LVwG-650671/10/Bi/CG
Linz, 22.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde der Frau S P, vertreten durch Herrn RA Mag. G H, vom 16. Juni 2016 den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 20. Mai 2016, VerkR21-837-2015, wegen Einschränkung der Lenkberechtigung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 19. September 2016
zu Recht e r k a n n t :
I.
Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der in Beschwerde gezogene Bescheid im Beschwerdeumfang aufgehoben.
II.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Zu I.:
1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde die Lenkberechtigung der Beschwerdeführerin (in Folge: Bf) für die Klassen AM, A, B und E gemäß §§ 3 Abs.1 Z1-5, 5 Abs.5, 8 und 24 Abs.1 Z2 FSG – Führerschein ausgestellt am 20.5.2016 zu GZ:16/171624 insofern eingeschränkt, als diese bis 15. April 2017 befristet und unter der Auflage erteilt wurde, im Oktober 2016 und bei der Nachuntersuchung eine Haaranalyse auf Suchtmittel durchzuführen – hierfür sei eine Haarlänge von mindestens 6 cm erforderlich, und den Besuch einer Drogenberatungsstelle nachzuweisen.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 20.5.2016.
2. Dagegen hat die Bf fristgerecht Beschwerde gemäß § 7 VwGVG iVm Art.130 Abs.1 Z1 B-VG eingebracht, die von der belangten Behörde ohne Beschwerdevorentscheidung dem Landesverwaltungsgericht OÖ zur Entscheidung vorgelegt wurde, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Am 19. September 2016 wurde eine (beantragte) öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Bf, ihres Rechtsvertreters RA Mag. H, M N als Vertreter der belangten Behörde und des Amtsarztes Dr. A K, Amt der OÖ. Landesregierung, Direktion Soziales und Gesundheit, Abt. Gesundheit, Bahnhofplatz 1, 4021 Linz, durchgeführt.
3. Die Bf macht im Wesentlichen geltend, der Sachverhalt sei unrichtig festgestellt worden und eine unrichtige rechtliche Beurteilung erfolgt. Sie habe am 23.10.2015 in Linz einen Marihuana-Joint konsumiert und zwei weitere besessen, weshalb die belangte Behörde bei geständiger Verantwortung ein Führerscheinverfahren zur Überprüfung ihrer gesundheitlichen Eignung eingeleitet habe. Die belangte Behörde stütze sich auf das AA-Gutachten vom 15.4.2016, das schlüssig und frei von Widersprüchen sei. In der FA-Stellungnahme vom 8.3.2016 finde sich ein äußerst sporadischer Konsum von Cannabis ca 1-2x pro Jahr zu speziellen Partys. Im Abschlussbericht der Polizei vom 12.11.2015 sei aufgrund der vorgegebenen Antwortmöglichkeiten monatlicher Konsum angekreuzt worden. Der Meldungsleger habe sie gefragt, wann der erste Konsum stattgefunden habe und sie habe geantwortet „vor drei Jahren“; im Formular sei „seit“ festgehalten worden; eine genaue Spezifizierung des Konsumverhalten sei im Formular nicht vorgesehen. Sie habe früher äußerst unregelmäßig auf speziellen Veranstaltungen Cannabis konsumiert. Sie sei nie verkehrsrechtlich beanstandet worden und konsumiere seit einem 3/4 Jahr kein Cannabis, was zwei negative Harnuntersuchungen bestätigt hätten.
Die Anordnung einer Haaranalyse auf Suchtmittel und die Befristung der Lenkberechtigung sei im Lichte der ständigen Judikatur des VwGH schlicht unvertretbar. Weder lägen Hinweise vor, dass ein entsprechendes Drogenkonsumverhalten ihre gesundheitliche Eignung einschränken könnte, noch treffe die belangte Behörde hierzu die gesetzlich erforderliche Feststellung. Der Sachverhalt biete für ein solches Vorgehen der Behörde keinerlei Anlass. Weder sei ein gehäufter Missbrauch aktenkundig noch habe die Behörde begründete Bedenken im Sinne des § 24 FSG geäußert. Unregelmäßiger Konsum von Suchtmitteln bedeute für sich betrachtet keinen Grund für ein Vorgehen nach § 24 FSG. Den in der Rechtsprechung angeführten Erfordernissen für eine Befristung und die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen werde von der belangten Behörde nicht Rechnung getragen und im Sachverhalt fänden sich keine Anhaltspunkte, die eine solche rechtfertigen würden, da weder eine Suchterkrankung vorliege noch von regelmäßigem Konsum gesprochen werden könne.
Es gebe keine gesetzliche Verpflichtung zur Befundbeibringung durch eine Haaranalyse. Die Anordnung, die Haare mindestens 6 cm wachsen zu lassen und nicht färben zu dürfen, sei aus rechtsstaatlicher Sicht nicht erforderlich und stelle einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die private Lebensführung dar. Die Behörde lasse dem Amtsarzt praktisch völlig freie Hand, in welcher Länge sie ihr Kopfhaar wachsen lasse und letztlich abzugeben habe, was das Legalitätsprinzip verletze. Bei ihr liege aufgrund eines früheren nur gelegentlichen und unregelmäßigen Cannabiskonsums kein Suchtverhalten vor und kein gehäufter Cannabiskonsum, weder jetzt noch in der Vergangenheit. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Befristung bzw Einschränkung der Lenkberechtigung samt Kontrolluntersuchungen seien daher nicht zulässig. Beantragt wird die ersatzlose Behebung des Bescheides.
4. Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung bei der beide Parteien gehört wurden und ein Gutachten gemäß § 8 FSG durch den Amtsarzt erstellt wurde.
Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Die 1987 geborene Bf war im Besitz einer uneingeschränkten Lenkberechtigung für die Klassen AM, B und BE (AM und B seit 2009, BE seit 2014), als sie am 23. Oktober 2015, 22.25 Uhr, vor einem Lokal in Linz, Kellergasse x, beim Konsum eines Marihuana-Joints angetroffen wurde und sich herausstellte, dass sich zwei weitere in ihrem Stiefel befanden; Gesamtmenge 2,5g Marihuana.
Dem Abschlussbericht des Meldungslegers BI A P, SPK Linz, Kriminalreferat FB 03 – Suchtmittel, vom 12. November 2015 ist ein von der Bf unterschriebenes Formular angeschlossen, aus dem hervorgeht, dass die Bf ihm gegenüber angegeben habe, seit etwa 3 Jahren monatlich Marihuana zu konsumieren. Angekreuzt wurde im Formular, dass sie Marihuana seit etwa 3 Jahren monatlich konsumiere, zuletzt jetzt gerade. Die Joints habe sie in der Altstadt von Linz von einem Schwarzafrikaner erworben. Ergänzt wurde das Protokoll handschriftlich von der Bf, sie sei beim Konsum eines Joints (zu je 4 Euro) betreten worden und habe die zwei weiteren Joints freiwillig herausgegeben.
Vorgelegt wurde eine Verkehrspsychologische Stellungnahme vom 18. Jänner 2016, wonach die Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und BE bedingt geeignet sei – die Eignung sei aufgrund der gegenwärtig günstigen Motivationslage gegeben, empfohlen wurde eine Befristung und Kontrolle der drogenspezifischen Parameter sowie psychologische Begleitung zur Verhaltens- und Einstellungsstabilisierung.
Laut FA-Stellungnahme DDris. P K, FA für Neurologie und Psychiatrie in Kirchdorf/Krems, vom 18. Februar 2016 mit der Diagnose „episodischer Konsum von illegalen Substanzen (Cannabis) – gegenwärtig abstinent; schädlicher Alkoholgebrauch, emotional instabile Persönlichkeitsstörung“ besteht aus nervenfachärztlicher Sicht kein Einwand gegen eine bedingte, auf 1 Jahr befristete Erteilung der Lenkberechtigung unter der Voraussetzung einer befürwortenden Verkehrspsychologischen Stellungnahme, negativer drogenrelevanter Laborparameter nach Aufforderung durch die Behörde und Besuch einer Drogenberatungsstelle zur Festigung der Abstinenzmotivation; in Anschluss daran könne bei Erfüllung der Auflagen eine Lenkberechtigung unbefristet erteilt werden.
Der FA hat dazu näher ausgeführt, in den Jahren 2011 und 2012 sei die Bf in stationärer Behandlung im Rahmen von Suizidversuchen auf Basis ihrer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung gewesen, wobei damals Beziehungskonflikte Auslöser für entsprechende suizidale Handlungen gewesen seien. Schenke man ihren Angaben Glauben, sei in persönlicher und sozialer Hinsicht eine Stabilisierung eingetreten; sie verweise auf eine stützende Beziehungserfahrung mit ihrem Lebensgefährten, sei gegenwärtig nicht in psychiatrischer, psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung, eine Medikation werde nicht eingenommen. Im psychopathologischen Befund hätten sich keine richtungsweisenden Befunde, insbesondere keine Hinweise auf eine emotionale Instabilisierung und gestörte Verhaltens- und Impulskontrolle befunden. Eine Substanzbeeinträchtigung oder ein Entzugssyndrom sei nicht fassbar, die BAK- Bestimmung sei negativ gewesen. In neurologischer Hinsicht bestünden keine Auffälligkeiten. Auf beiden Unterarmen seien Narben nach Selbstverletzungen in der Vergangenheit zu erkennen.
Das Gutachten gemäß § 8 FSG des Amtsarztes der belangten Behörde Dr. E T sah eine Befristung auf 1 Jahr mit der Auflage, nach sechs Monaten und bei der FS-Verlängerung eine Haaranalyse beizubringen und den Besuch einer Drogenberatungsstelle nachzuweisen. Dem entsprach der in Beschwerde gezogene Bescheid.
In der Verhandlung hat die Bf dargelegt, dass die (laut DDr. K stabilisierende) Lebensgemeinschaft aufrecht sei, allerdings habe sie selbst nach einem Jahr ihre Arbeitsstelle gekündigt, um als Landschaftsgestalterin arbeiten zu können, und sei seither auf der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle. Sie sei nicht in Behandlung und habe mit dem Cannabiskonsum aufgehört, um keine Schwierigkeiten mit dem Führerschein zu haben, den sie arbeitsbedingt brauchen werde. Sie nehme derzeit auch keine Medikamente. Den Joint habe sie am 23. Oktober 2105 nicht geraucht, weil sie ihn für ihr Wohlbefinden gebraucht habe, sondern sie habe die Joints nach Alkoholkonsum angeboten bekommen und Gusto darauf gehabt. Die in der Verhandlung vorgelegten umfangreichen Drogenharnbefunde vom 11. und 18. Dezember 2015 habe sie nach dem SMG vorlegen müssen – der vom 11. Dezember sei wegen des hohen Kreatininwerts nicht verwertbar gewesen, der Schnelltest sei am 18. Dezember 2015 wiederholt worden und die Befunde alle negativ.
Einen aktuellen Drogenharnbefund auf Cannabis – ein solcher war in der Ladung verlangt worden – hat sie unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens nicht vorgelegt.
Aus der Sicht des AmtsSV besteht bei der Bf die emotional instabile Persönlichkeitsstörung, die sowohl im KH Vöcklabruck 2011 und 2012 als auch von DDr. K diagnostiziert wurde, seit geraumer Zeit, wobei es sich bei einer Borderline Persönlichkeitsstörung um ein schweres psychiatrisches Krankheitsbild handelt. Betroffene erlebten sich als Opfer ihrer eigenen heftigen Stimmungs- und Gefühlsschwankungen, was zu extremer innerlicher Anspannung führen könne, die dann als unerträglich und peinigend erlebt werde. Vor allem Schmerz spürten viele während der extremen Spannungsphasen kaum oder nur sehr wenig. Selbstverletzungen, Drogeneinnahmen und hochriskante Aktivitäten linderten die Anspannung sofort, würden dadurch jedoch rasch zu suchtartigem Problemverhalten. In der Biographie der Bf spiegelten sich persönliche Hochs und Tiefs, die Drogenwirkung werde von ihr als beruhigend dargestellt – siehe „Angaben der Untersuchten“, Seite 6 in der FA-Stellungnahme DDris. K. Aufgrund der vorliegenden Borderline-Persönlichkeitsstörung und aufgrund dessen, dass die Drogenwirkung von der Bf auch beruhigend dargestellt worden sei, sei jederzeit wieder von einem Cannabiskonsum auszugehen.
Das Landesverwaltungsgericht OÖ hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
Gemäß § 3 Abs.1 Z3 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken. Gemäß § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen.
Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die Bf das Beschuldigtenvernehmungsprotokoll vom 23. Oktober 2015 zwar ergänzt, aber mit den angekreuzten Angaben, sie habe „seit drei Jahren monatlich Marihuana konsumiert“, unterschrieben hat. Für eine Umdeutung, das hätte „vor drei Jahren“ heißen müssen, bleibt kein Spielraum. Monatlich einmaliger Cannabiskonsum ohne Anzeichen von Abhängigkeit ist wohl als „gelegentlich“ zu sehen.
Wie sich aus § 14 FSG-GV ergibt, berührt ein geringfügiger Suchtmittelkonsum (allein) die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht mehr in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, liegt ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten – wenn auch verbotenen – Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (vgl VwGH 24.5.2011, 2011/11/0026).
„Borderline Persönlichkeitsstörung“ ist die Bezeichnung für eine Persönlichkeitsstörung, die durch Impulsivität und Instabilität in Bezug auf zwischenmenschliche Beziehungen, Stimmung und Selbstbild gekennzeichnet ist. Bei dieser Störung sind bestimmte Vorgänge in den Bereichen Gefühle, Denken und Handeln beeinträchtigt. Dies wirkt sich durch „negative“ und teilweise paradox wirkende Verhaltensweisen in zwischenmenschlichen Beziehungen sowie gegenüber sich selbst aus.
Die bei der Bf zweifelsfrei diagnostizierte Borderline Persönlichkeitsstörung ist laut AmtsSV als schweres psychiatrisches Krankheitsbild zu sehen, wobei bei der Bf, die seit geraumer Zeit in einer sie offenbar emotionell stützenden Lebensgemeinschaft lebt, derzeit keine Anhaltspunkte für ein Akutwerden der Krankheit bestehen. Ihre Arbeitsstelle hat sie selbst gekündigt und ist seither ohne neue Arbeit, was sie aber nach dem von ihr in der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck nicht belasten dürfte. Ihre Motivation, kein Marihuana mehr zu konsumieren, ist aufgrund ihrer Aussage, sie wolle die Lenkberechtigung aus beruflichen Überlegungen nicht verlieren, glaubhaft.
Laut Eintragungen im FSR war der Bf vom 11. Oktober 2012 bis 18. Juni 2013 die Lenkberechtigung für die Klassen AM und B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen und dann uneingeschränkt wiedererteilt worden, wobei sie am 4. September 2014 eine Lenkberechtigung der Klasse BE neu erworben hat. Zu dieser Zeit hat die Krankheit bereits bestanden.
Der Marihuanakonsum vom 23. Oktober 2015 erfolgte nach ihren Angaben nicht aus gesundheitlichen Gründen – laut AmtsSV wirkt, wie die Bf auch bestätigt hat, auf sie beruhigend, dh er verschlechterte die Krankheit in Bezug auf deren akute Auswirkungen nicht. FA DDr. K geht bei seiner Diagnose von „episodischem Konsum von Cannabis – gegenwärtig Abstinenz“ aus.
Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Entziehungsverfahrens gilt nicht nur für die im § 24 Abs.1 Z1 FSG geregelte Entziehung der Lenkberechtigung, sondern auch für die im § 24 Abs.1 Z2 FSG genannten Einschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung – mit anderen Worten, die Behörde darf nicht, ohne dass sich der Sachverhalt wesentlich geändert hätte, wiederholt Einschränkungen der Gültigkeit der Lenkberechtigung verfügen (vgl VwGH 25.4.2006, 2006/11/0042; uva).
Der VwGH hat im E 20.3.2012, 2009/11/0119, unter Hinweis auf E 23.2.2011, 2010/11/0197, unter Verweis auf insbesondere E 16.9.2008, 2008/11/0091; 15.9.2009, 2009/11/0084; 22.6.2010, 2010/11/0067, zu den Voraussetzungen einer Befristung der Lenkberechtigung ausgeführt, dass es, um eine bloß eingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen annehmen zu können, auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber bedarf, dass die gesundheitliche Eignung, und zwar in ausreichendem Maß, noch für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art nach Ablauf der von der Behörde angenommenen Zeit mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder in relevantem Ausmaß einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl dazu auch VwGH 14.12.2010, 2008/11/0021).
Im Erkenntnis vom 20.11.2012, 2012/11/0132, hat der VwGH darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit von Nachuntersuchungen im Sinne des § 8 Abs.3 Z2 FSG nach der ständigen Judikatur des VwGH dann gegeben ist, wenn eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust oder zur Einschränkung der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muss. Um eine bloß bedingte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen in diesem Sinne anzunehmen, bedarf es auf einem ärztlichen Sachverständigengutachten beruhender konkreter Sachverhaltsfeststellungen darüber, dass die gesundheitliche Eignung zwar noch in ausreichendem Maß für eine bestimmte Zeit vorhanden ist, dass aber eine gesundheitliche Beeinträchtigung besteht, nach deren Art in Zukunft mit einer die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausschließenden oder einschränkenden Verschlechterung gerechnet werden muss (vgl E 24.4.2001, 2000/11/0337; 13.8.2003, 2001/11/0183; 13.8.2003, 2002/11/0228; 25.4.2006, 2006/11/0042; 15.9.2009, 2007/11/0043; 22.6.2010, 2010/11/0067; 24.5.2011, 2010/11/0001).
Ebenfalls in ständiger Judikatur vertritt der VwGH die Auffassung, dass es für die Annahme einer eingeschränkten gesundheitlichen Eignung im oben genannten Sinn nicht ausreicht, wenn eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht ausgeschlossen werden kann (vgl E 20.11.2012, 2012/11/0132; 13.8.2003, 2002/11/0228; 25.4.2006, 2006/11/0042).
Laut FA-Stellungnahme DDris. K hat sich seit der uneingeschränkten Wiedererteilung der Lenkberechtigung 2013 (und der Ausdehnung 2014) der Gesundheitszustand der Bf im Hinblick auf die Borderline Persönlichkeitsstörung nicht mehr geändert, obwohl diese nach wie vor latent vorhanden ist. Die einzige „Sachverhaltsänderung“ betraf den Vorfall vom 23. Oktober 2015 in Bezug auf den einmaligen offen zutage getretenen Cannabiskonsum. Eine klare medizinische Feststellung, wonach geradezu zu erwarten wäre, dass sich die Grunderkrankung der Bf innerhalb eines Jahres verschlechtern werde, besteht im ggst Verfahren nicht und ist auch aus der Beschreibung des derzeitigen Zustandes der Bf nicht schlüssig ableitbar. Dass eine Verschlechterung der Borderline Erkrankung bei einer eventuellen Änderung der emotionalen Randbedingungen im Leben der Bf für das eine Jahr nicht auszuschließen ist, reicht demnach nicht aus.
Damit scheidet im Licht der Rechtsprechung des VwGH (vgl E 24.8.1999, 99/11/0092; 22.3.2002, 2001/11/0342; 4.7.2002, 2001/11/0024; 16.4.2009, 2009/11/0015; 20.3.2012, 2009/11/0119; ua) eine Befristung samt der Auflage, eine Kontrolluntersuchung auf Drogen (Cannabis) durchzuführen, aus und war auf die Problematik von Haaranalysen nicht mehr einzugehen.
Die vom Facharzt für Psychiatrie weiter empfohlene Betreuung durch den Besuch einer Drogenberatungsstelle bzw Beibringung regelmäßiger drogenrelevanter Laborparameter ist nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes OÖ eher als „Verlaufskontrolle" zu sehen und, da keine Verschlechterung des Zustandes der Bf „geradezu zu erwarten“ ist, ist sie auch nicht als Auflage vorzusehen. Die Vorschreibung einer Nachuntersuchung mit Vorlage einer Haaranalyse konnte daher entfallen, zumal die psychophysische Leistungsfähigkeit der Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gegeben ist. Die Vorschreibung von Besuchen einer Drogenberatungsstelle ist im FSG nicht vorgesehen.
Damit war der Beschwerde im Anfechtungsumfang Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.
Zu II.:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Bissenberger