LVwG-800212/2/Bm/BHu
Linz, 08.09.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Michaela Bismaier über die Beschwerde des Herrn T R, vertreten durch R Dr. L J K, Dr. J M, x, P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Juli 2016, GZ: Ge96-19-2016, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994 den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11. Juli 2016, GZ: Ge96-19-2016, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe von 400,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 iVm § 81 Abs. 1 GewO 1994 verhängt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
„Sie haben es zu verantworten, dass zumindest am 28. April 2016 die zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9.6.2011, GZ: Ge20-170-2009, gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage im Standort K, x, ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung geändert wurde.
Nämlich wurde am 28. April 2016 im Zuge einer kommissionellen Überprüfung durch drei Organe der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach und einem bau- und gewerbetechnischen Amtssachverständigen im Standort der Betriebsanlage festgestellt, dass die Zu- und Abluftkanäle der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9.6.2011, GZ: Ge20-170-2009, gewerbebehördlich genehmigten Lüftungsanlage an der westlichen Außenmauer des Gebäudes x errichtet wurden. Projekts- und bescheidgemäß wäre eine ostseitige sowie westseitige (jedoch über Dach) Errichtung. Somit wurde die Betriebsanlage ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung geändert.
Die gewerbebehördliche Genehmigung ist insbesondere auch aus dem Grund erforderlich, da durch den Betrieb der geänderten Anlage die Nachbarn durch Lärm und Geruch belästigt werden können bzw. sind solche Einwirkungen nicht auszuschließen.
Die Errichtung der gegenständlichen Zu- und Ablaufkanäle der Lüftungsanlage stellt eine gewerbebehördlich genehmigungspflichtige Änderung der bestehenden und zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9.6.2011, GZ: Ge20-170-2009, gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage dar.
Die erforderliche Genehmigung dafür liegt jedoch nicht vor.“
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und im Wesentlichen ausgeführt, der Beschuldigte habe eine genehmigte Betriebsanlage nicht geändert, zumal eine Errichtung der genehmigten Betriebsanlage noch nicht vorliege bzw. nicht abgeschlossen sei, daher auch von keiner Änderung der genehmigten Betriebsanlage gesprochen werden könne. Des Weiteren sei die Betriebsanlage noch nicht in Betrieb, sondern immer noch in Bau befindlich, sodass der von der belangten Behörde angenommene Verwaltungsstraftatbestand weder bezüglich der objektiven, noch bezüglich der subjektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sei. Dazu komme, dass die Zu- und Abluftkanäle, wie sie derzeit in Bau befindlich seien, entsprechend der mit dem Nachbarn G getroffenen Vereinbarung positioniert worden seien, bezüglich derer jederzeit auch noch die gewerbliche Bewilligung beantragt werden könne, zumal, wie bereits ausgeführt, die Errichtungsarbeiten nicht abgeschlossen seien, daher auch keine Änderung einer genehmigten Betriebsanlage vorliege.
Selbst wenn die belangte Behörde davon ausgehen würde, dass eine Änderung einer genehmigten Betriebsanlage vorliege, müsse berücksichtigt werden, dass jederzeit die Antragstellung auf Bewilligung möglich und zulässig sei und dass bis dato, insbesondere aber nicht am 28. April 2016 die Betriebsanlage in Betrieb gewesen sei, zumal die technischen Voraussetzungen hierfür gar nicht vorliegen würden. Gegenständlich sei unbeachtet dessen auch die Begründung, dass durch den Betrieb der geänderten Anlage die Nachbarn durch Lärm und Geruch belästigt werden könnten bzw. solche Einwirkungen nicht auszuschließen seien, insofern nicht richtig, als es sich bei dem Nachbar um E G handle, dessen ausdrückliche Zustimmung bezüglich der Errichtung der Zu- und Abluftkanäle, wie sie am 28. April 2016 festgestellt worden seien, vorliege.
E G habe diese Zustimmung auch vor Zeugen abgegeben und sei auch bezüglich der Arbeiten anlässlich der Anbringung dieser Zu- und Abluftkanäle anwesend gewesen und habe durch Beigabe von Hilfsmaterialien, wie Leiter etc., auch die Arbeiten ständig beobachtet. Es sei somit auch ausdrücklich die Zustimmung des Nachbarn vorgelegen, wozu sich der Beschuldigte auf die zeugenschaftliche Vernehmung der Familie R sowie des Herrn G berufe.
Da somit der Beschuldigte die ihm angelastete Verwaltungsübertretung weder bezüglich objektiver noch subjektiver Tatbestandsmerkmale erfüllt habe, werde das Verfahren einzustellen sein.
Eventualiter erhebe der Beschuldigte auch Strafberufung, dies dahingehend, dass es rücksichtlich des Sachverhaltes hinsichtlich des Vorgehens des Beschuldigten weder aus spezial- noch generalpräventiven Gründen einer Bestrafung bedürfe, sondern selbst dann, wenn der Tatbestand erfüllt worden wäre, mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden könne. Es werde daher der Antrag gestellt, das Oö. Verwaltungsgericht möge der Beschwerde Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos beheben und das Verfahren einstellen; in eventu, das angefochtene Straferkenntnis betreffend des Strafausspruches beheben und eine Ermahnung aussprechen.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) vorgelegt.
4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme; da bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung.
4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Juni 2011, GZ: Ge20-170-2009, wurde Herrn T R die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Gastgewerbebetriebsanlage durch Zubau eines Wintergartens, Vergrößerung der Küche im Erdgeschoss, Errichtung von WC-Anlagen und eines Lagerraumes im Kellergeschoss sowie die Erweiterung der Lüftungsanlage im Standort K, x, erteilt.
Nach diesem Genehmigungsbescheid und den diesem zugrunde liegenden Projektsunterlagen waren die für die mechanische Be- und Entlüftungsanlage erforderlichen Zu- und Abluftkanäle ausschließlich ostseitig sowie westseitig nur über Dach vorgesehen.
Am 28. April 2016 wurde von der belangten Behörde eine gewerbebehördliche Überprüfung der gastgewerblichen Betriebsanlage des Herrn T R im Standort K, x, im Beisein eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen durchgeführt. Im Zuge dieser Überprüfung wurde festgestellt, dass die Zu- und Abluftkanäle der mit Genehmigungsbescheid vom 9. Juni 2011, GZ: Ge20-170-2009, genehmigten Belüftungsanlage an der westlichen Außenmauer des Gebäudes x mit einer Tiefe von etwa 70 cm entgegen der Betriebsanlagengenehmigung ausgeführt wurden. Die Ausführung dieser Zu- und Abluftkanäle wurde fotografisch festgehalten.
Am Tag der Überprüfung waren die Zu- und Abluftkanäle errichtet, jedoch nicht in Betrieb.
Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich eindeutig aus dem Akteninhalt, insbesondere der darin einliegenden Niederschrift über die vorgenommene Überprüfung am 28. April 2016 samt den beiliegenden Fotos.
5. Hierüber hat das LVwG erwogen:
5.1. Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und
2) die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.
Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, das heißt in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.
Was Punk 2) anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
5.2. Dem Bf wird im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, am 28. April 2016 die zuletzt mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 9. Juni 2011, GZ: Ge20-170-2009, gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage im Standort K, x, ohne die erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung geändert zu haben. Im Konkreten wurden die Zu- und Abluftkanäle der mit dem oben angeführten Bescheid gewerblich genehmigten Belüftungsanlage an der westlichen Außenmauer des Gebäudes errichtet, obwohl projekts- und bescheidgemäß eine ostseitige sowie westseitige über Dach geführte Errichtung genehmigt worden ist.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Änderung einer Betriebsanlage oder eines Betriebsanlagenteiles um ein Zustandsdelikt. Der Tatbestand des Errichtens oder des Änderns einer Betriebsanlage ist mit der Herbeiführung eines solcherart zu qualifizierenden Sachverhaltes abgeschlossen. Das heißt, die im Straferkenntnis erforderliche Tatzeitangabe hat sich auf die tatsächlichen Errichtungs- bzw. Änderungshandlungen zu beziehen. Ist im Tatvorwurf kein Zeitraum angegeben, in welchem die Errichtung des geänderten Betriebsanlagenteiles stattgefunden hat, so fehlt es an der Feststellung der Tatzeit, welche durch die Angabe des Kontrolltages - im gegenständlichen Fall ist dies der 28. April 2016 - nicht zu ersetzen ist.
Aus dem Akteninhalt und dem Tatvorwurf geht hervor, dass am 28. April 2016 eine gewerbebehördliche Überprüfungsverhandlung bei der gegenständlichen Betriebsanlage stattgefunden hat und zu diesem Zeitpunkt die vorgeworfenen Änderungen bereits fertig gestellt waren bzw. jedenfalls keine Errichtungshandlungen an diesem Tag gesetzt wurden. In welchem Zeitraum die Anlagenänderungen tatsächlich ausgeführt wurden, ist dem Tatvorwurf nicht zu entnehmen.
Davon abgesehen ist eine Änderung der Tatzeit durch das LVwG nicht zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 5. November 2014, Zl. Ra 2014/09/0018, ausgesprochen, dass eine Ausdehnung des Tatzeitraumes erst im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem Verwaltungsgericht eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfes und der Sache des Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 50 VwGVG darstellen würde. Dies muss erst recht für eine komplette Auswechslung/Änderung der Tatzeit gelten. Weiters wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass „Sache des Berufungsverfahrens nach der ständigen Rechtsprechung zur bisherigen Rechtslage nur die Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde angenommene Tat aus, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch und es liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit vor. Dies hat insbesondere auch für die von der Erstbehörde spruchgemäß bezeichnete Tatzeit zu gelten. Die Bestimmung des
§ 66 Abs. 4 AVG berechtigt die Berufungsbehörde nämlich nicht zur Auswechslung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Tat, sondern nur dazu, die Strafzeit auf Grundlage der unbedenklichen Sachverhaltsannahme der Behörde erster Instanz näher zu umschreiben. Die Ausdehnung des Tatzeitraumes bedeutet jedoch keine Präzisierung, sondern eine Erweiterung des Vorwurfes. Auch den Materialien ist zu entnehmen, dass § 27 VwGVG den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes festlegt. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein. Auch im Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich nach § 27 VwGVG.“
Gegenstand des anhängigen Strafverfahrens und der Beschwerde war aber immer die konsenslose Änderung der Betriebsanlage, sohin eine Tat am 28. April 2016. Darüber hinaus geht aus der Bestimmung des § 32 Abs. 1 VStG hervor, dass von der „Behörde“ eine Verfolgungshandlung zu tätigen ist. Gerichte sind keine Behörden, weshalb mangels Behördencharakter ihren Handlungen daher nicht die Qualität einer tauglichen Verfolgungshandlung zukommt.
Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war sohin der Beschwerde Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.
6. Weil die Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG.
II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag.a Michaela Bismaier