LVwG-650691/5/SCH/MSt

Linz, 27.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn D I, F, W, vom 17. August 2016 gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels,  vom 19. Juli 2016,  GZ. 2-VA 5750-04/2016, betreffend Aufforderung zur Teilnahme an einem Fahrsicherheitstraining nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 23. September 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.  

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, hat mit Bescheid vom 19. Juli 2016, GZ: 2-VA 5750-04/2016, Herrn D I gegenüber Folgendes angeordnet:

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels fordert Sie auf innerhalb von vier (4) Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides, eine besondere Maßnahme nach § 30 b FSG zu absolvieren. Sie erhalten den Auftrag bis Ablauf von vier (4) Monaten an einem Fahrsicherheitstraining gemäß § 13B der Verordnung des Bundesministeriums für Wissenschaft und Verkehr über die Durchführung des Führerscheingesetzes (FSG-DV), BGBl. II Nr. 320 idF BGBl II Nr. 223/2004, teilzunehmen.

Rechtsgrundlage: § 30b Abs.1.3 und 4 FSG.“

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese ist von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt worden. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständige Richter zu entscheiden.

An der Verhandlung am 23. September 2016, die vom Beschwerdeführer beantragt worden ist, hat weder dieser noch ein Vertreter der belangten Behörde teilgenommen. Letztere hat sich im Vorfeld der Verhandlung für ihr Nichterscheinen entschuldigt, seitens des Beschwerdeführers ist die Nichtteilnahme ebenfalls angekündigt worden, begründet in beruflicher Unabkömmlichkeit.

 

3. In dem von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt finden sich zwei Strafverfügungen, eine davon betrifft eine Übertretung des § 106 Abs. 5 Z2 KFG 1967, begangen vom Beschwerdeführer am 27. Jänner 2016. Diese Übertretung stellt ohne Zweifel ein Vormerkdelikt im Sinne des § 30a Abs. 2 Z13 FSG dar.

Anders verhält es sich im Hinblick auf das weitere ebenfalls mit Strafverfügung geahndete Delikt, nämlich der Übertretung des § 38 Abs. 4 StVO 1960, begangen am 2. Februar 2015.

Dieses ist von der belangten Behörde als Vormerkdelikt gemäß § 30a Abs. 2 Z7 FSG gewertet worden.

Diese Bestimmung lautet nach der Einleitung, dass dieses Delikt vorzumerken ist, wie folgt:

Übertretungen des § 38 Abs. 5 StVO, wenn dadurch Lenker von Fahrzeugen, für die gemäß § 38 Abs. 4 StVO aufgrund grünen Lichts „freie Fahrt“ gilt, zu unvermitteltem Bremsen oder zum Ablenken ihrer Fahrzeuge genötigt werden.

Bei diesem Delikt ist also Voraussetzung, dass der betreffende Fahrzeuglenker gemäß § 38 Abs. 5 das rote Licht als Zeichen für „Halt“ missachtet hat.

Dieses Vormerkdelikt ist somit nur dann gegeben, wenn eine Übertretung des § 38 Abs. 5 StVO begangen wurde.

In der entsprechenden Strafverfügung wird dem Beschwerdeführer allerdings zur Last gelegt, eine Übertretung nach § 38 Abs. 4 StVO 1960 begangen zu haben. Im Spruch heißt es diesbezüglich, dass er an einer näher umschriebenen Kreuzung als Fahrzeuglenker „beim Einbiegen bei Grünlicht einen Radfahrer, der die Radfahrerüberfahrt vorschriftsmäßig benützte, gefährdet“ habe. Von Rotlicht ist also weder im Tatvorwurf noch im Zusammenhang mit der angewendeten Bestimmung der StVO 1960 die Rede.

Damit liegt auch kein Vormerkdelikt des § 30a Abs. 2 Z7 FSG vor.

In Frage käme allenfalls das Vormerkdelikt des § 30a  Abs. 2 Z4 FSG, wo es heißt, dass Übertretungen unter anderem des § 38 Abs. 4 3. Satz StVO 1960 vorzumerken sind, wenn Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen, gefährdet werden.

Vorliegend gab es aber keine Gefährdung eines Fußgängers, sondern eines Radfahrers. Die Gefährdung von Radfahrern auf Radfahrerüberfahrten kann folglich kein Vormerkdelikt darstellen, unbeschadet dessen, dass in § 38 Abs. 4 3. Satz StVO 1960 sehr wohl auch von Radfahrern die Rede ist. Dieser Teil der Bestimmung wurde aber nicht in den Deliktskatalog gemäß § 30a Abs. 2 FSG aufgenommen.

Sohin liegt beim Beschwerdeführer derzeit lediglich ein Vormerkdelikt vor, sodass § 30a Abs. 4 und § 30b Abs.1 FSG nicht zur Anwendung kommen konnten.

Abgesehen davon vertritt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch die Auffassung, dass die vorgeschriebene Maßnahme an sich, nämlich ein Fahrsicherheitstraining, nicht in Einklang zu bringen ist mit der Regelung des § 13f Abs. 2 FSG-Durchführungsverordnung. Diese bezieht sich nämlich ausdrücklich auf die Deliktsaufzählung gemäß § 13f Abs. 1 FSG-Durchführungsverordnung und nicht auf den Deliktskatalog gemäß § 30a Abs. 2 FSG.

Dazu kommt noch, dass § 13f Abs. 1 Z2 FSG-Durchführungsverordnung als zusätzliche Voraussetzung für die Anordnung eines Fahrsicherheitstrainings das Zurückführen der Deliktsbegehung auf mangelnde Fahrzeugbeherrschung verlangt.

 

 

Zu II.  Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  S c h ö n