung des Vollzugs ausreichen wird, um den Beamten (die Beamtin) von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

 

[...]

 

(4) Im Fall eines Schuldspruchs kann von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten (der Beamtin) von weiteren Verfehlungen abzuhalten.

 

[...]

§ 134

Disziplinäre Verantwortlichkeit im Ruhestand

 

Beamte (Beamtinnen) des Ruhestands sind wegen einer im Dienststand begangenen Dienstpflichtverletzung oder wegen gröblicher Verletzung der ihnen im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen zur Verantwortung zu ziehen.

 

§ 135

Disziplinarstrafen im Ruhestand

 

Disziplinarstrafen für Beamte (Beamtinnen) des Ruhestands sind

1.   der Verweis,

2.   die Geldbuße bis zu einer Höhe von 25% des Ruhebezuges unter Ausschluss der Kinderbeihilfe,

3.   die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Ruhebezügen unter Ausschluss der Kinderbeihilfe und des Pflegegeldes,

4.   die Kürzung des Ruhebezuges – unter Ausschluss der Kinderbeihilfe und des Pflegegeldes – bis zu 25 % für höchstens zwölf Monate

5.   der Verlust alles aus dem Dienstverhältnis erfließenden Rechte und Ansprüche.“

 

 

Bundesgesetz vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl. Nr. 60/1974 idF BGBl. I Nr. 106/2014:

 

„Allgemeine Grundsätze

§ 32. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist die Schuld des Täters.
 

(2) Bei Bemessung der Strafe hat das Gericht die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auch auf die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft Bedacht zu nehmen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, inwieweit die Tat auf eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende oder gleichgültige Einstellung des Täters und inwieweit sie auf äußere Umstände oder Beweggründe zurückzuführen ist, durch die sie auch einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen naheliegen könnte.

 

(3) Im allgemeinen ist die Strafe umso strenger zu bemessen, je größer die Schädigung oder Gefährdung ist, die der Täter verschuldet hat oder die er zwar nicht herbeigeführt, aber auf die sich sein Verschulden erstreckt hat, je mehr Pflichten er durch seine Handlung verletzt, je reiflicher er seine Tat überlegt, je sorgfältiger er sie vorbereitet oder je rücksichtsloser er sie ausgeführt hat und je weniger Vorsicht gegen die Tat hat gebraucht werden können.

 

Besondere Erschwerungsgründe
 

§ 33. (1) Ein Erschwerungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

                     

1.

mehrere strafbare Handlungen derselben oder verschiedener Art begangen oder die strafbare Handlung durch längere Zeit fortgesetzt hat;

2.

schon wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Tat verurteilt worden ist;

3.

einen anderen zur strafbaren Handlung verführt hat;

4.

der Urheber oder Anstifter einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung oder an einer solchen Tat führend beteiligt gewesen ist;

5.

aus rassistischen, fremdenfeindlichen oder anderen besonders verwerflichen Beweggründen gehandelt hat;

6.

heimtückisch, grausam oder in einer für das Opfer qualvollen Weise gehandelt hat;

7.

bei Begehung der Tat die Wehr- oder Hilflosigkeit eines anderen ausgenützt hat.

(2) Ein Erschwerungsgrund ist es außer in den Fällen des § 39a Abs. 1 auch, wenn ein volljähriger Täter die Tat unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung gegen eine unmündige Person begangen hat.

 

Besondere Milderungsgründe
 

§ 34. (1) Ein Milderungsgrund ist es insbesondere, wenn der Täter

                     

1.

die Tat nach Vollendung des achtzehnten, jedoch vor Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahres oder wenn er sie unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustands begangen hat, wenn er schwach an Verstand ist oder wenn seine Erziehung sehr vernachlässigt worden ist;

2.

bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht;

3.

die Tat aus achtenswerten Beweggründen begangen hat;

4.

die Tat unter der Einwirkung eines Dritten oder aus Furcht oder Gehorsam verübt hat;

5.

sich lediglich dadurch strafbar gemacht hat, daß er es in einem Fall, in dem das Gesetz die Herbeiführung eines Erfolges mit Strafe bedroht, unterlassen hat, den Erfolg abzuwenden;

6.

an einer von mehreren begangenen strafbaren Handlung nur in untergeordneter Weise beteiligt war;

7.

die Tat nur aus Unbesonnenheit begangen hat;

8.

sich in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen;

9.

die Tat mehr durch eine besonders verlockende Gelegenheit verleitet als mit vorgefaßter Absicht begangen hat;

10.

durch eine nicht auf Arbeitsscheu zurückzuführende drückende Notlage zur Tat bestimmt worden ist;

11.

die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen;

12.

die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung bestraft wird;

13.

trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat oder es beim Versuch geblieben ist;

14.

sich der Zufügung eines größeren Schadens, obwohl ihm dazu die Gelegenheit offenstand, freiwillig enthalten hat oder wenn der Schaden vom Täter oder von einem Dritten für ihn gutgemacht worden ist;

15.

sich ernstlich bemüht hat, den verursachten Schaden gutzumachen oder weitere nachteilige Folgen zu verhindern;

16.

sich selbst gestellt hat, obwohl er leicht hätte entfliehen können oder es wahrscheinlich war, daß er unentdeckt bleiben werde;

17.

ein reumütiges Geständnis abgelegt oder durch seine Aussage wesentlich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat;

18.

die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat;

19.

dadurch betroffen ist, daß er oder eine ihm persönlich nahestehende Person durch die Tat oder als deren Folge eine beträchtliche Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung oder sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat.

 

(2) Ein Milderungsgrund ist es auch, wenn das gegen den Täter geführte Verfahren aus einem nicht von ihm oder seinem Verteidiger zu vertretenden Grund unverhältnismäßig lange gedauert hat.“

 

III. 5. 2. Der Beschwerdeführer ist seit x 2016 im Ruhestand. Gemäß § 134 Oö. StGBG 2002 trifft ihn als Beamten die disziplinäre Verantwortlichkeit auch im Ruhestand.

 

III. 5. 3. Der Beschwerdeführer hat, wie vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. April 2016, Zl. Ro 2015/09/0014-5, Ro 2016/09/0004-6, bestätigt wurde, im Zusammenhang mit dem Abschluss des Swap 4175 durch Unterlassung von Informationspflichten gegenüber dem F.referenten der Landeshauptstadt Linz hinsichtlich der „R der B“ vom 25.11.2008, vom 13.3.2009 und vom 26.6.2009 den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung  gemäß § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 i. V. m. §§ 8 Abs. 2 und 4 GEOM sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

 

Wie unter Punkt 4. III. dargelegt hat der Beschwerdeführer auch den Tatbestand der Dienstpflichtverletzung gemäß § 35 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 i. V. m. § 8 Abs. 3 Z 3 GEOM in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.

 

III. 5. 4. Der Beschwerdeführer hat durch mehrere selbständige Taten mehrere Dienstpflichtverletzungen begangen, über die gleichzeitig im angefochtenen Disziplinarerkenntnis erkannt wurde. Die zu verhängende Strafe hat sich nach der schwersten Dienstpflichtverletzung zu bemessen. Die weiteren Dienstpflichtverletzungen sind als Erschwerungsgründe zu werten.

 

Die durch die Unterlassung der Einholung der Gemeinderats-Zustimmung begangene Dienstpflichtverletzung wiegt im Vergleich zur pflichtwidrigen Unterlassung der Informationspflicht deshalb schwerer, weil dadurch ein Finanzgeschäft in nicht unbeträchtlicher Höhe konsenslos durchgeführt wurde und dadurch auch konsenslos Dritten gegenüber Pflichten eingegangen wurden.

 

III. 5. 5. Die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist als Maß für die Höhe der Strafe festgelegt. Dieser Maßstab richtet sich nach dem Ausmaß der Schuld im Sinne der „Strafbemessungsschuld“ des Strafrechts. Für die Strafbemessung ist danach sowohl das objektive Gewicht der Tat maßgebend wie auch der Grad des Verschuldens.

 

Geschäfte, die die Zustimmung des Gemeinderates erfordern, betreffen Angelegenheiten, die eine erhöhte Bedeutsamkeit bzw. Wichtigkeit aus verschiedenen Gründen haben. So können eben Geschäfte, die die Finanzgebarung betreffen, ab den vorgesehenen Wertgrenzen nur mit vorheriger Zustimmung abgeschlossen werden, immerhin geht es um die Verwendung von Steuergeldern. Mit der Zustimmungspflicht des Gemeinderates, wird erreicht, dass über die Zweckmäßigkeit, Konsequenzen, etc. eines durchzuführenden Dienstgeschäftes in einem Gremium beraten, abgewogen und abgestimmt werden kann.  Das Herbeiführen von erforderlichen Zustimmungen von Kollegialorganen zu Geschäften der Finanzgebarung ist eine wesentliche Aufgabe eines Leiters der F. und V. einer Gemeinde. Der objektive Unrechtsgehalt der pflichtwidrigen Unterlassung der Prüfung und Einholung der Gemeinderatszustimmung für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 ist daher als erheblich einzustufen.

 

Es ist als grob fahrlässig zu bewerten, dass der Beschwerdeführer mehr als zweieinhalb Jahre später und mit einem erst zu diesem Zeitpunkt „ausreichenden Wissen“ über die maßgeblichen Geschäftsbedingungen nicht geprüft hat, ob ein „gesonderter“ Gemeinderatsbeschluss für den Abschluss des Swap-Geschäfts 4175 notwendig ist. Auch wenn der Beschwerdeführer angenommen hat, dass er durch den Gemeinderatsbeschluss vom 3. Juni 2004 zum Abschluss von derivativen Zinsabsicherungsgeschäften bevollmächtigt worden ist, so war gerade weil, wie er selbst angab, es ihm bewusst war, dass es zu Zahlungsverpflichtungen der Landeshauptstadt Linz kommen wird sowie ein unbegrenztes Währungsrisiko vorlag, wesentlich geänderte Faken gegeben und somit eine gesonderte Zustimmungspflicht des Gemeinderates indiziert. Wie schon unter Punkt III. 4. 3. ausgeführt kann vom Leiter der F und F der drittgrößten Stadt Österreichs vorausgesetzt werden, dass er – auch wenn er kein Jurist ist – über die in seinen Aufgabenbereich fallenden Zuständigkeitsbestimmungen des Gemeinderates, zu denen jedenfalls § 46 Abs. 1 Z 9 und 12 StL. 1992 gehören, Kenntnis hat.

 

Spezialpräventive Aspekte sind für die konkrete Strafbemessung von nicht erheblicher Bedeutung, da sich der Beschwerdeführer mittlerweile im Ruhestand befindet.

 

Hingegen kommt der Generalprävention eine hohe Bedeutung zu. Würde beim vorliegenden Fehlverhalten des Beschwerdeführers, insbesondere in seiner damaligen Funktion als Leiter der F. und V. und F der Landeshauptstadt Linz keine Sanktion erfolgen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass damit der Begehung solcher Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte/Beamtinnen ausreichend entgegengewirkt würde. Es bedarf hier einer Disziplinarstrafe, um deutlich zu machen, dass ein derartiges Fehlverhalten nicht toleriert wird.

 

III. 5. 6. Als Erschwerungsgrund sind die pflichtwidrige Unterlassung der Informationspflicht hinsichtlich der „R“ vom 25. November 2008, 13. März 2009 und 26. Juni 2009 zu werten.

 

Als strafmildernd ist die Unbescholtenheit, ein ordentliches Vortatverhalten sowie Wohlverhalten seit Tatbegehung des Beschwerdeführers, das vorliegende Tatsachengeständnis sowie die noch vor Einleitung eines gerichtlichen Strafverfahrens freiwillige Zurücklegung seiner damaligen Funktion als F zu berücksichtigen.

 

III. 5. 7. Die Disziplinarstrafen im Ruhestand nach § 135 Z 1 bis 3 Oö. StGBG 2002, basierend auf den Ruhebezug, sind im Wesentlichen ident mit jenen des § 102 Z 1 bis 3 leg. cit, jedoch basierend auf den Monatsbezug.

 

Die belangte Behörde hat von den möglichen Disziplinarstrafen die Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Monatsbezügen unter Ausschluss der Kinderbeihilfe als passendes „Mittelmaß“ gewählt.

 

Es darf keine höhere Strafe als im angefochtenen Bescheid verhängt werden.

 

Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers erachtet auch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Disziplinarstrafe gem. § 135 Z 3 Oö. StGBG 2002 – Geldstrafe bis zur Höhe von fünf Ruhebezügen unter Ausschluss der Kinderbeihilfe und des Pflegegeldes – als notwendig.

 

Zum Zeitpunkt der Fällung des Disziplinarerkenntnisses durch die Disziplinarkommission, Disziplinarsenat II, gebührte dem Beschwerdeführer ein Nettomonatsbezug von ca. 4.200 Euro.

 

Aktuell erhält der Beschwerdeführer einen Nettomonatsbezug von ca. 3.540 Euro. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer einer mit Pfandrechten belasteten Einfamilienhaushälfte. Weiters verfügt er über Wertpapierdepots (ca. 19.000 Euro – verpfändet; ca. 14.000 Euro), eine Zukunftsvorsorge (ca. 11.100 Euro, verpfändet), einen Bausparvertrag (ca. 3.500 Euro). Es bestehen Kreditschulden in der Höhe von ca. 85.800 Euro. Überdies ist der Beschwerdeführer für zwei studierende Kinder (geb. x und x) sorgepflichtig.

 

Nach Abwägung der vorliegenden Milderungs- und Erschwerungsgründe und unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers (eine Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist im Gegensatz zum

§ 93 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 im § 103 Oö. StGBG 2002 nicht vorgesehen) erscheint eine Geldstrafe in der Höhe von 4.500 Euro, das sind ca. 128 % des aktuellen Ruhebezuges, als tat- und schuldangemessen.

 

III. 5. 8. Gemäß § 124 Abs. 4 Oö. StGBG 2002 kann im Fall eines Schuldspruchs von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden, wenn dies ohne Verletzung dienstlicher Interessen möglich ist und nach den Umständen des Falles und nach der Persönlichkeit des Beamten (der Beamtin) angenommen werden kann, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, den Beamten (die Beamtin) von weiteren Verfehlungen abzuhalten.

 

Es liegen keine Anhaltspunkte vor, die die Notwendigkeit einer Hintanhaltung der Begehung gröblicher Verletzungen der im Ruhestand obliegenden Verpflichtungen durch den Beschwerdeführer indizieren. Es liegt somit die begründete Wahrscheinlichkeit vor, dass ein Schuldspruch allein genügen wird, dass der Beschwerdeführer von weiteren Dienstpflichtverletzungen abgehalten wird.

 

Jedoch müssen zusätzlich das Verschulden geringfügig und die Folgen der Dienstpflichtverletzung unbedeutend sein. Die Beurteilung einer Verletzung dienstlicher Interessen hat alle Folgen für die Funktionsfähigkeit und das Ansehen des Beamtentums in Betracht zu ziehen, mit denen die Dienstpflichtverletzung verbunden war. Konkret sind die Folgen der Dienstpflichtverletzungen - unabhängig davon, ob oder in welcher Höhe der Stadt Linz ein finanzieller Schaden dadurch entsteht – schon deshalb bedeutend, weil das Vertrauen auf eine ordnungsgemäße bzw. gesetzesgemäße Abwicklung von Finanzgeschäften mit maßgeblichen finanziellen Konsequenzen, finanziert mit Steuergeldern, erheblich verletzt wurde. Es kann daher von der Verhängung einer Strafe nicht abgesehen werden.

 

III. 5.9. Nach § 124 Abs. 1 Oö. StGBG 2002 ist eine bedingte Strafnachsicht zulässig, wenn dadurch dienstliche Interessen nicht beeinträchtigt werden und nach den Umständen angenommen werden kann, dass die bloße Androhung des Vollzugs ausreichen wird, um den Beamten von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

 

Wie oben ausgeführt würde schon der Schuldspruch alleine ausreichen, den Beschwerdeführer von weiteren Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

 

Eine Beeinträchtigung des dienstlichen Interesses durch die bedingte Strafnachsicht des Vollzugs eines Teils der verhängten Geldstrafe auf drei Jahre liegt nicht vor, weil das Fehlverhalten des Beschwerdeführers sehr wohl schon durch den unbedingten Teil der Geldstrafe geahndet wird. Die bedingte Strafnachsicht von 2.000 Euro auf drei Jahre konnte deshalb zugesprochen werden.

 

 

IV. Nach § 128 Abs. 2 erster Satz hat ein Beamter (eine Beamtin), über die eine Disziplinarstrafe verhängt wird, die mit dem Verfahrensaufwand verbundenen Kosten zu ersetzen. § 128 Abs. 2 Oö. StGBG 2002 legt den Kostenersatz für eine  Disziplinarstrafe gem. § 102 Abs. 1 Z 2 und 3 leg. cit. (Geldbuße und Geldstrafe) in Höhe von 20% der verhängten Strafe fest. Mangels gesetzlicher Festlegungen über die Berechnung des Kostenersatzes bei Verhängung einer Disziplinarstrafe gem. § 135 Abs. 3 leg. cit. konnte ein Kostenersatz nicht vorgeschrieben werden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprech­ung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag.a Sigrid Ellmer

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde im Spruchpunkt I. - soweit es den Spruchpunkt I.2. des angefochtenen Disziplinarerkenntnisses betrifft - sowie im Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

VwGH vom 20. September 2018, Zl.: Ra 2017/09/0001-6