LVwG-550940/2/Kü/BBa

Linz, 27.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde der X GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P D, X, X, vom 24. August 2016 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 25. Juli 2016,
GZ: AUWR-2006-617/290-Di, betreffend Schließung der Baurestmassen- und Bodenaushub­deponie auf den Grundstücken Nr. X, X, X, X und X, je KG X, Marktgemeinde X, gemäß § 63 Abfallwirtschaftsgesetz 2002

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Mit Bescheid vom 25. Juli 2016, GZ: AUWR-2006-617/290-Di, wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich (im Folgenden: belangte Behörde) mit sofortiger Wirkung die Schließung der Baurestmassen- und Bodenaushubdeponie der X GmbH, X, X, bzw. der X GmbH, X, X, auf den Grundstücken Nr. X, X, X, X und X, je KG X, Marktgemeinde X, angeordnet.

 

Begründet wurde die Schließung der Deponie zusammengefasst mit der fehlenden Leistung einer bereits mehrfach eingemahnten Sicherstellung im Sinne des § 48 AWG 2002 sowie der Nichtvorlage von ebenfalls bereits mehrmals von der Behörde geforderten Ergänzungsunterlagen zur Kollaudierung des Abschnittes B3 des Baurestmassenkompartiments. Da aufgrund der Tatsache, dass beide juristische Personen mittels Schlüssel eine Zutrittsmöglichkeit auf die Deponie hätten, von einer Sachherrschaft beider juristischen Personen auszu­gehen sei, ergehe die Anordnung der Schließung an beide.

 

2. Dagegen richtet sich die im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung per Schriftsatz vom 24. August 2016 eingebrachte Beschwerde der X GmbH (in der Folge kurz: Bf), in der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und die Angele­genheit zur neuerlichen Befassung und Erlassung eines neuen Bescheides sowie zur ausschließlichen Zustellung dieses Bescheides an die alleinige Deponie­inhaberin X GmbH, X, X, an die belangte Behörde zurückzuverweisen, in eventu den angefochtenen Bescheid zur Gänze ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die Baurestmassen- und Bodenaushubdeponie nicht geschlossen wird, in eventu die Schließung nur vorübergehend bis zur Erfüllung genau bestimmter  bzw. konkretisierter Auflagen anzuordnen.

 

Zudem wurde die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Bf nicht mehr Inhaberin der gegenständlichen Deponie und damit nicht Bescheidadressat sei. Mehrere Deponieinhaber (insbesondere auch aus verwaltungsstrafrechtlichen Überlegungen) seien denkunmöglich und der Bescheid hätte nur gegenüber der jeweiligen Inhaberin, welche im gegenständlichen Fall aus mehreren Gründen (alleinig!) die X GmbH sei, ergehen dürfen. Diesbezüglich sei auch die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der belangten Behörde mangel­haft und würde insofern ein Begründungsmangel vorliegen. Weiters sei das Recht auf Parteiengehör verletzt worden, da die belangte Behörde der Bf vor Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Gelegenheit gegeben habe, sich zur beabsichtigten Schließung der Deponie zu äußern; im Gegenteil sei die Schließung der Deponie seitens der belangten Behörde entgegen § 63 Abs. 4 AWG 2002 niemals angedroht worden und bis zur Bescheiderlassung auch nie Thema gewesen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde sowie den Verwaltungs­verfahrensakt zu AUWR-2006-617 samt Aktenverzeichnis (auf CD-ROM bzw. die Projektsunterlagen im Original) und den vorangegangenen Papierakt UR-300345 mit Schreiben vom 29. August 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nachstehenden ent­scheid­ungswesentlichen Sachverhalt festgestellt:

 

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom
14. Dezember 1998, GZ: UR-300345/33-1998, in der Fassung des Bescheides des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 20. Jänner 2000,
GZ: 415.017/02-I 4/99, wurde der Bf die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmi­gung für die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassen- und Boden­aushubdeponie in der Marktgemeinde X erteilt. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Mai 1999,
GZ: UR-300345/42-1999, wurde der Bf die wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung von Niederschlags- und Sickerwässern aus der Deponie erteilt.

 

Mit Bescheid vom 23. April 2014, GZ: AUWR-2006-617/209, erteilte der  Landeshauptmann von Oberösterreich der Bf die abfallwirtschaftsrechtliche Genehmigung für die wesentliche Änderung der verfahrensgegenständlichen Baurestmassen- und Bodenaushubdeponie unter Einhaltung näher bezeichneter Nebenbestimmungen; insbesondere wurden darin in Spruchpunkt IV./B) in den Auflagepunkten 21.-24. neue Anordnungen hinsichtlich der zu tätigenden Sicherstellung getroffen.

 

Die belangte Behörde trat mehrmals mit der Bf bezüglich der zu leistenden Sicherstellungen sowie der Vorlage der Kollaudierungsunterlagen des Abschnittes B3 des Baurestmassenkompartiments in Kontakt. Insbesondere wurden in diesem Zusammenhang bzw. im Vorfeld dazu folgende Verfahrensschritte von der belangten Behörde gesetzt:

 

·         Bereits mit Schreiben vom 19. November 2014, GZ: AUWR-2006-617/225, hat die belangte Behörde der Bf die Übernahme von Abfällen auf der Deponie bis zur Herstellung des genehmigten Zustandes untersagt. Auszugsweise wurde darin Folgendes festgehalten: „Bei der Überprüfung am
11. November 2014 wurde unter anderem festgestellt, dass das für den Deponie­betrieb notwendige Deponiesickerwasserbecken entfernt wurde. Weiteres haben wir beim Lokalaugenschein bemerkt, dass zurzeit bereits beträchtliche Mengen an Bau­restmassen zwischengelagert werden.

Nach telefonischer Rücksprache mit dem zuständigen Sachverständigen für Deponie­bautechnik am 14. November 2014 kann durch die in Haufen zwischengelagerten Abfälle aufgrund der zusätzlichen Auflast eine Beschädigung der Sickerwasser­leitungen nicht ausgeschlossen werden. Zudem könnte ein Problem der Stand­sicher­heit auftreten.

Aus oben erwähnten Gründen ist ab sofort bis zur Herstellung des geneh­migten Zustandes die Übernahme von Abfällen auf die Deponie untersagt.

Wir fordern Sie zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes (Errichtung der projektierten Sickerwassersammelbecken) bis längstens 30. April 2015 auf. [...]

Wir weisen darauf hin, dass bei nicht Nachkommen dieser Aufforderung die zur Her­stellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen Maß­nah­men mittels Bescheid aufgetragen werden können. [...].“

 

·         Zur Überprüfung, ob die in der Niederschrift vom 11. November 2014 aufgezeigten Mängel alle behoben wurden, führte die Behörde am
4. Februar 2015 bei der gegenständlichen Deponie einen Lokalaugenschein durch. Da nicht alle Mängel behoben wurden bzw. aus deponiebautechnischer Sicht neue Forderungen zu erfüllen waren, wurden in der Niederschrift vom
4. Februar 2015 Aufträge erteilt. Anlässlich eines neuerlichen Lokalaugen­scheines am 23. April 2015 wurden wiederum Aufträge insbesondere zum Thema Sickerwasser und im Hinblick auf die Kollaudierungsunterlagen erteilt.

 

·         In der Niederschrift vom 22. Oktober 2015, GZ: AUWR-2006-617/259, über die Kollaudierung der Errichtung der Schadstoffbarriere im Baurest­massen­kompartiment, Abschnitt B3 auf den Grundstücken Nr. X und X, je KG X, wurde auszugsweise festgehalten: „Da die vorgelegten Kollaudie­rungs­unterlagen noch nicht ganz den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, hat der anwesende SV für Deponiebautechnik nach Durchführung des Lokalaugenscheins sämtliche relevanten Bestandteile des Projektes, welche noch nachzuliefern sind, in seiner Stellungnahme angeführt. Des Weiteren wurden von der Behörde die noch ausstehenden Unterlagen angeführt.

[...]

Abschließende Stellungnahme des Leiters der Amtshandlung:

Die Grundeigentümerin entfernte sich nach Durchführung des Lokalaugenscheins mit dem Bemerken, keine Einwände gegen die Errichtung des Bauabschnittes zu erheben.

Die Bauaufsicht hat der Behörde heute vier Ergänzungsprojekte A-D zum Kollaudie­rungsprojekt des Baurestmassenabschnittes B3 überreicht.

Von der X GmbH sind folgende Unterlagen bis spätestens 30. November 2015 der Behörde vorzulegen:

Wasseruntersuchungsergebnisse vom Frühjahr 2015 und vom Herbst 2015, Bank­garantien wie im zitierten Änderungsbescheid vom 23. April 2014 unter Spruchab­schnitt IV./B und den Auflagenpunkten 21. und 23. angegeben. Aufgrund der Erfahrungen ist es zweckmäßig, jeweils für den Bodenaushub- und Baurestmassen­bereich eine getrennte Bankgarantie vorzulegen, da die beiden Abschnitte selten zeitgleich fertig verfüllt und rekultiviert werden. Auch können etwaige Änderungen an der Sicherstellungsleistung bei einzelnen Kompartimenten leichter geändert werden.

Nachweis über die bereits abgelagerte Gesamtkubatur im Baurestmassenbereich, der Kubatur der in den neuerrichteten Abschnitt B3 umzulagernden Baurestmassen sowie die noch frei verfügbare Kubatur des neuen Abschnittes B3.

Sämtliche vom ASV für Deponiebautechnik verlangten Nachweise sind bis spätestens 30. November 2015 der Behörde vorzulegen. Die beanstandenden Mängel sind umgehend zu beheben.“

 

·         Mit Schreiben vom 25. April 2016, GZ: AUWR-2006-617/270, teilte die  belangte Behörde der Bf (auszugsweise wiedergegeben) Folgendes mit:

„Am 2. Oktober 2015 haben wir betreffend die Errichtung der Schadstoffbarriere im Baurestmassenkompartiment, Abschnitt B3, bei der gegenständlichen Baurest­massen­deponie eine Überprüfung (Kollaudierung) durchgeführt. Dabei wurden vom Sachverständigen für Deponiebautechnik noch wesentliche Ergänzungen zum vorlie­genden Kollaudierungsprojekt gefordert.

 

Nach dem Einlangen von Ergänzungsunterlagen haben wir eine Ausfertigung dem Sachverständigen für Deponiebautechnik zur Prüfung vorgelegt. In seiner Stellung­nahme vom 30. März 2016 gibt der Sachverständigen zusammenfassend an, dass die Ergänzungsunterlagen zu den bei der Kollaudierungsverhandlung am
22. Oktober 2015 vorliegenden Unterlagen aus deponiebautechnischer Sicht keinerlei neue Erkenntnisse ergeben. Es sind deshalb die in der Niederschrift vom
22. Oktober 2015 angeführten Mängel noch immer nicht behoben, weshalb der Kollau­dierungsbescheid auch nicht erfolgen kann. Das mit unserem Schreiben vom 19. November 2014 ausgesprochene einstweilige Deponierungsverbot bleibt aus diesem Grund aufrecht. Wir retournieren Ihnen deshalb alle bei uns aufliegenden Projektsunterlagen (Kollaudierungsprojekt und Ergänzungsunterlagen) zur Adaptie­rung bzw. tatsächlichen Ergänzung und zur Zusammenfassung der Unterlagen in einen Ordner zurück. Jeweils eine Ausfertigung hat der Sachverständige für Deponie­bautechnik bei sich behalten.

 

Des Weiteren wurden noch immer nicht neue Bankgarantien über die aktuelle Sicherheitsleistung der beiden Kompartimente (Baurestmassendeponie und Boden­aus­hubdeponie) vorgelegt. Die jeweiligen Beträge für die beiden Deponie­kompar­timente sind in den Vorschreibungspunkten IV./B, Auflagen 21. und 23. des abfallwirtschaftsrechtlichen Änderungsbescheides vom 23. April 2014 ersichtlich.

 

Wir geben Ihnen letztmalig Gelegenheit, zum einen die Bankgarantien im Original vorzulegen, zum anderen die Kollaudierungsunterlagen tatsächlich um die gefor­derten Daten ergänzt wieder einzureichen. Dazu haben wir auch die Stellungnahme des Sachverständigen für Deponiebautechnik unserem Schreiben in Kopie ange­schlossen.

 

Wir sehen sämtlichen Unterlagen bis spätestens 31. Mai 2016 entgegen, widrigenfalls wir die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde mit der Einleitung eines Verwaltungs­strafverfahrens beauftragen müssen.“

 

·         Ebenfalls an den Bf adressiert erging ein Schreiben der belangten Behörde vom 16. Juni 2016, GZ: AUWR-2006-617/275, mit auszugsweise nachfol­gendem Inhalt:

1. Sicherstellung:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 23. April 2014,
AUWR-2006-617/209, wurde der X GmbH die abfallwirt­schaftsrechtliche Genehmigung für die wesentliche Änderung der Baurestmassen- und Bodenaushubdeponie in der Marktgemeinde X erteilt. In diesem Bescheid wurde unter Spruchabschnitt IV/B, Auflagen Punkte 21 und 23, jeweils für die Bodenaushubdeponie und für die Baurestmassendeponie ein zu erbringender Sicherstellungsbetrag festgelegt. Da wir bis jetzt keinen Nachweis über die erlegte Sicherstellungsleistung erhalten haben, geben wir Ihnen letztmalig bis 30. Juli 2016 Zeit, die entsprechenden Bankgarantien im Original (getrennt in Bodenaushub- und Baurestmassendeponie) vorzulegen, widrigenfalls wir die Bezirksverwaltungsbehörde mit der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahren beauftragen müssen.

 

2. Kollaudierungsunterlagen:

Zu den mit Schriftsatz der Rechtsvertretung vom 02. Juni 2016 vorgelegten Unterlagen können wir nur mitteilen, dass es sich hierbei um bereits durch den Sachverständigen begutachtete und durch die Behörde genehmigte Unterlagen handelt. Dies ist leicht durch die auf den Unterlagen vermerkten Daten, welche vom Jahr 2014 und 2015 stammen, zu ersehen. Bei der Überprüfung der Errichtung der Schadstoffbarriere im Baurestmassenkompartiment (Abschnitt B3) am
22. Oktober 2015 wurde unmissverständlich von uns festgelegt, welche Unterlagen noch zu bringen sind, damit der Kollaudierungsbescheid erfolgen kann.

 

Bereits mit unserem Schreiben vom 25. April 2016 haben wir andere von Ihnen vorgelegte Unterlagen an Sie retourniert, die ebenfalls nicht die vom Sachver­ständigen benötigten ergänzenden Unterlagen darstellen. Wir fordern Sie auf, bis oben vermerkten Zeitpunkt die richtigen Unterlagen zu übersenden.

 

Abschließend stellen wir fest, dass, solange die Ergänzungsunterlagen und die Bankgarantien bei uns nicht vorliegen, wir den Kollaudierungsbescheid nicht erlassen können, weshalb das mit unserem Schreiben vom 19. November 2014 verhängte Deponierungsverbot weiterhin aufrecht bleibt.“

 

Weder aus diesen auszugsweise wortwörtlich wiedergegebenen Schriftstücken noch aus dem restlichen vorgelegten Verwaltungsakt geht hervor, dass die Bf von der Behörde darüber informiert wurde, dass eine Nichtvorlage der geforderten Unterlagen bzw. Nachweise die Schließung der Deponie zur Folge hat.

 

Der Bf wurde der angefochtene Bescheid des Landeshauptmannes von Ober­öster­reich vom 25. Juli 2016, GZ: AUWR-2006-617/290-Di, mit dem die Schließung der verfahrensgegenständlichen Deponie auf den Grundstücken
Nr. X, X, X, X und X, je KG X, gemäß § 63 AWG 2002 mit sofortiger Wirkung angeordnet wird, als eine von zwei Bescheidadressatinnen am 27. Juli 2016 zugestellt.

 

 

II.            Beweise und Beweiswürdigung:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Der unter Punkt I.4. festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem abgeführten Beweisverfahren.

 

2. Die von der Bf beantragte mündliche Verhandlung konnte entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (siehe § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG).

 

 

III.            Maßgebliche Rechtslage:

 

1. Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechts­widrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefoch­tenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) zu überprüfen.

 

2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

3. Die im gegenständlichen Fall zur Anwendung gelangende Bestimmung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, in der Fas­sung BGBl. I Nr. 163/2015, lautet wie folgt:

 

Zusätzliche Bestimmungen betreffend die Überwachung einer Deponie

 

§ 63. [...]

 

(4) Unbeschadet des § 79 hat die Behörde das vorübergehende Verbot der Einbringung von Abfällen oder die Schließung der Deponie anzuordnen, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz oder einer Verordnung nach § 65 über Deponien oder Auflagen des Genehmigungs­bescheides oder Anordnungen nicht eingehalten werden. Dies gilt auch, wenn keine angemessene Sicherstellung geleistet wird.“

 

 

IV.            Rechtliche Begründung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß § 27 VwGVG durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

1. § 63 Abs. 4 AWG 2002 sieht die Möglichkeit der Anordnung der Schließung einer Deponie vor, wenn ungeachtet wiederholter Mahnung unter Hinweis auf die Rechtsfolgen Verpflichtungen aus diesem Bundesgesetz oder einer Verordnung nach § 65 leg. cit. über Deponien oder Auflagen des Genehmigungsbescheides oder Anordnungen nicht eingehalten werden. Selbiges gilt, wenn keine angemes­sene Sicherstellung geleistet wird.

 

Dem gesetzlichen Erfordernis „wiederholter Mahnung“ wird mit einer mindestens zweimaligen Mahnung, die Verpflichtungen des AWG 2002 oder einer Verordnung nach § 65 AWG 2002 oder Auflagen des Genehmigungsbescheides oder Anord­nungen einzuhalten, entsprochen (vgl. zum Begriff der „wiederholten Mahnung“ auch die diesbezügliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 27 Abs. 4 WRG 1959; etwa VwGH 13.10.2011, 2010/07/0162). Neben der Wiederholung der Mahnung ist es zudem wesentlich, dass diese jeweils unter Hinweis auf die bei Nichtbefolgung eintretenden Rechtsfolgen zu erfolgen hat. Die Behörde ist entsprechend dem Gesetzeswortlaut daher verpflichtet, in der Mahnung auch jedenfalls auf die bei Nichtbefolgung im konkreten Fall beab­sichtigte Anordnung (im gegenständlichen Fall wäre dies die Schließung der Deponie) ausdrücklich hinzuweisen bzw. diese „anzudrohen“.

 

2. Es gilt daher zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall dieser gesetzlichen Voraussetzung, nämlich der wiederholten Mahnung unter Hinweis auf die Rechts­folgen, entsprochen wurde:

 

Laut festgestelltem Sachverhalt wurde die Bf zwar mehrere Male (vgl. dazu die Schreiben vom 25. April 2016, 16. Juni 2016 bzw. die Niederschrift zum Lokal­augenschein vom 22. Oktober 2015) ermahnt, die neuen Bankgarantien über die aktuelle Sicherheitsleistung der beiden Kompartimente (Baurestmassendeponie und Bodenaushubdeponie) gemäß den Vorschreibungspunkten IV./B), Auflagen 21. und 23., des abfallwirtschaftsrechtlichen Änderungsbescheides vom
23. April 2014 im Original sowie die erforderlichen Kollaudierungsunterlagen vollständig innerhalb einer jeweils mit Enddatum festgesetzten Frist vorzulegen. Für den Fall der Nichtbefolgung wurde auch jedenfalls zweimal die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens in Aussicht gestellt (vgl. Seite 2 des Schreibens vom 25. April 2016 sowie Seite 1 des Schreibens vom 16. Juni 2016). Zudem wurde auch zumindest einmal darauf hingewiesen, dass das mit Schreiben vom 19. November 2014 verhängte vorübergehende Deponierungsverbot weiterhin aufrecht bleibt (siehe Schreiben vom 25. April 2016 - Seite 1).

 

Es erfolgte somit zwar zweifelsfrei eine mehrmalige Aufforderung, die beanstan­deten Mängel zu beheben. Jedoch enthielt keine dieser „Mahnungen“ einen expliziten Hinweis auf eine bescheidmäßige Schließung der gesamten Deponie bei Nichtbefolgung. Die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens durch die Bezirksverwaltungsbehörde fällt gerade nicht unter eine aufgrund § 63 Abs. 4 AWG 2002 verfügbare Rechtsfolge, welche vielmehr entweder in der Anordnung eines vorübergehenden Verbots der Einbringung von Abfällen oder in der Schließung der Deponie liegen kann. Dies ergibt sich auch klar bereits aus dem Wortlaut des § 63 Abs. 4 AWG 2002 und dem darin enthaltenen Hinweis, wonach die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Verwaltungs­strafverfahrens diese Anordnungen zu treffen und eben auch gerade auf diese im Vorfeld zumindest zweimal hinzuweisen hat. Insofern vermag selbst ein mehrmaliger Hinweis auf die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 79
AWG 2002 nicht den geforderten „Hinweis auf die Rechtsfolgen“ des § 63 Abs. 4 leg. cit. zu ersetzen. Da die belangte Behörde aber kein Schreiben im Hinblick auf die nunmehr angefochtene Entscheidung mit Hinweisen auf die Rechtsfolge der sofortigen Schließung der (gesamten) Baurestmassen- und Bodenaushub­deponie versehen hat bzw. auf anderem Wege die Bf über die beabsichtigte Anordnung der Schließung bei Nichtvorlage der Unterlagen in Kenntnis gesetzt hat, wurde einem zwingenden gesetzlichen Erfordernis für den Eintritt der Rechts­folge des § 63 Abs. 4 AWG 2002 nicht Genüge getan. Selbst der erfolgte Hinweis auf ein noch aufrechtes, bereits zuvor verfügtes vorübergehendes Verbot der Einbringung von Abfällen kann daran jedenfalls - da es sich hierbei gerade um die andere alternative Rechtsfolge des § 63 Abs. 4 AWG und nicht die mit dem bekämpften Bescheid auferlegte handelt - nichts ändern.

 

Insofern ist dem Argument der Bf zu folgen, dass aufgrund der nicht im Vorfeld bereits erfolgten, zumindest zweimaligen Mahnung mit Hinweis auf die andern­falls zu verfügende Schließung keine Schließung gemäß § 63 Abs. 4 AWG 2002 angeordnet werden hätte dürfen. Insofern war bereits aus diesem Grund der Beschwerde Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

3. Eine nähere Auseinandersetzung mit der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage, wer aktuell tatsächlich Eigentümerin der Deponie und somit rechtmäßige Bescheidadressatin einer derartigen Anordnung ist, konnte folglich unterbleiben. Das laut Bf „unzulässige Festhalten“ der belangten Behörde an dem mit Schreiben vom 19. November 2014 ausgesprochenen „Deponieverbot“ ist im Hinblick auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides, der, wie bereits aus­führ­lich dargelegt, die Schließung der Deponie anordnet, nicht Sache des gegen­ständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und folglich ebenfalls vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht näher zu beurteilen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Thomas Kühberger