LVwG-950056/2/SE

Linz, 14.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn A M, vertreten durch Rechtsanwälte T (GesbR), F, vom 1. April 2016, gegen den Bescheid des Stadtsenats der L vom 8. März 2016, RM-Pers-150079-02, wegen Zuerkennung einer Versehrtenrente

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.            Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshof­gesetz – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid des Magistrates der L vom 30. November  2015, GZ. 0055330/2015 PerS, wurden die mit Berufskrankheitsanzeige von Herrn A M, G 43, N, (kurz: Beschwerdeführer) vom 14. September 2015 aufgezeigten Leidenszustände nicht als Berufskrankheit anerkannt und festgestellt, dass somit auch keine Versehrtenrente zustehe.  

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass keine der angeführten Diagnosen als Krankheiten der Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zugeordnet werden könne.

 

I. 2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung. Er wendete zusammenfassend ein, dass die pathologischen Veränderungen in der Lendenwirbelsäule mit großer Wahrscheinlichkeit auf die übermäßige körperliche Belastung im Rahmen der Tätigkeit in der S in L zurückzuführen seien. Als Berufskrankheiten würden neben jenen der Anlage 1 des ASVG auch solche Krankheiten als Berufskrankheiten gelten, die von Ärzten bestätigt werden und in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stünden.

 

I. 3. Der Stadtsenat der L (kurz: belangte Behörde) hat die Berufung mit Bescheid vom 8. März 2016, GZ. RM-Pers-150079-02, als unbegründet abgewiesen.

 

Diese Entscheidung wurde zusammenfassend damit begründet, dass ein im kausalen Zusammenhang mit der Berufsausübung stehender Leidenszustand nur dann als Berufskrankheit anzuerkennen sei, wenn er in der Anlage 1 des ASVG als solche bezeichnet ist, die dort angeführten Voraussetzungen vorliegen und die zur Berufskrankheit führende Dienstleistung in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Betrieb erbracht wurde. Es lasse sich nicht ableiten, dass der Gesetzgeber der Oö. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz-Novelle 2009 berufsbedingte Krankheiten, die nicht in der Anlage 1 des ASVG enthalten sind, durch eine einzelfallbezogene Prüfung der Dienstbehörde als Berufskrankheit anerkennt. Es sei eine strikte Bindung an die Liste der Berufskrankheiten in der Anlage 1 des ASVG gegeben.

 

I. 4. Der Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwälte T (GesbR), F, erhob in der Folge gegen diesen Bescheid fristgerecht  Beschwerde und beantragte die ersatzlose Behebung und Abänderung, dass die Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird und eine Versehrtenrente gebührt, in eventu die ersatzlose Behebung und Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung.

 

Im Wesentlichen wendet der Beschwerdeführer ein, dass er zwei ärztliche Gutachten eingeholt habe und ein Ambulanzbericht des Neurologischen Ambulanzzentrums der L.klinik W vorliege, wonach die pathologischen Veränderungen in der in der Lendenwirbelsäule mit großer Wahrscheinlichkeit auf die übermäßige körperliche Belastung im Rahmen der Tätigkeit in der S in L zurückzuführen seien. Von § 4 Oö. GUFG seien naturgemäß auch Berufskrankheiten umfasst, die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen und nicht in der Anlage 1 des ASVG aufgelistet sind, ansonsten sei es gleichheitswidrig. Der VwGH habe betreffend § 177 ASVG entschieden, dass neben der in der Anlage genannten Berufskrankheiten auch die Möglichkeit bestehe, einzelfallbezogene Prüfungen hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit vorgesehen seien. Mit der Novelle des Oö. GUFG im Jahr 2009 sei § 4 dahingehend abgeändert worden, dass auch einzelfallbezogen eine berufsbedingte Krankheit festgestellt werden kann. Ferner beantragte er die Einholung eines weiteren SV-Gutachtens.

 

I. 5. Die von der belangten Behörde übermittelte Beschwerde, unter Anschluss des Verfahrensaktes, ist am 6. April 2016 beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingelangt. Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

Im Vorlageschreiben hat die belangte Behörde insbesondere darauf hingewiesen, dass die zentrale Rechtsfrage des vorliegenden Beschwerdefalles die rechtliche Beurteilung sei, ob durch die Bestimmung des § 4 Abs. Oö. GUFG eine Verpflichtung der Dienstbehörde vorliege, auch andere in der Liste der Berufskrankheiten (Anlage 1 des ASVG) angeführten Berufskrankheiten im Einzelfall als solche anzuerkennen. Der Landesgesetzgeber habe den Begriff „Berufskrankheit“ in § 4 Oö. GUFG anders definiert als in § 12 Oö. LKUFG und § 22 KFLG. § 4 Oö. GUFG enthalte keine bloße Bedachtnahmepflicht auf § 177 ASVG, sondern eine strikte Bindung an die Liste der Berufskrankheiten in der Anlage 1 des ASVG.

Es wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt und auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakten.  Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinrei­chend geklärt war, konnte gemäß § 24 VwGVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Es waren Rechtsfragen zu beurteilen, deren weitere Klärung durch eine mündliche Verhandlung auch nicht zu erwarten war. Ferner hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gesondert beantragt, die belangte Behörde hat darauf sogar verzichtet.

 

II. 2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gilt folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen:

 

Der Beschwerdeführer (geb. am x.x.1957) ist Beamter und seit 14. November 1977 bei der L beschäftigt. Seit 1984 ist er durchgehend als Kraftfahrer (S) tätig. Beim Beschwerdeführer wurde die Krankheit „Lumbago mit radikulärer Ausstrahlung und Bandscheibenvorfälle mit caudaler Sequestierung sowie ausgeprägte degenerative Wirbelsäulenveränderungen und multisegmentale Discopathie“ diagnostiziert. Am 14. September 2015 zeigte er schriftlich das Vorliegen einer Berufskrankheit an.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die Beschwerde erwogen:

 

III. 1. Anzuwendende Rechtslage:

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Oö. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz – Oö. GUFG, LGBl. Nr. 36/1969 i. d. g. F. lauten:

 

„§ 4

Berufskrankheiten

 

Berufskrankheiten sind Krankheiten, die entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis oder der Funktion stehen. Als Berufskrankheiten gelten die in der Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen; wenn sie durch Dienstleistungen im Rahmen des Dienstverhältnisses (in Ausübung der Funktion) in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Betrieb verursacht sind, mit der Maßgabe, daß unter dem in dieser Anlage verwendeten Begriff der Unternehmen sinngemäß auch die Dienststätten zu verstehen sind.

 

§ 27

Versehrtenrente

 

(1) Anspruch auf Versehrtenrente besteht, wenn die Erwerbsfähigkeit der bzw. des Versehrten durch die Folgen eines Dienstunfalls oder einer Berufskrankheit über drei Monate nach dem Eintritt des Fürsorgefalls hinaus um mindestens 20 % vermindert ist; die Versehrtenrente gebührt für die Dauer der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 %.

 

[...]“

 

Die hier maßgeblichen Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 i. d. g. F. lauten:

 

„Berufskrankheiten

 

§ 177. (1) Als Berufskrankheiten gelten die in der Anlage 1 zu diesem Bundesgesetz bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen, wenn sie durch Ausübung der die Versicherung begründenden Beschäftigung in einem in Spalte 3 der Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sind. Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Dies gilt nicht, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde.

 

(2) Eine Krankheit, die ihrer Art nach nicht in Anlage 1 zu diesem Bundesgesetz enthalten ist, gilt im Einzelfall als Berufskrankheit, wenn der Träger der Unfallversicherung auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, daß diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung entstanden ist; diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

 

[...]

 

Anlage 1

 

Liste der Berufskrankheiten ( § 177)

 

Lfd. Nr.

Berufskrankheiten

Unternehmen

1

Erkrankungen durch Blei, seine Legierungen oder Verbindungen.

Alle Unternehmen

2

Erkrankungen durch Phosphor und seine Verbindungen

Alle Unternehmen

3

Erkrankungen durch Quecksilber, seine Legierungen oder Verbindungen

Alle Unternehmen

4

Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

5

Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

6

Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

7

Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

8

Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

9

Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologe oder durch Styrol

Alle Unternehmen

10

Erkrankungen durch Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols oder seiner Homologe und deren Abkömmlinge

Alle Unternehmen

11

Erkrankungen durch Halogen-Kohlenwasserstoffe

Alle Unternehmen

12

Erkrankungen durch Salpetersäureester

Alle Unternehmen

13

Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff

Alle Unternehmen

14

Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff

Alle Unternehmen

15

Erkrankungen durch Kohlenmonoxid

Alle Unternehmen

16

Erkrankungen durch ionisierende Strahlen

Alle Unternehmen

17

Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Dunkelöle, Teer, Anthrazen, Pech, Mineralöle, Erdpech und ähnliche Stoffe

Alle Unternehmen

18

Krebs oder andere Neubildungen sowie Schleimhautveränderungen der Harnwege durch aromatische Amine

Alle Unternehmen

19

Hauterkrankungen

Alle Unternehmen

20

Vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen sowie andere Erkrankungen durch Erschütterung beider Arbeit mit Preßluftwerkzeugen und gleichartig wirkenden Werkzeugen und Maschinen (wie Z B.Motorsägen) sowie durch Arbeit an Anklopfmaschinen

Alle Unternehmen

21

Erkrankungen durch Arbeiten Druckluft

Alle Unternehmen

22

Druckschädigung der Nerven

Alle Unternehmen

23

Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel, der Sehnenscheiden und des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze durch ständigen Druck oder ständige Erschütterung

Alle Unternehmen

24

Abrißbrüche der Wirbeldornfortsätze

Alle Unternehmen

25

Meniskusschäden bei Bergleuten nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit unter Tag und bei anderen Personen nach mindestens dreijähriger regelmäßiger Tätigkeit in kniender oder hockender Stellung

Alle Unternehmen

 

26

a)

Staublungenerkrankungen (Silikose oder Silikatose) mit objektiv feststellbarer Leistungsminderung von Atmung oder Kreislauf

b)

Staublungenerkrankung in Verbindung mit aktivfortschreitender Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)

c)

Bösartige Neubildungen der Lunge durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid bei Silikose

 

Alle Unternehmen

 

27

a)

Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) mit objektiver feststellbarer Leistungsminderung von Atmung oder Kreislauf

b)

Bösartige Neubildungen des Rippenfells, des Herzbeutels und des Bauchfells durch Asbest

c)

Bösartige Neubildungen der Lunge durch Asbest

d)

Bösartige Neubildungen des Kehlkopfes durch Asbest

 

Alle Unternehmen

28

Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lunge durch Aluminium oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

29

Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lunge durch Thomasschlackenmehl

Thomasschlackenmühlen, Düngemittelmischereien und Betriebe, die Thomasschlackenmehl lagern, befördern oder verwenden

30

Durch allergisierende Stoffe verursachte Erkrankungen an Asthma bronchiale (einschließlich Rhinopathie), wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen

Alle Unternehmen

31

Erkrankungen der Knochen, Gelenke und Bänder durch Fluorverbindungen (Fluorose)

Alle Unternehmen

32

Erkrankungen der Zähne durch Säuren

Alle Unternehmen

33

Durch Lärm verursachte Schwerhörigkeit

Alle Unternehmen

34

Hornhautschädigungen des Auges durch Benzochinon

Chemische Industrie

35

Grauer Star

Herstellung, Bearbeitung und Verarbeitung von Glas, Eisenhütten, Metallschmelzereien

36

Wurmkrankheit der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale oder Strongyloides stercoralis

Unternehmen des Bergbaues, Stollen- oder Tunnelbau

37

Tropenkrankheiten, Fleckfieber

Alle Unternehmen

38

Infektionskrankheiten

Krankenhäuser, Heil- und Pflegeanstalten, Entbin-dungsheime und sonstige Anstalten, die Personen zur Kur und Pflege aufnehmen, öffentliche Apotheken, ferner Einrichtungen und Beschäftigungen in der öffentlichen und privaten Fürsorge, in Schulen, Kindergärten und Säuglingskrippen und im Gesundheitsdienst sowie in Laboratorien für wissenschaftliche und medizinische Untersuchungen und Versuche sowie in Justizanstalten und Hafträumen der Verwaltungsbehörden bzw. in Unternehmen, in denen eine vergleichbare Gefährdung besteht

39

Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten

Tätigkeiten, die durch Umgang oder Berührung mit Tieren, tierischen Teilen, Erzeugnissen, Abgängen und mit kontaminiertem Material zur Erkrankung Anlaß geben, bzw. Tätigkeiten, bei denen eine vergleichbare Gefährdung besteht

40

Erkankungen an Lungenfibrose durch Hartmetallstaub

Herstellung und Bearbeitung von Hartmetallen

41

Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lunge mit objektivem Nachweis einer Leistungsminderung von Atmung und Kreislauf

Alle Unternehmen

42

Erkrankungen durch Dimethyformamid

Alle Unternehmen

43

Exogen-allergische Alveolitis mit objektiv nachweisbarem Funktionsverlust der Lunge, soferne das als ursächlich festgestellte Antigen bei der Erwerbsarbeit von einem objektiv feststellbar bestimmenden Einfluß gewesen ist

Alle Unternehmen

44

Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaumwoll- oder Flachsstaub

Alle Unternehmen

45

Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen durch Staub von Hartholz

Holzbearbeitende und holzverabeitende Betriebe

46

Durch Zeckenbiss übertragbare Krankheiten (zB Frühsommermeningoencephalitis oder Borreliose)

Unternehmen der Land-und Forstwirtschaft sowie auf Tätigkeiten in Unternehmen, bei denen eine ähnliche Gefährdung besteht

47

Erkrankungen durch Butyl-, Methyl- und Isopropylalkohol

Alle Unternehmen

48

Erkrankungen durch Phenole und Katechole

Alle Unternehmen

49

Erkrankungen durch Nickel oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

50

Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen

Alle Unternehmen

51

Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide

Alle Unternehmen

52

Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische, wenn eine regelmäßige Exposition bestanden hat, die im Hinblick auf Dauer und Ausmaß erheblich war

Alle Unternehmen

53

Allergieinduzierte anaphylaktische Reaktionen nach Latex-Sensibilisierung

Alle Unternehmen

 

 

Die hier maßgeblichen Bestimmung des Beamten-Kranken-Unfallversicherungsgesetzes – B-KUFG, BGBl. Nr. 200/1967 i. d. g. F. lauten:

 

 

„Berufskrankheiten

 

§ 92 (1) Als Berufskrankheiten gelten die in der Anlage 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes bezeichneten Krankheiten unter den dort angeführten Voraussetzungen; wenn sie durch Ausübung des die Versicherung begründenden Dienstverhältnisses in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Unternehmen verursacht sind, mit der Maßgabe, daß unter dem in der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz verwendeten Begriff der Unternehmen entsprechend auch die Dienststätten der nach diesem Bundesgesetz unfallversicherten Personen zu verstehen sind. Hautkrankheiten gelten nur dann als Berufskrankheiten, wenn und solange sie zur Aufgabe schädigender Tätigkeiten zwingen. Dies gilt nicht, wenn die Hautkrankheit eine Erscheinungsform einer Allgemeinerkrankung ist, die durch Aufnahme einer oder mehrerer der in der Anlage 1 zum ASVG angeführten schädigenden Stoffe in den Körper verursacht wurde.

 

(2) Die in der Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz bezeichneten Krankheiten mit Ausnahme der unter den laufenden Nummern 25, 29, 30 und 34 bis 36 genannten Krankheiten gelten auch als Berufskrankheiten, wenn sie bei den im § 91 Abs. 2 bezeichneten Personen im Zusammenhang mit dem Auslandseinsatz eingetreten sind und nicht auf Grund einer solchen Krankheit ein Versorgungsanspruch nach dem Heeresversorgungsgesetz besteht.

 

(3) Eine Krankheit, die ihrer Art nach nicht in Anlage 1 zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz im Sinne des Abs. 1 oder 2 enthalten ist, gilt im Einzelfall als Berufskrankheit, wenn die Versicherungsanstalt auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, daß diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung oder bei einem Auslandseinsatz (§ 91 Abs. 2) entstanden ist; diese Feststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung.“

 

III. 3. Der Beschwerdeführer ist der Rechtsansicht, dass nach § 4 Oö. GUFG eine Krankheit auch dann als Berufskrankheit anzuerkennen ist, wenn

·         entweder die festgestellte Krankheit entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis oder der Funktion steht oder

·         die festgestellte Krankheit in der Anlage 1 des ASVG aufgelistet ist und die dort angeführten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Die belangte Behörde ging aber davon aus, dass für die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit beide Voraussetzungen erfüllt sein müssen.

 

Unbestritten blieb, dass der Beschwerdeführer an einer Krankheit leidet, die nicht in der Anlage 1 des ASVG aufgelistet ist.

 

III. 4. Es ist nunmehr zu prüfen, ob nach § 4 Oö. GUFG die Dienstbehörde verpflichtet ist auch andere als in der Anlage 1 des ASVG aufgelisteten Berufskrankheiten im Einzelfall als solche anzuerkennen.

 

§ 4 Oö. GUFG wurde mit der Oö. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz-Novelle 2009, LGBl. Nr. 68/2009, dahingehend geändert als ihm der Satz „Berufskrankheiten sind Krankheiten, die entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis oder der Funktion stehen.“  vorangestellt wurde.

 

In den Gesetzesmaterialien zur Oö. Gemeinde-Unfallfürsorgegesetz-Novelle 2009 (Beilage 1806/2009, XXVI. Gesetzgebungsperiode) wird zur Änderung des § 4 Oö. GUFG angeführt: „Eine allgemeine Definition von Berufskrankheiten wird – nach dem Vorbild des § 22 Oö. Kranken- und Unfallfürsorgegesetz für Landesbedienstete (Oö. KFLG) – aufgenommen.“

 

§ 22 Oö. KFLG lautet: „Berufskrankheiten sind Krankheiten, die entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Im Einzelnen ist unter Bedachtnahme auf vergleichbare sozialversicherungsrechtliche Regelungen in der Satzung festzulegen, welche Krankheiten als Berufskrankheiten im Sinn dieses Landesgesetzes anzusehen sind; dabei sind Krankheiten gegebenenfalls nur in Beziehung zu bestimmten Tätigkeiten als Berufskrankheiten festzulegen.“

 

§ 22 Oö. KFLG enthält eine allgemeine Definition von Berufskrankheiten im Satz 1. Dies wurde auch für § 4 Oö. GUFG mit der oben genannten Novelle übernommen.

Der Gesetzgeber hat aber in § 4 Oö. GUFG gleich direkt geregelt, welche Krankheiten als Berufskrankheiten anzusehen sind, nämlich jene, die in der Anlage 1 des ASVG aufgelistet sind. Hingegen hat er im § 22 Oö. KFLG bestimmt, dass in der Satzung die (anerkannten) Berufskrankheiten (in Beziehung zu bestimmten Tätigkeiten) festzulegen bzw. aufzulisten sind.

 

Nach § 4 Oö. GUFG ist eine strikte Bindung an die Anlage 1 des ASVG und nach

§ 22 Oö. KFLG eine strikte Bindung an die Satzung vorgegeben. Auch nach dem mit § 22 Oö. KFLG wortgleichen § 12 Oö. Lehrer-Kranken- und Unfallfürsorgegesetz (Oö. LKUFG) ist eine strikte Bindung an die Satzung festgelegt.

 

Nach § 22 Oö. KFLG und § 12 Oö. LKUFG ist lediglich bei der Festlegung jener Krankheiten, die als Berufskrankheiten anerkannt und in der Satzung (bindend) festgelegt werden vom Gesetzgeber ein gewisser „Spielraum“ eingeräumt worden, indem er normierte, dass bei der Festlegung der Berufskrankheiten auf „vergleichbare sozialversicherungsrechtliche Regelungen“ BEDACHT zu nehmen ist. Das bedeutet, dass in den jeweiligen Satzungen einerseits auch andere Krankheiten als in der Anlage 1 des ASVG festgelegt und andererseits aber auch die Anlage 1 des ASVG für verbindlich erklärt werden können. Sind die Berufskrankheiten aber einmal in der Satzung festgelegt, so ist eine darüberhinausgehende einzelfallbezogene Prüfung nicht mehr vorgesehen. Die Satzung gibt somit die „Grenzen“ vor.

 

§ 4 Oö. GUFG sieht aber gerade KEINE „Bedachtnahme“ vor, sondern ist die Anlage 1 des ASVG „unmittelbar“ als verbindlich festgelegt.

 

Der Beschwerdeführer wendet ein, dass nach § 12 Oö. LKUFG und § 22 Oö. KLFG entsprechend dem VwGH-Erkenntnis vom 24.3.2004, Zl. 2003/12/0050, die Möglichkeit besteht, einzelfallbezogene Prüfungen hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit vorzunehmen.

 

Die jeweiligen Satzungen der LKUF und KFL enthalten einen Verweis auf § 92 B-KUVG, der in seinem dritten Absatz - wie auch § 177 ASVG in seinem zweiten Absatz - ausdrücklich neben den in der Anlage genannten Berufskrankheiten die Möglichkeit einzelfallbezogener Prüfungen hinsichtlich des Vorliegens einer Berufskrankheit vorsieht. Jedoch ist dies nur unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, nämlich wenn die Versicherungsanstalt/Träger der Versicherungsanstalt auf Grund gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse feststellt, dass diese Krankheit ausschließlich oder überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung (oder bei einem Auslandseinsatz) entstanden ist und für die Feststellung zusätzlich die entsprechende Zustimmung des Bundesministeriums für soziale Verwaltung/des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vorliegt.

 

§ 4 Oö. GUFG enthält keinen Verweis auf Bestimmungen des B-KUVG. Zur Anerkennung einer Berufskrankheit muss die festgestellte Krankheit einerseits entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft in ursächlichem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis oder der Funktion stehen und in der Anlage 1 des ASVG aufgelistet sein.

 

Im vorliegenden Fall ist die festgestellte Krankheit nicht in der Anlage 1 ASVG enthalten. Sie kann daher –auch im Fall von nachweislich kausalen Folgen der Berufsausübung- nicht als Berufskrankheit anerkannt werden.

 

Selbst wenn die Bestimmungen des B-KUVG oder § 177 ASVG (analog) zur Anwendung kommen würden, wäre das Vorliegen einer Berufskrankheit zu verneinen, weil die für die einzelfallbezogene Prüfung notwendige Voraussetzung überwiegend durch die Verwendung schädigender Stoffe oder Strahlen bei einer vom Versicherten ausgeübten Beschäftigung“ nicht vorliegt.

Die beantragte Einholung weiterer Sachverständigengutachten erübrigte sich somit.

 

Die Regelungen über die Berufskrankheit zielen von der Systematik her nicht auf eine „Lückenlosigkeit“ des Systems ab, in dem jede irgendwie mit der Berufstätigkeit im Zusammenhang entstehende Krankheit als Berufskrankheit anzuerkennen ist. Der Gesetzgeber lässt nicht jede Krankheit, die als Folge dienstlicher Einwirkungen auftreten kann, als Berufskrankheit gelten, sondern bedient sich der Enumerationsmethode.

 

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprech­ung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                            

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer