LVwG-500182/6/SE

Linz, 21.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde des X, p.A. X GmbH, X, W, vom
13. November 2015 gegen den Bescheid  der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 12. Oktober 2015, GZ: Agrar96-22-2014, wegen Strafanzeige nach dem Pflanzenschutzmittelgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG  wird der Beschwerde stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides vom 12. Oktober 2015, GZ: Agrar96-22-2014, hinsichtlich der Einstellung des Strafverfahrens behoben.

 

II.      „Herr N H, p.A. X, X, Z, hat als Geschäftsführer der X und somit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG verantwortliche Organ der X zu verant­worten, dass am 2. Oktober 2014 im Betrieb der X, Filiale N, anlässlich einer Kontrolle durch Organe des X festgestellt wurde, dass 5 x 1 l des Pflanzenschutzmittels C mit der amtlichen Pflanzenschutzmittel­registriernummer X zum Verkauf vorrätig gehalten und somit in Verkehr gebracht wurde, obwohl die Zulassung mit 30. September 2013 aufgehoben wurde und die Abverkaufsfrist mit 13. Oktober 2013 endete.

 

Über Herrn N H wird wegen Übertretung der §§ 3 Abs. 1 und 15
Abs. 1 Z 1 lit. a Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 iVm § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eine Geldstrafe von 80 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 4 Stunden, ver­hängt.

 

Herr N H ist weiters verpflichtet, für die Tätigkeit des X gemäß § 6 Abs. 6 des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes,
BGBl. I Nr. 63/2002, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2005, in Verbindung mit dem Kontrollgebührentarif 2014 Gebühren in der Höhe von insgesamt 870,51 Euro an das X zu entrichten.“

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshof- gesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsge­richts­hof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (in Folge: belangte Behörde) vom 12.  Oktober 2015, GZ: Agrar96-22-2014, wurde das Strafver­fahren gegen Herrn N H, c/o X, X, Z, als zur Vertretung nach außen befugtes Organ (in Folge: Beschuldigter) wegen der am 2. Oktober 2014 im Betrieb X, Filiale N, X, N, festgestellten Übertretung nach § 15 Abs. 1 Z 1
lit. a iVm § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittel 2011 eingestellt.    

 

Das bei der Kontrolle beschlagnahmte Pflanzenschutzmittel „C“ (5 x 1 l) wurde für verfallen erklärt.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob das X (in Folge: Beschwerdeführer) innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der  Beschwerde.

 

In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass entgegen § 3 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 das gegenständliche Pflanzenschutzmittel gemein­sam mit anderen, verkehrsfähigen Produkten gelagert und am betref­fenden Produkt selbst keine Kennzeichnung angebracht gewesen sei, die darauf hingedeutet hätte, dass dieses nicht zum Zwecke des Verkaufs bereitgehalten wurde. Es liege daher eindeutig ein Inverkehrbringen im Sinne des Art. 3 Abs. 9 VO (EG) Nr. 1107/2009 iVm § 3 Pflanzenschutzmittelgesetz 2001 des verfah­rens­­gegenständlichen Pflanzenschutzmittels vor. Das Zulassungsende sei mehr als ein Jahr überschritten gewesen.

Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt sowie die Bestätigung der Verwaltungsübertretung und Zuerkennung der Gebühren.

 

I. 3. Die belangte Behörde legte die Beschwerde unter Anschluss des bezug­habenden Verwaltungsstrafaktes mit Vorlageschreiben vom 19. November 2015, eingelangt am 23. November 2015, ohne eine Beschwerde­vorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Ober­öste­rreich zur Entscheidungs­findung vor (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2  VwGVG entscheidet das Landes­verwaltungsgericht durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzel­richterin.

 

I. 4. Am 29. August 2016 wurde eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die belangte Behörde war entschuldigt, alle anderen Parteien waren anwesend.

 

Der Beschuldigte gab an, dass er seit 2009 Geschäftsführer der X sei. In der Filiale N gäbe es einen versperrbaren Lagerraum, in dem die Pflanzenschutzmittel gelagert werden. Der Filialleiter und ein weiterer Mitarbeiter seien zutrittsberechtigt. Der Schlüssel für dieses Sperrlager werde im Büro im Tresor gelagert. Auch zum Tresorschlüssel hätten nur der Filialleiter und ein Mitarbeiter Zugriff. Die gegenständlichen Pflanzenschutzmittel hätten separat im Sperrlager noch einmal in einer Schachtel oder dergleichen mit der Kennzeichnung „abgelaufen“ gelagert werden müssen.

 

Im Dienstvertrag des Filialleiters ist enthalten, dass er für den Bereich Pflanzenschutzmittel etc. die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten habe.

 

Eine konkrete Unterweisung betreffend Entsorgung von abgelaufenen Pflanzen­schutzmitteln gäbe es nicht. Jedoch sei der Filialleiter angehalten, mit dem zuständigen Bearbeiter in der Zentrale Kontakt aufzunehmen, um die Entsorgung zu besprechen. Das Pflanzenschutzmittel könne zum Beispiel in einem ASZ entsorgt werden.

 

Die Sperrlager würden im Rahmen der Inventur regelmäßig überprüft. Die Überprüfung erfolge von den Mitarbeitern der eigenen Filiale. Der Beschuldigte überprüfe diese Sperrlager nicht.

 

Der Filialleiter und jener Mitarbeiter, der zum Sperrlager zugangsberechtigt sei, hätten über den Ablauf der Zulassung der gegenständlichen Pflanzenschutzmittel Bescheid gewusst. Ein Weiterverkauf wäre gar nicht mehr möglich gewesen, weil bei der Registrierkasse sofort ein „Sperrkennzeichen“ erscheine.

 

Bei einer ordnungsgemäßen Vorgangsweise könnten abgelaufene Pflanzenschutz­mittel nicht mehr verkauft werden, weil eben schon auf der Registrierkasse ein Sperrkennzeichen erscheine. Der zuständige Filialleiter sei ein langjähriger Mitarbeiter und sehr erfahren, insbesondere für landwirtschaftliche Betriebs­mittel. Es gäbe klare Anweisungen, dass im Zusammenhang mit Pflanzen­schutzmittel ordnungsgemäß und gesetzesgemäß vorgegangen werden müsse. Man könne nicht einfach unterstellen bzw. davon ausgehen, dass pflichtwidrig gehandelt werde. Die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass das Lager in der gegenständlichen Filiale ordnungsgemäß geführt werde. Die nicht mehr zugelassenen Pflanzenschutzmittel seien im Lagerbestand am Bildschirm in grüner Schrift erkennbar. Am Ende der Zeile befänden sich die Buchstaben „X“. Die anderen sichtbaren Produkte seien in der Schriftfarbe Weiß erkenn­bar. Am Ende der Zeile befänden sich die Buchstaben „X“.

 

Die Vertreterin des X führte zusammen­fassend aus, dass Pflanzenschutzmittel seit 1. Jänner 2014 ausnahmslos nicht mehr in Selbstbedienung abgegeben werden dürften. Es sei also für das Ver­kaufspersonal ein üblicher Prozess, alle Pflanzenschutzmittel, denn dort befanden sich auch die verkehrsunfähigen Produkte, aus dem versperrten Lagerungs­raum zu holen. Aufgrund des Umstandes, dass die verfahrensgegenständlichen Produkte über keinerlei Kennzeichnung verfügt hätten, habe die Möglichkeit eines irrtümlichen Verkaufs bestanden.

Auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich,
GZ: LVwG-500140/13/Kü/BHu, vom 23. Juni 2016 zu einem ganz ähnlichen Sachverhalt wurde verwiesen.

Es wurde beantragt, die Verwaltungsübertretungen zu bestätigen und auch mangels Vorhandensein eines betriebseigenen Kontrollsystems, da die Voraus­setzungen für eine Ermahnung nicht vorliegen, eine schuld- und tatangemessene Strafe zu verhängen und dem Verantwortlichen die Kontrollgebühren des X aufzuerlegen, das seien insgesamt 3.736,23 Euro.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. August 2016.  

 

II. 2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Beschuldigte ist seit 2009 handelsrechtlicher Geschäftsführer der X. Die Filiale N gehört zum Betrieb der X.

 

Am 2. Oktober 2014 führten Organe des X eine Kontrolle in der Filiale N durch. Im versperrten Lagerraum befand sich neben anderen verkehrsfähigen Pflanzenschutzmittelprodukten das seit 30. September 2013 nicht mehr zugelassene Pflanzenschutzmittel „C“ mit der amtlichen Pflanzenschutzmittel­registriernummer X im Ausmaß von 5 x 1 l. Das Ende der Abverkaufsfrist war am 13. Oktober 2013.

Auf dem gegenständlichen Pflanzenschutzmittel befand sich keinerlei Kennzeich­nung, dass dieses nicht mehr für den Verkauf zugelassen ist und für die Entsor­gung bereitsteht.

Der Filialleiter und ein weiterer Mitarbeiter haben Zugang zu diesem versperrten Lagerraum.

 

In diesem Pflanzen­schutzmittellagerraum werden landwirtschaftliche Pflanzen­schutz­mittel gelagert. Der Verkauf dieser Pflanzenschutzmittel gestaltet sich in der Weise, dass der jeweilige Kunde nur im Verkaufsraum von einem Mitarbeiter über ein Pflanzenschutzmittel informiert wird. Bei Bedarf wird das gewünschte Pflanzenschutzmittel aus dem versperrten Lagerraum geholt und dann verkauft.

 

Der Filialleiter war zum Kontrollzeitpunkt davon in Kenntnis, dass das gegen­ständliche Pflanzen­schutzmittel abgelaufen ist und nicht mehr verkauft werden darf. Grund­sätzlich werden alle Filialen der X von der Zentrale über die Ablauffrist eines Pflanzenschutzmittels informiert. Von der Zentrale aus werden die einzelnen Filialen über die Artikel­nummer des jeweiligen Pflanzenschutzmittels verständigt, dass die Registrierung bzw. Abverkaufsfrist eines Mittels abgelaufen ist. Wenn im EDV-System einer Lagerhausfiliale sodann bei der Kasse dieses Mittel aufgerufen wird, erscheint im Bild­schirm ein Hinweis, ob die Registrierung noch aufrecht oder bereits abgelaufen ist. Der Mitarbeiter der Lagerhausfiliale kann dann erkennen, dass ein Produkt abgelaufen ist und nicht mehr verkauft werden darf. Auch das gegen­ständliche Pflanzenschutzmittel war im EDV-System der Filiale N mit dem Hinweis hinterlegt, dass die Zulassungsfrist abgelaufen ist und dieses Mittel nicht mehr verkauft werden darf. Bei Abruf des Lagerbestandes erscheint ein nicht mehr zugelassenes Pflanzenschutzmittel in grüner Schrift mit dem Vermerk „X“. Verkehrsfähige Pflanzenschutzmittel werden in weißer Schrift und mit dem Vermerk „X“ angezeigt.

 

Eine konkrete Unterweisung betreffend Entsorgung von abgelaufenen und nicht mehr verkehrsfähigen Pflanzenschutzmitteln gibt es nicht. Der Filialleiter ist laut Dienstvertrag verpflichtet, die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen einzuhal­ten.

 

II. 3. Dieser Sachverhalt blieb unbestritten.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:  

 

III. 1. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

 

Die maßgeblichen Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011,
BGBl. I Nr. 10/2011, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

 

Voraussetzungen für das Inverkehrbringen

 

§ 3. (1) Pflanzenschutzmittel und Zusatzstoffe dürfen nur dann zum Zwecke des Verkaufs oder der sonstigen Abgabe an andere gelagert oder vorrätig gehalten oder auf sonstige Weise in Verkehr gebracht oder beworben werden, wenn den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes einschließlich der darauf beruhenden Verordnungen und den Rechtsvorschriften der Europäischen Union entsprochen wird.

 

(2) Pflanzenschutzmittel,

1.   auf die nachweislich die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 2 Buchstaben c und d der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 zutreffen oder

2.   die nachweislich zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber gelagert werden,

sind unverzüglich so zu kennzeichnen, dass eindeutig der vorgesehene Bestim­mungs­zweck daraus hervorgeht. Die Nachweise sind durch Dokumentation der maßgeblichen Unterlagen, insbesondere hinsichtlich der Herkunft und der Bestim­mung der Pflanzen­schutzmittel, zu erbringen.

 

(3) Abnehmer sind berechtigt, Pflanzenschutzmittel, die nicht mehr in Verkehr gebracht werden dürfen, dem Abgeber zurückzugeben. Der Abgeber ist zu deren kostenloser Rücknahme einschließlich ihrer Verpackungen verpflichtet, sofern die Rück­gabe in den Originalverpackungen ohne Beigabe anderer Stoffe oder Zube­reitungen erfolgt und der Abnehmer dem Abgeber über dessen Verlangen seine Identität nachgewiesen hat.

 

[...]

 

Strafbestimmungen und Zuständigkeiten

 

§ 15. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungs­bestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungs­über­tretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

 

1.    mit Geldstrafe bis zu 15 000 €, im Wiederholungsfall bis 30 000 €, wer

       a) Tätigkeiten entgegen § 3 Abs. 1 oder 2 oder § 4 Abs. 1 ausübt,

[...].“

 

Die maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG),
BGBl. Nr. 52/1991, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lautet:

 

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

 

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Perso­nen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvor­schriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

[...]“

 

III. 2. Der Beschuldigte ist als handelsrechtlicher Geschäftsführer  der X, zu deren Betrieb auch die Filiale N gehört, zur Vertretung nach außen berufen und gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 für die Einhaltung von Verwaltungsvorschriften strafrechtlich verantwortlich.

 

III. 3. Unbestritten ist, dass die fünf 1-Liter-Gebinde des abgelaufenen Pflanzen­schutzmittels „C“ im versperrten Lagerraum zwischen anderen verkaufs­fähigen Produkten gelagert waren, ohne dass diese fünf Gebinde mit einer Kenn­zeichnung versehen waren, die darauf hindeutet, dass die Produkte nicht zum Zweck des Verkaufs bereitgehalten werden und einer Entsorgung zuzuführen wären. Gemäß § 3 Abs. 2 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 sind Pflanzenschutz­mittel, die nachweislich zur Entsorgung oder Rückgabe an den Abgeber gelagert werden, unverzüglich so zu kennzeichnen, dass eindeutig der vorgesehene Bestimmungszweck daraus hervorgeht. Dies war gegenständlich nicht der Fall. Somit muss davon ausgegangen werden, dass das Pflanzen­schutzmittel „C“, bedingt durch die bei der Kontrolle vorgefundene, gemeinsame Lage­rung mit verkaufsfähigen Produkten, insgesamt im Sinne des § 3 Abs. 1 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 zum Zweck des Verkaufs vorrätig gehalten wurde. Die fehlende Kennzeichnung des Mittels lässt nur den Rückschluss auf ein Vorrätighalten zum Verkauf zu. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass ein tatsächlicher Ver­kauf dieses Pflanzenschutzmittels an einen Kunden durch das EDV-System, welches bei der Kasse den Ablauf der Registrierung dieses Mittels angezeigt hätte, zu verhindern gewesen wäre. Tatsache ist und bleibt, dass das Mittel zwi­schen anderen verkaufsfähigen Produkten vorgefunden und damit zum Verkauf vorrätig gehalten wurde. In diesem Sinne lässt sich daher festhalten, dass dem Beschuldigten die angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

III. 4. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhal­ten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbe­folgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht.

 

Der Beschuldigte verantwortet sich damit, dass er und auch die belangte Behörde der Ansicht sei, dass das Lagern eines nicht mehr zugelassenen Pflanzen­schutzmittels im versperrten Lagerraum und die Hinweise in der EDV ausreichend sind, um den Bestimmungen des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011 zu entsprechen.

 

Der Beschuldigte hätte aber aufgrund seiner Funktion wissen müssen, dass das Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 eine entsprechende Kennzeichnung abgelau­fener und nicht verkaufsfähiger Pflanzenschutzmittel vorschreibt und ausrei­chende Vorkehrungen für eine gesetzeskonforme Vorgehensweise treffen müs­sen.

 

Im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hätte der Beschuldigte zur Sicherstellung der Einhaltung dieser gesetzlichen Vorgaben ein effizientes Kon­trollsystem für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu errichten, welches gewährleistet, dass abgelaufene Pflanzenschutzmittel gekennzeichnet, allenfalls entsorgt und jeden­falls nicht zum Verkauf vorrätig gehalten werden. Dazu würde auch gehören, dass der Beschuldigte Weisungen an die von ihm beauftragten Mitarbeiter erteilt und deren Einhaltung regelmäßig überprüft. Ein derartiges Kontrollsystem hat aber nicht bestanden, weshalb dem Beschuldigten daher auch die Verwaltungsübertretung in subjektiver Hinsicht vorwerfbar ist.

 

III. 5. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzu­wenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschul­digten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechts­verfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nach­prüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjek­tiver Umstände.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass bei gänzlichem Fehlen eines effizienten Kon­trollsystems von einem geringfügigen Verschulden jedenfalls nicht gesprochen werden kann, weshalb die Voraussetzungen des § 45 VStG nicht erfüllt sind und auch nicht mit einer Ermahnung vorgegangen werden kann.

 

Im gegenständlichen Fall gab es Vorkehrungen, die bei einem möglichen Verkauf auf die Unzulässigkeit der Abgabe hinweisen (Vermerke in der EDV), und bloß zwei Personen, die eine Zugangsberechtigung zum Lagerraum innehaben. Der Beschuldigte ist ferner verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Aufgrund dieser Umstände erscheint dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die verhängte Strafe von 80 Euro sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiver Sicht tat- und schuldangemessen.  VwGH 95/17/0618 - Erkenntnis (Volltext)

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

III. 6.          Zur Vorschreibung der Gebühren des X:

Nach § 18 Abs. 6 Pflanzenschutzmittelgesetz 2011 ist für Tätigkeiten des X im Rahmen der Vollziehung dieses Bundes­gesetzes eine Gebühr gemäß § 6 Abs. 6 GESG zu entrichten.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 GESG obliegt dem X die Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes.

Nach § 6 Abs. 6 GESG ist für Tätigkeiten des X anlässlich der Vollziehung der in Abs. 1 angeführten hoheitlichen Aufgaben eine Gebühr nach Maßgabe eines Tarifes (§ 57 AVG) zu entrichten, den das X mit Zustimmung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und des Bundesministers für Finanzen kostendeckend festzusetzen hat. Die Zustimmung gilt als erteilt, sofern innerhalb einer Frist von einem Monat ab Einlangen im jeweiligen Ressort kein schriftlicher Widerspruch durch zumindest einen der angeführten Bundesminister erfolgt. In diesem Tarif können Vorschriften über die Einhebung der Gebühr, insbesondere über den Zeitpunkt der Entrichtung, vorgesehen werden. Bis zur Erlassung dieses Tarifes bleiben die nach den in Abs. 1 ange­führten Bundesgesetzen jeweils erlassenen Tarife in Geltung. Gebühren für Tätigkeiten anlässlich der Kontrolle, ausgenommen solcher, welche nach gemein­schaftsrechtlichen Vorschriften vorgeschrieben sind, fallen jedoch nur dann an, wenn Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen der in Abs. 1 angeführten Bundesgesetze festgestellt werden. Im Verwaltungsstraf­verfahren sind im Straf­erkenntnis dem Beschuldigten neben einer Verwaltungsstrafe die Gebühren vorzu­schreiben; diese sind unmittelbar an das X zu entrichten.

Auf Grund des § 6 Abs. 6 GESG wurde vom X im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen der Gebührentarif für Tätigkeiten im Rahmen der Vollziehung des DMG 1994, FMG 1999, PMG 2011 und SaatG 1997, VNG 2007, MOG 2007 (Kontrollgebührentarif 2014 - KGT 2014) erlassen.

Der KGT 2014 sieht in § 1 Abs. 1 vor, dass die Gebühren für die in der Anlage angeführten Tätigkeiten des X im Rahmen der Vollziehung des Pflanzenschutzmittelgesetzes 2011, die auf Grund von Zuwider­handlungen gegen dieses Gesetz anfallen, in der Anlage festgesetzt werden.

Die Anlage lautet auszugsweise:

 

Allgemeine Gebühren

 

Code Nr.

 

Gebühr/Einheit in €

0

Allgemeine Gebühren

 

01008

Anteilige Anfahrtspauschale bei 2 Betriebsanfahrten pro Tag

62,33

Gebühren Kontrollgebührentarif 2014

Code Nr.

 

Gebühr/Einheit in €

1

Gebühren bei Zuwiderhandlungen gegen Bestimmungen […] Pflanzenschutzmittelgesetzes […] im Falle einer Anzeige (exclusive der Kosten für die Probenahme, Prüfung und Bewertung) je festgestellter Verwaltungsübertretung

 

12010

Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenommen jene für die vorläufige Beschlagnahme

112,46

12011

Kosten für innerdienstliche administrative, verwaltungs­rechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten

249,92

12012

Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlag­nahme vor Ort

112,46

12013

Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderun­gen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens)

374,90

 

Das X beantragte im Rahmen der Anzeige vom 15. Oktober 2014 für seine Tätigkeiten Gebühren gemäß Gebührentarif vom 1. Jänner 2014 (Kontrollgebührentarif 2014) wie folgt:

 

 Code Nr.

 

Gebühr in Euro

01008

Anteilige Anfahrtspauschale bei 2 Betriebsanfahrten pro Tag

20,77

12010

Kosten für Kontrolltätigkeiten vor Ort ausgenommen jene für die vorläufige Beschlagnahme

112,46

12011

Kosten für innerdienstliche administrative, verwaltungs­rechtliche und schriftliche Folgetätigkeiten

249,92

12012

Kosten für Tätigkeiten im Rahmen der vorläufigen Beschlagnahme vor Ort

112,46

12013

Kosten für die fachspezifische Bewertung der Anforderun­gen und schriftliche Folgetätigkeiten (je nach Aufwand, jedoch mindestens)

374,90

zu zahlende Gesamtsumme

870,51

  

Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 6 Abs. 6 GESG. Die vom X geltend gemachten Gebüh­ren betreffen allesamt Tätig­keiten, die in der Anlage des Kontrollgebührentarifes 2014, der auf Grund des § 6 Abs. 6 GESG vom X im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesminister für Finanzen erlassen wurde, aufgelistet sind.

Dem X gebührt daher für jede Anzeige, d.h. für jede Übertretung des Pflanzenschutzmittelgesetzes, ein Ersatz der im Kon­trollgebührentarif 2014 angeführten Gebühren im begehrten Ausmaß. Diese Gebühren sind unabhängig von der Strafhöhe bzw. dem Unwert der begangenen Verwaltungsübertretung vorzuschreiben. Die Gesamtsumme von 870,51 Euro war daher dem Beschuldigten vorzuschreiben.

 

 

IV.             Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

Die entsprechenden Zahlscheine werden von der belangten Behörde zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer