LVwG-750380/2/ER

Linz, 21.09.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des J S, geb. x, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. E, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 15. Juli 2016, GZ: Sich51-1155-1997-Bu, mit dem ein Antrag vom 23. Juni 2016 auf Wiederausfolgung sichergestellter Waffen abgewiesen wurde, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Gemäß § 28 Abs 1 iVm § 31 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde für gegenstandslos erklärt und das Beschwerdeverfahren eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 15. Juli 2016, GZ: Sich51-1155-1997-Bu, wies die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) vom 23. Juli 2016 auf Wiederausfolgung sichergestellter Waffen im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass das Oö. Landesverwaltungsgericht mit Beschluss jenen Bescheid der belangten Behörde, mit dem über die Vorstellung des Bf betreffend einen Mandatsbescheid, mit dem ihm der Besitz von Waffen und Munition verboten wurde, aufgehoben und zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverwiesen habe. Durch diesen Beschluss sei das Verfahren wieder in jene Lage zurückgetreten, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheids befunden hat. Die belangte Behörde habe erneut über die Vorstellung des Bf – der ex lege keine aufschiebende Wirkung zukomme – zu entscheiden gehabt. Der Antrag des Bf auf Herausgabe der Waffen sei abzuweisen, zumal der wieder offenen Vorstellung keine aufschiebende Wirkung zukomme und daher bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Waffenverbot die Waffen weiterhin sicherzustellen seien.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Bf, in der er beantragt, das Oö. Landesverwaltungsgericht möge dieser Beschwerde Folge geben und den behördlichen Bescheid vom 15. Juli 2016 dahingehend abändern, dass seinem Antrag auf Wiederausfolgung der sichergestellten Waffen Folge gegeben wird. Begründend führte der Bf dazu im Wesentlichen aus, dass der Mandatsbescheid im Vorstellungsbescheid der belangten Behörde aufgegangen und nicht mehr Bestandteil der Rechtsordnung sei. Zumal dieser Vorstellungsbescheid aufgehoben worden sei, sei auch dieser damals einzig rechtlich existent gewesene Bescheid nicht mehr Bestandteil der Rechtsordnung. Zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags des Bf auf Ausfolgung der Waffen sei kein Bescheid existent gewesen, der Rechtsgrundlage für die weitere Einbehaltung der Waffen gewesen wäre.

 

I.3. Mit Schreiben vom 23. August 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und die Beschwerde. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht gestellt, darüber hinaus war die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht erforderlich, weil die Akten erkennen lassen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

 

 

 

I.4. Es steht folgender entscheidungsrelevanter  S a c h v e r h a l t  fest:

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Mai 2015 wurde dem Bf der Besitz von Waffen und Munition verboten.

Mit Vorstellung vom 10. Juni 2015 stellte der Bf den Antrag, den Mandatsbescheid aufzuheben, das Verfahren einzustellen und die sichergestellten Waffen wieder auszufolgen.

Mit Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 2016 wurde die Vorstellung des Bf abgewiesen und ein Verbot des Besitzes von Waffen und Munition ausgesprochen, gegen diesen Bescheid erhob der Bf am 15. Februar 2016 Beschwerde.

Mit Beschluss des Oö. Landesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2016, LVwG-750336 wurde der Vorstellungsbescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen.

Am 23. Juni 2016 stellte der Bf einen Antrag auf Verfahrenseinstellung sowie auf Wiederausfolgung der sichergestellten Waffen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2016 wurde erneut über die Vorstellung des Bf gegen den Mandatsbescheid vom 29. Mai 2015 abgesprochen, der Vorstellung Folge geleistet und das Waffenverbot aufgehoben.

Am 28. Juli 2016 wurden die verfahrensgegenständlichen Waffen an den Bf ausgefolgt.

 

II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich völlig widerspruchsfrei und unbestritten aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

 

III. Gemäß Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

IV.1. Die im Art 132 Abs 1 Z 1 B-VG geregelte Beschwerdelegitimation entspricht der früher im Art 131 Abs 1 Z 1 B-VG aF vorgesehenen Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, weshalb auch für die Verwaltungsgerichte I. Instanz grundsätzlich an die bisherige Judikatur und Literatur angeknüpft werden kann (vgl mwN Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014] Rz 702). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation maßgeblich, ob der Bf im Einzelfall durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht überhaupt verletzt sein kann.

 

Der Verwaltungsgerichtshof führte zur Beurteilung der Beschwerdelegitimation in seinem Erkenntnis vom 23. November 2005, 2004/16/0062 Folgendes aus (Hervorhebungen nicht im Original): „Eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit der Beschwerde kann jedoch auch dann eintreten, wenn durch die Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse der beschwerdeführenden Partei an der Entscheidung wegfällt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn durch einen behördlichen Akt dasselbe Ergebnis herbeigeführt wird, das der Beschwerdeführer mit der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes anstrebt; in einem so gelagerten Fall wird auch von einer materiellen Klaglosstellung gesprochen (Hinweis B 20. August 1996, 95/16/0308, samt angeführter Rechtsprechung).

 

In seinem Erkenntnis vom 28. Jänner 2016, Ra 2015/11/0027, führte der Verwaltungsgerichtshof jüngst zum Wegfall Beschwerdelegitimation vor dem Verwaltungsgericht Folgendes aus (Hervorhebungen nicht im Original):

Ebenso vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lasse, dass der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. zB. die hg. Beschlüsse vom 30. Jänner 2013, Zl. 2011/03/0228, und vom 23. Oktober 2013, Zl. 2013/03/0111, den bereits erwähnten hg. Beschluss vom 19. Dezember 2014 sowie den hg. Beschluss vom 9. September 2015, Zl. Ro 2015/03/0028).

Diese Überlegungen können auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht übertragen werden.“

 

IV.2. Im gegenständlichen Verfahren stellte der Bf – wie unter I.4. festgestellt – am 23. Juni 2016 einen Antrag auf Wiederausfolgung der sichergestellten Waffen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Antrag abgewiesen, wogegen der Bf am 19. Juli 2016 Beschwerde erhob. Bereits mit Bescheid vom 22. Juli 2016 wurde jedoch erneut über die Vorstellung des Bf abgesprochen, der Vorstellung Folge geleistet und das Waffenverbot aufgehoben, in Folge dessen wurden dem Bf am 28. Juli 2016 die Waffen ausgefolgt.

 

Beim Oö. Landesverwaltungsgericht ist die Vorlage der Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem der Antrag auf Ausfolgung der sichergestellten Waffen abgewiesen wurde, am 25. August 2016 eingelangt. Zu diesem Zeitpunkt war der Bf wieder im Besitz sämtlicher vormals sichergestellter Waffen.

Zwar konnte der Bf zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde grundsätzlich ein Rechtsschutzbedürfnis geltend machen, seit der faktischen Ausfolgung der Waffen ist dieses Rechtsschutzbedürfnis und – iSd oben zitierten jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs – somit auch die Prozessvoraussetzung für das gegenständliche verwaltungsgerichtliche Verfahren weggefallen.

 

V. Nach der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war die Beschwerde im Ergebnis aufgrund des durch die tatsächliche Ausfolgung der Waffen an den Bf eingetretenen Wegfalls der Beschwer als gegenstandslos geworden anzusehen und das Verfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs 1 VwGG einzustellen.

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (VwGH 28.1.2016, Ra 2015/11/0027), noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. R e i t t e r