LVwG-350260/2/Py/Gru
Linz, 28.09.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn M.P., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juni 2016, GZ: SJF, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs (bedarfsorientierte Mindestsicherung) den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Der Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz (in der Folge: belangte Behörde) vom 6. Juni 2016, GZ: SJF, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) vom 2. Juni 2016 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gemäß § 31 Oö. BMSG iVm §§ 4 ff und 17 Oö. BMSG keine Folge gegeben.
Begründend führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass der Antragsteller seit 27.5.2016 in einem Krankenhaus in stationärer Behandlung ist und dort versorgt werde. Personen, die während einem Krankenhausaufenthalt um die bedarfsorientierte Mindestsicherung ansuchen, seien gemäß § 6 Abs. 5 Oö. BMSG auf Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt. Es bestehe daher keine soziale Notlage und könne nach dem Krankenhausaufenthalt sofort um die bedarfsorientierte Mindestsicherung angesucht werden.
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 4.7.2016. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass am 30.5.2016 die Notstandshilfe vom AMS aufgrund des länger anhaltenden Krankenstandes eingestellt wurde und dem Bf auch kein Krankengeld mehr bezahlt werde. Aus diesem Grund habe er am 2.6.2016 einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs gestellt. Für den Zeitraum der stationären Behandlung ab 30.5.2016 habe er weder Leistungen/Bezüge vom AMS, der GKK noch einer sonstigen Behörde oder Einkommensquelle erhalten. Eine Antragstellung auf bedarfsorientierte Mindestsicherung vor Beginn des stationären Aufenthaltes war nicht möglich, da der Bf nicht wusste, dass er ins Krankenhaus komme und längere Zeit stationär bleiben werde. Da der Bezug der bedarfsorientierten Mindestsicherung verwehrt wurde, habe der Bf die für ihn wichtige Behandlung im Krankenhaus abgebrochen, um seine soziale Notlage nicht noch weiter zu verschlimmern. Es werde daher beantragt, rückwirkend für den Zeitraum vom 31.5.2016 bis 30.6.2016 dem Bf bedarfsorientierte Mindestsicherung zur Deckung seines Lebensunterhalts und Wohnbedarfs zu gewähren.
3. Mit Schreiben vom 11.7.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht vor. Dieses ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.
4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Da bereits die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
4.1. Das Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:
Datiert mit 30.5.2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 2.6.2016, beantragte der Bf, geb. x, österr. Staatsangehöriger, wh. L., x, Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz. Im Antrag gab der Bf an, dass er gelernter Maschinenschlosser ist, beim AMS als arbeitssuchend gemeldet ist, im September 2013 einen Pensionsantrag gestellt hat, Notstandshilfe vom AMS bezieht und monatlich Miete in Höhe von 317,-- Euro zu begleichen hat. Lt. Aufenthaltsbestätigung des K. U. vom 1.6.2016 war der Bf ab 27.5.2016 in der Station x aufhältig.
Aus dem AMS-Behördenportal geht hervor, dass der Notstandshilfebezug sowie die Vormerkung des Bf mit 29.5.2016 endeten und seit 30.5.2016 der Bezug wegen Krankheit eingestellt wurde.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.
5. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:
5.1. Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4
1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist
2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).
Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die
1. ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder
2. den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Hausgemeinschaft leben,
nicht decken können oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.
Gemäß § 6 Abs. 3 Oö. BMSG umfasst der Wohnbedarf nach Abs. 1 den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.
Gemäß § 6 Abs. 5 leg.cit. gelten nicht als soziale Notlage Situationen, für die bereits auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend Vorsorge getroffen wurde.
5.2. Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung, dem Bf keine Mindestsicherung zuzuerkennen, ohne weitere Ermittlungsschritte damit, dass sich der Antragsteller stationär im Krankenhaus aufhalte und daher keine soziale Notlage vorliege. Nach dem Krankenhausaufenthalt könne sofort um die bedarfsorientierte Mindestsicherung angesucht werden. Eine solche rechtliche Beurteilung, die bei Vorliegen eines (vorübergehenden) Krankenhausaufenthalts die Anspruchsvoraussetzungen als grundsätzlich nicht gegeben ansieht, kann den gesetzlichen Bestimmungen jedoch nicht entnommen werden.
Zwar ist unbestritten, dass dem Antragsteller während des Spitalsaufenthaltes neben medizinischen und pflegerischen Leistungen auch Nahrung und ein Krankenbett zur Verfügung gestellt werden, ein allenfalls von ihm laufend zu entrichtender Aufwand zur Deckung seines Wohnbedarfs (Mietzahlung) ist davon jedenfalls nicht umfasst. Zwar ist zutreffend, dass Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung subsidiär, d.h. nur dann zuzuerkennen sind, wenn keine ausreichende Bedarfsdeckung aufgrund verwandter Rechtsbereiche vorliegt, ein (vorübergehender) Krankenhausaufenthalt bietet für die grundsätzliche Verneinung eines Rechtsanspruches mit Hinweis auf die Bestimmung des § 6 Abs. 5 Oö. BMSG jedoch keinen Raum. Wie den Gesetzesmaterialien zu § 6 Abs. 5 OÖ BMSG zu entnehmen ist, hilft der Subsidiaritätsgedanke allein nicht, um die Frage beantworten zu können, ob neben einer aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen gewährten Leistung zusätzlich bedarfsorientierte Mindestsicherung zu erbringen ist oder nicht. Vielmehr ist die Frage zu prüfen, ob durch die „andere gesetzliche Grundlage ausreichend Vorsorge getroffen wurde“. Ob daher allein aufgrund des vorliegenden Spitalsaufenthaltes eine ausreichende Deckung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs vorliegt, hat die Behörde konkret zu prüfen und gegebenenfalls eine Aufzahlung aus Mitteln der bedarfsorientierten Mindestsicherung zu gewähren.
5.3. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn die Behörde die notwendigen Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Wie bereits ausgeführt, kann allein aufgrund des Umstandes, dass sich der Bf zum Zeitpunkt der Antragstellung in stationärer Pflege im K. U. aufgehalten hat, nicht zwingend angenommen werden, dass für seinen Lebensunterhalt und Wohnbedarf bereits aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen ausreichend Vorsorge getroffen wurde. Die belangte Behörde hat daher aufgrund der vorliegenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtes die Voraussetzungen hinsichtlich der Ermittlung der sozialen Notlage des Bf ab Antragstellung neu zu beurteilen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen des Oö. BMSG steht es dem Bf nicht nur zu, eine Beschwerde gegen einen abweisenden Bescheid dem Grunde nach zu erheben. Vielmehr besteht für den Bf auch das Recht, eine Beschwerde der Höhe nach zu erheben, sollte nach seiner Auffassung die ihm gewährte bedarfsorientierte Mindestsicherung zu niedrig bemessen worden sein. Über die Frage über die Höhe der Mindestsicherung hat sodann wiederum das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu entscheiden. Durch eine sofortige Sachentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes würde dem Bf im gegenständlichen Verfahren daher eine Instanz im Hinblick auf die Höhe der beantragten Leistung genommen werden.
Insofern war daher der Beschwerde derart Folge zu geben, dass der Bescheid der belangten Behörde behoben und das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung an dieselbe zurückverwiesen wird.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr.in Andrea Panny