LVwG-150663/25/DM/KHU – 150664/3

Linz, 13.10.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin
Mag. Doris Manzenreiter
über die Beschwerde 1. der J S und 2. des F S, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F R MBA, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Februar 2016, GZ: VerkR10‑1‑36-2014, betreffend Enteignung in einer Straßenangelegenheit, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Juli 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Das Mehrbegehren auf Kostenersatz, das den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgesetzten Betrag übersteigt, wird gemäß §§ 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 iVm 7 Abs 3 Eisenbahn-Enteignungs­entschädigungsgesetz idF BGBl I 2010/111 als unbegründet abgewiesen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriger Verfahrensgang:

 

1. Mit Eingabe vom 2. Juni 2014 beantragte die Gemeinde Munderfing (im Folgenden: Antragstellerin) beim Bürgermeister der Gemeinde Munderfing als zuständige Straßenbehörde unter Vorlage der Projektunterlagen die straßenbaurechtliche Bewilligung für die Umlegung und den Neubau von Nebenwegen und -straßen (Gemeindestraßen) in Zusammenhang mit der Errichtung der „Umfahrung M-M, Abschnitt x“.

 

2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Munderfing vom 19. August 2014, GZ: 610/2014, wurde die beantragte straßenrechtliche Bewilligung nach Maßgabe des bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Einreichprojektes straßenrechtlich bewilligt. Die von einzelnen Parteien erhobenen Berufungen wurden mit Bescheid des Gemeinderates vom 2. Oktober 2014 abgewiesen.

 

3. Mit Bescheid vom 29. Juli 2014, GZ: N10-205-2013-Ps, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn die naturschutz­rechtliche Bewilligung für das Straßenbauvorhaben Umfahrung M-M, Abschnitt x.

 

4. Mit Eingabe vom 5. November 2014 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage von Grundeinlöseplänen, Grund­einlöseverzeichnissen und Grundbuchsauszügen bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) die Durchführung eines Grundeinlöse- bzw. Enteignungsverfahrens zur Verwirklichung des eingangs erwähnten Straßenbauvorhabens der Errichtung der Gemeindestraßen M. Die Antragstellerin weist darin auf die erfolglosen Bemühungen um eine gütliche Einigung mit den Bf hin.

 

5. Mit Erledigung vom 20. November 2014, GZ: VerkR10-1-45-2014/BR, wurden von der belangten Behörde mündliche Verhandlungen „zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes und zur Wahrung der Interessen der Parteien und Beteiligten“ für die Verhandlungstage 17. und 18. Dezember 2014 sowie 8. und 22. Jänner 2015 anberaumt. Das Programm sah die mündliche Verhandlung mit den Bf am 17. Dezember 2014 vor. In der Kundmachung wurde darauf hingewiesen, dass das Einreichprojekt sowie ein Grundeinlöseplan und ein Grundeinlöseverzeichnis bis zum Tage vor Beginn der jeweiligen mündlichen Verhandlung der belangten Behörde sowie beim Gemeindeamt Munderfing während der Amtsstunden zur öffentlichen Einsichtnahme aufliege. Auf die Folgen des Unterlassens der Erhebung von Einwendungen iSd § 42 Abs 1 und 2 AVG wurde hingewiesen.

 

6. Am 17. Dezember 2014 fand die mündliche Verhandlung über den verfahrenseinleitenden Enteignungsantrag der Antragstellerin zur Einlösung der betroffenen Grundstücksteile der Bf statt. Da die Bf einem nochmaligen (gütlichen) Angebot nicht näher traten, wurde die mündliche Verhandlung als Enteignungsverfahren fortgeführt. Der beigezogene straßenbautechnische Amtssachverständige erläuterte das Projekt und stellte in seinem Gutachten ausdrücklich fest: „Für die plangemäße Durchführung des Straßenprojektes ist aus dem Grundbesitz [der Bf] die dauernde Grundinanspruchnahme von 2.100 für Landesstraßen und 829 für Gemeindestraßen unbedingt erforderlich“. Darüber hinaus ist der Verhandlungsschrift das Bewertungsgutachten zur Ermittlung der Entschädigungshöhe beigefügt.

 

7. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. März 2015 wurde dem Enteignungsantrag der Antragstellerin betreffend die Grundstücksteile der Bf stattgegeben. Der dagegen erhobenen Beschwerde an das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich wurde stattgegeben und der Bescheid der belangten Behörde aufgehoben; ferner erfolgte eine Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides in der gegenständlichen Angelegenheit.

 

8. Mit Bescheid vom 8. Juni 2015, GZ: Wa10-10-50-2014, wurde das Straßenbau­vorhaben Umfahrung M-M, Abschnitt x, von der Bezirks­haupt­mann­schaft Braunau am Inn wasserrechtlich bewilligt. Die dagegen erhobene Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht wurde mit Erkenntnis vom 4. August 2016, Zl. LVwG-550593/19/Wim/BHu/KaL ua., als unbegründet abgewiesen.

 

9. Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 2016 wurde dem Enteignungsantrag der Antragstellerin betreffend die Grundstücksteile der Bf stattgegeben (Spruchpunkt I.). In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde die Entschädigung für die Grundinanspruchnahme festgesetzt; in Spruchpunkt III. wurde ausgesprochen, dass die Inbesitznahme der enteigneten Grundflächen durch die Antragstellerin von den Bf nach Rechtskraft dieses Bescheides und Auszahlung bzw. gerichtlicher Hinterlegung der Entschädigung jederzeit zu dulden sei. Spruchpunkt IV. enthält eine Kostenentscheidung, mit Spruchpunkt V. wurden weitere Anträge abgewiesen.

 

Die Notwendigkeit der ggst. Baumaßnahme wurde im Bescheid mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Munderfing vom 16. Juni 2014 sowie der straßenrechtlichen Baubewilligung betreffend die Gemeindestraßen M vom 19. August bzw. 2. Oktober 2014 begründet. Die naturschutzrechtliche Bewilligung sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Juli 2014 erteilt worden. Dieser Bescheid basiere auf den Projektunterlagen, die neben der Umfahrungsstraße selbst auch Begleit- und Nebenwege zum Gegenstand hätten; ferner enthalte der Bescheid Nebenbestimmungen für Begleitwege. Es sei daher eine naturschutzrechtliche Bewilligung nicht nur für die Umfahrung selbst (d.h. für die Landesstraße), sondern auch für Begleit- und Nebenwege (d.h. die Gemeindestraßen) erteilt worden. Diese Bewilligung habe dingliche Wirkung.

 

Weiters wurde die Frage der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit von der belangten Behörde im Rahmen einer Vorfragenbeurteilung inhaltlich dargelegt, wobei in der Folge auch auf den wasserrechtlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. Juni 2015 hingewiesen wurde (gegen diesen war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung eine Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich anhängig, welche – wie dargestellt –mittlerweile erledigt wurde, Anm). Auch diese Bewilligung habe dingliche Wirkung.

 

Durch die bereits vorliegenden Bewilligungen nach dem Oö. Straßengesetz 1991 und dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 sowie den Ausführungen zum Wasserrechtsgesetz 1959 könne die Notwendigkeit der Enteignung mit der Abdeckung eines konkreten Bedarfes begründet werden. Somit sei im Enteignungsverfahren lediglich zu prüfen, ob die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der enteigneten Liegenschaften (bzw. Liegenschaftsteile) als erwiesen anzusehen sei, dh ob diese im beantragten Umfang tatsächlich für die plangemäße Durchführung des Projektes erforderlich seien. Diesbezüglich seien von den betroffenen Grundeigentümern keinerlei Ausführungen dahingehend getätigt worden, dass die von der Enteignung erfassten Grundflächen nicht für die Umsetzung des Projektes notwendig wären. Zudem ergebe sich aus dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen mit hinlänglicher Deutlichkeit, dass die im Spruch des Bescheides umschriebenen Grundflächen für die Realisierung des Bauvorhabens im Sinne des § 36 Abs 2 Oö. Straßengesetz 1991 unbedingt notwendig seien und den minimalsten Eingriff in das Eigentumsrecht darstellen würden. Eine Änderung des Trassenverlaufes komme im Enteignungsverfahren nicht mehr in Betracht; auch sei für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar, wieso die Straßenverwaltung ihrer Verpflichtung zur Unterbreitung eines angemessenen Angebotes nicht nachgekommen sein solle.

 

Der Bescheid wurde den Bf zuhanden ihres rechtsfreundlichen Vertreters am 3. Februar 2016 zugestellt.

 

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Bf erachten sich in ihrem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt, wobei sowohl die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides als auch die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

 

Die Bf beantragen, das Landesverwaltungsgericht möge (1) eine mündliche Verhandlung durchführen, (2) den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos aufheben, (3) in eventu, den Enteignungsantrag abweisen, (4) in eventu, den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverweisen, (5 und 6) den Kostenersatz laut Kostenverzeichnis bzw. idHv je 1.000 Euro für das Beschwerdeverfahren zuerkennen. Ferner ergeht die Anregung, einen Antrag auf Vorabentscheidung gem Art 267 AEUV zur Auslegung der Richtlinie 2011/92/EU an den EuGH zu stellen. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges wird zusammengefasst vorgebracht:

 

Die eigenständige Würdigung der wasserrechtlichen Thematik durch die Behörde sei nicht zulässig; bzw. sollte die Behörde hierzu befugt sein, sei sie dabei rechtswidrig vorgegangen. Die Behörde hätte aufgrund der Rechtslage im Wasserrecht zum Ergebnis kommen müssen, dass die Voraussetzungen lt. WRG 1959 nicht vorlägen.

 

Ferner liege eine Verletzung von europarechtlichen Vorschriften sowie des Rechts auf den gesetzlichen Richter vor. Die Behörde argumentiere, dass die im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G) vorgesehenen Schwellen­werte nicht erreicht seien. Der EuGH habe in der Rs C-570/13 (Urteil des EuGH vom 16.04.2015, „Gruber“) entschieden, dass Österreich die UVP-Richtlinie insbesondere im Hinblick auf die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht ordnungsgemäß umgesetzt habe. Die Behörde gehe davon aus, dass nur das konkrete Projekt entscheidend sei; es seien richtiger Weise jedoch auch andere „bestehende Projekte“ zu berücksichtigen und keine „kleinräumige Betrachtung“ anzustellen. Aus der Trassenverordnung ergebe sich eine Länge der Umfahrung M-M (Gesamtlänge der Abschnitte x bis x, Anm.) von 8,5 km; beziehe man hier jedoch auch Nebenwege mit ein, sei der 10 km-Schwellenwert des UVP‑G jedenfalls überschritten. Es hätten ferner die Spange J und andere Projekte im Bereich des Verlaufs der B x sowie „eigentlich sämtliche bestehenden Straßen, die in einem relevanten Abstand liegen“ berücksichtigt werden müssen. Es stelle sich daher die Frage, ob das Schwellenwertsystem in Österreich den Vorgaben der UVP-Richtlinie 2011/92/EU entspreche.

 

Abschließend wurde vorgebracht, dass es möglich sei, die Trasse des Projekts so zu verlegen, dass die Inanspruchnahme von Grundflächen der Bf verringert hätte werden können. Da es Alternativen gäbe, sei der Eingriff in das Eigentumsrecht nicht das gelindeste Mittel.

 

Dem Beschwerdeschriftsatz ist ein Kostenverzeichnis angeschlossen.

11. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 14. Juli 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung in der Beschwerdesache durch. Im Rahmen der Verhandlung wurde zunächst der Versuch einer privatrechtlichen Einigung der Grundablöse unternommen. Nachdem eine solche von allen beteiligten Bf abgelehnt worden war, wurde die Beschwerdesache mit den Verfahrensparteien erörtert. Dabei wurde den Verfahrensparteien auch die Möglichkeit gegeben, sich von der Verhandlungsschrift betreffend die am 30. Juni 2016 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stattgefundene wasserrechtliche Verhandlung Kenntnis zu verschaffen (in weiterer Folge erging am 4. August 2016 das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich betreffend die wasserrechtliche Bewilligung des ggst. Vorhabens, Anm.)

 

12. Mit Bescheid der Agrarbehörde Oberösterreich vom 17. Juni 2016, GZ: LNOG-100614/1256-2016-Gg, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgelegt, wurden der Zusammenlegungsgemeinschaft M diverse gemeinsame Maßnahmen – in concreto die Errichtung von fünf Wirtschaftswegen – vorgeschrieben, wobei der Bescheid u.a. an die Bf erging. Auch dieser Bescheid wurde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in Beschwerde gezogen.

 

13. Mit Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung der Bf vom 22. Juli 2016 wurde ergänzend vorgebracht, dass im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens M Nebenwege angeordnet worden seien, die von der Zusammenlegungsgemeinschaft errichtet werden müssten. Diese Wege deckten sich überwiegend mit den Nebenwegen der Gemeinde. Teilweise entfielen aber auch Wegabschnitte, die dann auch von der Gemeinde nicht errichtet werden würden. Nicht beanspruchte Flächen würden somit auf Vorrat enteignet, was unzulässig sei. Da die betroffenen Flächen in die Zusammenlegungsgemeinschaft fielen, sei nur die Zuständigkeit der Agrarbehörde gegeben.

 

 

II.            Festgestellter Sachverhalt und Beweiswürdigung:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungserheblichen Sachverhalt aus:

 

1.1. Das Land Oberösterreich, Landesstraßenverwaltung, beabsichtigt die Umlegung der Landesstraße B x (Umfahrung M-M, Abschnitt x – M). Dem geplanten Straßenbauvorhaben liegt eine Trassenverordnung der Oö. Landesregierung vom 29. Mai 2009, LGBl 52/2009, zugrunde. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 30. Juli 2014, GZ: Verk-960253/284-2014/Ba/Eis, wurden die als Landesstraßen gewidmeten Teile der Umfahrung M nach Maßgabe des bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen Einreichprojektes straßenrechtlich bewilligt. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Mai 2015, Zl. LVwG-150368/52/RK/FE, wurden die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerden ua als unbegründet abgewiesen.

 

1.2. Im Zuge der beschriebenen Verlegung der B x wurde die Errichtung diverser näher bezeichneter Straßenanbindungen, Verbindungsstraßen, Zufahrten sowie Geh- und Radwegunterführungen erforderlich. Diese zur „Wiederherstellung bzw. Aufrechterhaltung unterbrochener Verkehrsbeziehungen neu errichteten“ Gemeindestraßen wurden mit Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Munderfing vom 16. Juni 2014 beschlossen. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Munderfing vom 19. August 2014, GZ: 610/2014, bzw. Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Munderfing vom 2. Oktober 2014 wurde die straßenrechtliche Bewilligung für die Errichtung der Gemeindestraßen rechtskräftig erteilt.

 

1.3. Die zur Verwirklichung des Straßenbauvorhabens erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung wurde von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Bescheid vom 29. Juli 2014, GZ: N10-205-2013-Ps, der sich in seinem Spruch auf das gesamte Straßenprojekt bezieht und auch Nebenwege, Rampen und Nebenanlagen umfasst, rechtskräftig erteilt. Die wasserrechtliche Bewilligung für das ggst. Vorhaben wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. Juni 2015, GZ: Wa10‑10‑50‑2014, erteilt. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. August 2016, Zl. LVwG-550593/19/Wim/BHu/KaL ua, als unbegründet abgewiesen. Das ggst. wasserrechtliche Projekt und die wasserrechtliche Bewilligung umfassen die Oberflächenwasserbeseitigung für die geplante Umfahrung M-M, Abschnitt x, sowohl hinsichtlich der Bereiche der Landesstraße als auch der Einbindungsbereiche für die Gemeindestraßen. Die übrigen Gemeindestraßen – Begleitstraßen und Radwege – unterliegen hingegen keiner wasserrechtlichen Bewilligungspflicht, da – so das zit. Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich – nur maximal geringfügig belastete Oberflächenwässer anfallen werden.

 

Rechtskräftige naturschutz- und wasserrechtliche Bewilligungen liegen damit vor.

 

1.4. Da für dieses Straßenbauvorhaben auch Grundstücke der Bf beansprucht werden müssen, führte die Antragstellerin Verhandlungen mit den Bf zur gütlichen Einigung. Da diese Verhandlungen zu keiner Einigung führten, die Flächen also durch die Antragstellerin nicht erworben werden konnten, hat diese unter Vorlage der Projektunterlagen die Durchführung eines straßenrechtlichen Grundeinlösungs- bzw. Enteignungs­verfahrens beantragt.

 

Über diesen Antrag hat die belangte Behörde mündliche Verhandlungen am 17. und 18. Dezember 2014 sowie am 8. und 22. Jänner 2015 durchgeführt. Im Zuge der Verhandlung mit den Bf wurde diesen von der Antragstellerin nochmals ein Kaufangebot unterbreitet, das eine Gesamtentschädigung (Landesstraße und Gemeindestraße) idHv 43.500,35 Euro vorsah, wobei rund 1/4 der Flächeninanspruchnahme auf die Gemeindestraße entfällt. Dieses Angebot wurde von den Bf – aus prinzipiellen Gründen – abgelehnt. Der straßenbautechnische Amtssachverständige führte in seinem Gutachten zur Notwendigkeit der Flächeninanspruch­nahme aus: „Für die plangemäße Durchführung des Straßenprojektes ist aus dem Grundbesitz [der Bf] die dauernde Grundinanspruchnahme von 2.100 für Landesstraßen und 829 m² für Gemeindestraßen unbedingt erforderlich“. Die Flächeninanspruch­nahme stellt sich wie folgt dar:

 

Grundeigentümer

KG

EZ.

Grundstücks-Nr.

beanspruchte Fläche für

die Gemeinde Munderfing

in

Bf

x

M

x

x

 

 

x

 

x

 

x

 

 

x

 

 

x

 

 

x

190

1

 

180

 

30

 

100

7

 

70

60

 

50

60

 

80

1

 

Den Bf wurde für die Inanspruchnahme der genannten Flächen für die Errichtung der ggst. Gemeindestraßen und auf Basis des Bewertungsgutachtens von Mag. Ing. Dr. K, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, eine Entschädigung idHv 5.272 Euro (je 2.636 Euro) zugesprochen.

 

1.5. Auch im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde zunächst der Versuch der Herbeiführung einer privatrechtlichen Einigung unternommen, um Enteignungen möglichst hintanzuhalten. Darauf wurde von den Bf nicht eingegangen. Ein Grunderwerb auf privatrechtlichem Wege erwies sich damit als unmöglich.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde, sowie durch Einsichtnahme in die Schriftsätze der Bf, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Mai 2015, Zl. LVwG‑150368/52/RK/FE, betreffend die Landesstraße der Umfahrung M-M/Abschnitt x, den naturschutz­rechtlichen Bewilligungs­bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Juli 2014, GZ: N10-205-2013-Ps und den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid derselben vom 8. Juni 2015, GZ: Wa10‑10-50-2014 sowie das hierzu ergangene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. August 2016, Zl. LVwG‑550593/19/Wim/BHu/KaL ua. Am 14. Juli 2016 wurde ferner eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der im Enteignungsantrag (vgl. Grundeinlöseverzeichnis und Grundeinlöseplan) näher bezeichneten Grundstücksteile der Bf ergibt sich aus dem Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den genannten Beweismitteln.

 

 

III.           Rechtslage:

 

Dem gegenständlichen Beschwerdefall liegt eine auf §§ 35 und 36 Oö. Straßengesetz 1991 gestützte Enteignung von Teilen von Grundstücken der Bf zu Grunde. Die maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Straßengesetzes 1991, LGBl 84, zuletzt geändert durch LGBl 2015/42, haben folgenden Wortlaut:

 

„§ 35

Enteignung

(1) Für den Bau einer öffentlichen Straße kann das Eigentum an Grundstücken oder die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung oder Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Auch die für Grundflächen gemäß § 11 Abs. 1a, die Anlage von Ablagerungsplätzen, Zufahrten, Bauhöfen und anderen Baulichkeiten, wie Streumaterialsilos, sowie die zur Aufrechterhaltung von Verkehrsbeziehungen und zur Entnahme von Straßenbaumaterial notwendigen Grundstücke können im Wege der Enteignung erworben werden. Für den Bau einer Straße, die einer Bewilligung nach § 32 bedarf, darf die Enteignung nur nach Maßgabe dieser Bewilligung erfolgen. Auch für die Übernahme von bestehenden öffentlichen Straßen können das Eigentum und die erforderlichen Dienstbarkeiten (§ 5 Abs. 1) durch Enteignung in Anspruch genommen werden.

(2) Bei der Inanspruchnahme des Grundeigentums im Sinn des Abs. 1 auf der Grundlage einer gemäß § 11 Abs. 2 erlassenen Widmungsverordnung bleibt für den Enteignungsgegner der Einwand des fehlenden öffentlichen Interesses zulässig.

(3) Abs. 1 gilt sinngemäß auch für die Beseitigung von Bauten und Anlagen, die den Vorschriften des § 18 Abs. 1 und 2 widersprechen und die gefahrlose Benützbarkeit der Straße wesentlich beeinträchtigen, jedoch im Zeitpunkt ihrer Errichtung keinen straßenrechtlichen Bestimmungen widersprochen haben.

(4) Zu Enteignender ist der Eigentümer des Gegenstandes der Enteignung, weiters ein anderer dinglich Berechtigter, wenn das dingliche Recht mit einem nicht der Enteignung unterworfenen Gegenstand verbunden ist sowie der dinglich und obligatorisch Berechtigte, sofern dieses Recht für sich allein Gegenstand der Enteignung ist.

 

§ 36

Enteignungsverfahren

(1) Um die Enteignung ist unter Vorlage der zur Beurteilung der Angelegenheit erforderlichen Pläne und sonstigen Behelfe, insbesondere eines Verzeichnisses der hievon betroffenen Personen, der beanspruchten dinglichen Rechte und des voraussichtlichen Ausmaßes der beanspruchten Grundfläche sowie der erforderlichen Grundbuchsauszüge, die nicht älter als drei Monate sind, bei der Behörde anzusuchen. Zudem hat die antragstellende Straßenverwaltung glaubhaft zu machen, daß sie in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos, versucht hat, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken.

(2) Über die Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung sowie die Kosten des Enteignungsverfahrens entscheidet die Behörde unter sinngemäßer Anwendung des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes, wobei auch auf die Wirtschaftlichkeit der Bauausführung Bedacht zu nehmen ist.

(3) Wird ein Teil eines Grundstückes enteignet und sind alle oder einzelne verbleibende Grundstücksreste unter Berücksichtigung der bisherigen Verwendung nicht mehr zweckmäßig nutzbar, so sind über Antrag des Eigentümers die nicht mehr zweckmäßig nutzbaren Reste miteinzulösen.

(4) Der Enteignungsbescheid hat zugleich die Höhe der Entschädigung festzusetzen. Diese ist auf Grund des Gutachtens wenigstens eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen in Anwendung der in den §§ 4 bis 8 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes aufgestellten Grundsätze zu ermitteln.

(5) Die Höhe der festgesetzten Entschädigung kann im Verwaltungsweg nicht angefochten werden. Jede der Parteien kann aber, wenn sie sich durch die festgesetzte Entschädigung benachteiligt erachtet, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung bei jenem Landesgericht begehren, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet. Mit der Anrufung des Gerichtes tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann nur mit der Zustimmung des Antragsgegners zurückgezogen werden. Bei Zurückziehung des Antrages gilt mangels anderweitiger Vereinbarung die ursprünglich behördlich festgesetzte Entschädigung als vereinbart. Für das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung, für deren Feststellung im Wege eines Übereinkommens sowie für die Wahrnehmung der Ansprüche auf Befriedigung aus der Entschädigung, die dritten Personen auf Grund ihrer dinglichen Rechte zustehen, ist das Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz sinngemäß anzuwenden.

(6) Der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheides kann nicht gehindert werden, sobald die von der Behörde ermittelte Entschädigung oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung an den Enteigneten ausbezahlt oder gerichtlich erlegt ist.

 

§ 41

Verweisungen

(1) Soweit in diesem Landesgesetz auf Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in folgender Fassung anzuwenden:

- Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 88/2014;

- Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz, BGBl. Nr. 71/1954, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 111/2010;

- Bundesstraßengesetz 1971, BGBl. Nr. 286/1971, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2013;

- Bundesstraßen-Übertragungsgesetz und Bundesgesetz über die Auffassung und Übertragung von Bundesstraßen, BGBl. I Nr. 50/2002.“

 

Die einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungs­gesetzes (EisbEG) in der verwiesenen Fassung BGBl I 2010/111 lauten auszugsweise wie folgt:

 

„§ 7 (1) [...]

(2) [...]

(3) Im Enteignungsverfahren hat der Enteignungsgegner Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Dem Enteignungsgegner gebührt voller Kostenersatz, soweit der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird. In allen anderen Fällen gebührt dem Enteignungsgegner eine Pauschalvergütung in Höhe von 1,5 vH der festgesetzten Enteignungsentschädigung, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7 500 Euro.

 

§ 44. (1) Die Kosten des Enteignungsverfahrens und der gerichtlichen Feststellung der Entschädigung sind, soweit sie nicht durch ein ungerechtfertigtes Einschreiten einer Partei hervorgerufen werden, vom Eisenbahnunternehmen zu bestreiten.

(2) [...]“

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

A. Zu Spruchpunkt I (Abweisung der Beschwerde):

 

1. Vorweg ist zum Vorbringen der Bf, es liege kein Gemeinderatsbeschluss für den ggst. Enteignungsantrag vom 5. November 2014 vor, festzuhalten, dass § 58 Oö. Gemeindeordnung 1990 (im Folgenden: Oö. GemO 1990) nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes den Bürgermeister der Gemeinde ohne jede Einschränkung zur Vertretung der Gemeinde nach außen beruft (vgl. etwa nur VwGH 15.11.2007, 2005/07/0100; 31.01.1995, 93/05/0082, jeweils mwN; vgl. ferner 23.09.2010, 2009/06/0055). Es besteht daher für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich kein Grund, das Vorliegen eines verfahrenseinleitenden Antrages, der der Antragstellerin zuzurechnen ist, in Zweifel zu ziehen.

 

2. Verfassungsrechtlich ist eine Enteignung dann zulässig, wenn ein konkreter Bedarf nach Verwirklichung des im öffentlichen Interesse liegenden Vorhabens besteht, wenn weiters das Objekt der Enteignung geeignet ist, diesen Bedarf unmittelbar zu decken, und es schließlich unmöglich ist, den Bedarf anders als durch Enteignung zu decken (vgl. VwGH vom 21.03.2007, 2005/05/0297; 18.11.2003, 2001/05/0327 mwN). Die innere Rechtfertigung des in der Enteignung liegenden Eingriffes in das grundsätzlich als unverletzlich geschützte Eigentum liegt darin, dass die Erfüllung bestimmter, dem allgemeinen Besten – d.h. dem öffentlichen Interesse, dem öffentlichen Wohl – dienender und als solche gesetzlich festgelegter Aufgaben nur unter der Voraussetzung möglich ist, dass eine Sache dem Eigentümer entzogen und auf die öffentliche Hand übertragen wird. Das Institut der Enteignung führt zwangsläufig zu einer Vermögensverschiebung, diese ist jedoch nicht der Zweck der Enteignung; die Enteignung hat von ihrer Anlage her nicht die Beschaffung von Vermögenswerten durch die öffentliche Hand zum Gegenstand, sondern ist ein Mittel, um der öffentlichen Hand die Erfüllung einer dem allgemeinen Besten dienenden öffentlichen Aufgabe zu ermöglichen, denn das öffentliche Interesse erfordert nur die Sache, nicht aber den Wert. Dies ist auch der Grund dafür, warum der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, es sei unzulässig, eine Enteignung vorzunehmen, wenn die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, für die das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorsieht, nicht unmittelbar bevorsteht, weil noch nicht alle anderen Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgabe gegeben sind. Darin zeigt sich die Unzulässigkeit der sog. Enteignung auf Vorrat (VfSlg 8981/1980; vgl. auch VwGH 09.09.2008, 2008/06/0076 mwN sowie Korinek, Verfassungsrechtliche Grundlagen des Eigentumsschutzes und des Enteignungsrechts in Österreich, in: Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 22ff).

 

3. Die Bf beanstandeten in ihrer Beschwerde das Fehlen der für das Vorhaben erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung. Diesem Vorbringen liegt die – wie soeben gezeigt: zutreffende – Überlegung zugrunde, dass eine Enteignung nach der stRsp des Verfassungsgerichtshofes dann unzulässig ist, wenn noch nicht alle Voraussetzungen für die Erfüllung der Aufgabe gegeben sind. Daran anknüpfend vertritt der Verwaltungsgerichtshof in stRsp (vgl. etwa 27.06.1978, 0434/76; 16.12.1982, 81/06/0095; 18.12.1984, 83/05/0212; 14.10.2005, 2004/05/0174; 21.03.2007, 2005/05/0297 sowie jüngst vom 19.03.2015, 2012/06/0038) den Standpunkt, dass die eine Voraussetzung der Enteignung bildende Notwendigkeit der Enteignung nur dann vorliege, wenn durch die Enteignung der Enteignungszweck unmittelbar verwirklicht werden könne. Letzteres treffe auch dann nicht zu, wenn sich Hindernisse für den geplanten Straßenbau aus anderen Gesetzen ergeben würden. Derartige Hindernisse können sich etwa aus der Bewilligungspflicht der projektierten Maßnahmen nach anderen Materiengesetzen ergeben.

 

Die belangte Behörde hat die Frage der wasserrechtlichen Bewilligungsfähigkeit des ggst. Vorhabens zunächst im angefochtenen Enteignungsbescheid selbständig als Vorfrage beurteilt. Mittlerweile liegt jedoch die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. August 2016, Zl. LVwG-550593/19/Wim/BHu/KaL ua., betreffend die wasserrechtliche Bewilligung des ggst. Vorhabens vor.

 

Da die Verwaltungsgerichte ihre Entscheidung nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes an der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten haben (vgl. etwa nur VwGH 24.05.2016, Ra 2016/05/0035, und 16.12.2015, Ro 2014/03/0083 mwN.), erübrigt sich eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der von der Behörde durchgeführten Vorfragenbeurteilung bzw. eine eigenständige Beurteilung durch das erkennende Gericht, weil die Vorfrage mittlerweile vom zuständigen Gericht als Hauptfrage entschieden worden ist. Vor diesem Hintergrund kann konstatiert werden, dass nunmehr eine rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligung für das ggst. Vorhaben vorliegt, wobei von der Bewilligung – sofern im Einzelnen aufgrund des Nichtvorliegens von wasserrechtlich relevanten Eingriffen bei einzelnen Gemeindestraßen eine solche überhaupt erforderlich sein sollte – sowohl die Landes- als auch Gemeindestraßen im Zusammenhang mit dem ggst. Straßenprojekt Umfahrung M-M, Abschnitt x, umfasst sind. Diesbezüglich ist ferner generell darauf hinzuweisen, dass Vorhaben wie das gegenständliche Straßenbauprojekt im Rahmen eines Projektgenehmigungs­verfahrens zu betrachten sind, dass bei der gesamten rechtlichen Würdigung also auf die Einreichunterlagen sowie – wohlbegründete – Analysen und Prognosen abzustellen ist, etwa hinsichtlich der erwarteten Verkehrsbelastung. Sollten hingegen pauschal und ohne nähere fachliche Begründung höhere Verkehrszahlen in den Raum gestellt werden, die eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht von Nebenwegen zur Folge haben könnten, kann dies nicht ausreichen, ein Fehlen von relevanten Bewilligungen für das ggst. Vorhaben aufzuzeigen.

 

Ferner liegt auch eine rechtskräftige naturschutzrechtliche Bewilligung (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 29. Juli 2014, GZ: N10‑205‑2013-Ps) betreffend das Straßenbauvorhaben vor, wobei sich diese – wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend darlegen konnte – ebenfalls auch auf den gemeindestraßenrechtlichen Teil des Projekts erstreckt und dingliche Wirkung hat.

 

4. Auch eine rechtskräftige straßenrechtliche Bewilligung für die Gemeindestraßen M liegt vor (siehe dazu auch unter Pkt. 6). Damit liegen alle für die Umsetzung des Vorhabens erforderlichen Bewilligungen vor, weshalb die Notwendigkeit der Enteignung unter diesem Aspekt nicht angezweifelt werden kann.

 

5. Nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich aus der Wechselwirkung der Verfahren zur straßen(bau)rechtlichen Bewilligung und der darauf gestützten Enteignung eine Bindungswirkung der straßenrechtlichen Bewilligung für das Enteignungsverfahren insoweit, als mit ersterer das konkrete Straßenbauprojekt bescheidmäßig genehmigt wird, im Enteignungsverfahren sodann lediglich die Notwendigkeit der Inanspruchnahme der benötigten Grundstücke (bzw. sonstiger Sachen, insbes. Rechte) für das bewilligte Projekt geprüft wird (vgl. etwa VwGH 04.03.2008, 2006/05/0233 mwN, betreffend das Oö. Straßengesetz 1991).

 

Es entspricht damit der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Frage der Notwendigkeit der Errichtung einer Straße, die bereits im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren zu prüfen ist, im nachfolgenden Enteignungsverfahren nicht mehr neuerlich hinterfragt werden kann. Der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid setzt die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen Dritter zu erfüllen sind. Der Bewilligungsbescheid entfaltet daher für das Enteignungsverfahren eine Bindungswirkung derart, dass die Notwendigkeit des konkreten Vorhabens im Enteignungsverfahren nur mehr sehr eingeschränkt geprüft werden darf. Im Enteignungsverfahren ist daher im Wesentlichen nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich sei (VwGH 26.02.2009, 2006/05/0291).

 

Nach stRsp der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts enthält im Übrigen im Geltungsbereich jener gesetzlichen Vorschriften, die eine Festlegung der Trasse eines Straßenbauvorhabens durch generelle Normen vorsehen, bereits diese generelle Norm die einschlussweise Feststellung, dass die Anlegung oder Verlegung der Straße dem öffentlichen Interesse dient, welche Feststellung dann im straßenbaurechtlichen Bewilligungsverfahren ebenso wie im Enteignungs-verfahren in einer Weise Bindungswirkung entfaltet, die es dem von der Trassenführung betroffenen Liegenschaftseigentümer verwehrt, die Notwendigkeit des zur Enteignung führenden Straßenbauvorhabens zu bestreiten (VwGH 25.02.2010, 2010/06/0019; 24.11.2008, 2007/05/0310 [jeweils zum Oö. Landesstraßengesetz 1991]; 21.01.1992, 89/05/0152 [zum Oö. Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975]; 17.05.1988, 88/05/0032; sowie VfGH: VfSlg 7769/1976; VfSlg 8358/1978; VfSlg 8592/1979; VfSlg 8699/1979; vgl. auch Pauger, die Enteignung im Verwaltungsrecht, in: Korinek/Pauger/Rummel, Handbuch des Enteignungsrechts [1994] 121).

 

6. Die ggst. Gemeindestraßen bildeten bereits den Gegenstand der straßenrechtlichen Bewilligung vom 19. August 2014 (bzw. des Berufungsbescheides vom 2. Oktober 2014), beruhend auf einer Verordnung des Gemeinderates vom 16. Juni 2014. Die Frage, ob die Anlegung bzw. Verlegung der ggst. Gemeindestraßen notwendig und im öffentlichen Interesse ist, war daher im Enteignungsverfahren nicht mehr zu prüfen. Ob und inwieweit durch andere Trassenvarianten eine geringere Belastung der Bf möglich sein könnte, ist vor dem Hintergrund der soeben dargestellten Bindungswirkung an die straßenrechtliche Bewilligung ebenfalls nicht relevant.

 

Im Enteignungsverfahren ist in dieser Hinsicht nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des genehmigten Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist. Hinsichtlich der Grundinanspruchnahme hat der straßenbautechnische Amtssachverständige festgestellt, dass die durch den Enteignungsbescheid verfügte Grundinanspruchnahme für die plangemäße Durchführung des Straßen­bau­projektes unbedingt erforderlich ist.

 

Damit ergibt sich für das erkennende Gericht zweifelsfrei, dass die im Spruch des angefochtenen Bescheides mit hinreichender Bestimmtheit umschriebenen Grundflächen für die Umsetzung des straßenbaurechtlichen Vorhabens notwendig im Sinne des § 36 Abs 2 Oö. Straßengesetz 1991 sind.

 

Auch wurden – zuletzt vom erkennenden Gericht – ernsthafte Versuche einer gütlichen Grundablöse unternommen, die jedoch von den Bf abgelehnt wurden. Auch vor diesem Hintergrund erweist sich die Enteignung nach der stRsp des Verfassungsgerichtshofs als erforderlich (vgl. mit weiteren Hinweisen auf Judikatur und Literatur: VfSlg 13.579/1993).

 

7. Zur Frage der Relevanz des Zusammenlegungsverfahrens der Agrarbehörde Oberösterreich bzw. der dort verfügten gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen:

Diesbezüglich ist zunächst auf die Verordnung des Gemeinderates vom 16. Juni 2014, mit der diverse im Einzelnen näher umschriebene Gemeindestraßen festgelegt wurden, die neu zu errichten bzw. zu verlegen sind, zu verweisen. Ferner liegt eine rechtskräftige straßenrechtliche Bewilligung vor. In weiterer Folge wurde von Seiten der Gemeinde Munderfing ein Antrag auf Enteignung zur Errichtung der ggst. Gemeindestraßen gestellt und von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn ein straßenrechtliches Enteignungs­verfahren (in zwei Verfahrensgängen, Anm.) durchgeführt.

 

Im Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist nichts hervorgekommen, was Zweifel geweckt hätte, dass die Gemeinde Munderfing das bewilligte straßenrechtliche Projekt, für das sie einen Enteignungsantrag gestellt hat und in dem sie Verfahrenspartei des Enteignungsverfahrens war, nicht durchführen wollte. Vielmehr zeigt sich, dass von Seiten der Gemeinde sowie der Landesstraßenverwaltung, welche die Umfahrung M-M, Abschnitt x, sowohl im Hinblick auf die Landesstraße als auch die dazugehörigen Gemeindestraßen (Anbindungen, Neben- und Begleitwege der Umfahrung) in Abstimmung mit der Gemeinde plant, ausschreibt und koordiniert, eine Durchführung des Projektes nach wie vor und in unmittelbarer zeitlicher Nähe intendiert ist. Das Vorbringen, dass Teile der Gemeindestraßen wegfallen würden, obwohl diese in sämtlichen Planunterlagen und rechtskräftigen Bewilligungen enthalten sind und auch keinerlei Projektänderungsanträge vorliegen, erweist sich damit als nicht substantiiert und vermag das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Errichtung der ggst. Gemeindestraßen und der Erforderlichkeit der Enteignung nicht in Zweifel zu ziehen.

 

Dazu kommt, dass sämtliche Überlegungen in Bezug auf Enteignungen nach dem Oö. Straßengesetz 1991 ausschließlich auf das jeweilige Straßenvorhaben abstellen können und die Ergebnisse von – mit dem Ziel der Abfederung allfälliger Nachteile aus der Errichtung eben dieser Straße eingeleiteter – Verfahren nach dem Oö. Flurverfassungs-Landesgesetz 1979 (im Folgenden: Oö. FLG 1979) nicht ihrerseits wieder zu einer straßenrechtlichen Neubeurteilung führen können. Das würde nämlich – wie die Bf offenbar zu argumentieren versuchen – zu einem Primat der Agrarbehörden über die Behörden nach dem Oö. Straßengesetz 1991 führen, weil die Agrarbehörden die Umsetzbarkeit eines straßenrechtlich bewilligten Vorhabens letztlich steuern könnten. Ein solches Ergebnis widerspricht aber dem klaren Wortlaut des Gesetzes:

 

Gemäß § 102 Abs 4 lit c bis e Oö. FLG 1979 sind nämlich von der Zuständigkeit der Agrarbehörde ausgeschlossen:

 

c)    die Angelegenheiten der Eisenbahnen, der Bundesstraßen, der Schiffahrt, der Luftfahrt und des Bergbaues;

d)    die Angelegenheiten des Baurechtes, der Raumordnung (soweit nach dem O.ö. Raumordnungsgesetz die Landesregierung oder die Gemeinden zuständig sind), der öffentlichen Straßen (soweit sie nicht unter lit. c oder e fallen), der Jagd, der Fischerei sowie des Flurschutzes;

e)    die Angelegenheiten der Verwaltung der Verkehrsflächen der Gemeinde, soweit nicht durch eine Verordnung gemäß § 44 Abs. 5 der Statute für die Städte Linz, Steyr und Wels 1992, oder gemäß § 40 Abs. 4 der O.ö. Gemeindeordnung 1990 die Zuständigkeit der Agrarbehörde begründet ist.

 

Es zeigt sich somit, dass die Zuständigkeit der Straßenbehörden durch das Oö. FLG 1979 nicht eingeschränkt wird. Zu diesem Ergebnis führen auch verfassungsrechtliche Überlegungen: Nach der sog. Versteinerungstheorie wird der Inhalt eines Kompetenzbegriffes – hier: der „Bodenreform“ (Art 12 Abs 1 Z 3 B-VG) als Kompetenzgrundlage für die Flurverfassungsgesetze der Länder – nach dem Stand der Rechtsordnung vom 1. Oktober 1925 bestimmt. An diesem Stichtag waren von der Zuständigkeit der Agrarbehörden die „Angelegenheiten, welche Eisenbahnen oder öffentliche Wege betreffen oder durch die Bauordnung geregelt werden, sofern alle in derlei Angelegenheiten erforderlichen Entscheidungen oder Verfügungen ... bei jenen Behörden einzuholen sind, in deren gesetzlichen Wirkungskreis die Angelegenheiten gehören“ ausgenommen, wodurch dem „Bodenreform“-Gesetzgeber verfassungsrechtliche Grenzen gezogen wurden, behördliche Angelegenheiten der öffentlichen Wege zu regeln (so VfSlg 5667/68).

 

Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes ist die Agrarbehörde an die Widmungserklärung der Gemeinde, wonach eine Straße in das öffentliche Gut übernommen wird, gebunden; weitere Verfügungen über das öffentliche Gut können von der Agrarbehörde daher nur dann getroffen werden, wenn die Gemeinde einen entsprechenden Beschluss fasst (vgl. VwGH 05.11.1980, Zl. 0407/77, worin auch dargelegt wird, dass sich das Begehren, einen Weg zu verlegen, damit an die Gemeinde, nicht aber an die Agrarbehörde, richtet). Daher fällt auch die Frage der Rechtmäßigkeit einer Gemeindestraße nicht in die Zuständigkeit der Agrarbehörde (VwGH 14.05.1997, 97/07/0052). So wie die Agrarbehörde nicht gehalten ist, auf den Stand der die jeweiligen Grundstücke betreffenden Enteignungsverfahren Bedacht zu nehmen (VwGH 03.05.1988, 87/07/0171), ist auch im ggst. Verfahren keine rechtliche Grundlage dafür ersichtlich, dass die zuständigen Behörden nach dem Oö. Straßengesetz 1991 auf den Abschluss eines allfälligen Verfahrens der landwirtschaftlichen Neuordnung zuwarten müssten bzw. dass deren Ergebnisse die Umsetzung des straßenrechtlichen Vorhabens vereiteln könnten.

 

In Verfahren nach dem Oö. Straßengesetz 1991 kann nicht darauf abgestellt werden, ob sich durch künftige Änderungen der Eigentumsverhältnisse – sei es durch Maßnahmen im Zuge der Bodenreform, sei es durch privatrechtliche Vereinbarungen – die Zweckmäßigkeit von anderen Nebenwegen ergeben könnte, solange sich dies nicht in konkreten Änderungen des straßenrechtlichen Projekts bzw. der Verordnung der Gemeinde über die Widmung von Straßen manifestiert. Dies würde nämlich der oben (siehe Pkt. 5) dargelegten Bindungswirkung der straßenbaurechtlichen Bewilligung bzw. der verordneten Trasse klar zuwiderlaufen.

 

Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass ein Verfahren nach dem Oö. FLG 1979 eine Enteignung nach dem Oö. Straßengesetz 1991 nicht konterkarieren kann. Das diesbezügliche Vorbringen der Bf geht daher ins Leere.

 

8. Die Errichtung der ggst. Gemeindestraßen liegt damit zusammengefasst im öffentlichen Interesse und erweist sich die Enteignung auch als notwendig, um die Umsetzung des Vorhabens zu ermöglichen. Die von den Bf ins Treffen geführte Enteignung auf Vorrat führt die Beschwerde vor dem Hintergrund der oben angestellten Überlegungen daher nicht zum Erfolg.

 

9. Schließlich bringen die Bf im Wesentlichen vor, dass das ggst. straßenrechtliche Vorhaben einem UVP-Genehmigungsverfahren zu unterziehen sei. Hierzu ist Folgendes festzuhalten:

 

Wie bereits ausgeführt, setzt der straßenrechtliche Bewilligungsbescheid die Bedingungen fest, welche bei der Ausführung der beabsichtigten Straßenbauten vom Standpunkt des öffentlichen Interesses und der mit diesem nicht in Widerspruch stehenden Interessen der Beteiligten zu erfüllen sind. Er entfaltet daher für das Enteignungsverfahren eine Bindungswirkung der Art, dass die Notwendigkeit des konkreten Straßenbauvorhabens im Enteignungsverfahren nur mehr eingeschränkt geprüft werden darf. Die Frage des Trassenverlaufs ist ebenfalls Aufgabe des straßenrechtlichen (Bau-)Bewilligungsverfahrens und nicht mehr des daran anschließenden Enteignungsverfahrens. Im Enteignungs­verfahren ist daher im Wesentlichen nur mehr die Frage zu prüfen, ob die Enteignung der für die Realisierung des Straßenbauvorhabens vorgesehenen Grundstücke im beantragten Umfang erforderlich ist (VwGH 21.03.2013, 2011/06/0118; 24.11.2008, 2007/05/0310; 21.03.2007, 2006/05/0188; 28.04.2006, 2004/05/0143; 18.11.2003, 2001/05/0327). Die von der Bf aufgeworfene Frage, ob für das Projekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen gewesen wäre, ist daher im Enteignungsverfahren nicht mehr zu beantworten (vgl. zur vergleichbaren Rechtslage im eisenbahnrechtlichen Enteignungsverfahren VwGH 30.06.2015, 2013/03/0008 uHa 26.04.2011, 2008/03/0078; 03.09.2008, 2008/03/0075-76).

 

Dem steht auch nicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.04.2016, Zl. 2015/06/0001, entgegen: Dieser lag nämlich – anders als hier – eine Konstellation zugrunde, in der es kein anderes gesetzlich vorgesehenes Verfahren gab, in dem die beschwerdeführenden Parteien die Frage der UVP-Pflicht relevieren konnten. Im hier gegenständlichen Fall waren die Bf jedoch Parteien des straßenrechtlichen Bewilligungsverfahrens. Ferner wurde die UVP-Pflicht von den Bf im Zuge des Bewilligungsverfahrens nach dem Oö. Straßengesetz 1991 im Zusammenhang mit der Landesstraße der Umfahrung M-M, Abschnitt x – welche in unmittelbarem Zusammenhang der als Gemeindestraßen zu wertenden Begleit- und Nebenwege steht – explizit aufgeworfen und durch die dort zuständige Verwaltungsbehörde (Bescheid der Oö. Landesregierung vom 30. Juli 2014, GZ: Verk-960253/284-2014/Ba/Eis) sowie das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich (Erkenntnis vom 29. Mai 2015, Zl. 150368/52/RK/FE) ausführlich erörtert.

 

Die im Zuge der Beurteilung der Umfahrung M angestellten Überlegungen führten jedoch zum Ergebnis, dass das ggst. Projekt keiner UVP-Pflicht unterliegt. Die Beurteilung der Frage der UVP-Pflicht war damit – da für die Frage der Behördenzuständigkeit relevant – bereits Gegenstand anderer Verfahren, in denen die Bf auch diesbezügliche Vorbringen erstatteten, und ist damit auch unter Einbeziehung der Bf (einschließlich der Möglichkeit zur Beschreitung des Rechtsweges) ergangen. Da die Frage der UVP-Pflicht bereits in den „Hauptverfahren“ (nämlich den straßenrechtlichen Bewilligungsverfahren) zu beurteilen war, ist es vor diesem Hintergrund nicht mehr geboten, diese Frage in einem nachgelagerten Enteignungsverfahren, das der Schaffung der eigentumsrechtlichen Voraussetzungen für die Umsetzung der bewilligten Vorhaben dient, neuerlich aufzuwerfen. Vor diesem Hintergrund sah sich das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im gegenständlichen Beschwerde­verfahren auch nicht dazu veranlasst, der angeregten Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens zur Auslegung der UVP-Richtlinie beim EuGH Folge zu leisten.

 

10. Abschließend sei angemerkt, dass die Höhe der festgesetzten Entschädigung im Verwaltungsweg nicht angefochten werden kann, weshalb das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich über diese im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vorgebrachte Thematik nicht abzusprechen hatte. Hierfür besteht die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Wege einer sog. sukzessiven Zuständigkeit (vgl. § 36 Abs 5 Oö. Straßengesetz 1991).

 

B. Zu Spruchpunkt II (Antrag auf Kostenersatz):

 

Gemäß §§ 41 Abs 1 Oö. Straßengesetz 1991 iVm 7 Abs 3 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz idF BGBl I 2010/111 (im Folgenden: EisbEG) hat der Enteignungsgegner Anspruch auf Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung und sachverständigen Beratung. Dem Enteignungsgegner gebührt voller Kostenersatz, soweit der Enteignungsantrag ab- oder zurückgewiesen oder in einem nicht nur geringfügigen Umfang zurückgezogen wird. In allen anderen Fällen gebührt dem Enteignungsgegner eine Pauschalvergütung in Höhe von 1,5 vH der festgesetzten Enteignungsentschädigung, mindestens aber 500 Euro und höchstens 7.500 Euro.

 

Da dem Enteignungsantrag der Antragstellerin stattgegeben und die dagegen erhobene Beschwerde abgewiesen wurde, ergibt sich die in § 7 Abs 3 letzter Satz EisbEG vorgesehene Pauschalvergütung für Vertretungskosten. Vor dem Hintergrund der den Bf zugesprochenen Entschädigungssumme von 5.272 Euro erweist sich der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bestimmte Kostenersatz von 500 Euro als dem Oö. Straßengesetz 1991 bzw. dem EisbEG entsprechend. Ein Anspruch auf Ersatz darüber hinausgehender Kosten – wie etwa der Zuspruch eines gesonderten Kostenersatzes für das Beschwerdeverfahren –  besteht nicht.

 

 

V.           Im Ergebnis erweist sich die in Beschwerde gezogene Entscheidung der belangten Behörde als frei von Rechtsirrtümern. Das Vorbringen der Bf war nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides zu begründen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe die oben zit. höchstgerichtlichen Entscheidungen). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240, Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Doris Manzenreiter