LVwG-750387/3/SR/MR
Linz, 23.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Herrn Ing. B M W, vertreten durch RA Mag. M R, F, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. Juni 2016, Zl BHUUPst-2016-267169/2, nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung vom 21. Juli 2016 und nach Stellung eines Vorlageantrags vom 10. August 2016
z u R e c h t :
I. Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahin gehend abgeändert, dass der Spruch zu lauten hat:
Dem Antrag des Herrn Ing. B W wird gemäß § 2 Abs 2 Z 3 NÄG stattgegeben und die Änderung der Vornamen „B M“ unter gänzlichem Entfall des zweiten Vornamens „M“ auf „B“ bewilligt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Eingabe vom 9. Mai 2016 beantragte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die Änderung seiner Vornamen gemäß § 2 Abs 2 Z 3 NÄG von „B M“ auf „B“.
2. Mit Bescheid vom 14. Juni 2016 wurde dieser Antrag von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung (im Folgenden: belangte Behörde) gemäß § 3 Abs 1 Z 7 NÄG abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Kriterien des § 3 Abs 1 Z 7 NÄG nur für Änderungen des ersten Vornamens gälten und daher auf den Fall des Bf keine Anwendung finden könnten, weil dieser die Änderung des zweiten Vornamens beantrage.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 13. Juli 2016, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid dahin gehend abzuändern, dass die beantragte Streichung des zweiten Vornamens „M“ bewilligt werde. Begründend führt der Bf – zusammengefasst – aus, dass die Namensänderung nach § 2 Abs 2 Z 3 NÄG zu bewilligen sei, wenn ein Vorname nicht dem Geschlecht entspreche. Dies sei in seinem Fall eben der zweite.
4. Am 21. Juli 2016 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, mit der die Beschwerde gemäß § 2 Abs 2 Z 2 (gemeint wohl Z 3) NÄG iVm § 13 Abs 2 PStG als unbegründet abgewiesen wurde. In ihrer Begründung stützte sich die belangte Behörde maßgeblich auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zum NÄG (EBRV 467 BlgNR 17. GP 9). Aus diesen sei in Zusammenhang mit § 13 Abs 2 PStG in systematischer Auslegung denklogisch zu schließen, dass sich § 2 Abs 2 Z 3 NÄG auf den ersten Vornamen beziehe, da nur dieser im Konnex mit dem Geschlecht stehe. Da im konkreten Fall der erste Vorname nicht dem Geschlecht widerspreche und der zweite Vorname „M“ zulässiger Weise gegeben wurde, liege kein Grund für eine Änderung des Vornamens nach § 2 Abs 2 Z 3 NÄG vor.
5. Mit Vorlageantrag vom 10. August 2016 begehrte der Bf die Vorlage der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich.
6. Mit Schreiben vom 1. September 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt dem Landesverwaltungs–gericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.
7. Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.
II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, in die Beschwerde und den Vorlageantrag. Zudem wurde eine Auskunft iSd § 5 NÄG beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt.
2. Da der Sachverhalt bereits aufgrund der Aktenlage hinreichend geklärt ist, der Bf keine mündliche Verhandlung beantragt hat, nur eine Rechtsfrage zu klären war und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Grundrechtscharta entgegen stehen, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
3. Folgender Sachverhalt steht fest:
Der Bf ist am x in M geboren. Seit seiner Geburt trägt er die Vornamen „B M“ (Geburtsurkunde). Der Bf ist österreichischer Staatsbürger (Staatsbürgerschaftsnachweis) und männlichen Geschlechts (Heiratsurkunde). Eine (weitere) Person mit dem beantragten Namen B W, geboren am x scheint beim Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger nicht auf (Auskunft des HV vom 19. September 2016).
4. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus dem Akt, wobei die einzelnen Feststellungen vor allem auf den jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln beruhen. Eine weiterführende Beweiswürdigung konnte unterbleiben.
III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
1.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Personenstandsgesetzes 2013, BGBl I 2013/16 idF BGBl I 2014/80, (PStG) lauten – auszugsweise – wie folgt:
„Vornamensgebung
§ 13. […]
(2) Bei Kindern des im § 35 Abs. 2 genannten Personenkreises darf zumindest der erste Vorname dem Geschlecht des Kindes nicht widersprechen; Bezeichnungen, die nicht als Vornamen gebräuchlich oder dem Wohl des Kindes abträglich sind, dürfen nicht eingetragen werden.“
1.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Namensänderungsgesetzes, BGBl 1988/195 idF BGBl I 2013/161, (NÄG) lauten – auszugsweise – wie folgt:
„Antrag auf Namensänderung
§ 1. (1) Eine Änderung des Familiennamens oder Vornamens ist auf Antrag zu bewilligen, wenn ein Grund im Sinn des § 2 vorliegt, § 3 der Bewilligung nicht entgegensteht und die Namensänderung betrifft
1. einen österreichischen Staatsbürger;
[…]
Voraussetzungen der Bewilligung
§ 2. (1) Ein Grund für die Änderung des Familiennamens liegt vor, wenn
[…]
(2) Die in Abs. 1 Z 1 bis 6, 9a, 10 und 11 angeführten Gründe gelten auch für die Änderung von Vornamen; ein Grund liegt weiter vor, wenn
[…]
3. ein Vorname nicht dem Geschlecht des Antragstellers entspricht.
Versagung der Bewilligung
§ 3. (1) Die Änderung des Familiennamens oder Vornamens darf nicht bewilligt werden, wenn
[…]
5. die beantragte Änderung des Familiennamens nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3, 6, 10 und 11 oder des Vornamens nach § 2 Abs. 2, gegebenenfalls in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3, 6, 10 und 11, dazu führen würde, daß eine Verwechslungsfähigkeit mit einer anderen Person im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 6 eintritt;
6. die beantragte Änderung des Familiennamens oder Vornamens dem Wohl einer hievon betroffenen, nicht eigenberechtigten Person abträglich ist;
7. der beantragte Vorname nicht gebräuchlich ist oder als erster Vorname nicht dem Geschlecht des Antragstellers entspricht;
8. der Antragsteller die Änderung eines Familiennamens oder Vornamens beantragt, den er durch eine Namensänderung auf Grund eines von ihm selbst gestellten Antrags innerhalb der letzten zehn Jahre erhalten hat; dies gilt nicht, wenn die Namensänderung nach § 2 Abs. 1 Z 5 bis 9a erfolgen soll.
Verwaltungsabgaben- und gebührenfreie Namensänderungen
§ 6. Änderungen des Familiennamens oder Vornamens, ausgenommen solche nach § 2 Abs. 1 Z 11, gegebenenfalls in Verbindung mit Abs. 2 erster Halbsatz, sind von den Verwaltungsabgaben und Gebühren des Bundes befreit.“
2. Der Bf bringt gegen die Entscheidung der belangten Behörde – auf das Wesentlichste zusammengefasst – vor, dass die Namensänderung nach § 2 Abs 2 Z 3 NÄG bereits dann zu bewilligen sei, wenn ein Vorname nicht dem Geschlecht entspreche. Dies sei in seinem Fall eben der zweite. Ein Versagungsgrund iSd § 3 Abs 1 NÄG liege hingegen nicht vor.
3.1. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Bf, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen: Wenn die belangte Behörde argumentiert, dass die Bestimmung des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG iVm § 13 Abs 2 PStG systematisch dahin gehend zu interpretieren ist, dass dieser Änderungsgrund nur für den ersten Vornamen einschlägig sei, ist ihr entgegen zu halten, dass der Einleitungssatz des § 2 Abs 2 NÄG von Gründen für die Änderung „von Vornamen“ (Mehrzahl) spricht. Bereits daraus ist zu folgern, dass die Änderungsgründe des § 2 Abs 1 Z 1 bis 6, 9a, 10 und 11 sowie jene des § 2 Abs 2 Z 1-3 für jeden – von gemäß § 13 Abs 1 PStG zulässigerweise mehreren – Vornamen gelten.
3.2. Der belangten Behörde ist zuzustimmen, wenn sie davon ausgeht, dass das Verbot, einem Kind einen dem Geschlecht widersprechenden Vornamen zu verleihen, gemäß § 13 Abs 2 PStG grundsätzlich auf den ersten Vornamen eingeschränkt ist. Dies kommt aus dem Normtext auch klar zum Ausdruck, wenn es dort heißt, dass „zumindest der erste Vorname dem Geschlecht des Kindes nicht widersprechen“ darf.
Dieser klare Bezug zum ersten Vornamen fehlt jedoch im Hinblick auf den Änderungsgrund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG gänzlich.
3.3. Wenngleich in den Materialien, auf die sich die belangte Behörde in ihrer Argumentation maßgeblich stützt, zum Ausdruck kommt, dass der Gesetzgeber als „Anlass“ für eine Namensänderung nach § 2 Abs 2 Z 3 NÄG vorwiegend die Änderung der Geschlechtszugehörigkeit einer Person oder die ursprüngliche Verleihung eines geschlechtsneutralen Vornamens vor Augen hatte, so kann dies nicht dazu führen, dass eine Namensänderung aus dem Grund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG ohne Vorliegen eines solchen „bloßen Anlasses“ nicht möglich ist. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Materialien beispielhaft Fälle aufzählen, in denen es zu einer Diskrepanz zwischen Vornamen und Geschlecht kommen kann.
Auf die Entstehungsgeschichte eines Gesetzes bzw die Absicht des Gesetzgebers ist zudem erst dann zurückzugreifen, wenn die „Ausdrucksweise“ des Gesetzes zweifelhaft bzw unklar ist (vgl Kodek in Rummel/Lukas, ABGB4 § 6 Rz 136, mwN).
Zum einen ist nun aber schon aus dem bloßen Gesetzestext eindeutig abzuleiten, dass der Änderungsgrund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG auch auf die Änderung eines von mehreren Vornamen anwendbar ist (Formulierung in § 2 Abs 2 NÄG „Änderung von Vornamen“ [Mehrzahl] und „ein Vorname nicht dem Geschlecht des Antragstellers entspricht“ [unbestimmter Artikel]).
Zum anderen ist – wie bereits dargelegt – den Ausführungen des Gesetzgebers in den Materialien nicht zu entnehmen, dass ausschließlich die darin angeführten „Anlässe“ zu einer Vornamensänderung aus dem Grund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG führen können. Eine entsprechende Absicht des Gesetzgebers, den Änderungsgrund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG – wie von der belangten Behörde angenommen – auf den ersten Vornamen zu beschränken, ist aus diesen Ausführungen jedenfalls nicht ableitbar.
3.4. Auch ein Regelungskonnex derart, dass ein zulässigerweise verliehener Vorname nicht dem Änderungsregime des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG unterliege, liegt – entgegen der Ansicht der belangten Behörde – nicht vor.
3.5. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der Änderungsgrund des § 2 Abs 2 Z 3 NÄG auch auf die Änderung eines anderen als des ersten Vornamens Anwendung findet. Da der zweite Vorname „M“ des Bf dessen Geschlecht (männlich) widerspricht, kommt eine solche Änderung daher grundsätzlich – sofern keine Versagungsgründe vorliegen – in Betracht.
4. Das Vorliegen einer Verwechslungsfähigkeit iSd § 3 Abs 1 Z 5 NÄG wurde vom Verwaltungsgericht überprüft. Dabei hat sich ergeben, dass dieser Versagungsgrund im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Der von der belangten Behörde im ursprünglichen Bescheid herangezogene Versagungsgrund des § 3 Abs 1 Z 7 leg cit ist – wie die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung offenbar erkannt hat – ebenso nicht einschlägig, zumal der iSd Antragstellung verbleibende Vorname „B“ weder nicht gebräuchlich ist noch dem Geschlecht des Bf widerspricht. Für das Vorliegen eines anderen Versagungsgrunds gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
5. Aus den angeführten Gründen war der Beschwerde stattzugeben und die Beschwerdevorentscheidung dahin gehend abzuändern, dass dem Antrag vom 9. Mai 2016 stattgegeben wird.
6. Die Änderung des Vornamens gemäß § 2 Abs 2 Z 3 NÄG ist gemäß § 6 leg cit gebührenfrei.
IV. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob die Änderung eines nicht dem Geschlecht entsprechenden Vornamens, der nicht der erste Vorname ist, unter § 2 Abs 2 Z 3 NÄG 1988 fällt, fehlt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,00 Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Christian Stierschneider