LVwG-301091/7/KLi/AKe

Linz, 20.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 10. Mai 2016 der S. B. GmbH, x, L, vertreten durch die G D M Rechtsanwälte GmbH, x, L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 6. April 2016, GZ: Ge-504/16, wegen Sicherheitsleistung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. April 2016, GZ: Ge-504/16, wurde aufgrund des Antrages der Abgabenbehörde (Finanzpolizei Team 43 für das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr) vom 23. März 2016 gemäß § 7m Abs. 1 AVRAG aufgrund eines wegen eines begründeten Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG verfügten Zahlungstopps hinsichtlich der offenen Forderungen (in unbekannter Höhe aus dem Werklohn) der H d.o.o., S, eine Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 Euro aufgetragen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, von Organen der Abgabenbehörde sei bei einer Kontrolle am 23. März 2016 in S, x, festgestellt worden, dass begründeter Verdacht wegen Übertretungen von § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG bestehe. Es seien für die von der Firma H d.o.o., S, nach Österreich zur Erbringung einer Arbeits­leistung für die Beschwerdeführerin entsandten Arbeitnehmer in fünf Fällen nicht die Lohnunterlagen gemäß § 7d Abs. 2 AVRAG nachweislich bereitgestellt worden. Es liege somit der begründete Verdacht der Übertretung von § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG durch die H d.o.o. vor. Es sei daher der von der Abgabenbehörde gemäß § 7m Abs. 1 AVRAG am 23. März 2016, bei der belangten Behörde eingelangt am 29. März 2016, verfügte Zahlungstopp hinsichtlich der offenen Forderungen (in unbekannter Höhe aus dem Werklohn) bestätigt worden. Weiters werde aufgrund obigen Zahlungstopps gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG, da aufgrund der allgemeinen Umstände anzunehmen sei, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug unmöglich oder wesentlich erschwert werde, eine Sicherheitsleistung von 20.000 Euro verhängt.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 10. Mai 2016, mit welcher der vorliegende Bescheid vollumfänglich angefochten wird.

 

Zusammengefasst bringt die Beschwerdeführerin vor, der bekämpfte Bescheid sei mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts behaftet und liege zudem eine Mangel­haftigkeit des Ermittlungsverfahrens vor.

 

Richtig sei, dass die Beschwerdeführerin von der Finanzpolizei eine gesetzeskonforme Information über die durchgeführte Kontrollhandlung am 22. März 2016 erhalten habe. Gemäß diesem Informationsschreiben sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, den Arbeitsauftrag, die Auftrags­schreiben, respektive die Verträge mit der Auftraggeber- und Subauftragnehmer­seite, Lohnunterlagen und Arbeitsaufzeichnung in deutscher Sprache sowie die ZKO 4-Meldung, A1-Formular mit Stempel der s. Gebietskranken­kasse bis zum 30.3.2016, 12:00 Uhr, vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe die geforderten Unterlagen – bis auf die Lohnunterlagen in deutscher Sprache – am 30.3.2016 im Zeitraum von 11:29 Uhr bis 13:24 Uhr an die Behörde übermittelt. Es werde angemerkt, dass das s. Subunternehmen erst am 15.3.2016 einen Subunternehmer­rahmenvertrag für Verlegearbeiten mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen und tatsächlich erst am 22.3.2016 auf der gegenständlichen Baustelle mit den entsendeten Arbeitnehmern zu arbeiten begonnen habe. Die Beschwerdeführerin habe erst nach Monatsende März 2016 die fehlenden Unterlagen nach § 7d Abs. 1 AVRAG vom Entsendebetrieb erhalten und dem zuständigen Sach­bearbeiter vorerst auf S. nachgereicht. Die Lohnunterlagen in deutscher Sprache seien in weiterer Folge nach Frist­erstreckung dem zuständigen Sach­bearbeiter der Abgabenbehörde übermittelt worden.

 

Dies vorausgeschickt sei die kurze Frist im Kontrollzeitpunkt überschießend und unverhältnismäßig, zumal die entsendeten Arbeitnehmer erst einen Tag vor der Kontrolle auf der gegenständlichen Baustelle zu arbeiten begonnen hätten. Selbstverständlich sei sich die Beschwerdeführerin ihrer gesetzlichen Verpflichtungen nach den §§ 7a ff AVRAG bewusst und habe sich auch an den verfügten Zahlungstopp gegenüber ihrem Subunternehmer gehalten.

 

Im Hinblick auf die bisherige Rechtsprechung sei die rechtliche Beurteilung insoweit falsch, als hier keine Unterschreitung des Grundlohnes und wenn überhaupt nur eine geringe vorliege und jedenfalls von einem geringfügigen Verschulden der Beschwerdeführerin auszugehen sei und deshalb jedenfalls von der Verhängung einer Strafe abzusehen und auch die Sicherheitsleistung nach dem AVRAG aufzuheben sein werde.

 

Seitens der Beschwerdeführerin werde daher beantragt, das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich möge eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben sowie das Verwaltungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin einstellen; in eventu für den Fall, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich davon ausgehe, dass die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid sowie die rechtliche Beurteilung zu Recht erfolgt seien und das Verfahren nicht mangelhaft geblieben sei, die auferlegte Sicherheitsleistung angemessen herabsetzen.

 

I.3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin für den 14. September 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die beiden Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, deren rechtsfreundlicher Vertreter sowie ein Vertreter der Abgabenbehörde ladungsgemäß erschienen sind. Die belangte Behörde war entschuldigt. In der Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage erörtert und wurden von der Beschwerdeführerin Rechnungen über den Werklohn der H d.o.o. vorgelegt.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Am 23. März 2016 haben Organe der Abgabenbehörde, eine Kontrolle auf der Baustelle in S, x, durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle wurde gegenüber der Beschwerdeführerin ein Zahlungstopp verfügt, in Hinblick auf den offenen Werklohn zu Gunsten der H d.o.o. mit Sitz in S. Der Zahlungstopp wurde mit 20.000 Euro beziffert.

 

II.2. Gegenüber der H d.o.o. liegt der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG (nicht Bereithalten der Lohnunterlagen) in fünf Fällen vor. Eine vorläufige Sicherheit gemäß § 7l AVRAG konnte nicht festgesetzt oder eingehoben werden.

 

Das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe beträgt nach § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG in fünf Fällen jeweils 20.000 Euro. Die mögliche Höchststrafe beträgt insofern 100.000 Euro.

 

II.3. Mittels Zahlungstopp vom 23. März 2016 wurde auf Grundlage der gesetzlichen Höchststrafe ein Betrag in Höhe von 20.000 Euro festgesetzt und wurde hinsichtlich dieses Betrages gegen die Auftraggeberin (also die Beschwerdeführerin) ein Zahlungstopp in Bezug auf den der Auftragnehmerin zustehenden Werklohn verfügt.

 

II.4. Der offene Werklohn im gegenständlichen Fall beträgt über 38.000 Euro. Der aushaftende Werklohn ist höher als die Höchststrafe. Der aushaftende Werk­lohn ist zwar niedriger als die zu erwartende Höchststrafe von 100.000 Euro, allerdings sieht das Gesetz eine maximale Höhe der Sicherheitsleistung mit 20.000 Euro vor.

 

II.5. Der Zahlungstopp wurde von der Abgabenbehörde – obwohl es sich um ein s. Unternehmen handelt – verfügt. Ausgeführt wurde dazu, dass der Zahlungstopp aufgrund der sehr hohen Strafdrohung (eventuell sogar im Verhältnis zur Auftragssumme), dem Umstand, dass keine Steuernummer beim Finanzamt Graz-Stadt vorliege bzw. das in Hinblick auf vorangegangene Verwaltungsstrafverfahren Probleme bei der Verfolgung und/oder Einbringung bestanden hätten, verhängt wird.

 

II.6. Trotz des verhängten Zahlungstopps vom 23. März 2016 bzw. trotz des verfahrensgegenständlichen Bescheides auf Erlag einer Sicherheitsleistung (Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung) hat die Beschwerdeführerin darauffolgend Rechnungen (also Werklöhne) an die H d.o.o. dennoch bezahlt.

 

Die zuletzt gelegten beiden Rechnungen wurden aufgrund von Gegenforderungen (Pönalen, etc.) nicht mehr bezahlt und ergibt sich nach erfolgter Aufrechnung sogar ein Guthaben zu Gunsten der Beschwerdeführerin.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zur durchgeführten Kontrolle und zum verfügten Zahlungstopp ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde. Diese Fest­stellungen sind unstrittig.

 

III.2. Der bestehende Verdacht gegenüber der H d.o.o. geht ebenfalls aus dem Akteninhalt hervor. Außerdem hat sich im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht ergeben, dass mittlerweile ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäftsführer der H d.o.o. eingeleitet wurde bzw. zwischenzeitig sogar ein Straferkenntnis der belangten Behörde erlassen wurde. Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Geschäfts­führer der H d.o.o. ist insofern bereits anhängig. Dies wurde im Zuge der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht vom Vertreter der Finanz­polizei mitgeteilt.

 

III.3. Die Feststellungen zum offenen Werklohn wurden im Zuge der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht erörtert. Die Beschwerdeführerin hat die bezughabenden Rechnungen der H d.o.o. vorgelegt, aus welchen sich ergibt, dass der Werklohn mehr als 38.000 Euro betrug. Ebenfalls ergibt sich aber auch aus diesen Rechnungen und den vorgelegten Überweisungsbelegen, dass die Beschwerdeführerin entgegen dem verfügten Zahlungstopp dennoch Werklöhne an die H d.o.o. überwiesen hat. In Bezug auf nicht bezahlte Rechnungen machte die Beschwerdeführerin Aufrechnungsansprüche (Pönalen, etc.) geltend. Entgegen dem verhängten Zahlungstopp steht insofern fest, dass Zahlungen an die H d.o.o. bzw. Aufrechnungen mit dem Werklohn dennoch erfolgten.

 

III.4. Im Zuge der Verhandlung vor dem erkennenden Gericht wurde ebenfalls erörtert, inwiefern die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens, die Straf­verfolgung bzw. die Strafvollstreckung erschwert oder unmöglich sein könnten. Diesbezüglich wurde zunächst erörtert, dass nach einer Auskunft von BKA-Wiki keine Probleme der Strafverfolgung bzw. –vollstreckung in S bestehen. Auch im Hinblick auf das konkrete Unternehmen, H d.o.o. konnte nicht festgestellt werden, dass die Verfolgung und/oder Vollstreckung gefährdet sein würde. Einerseits hat sich ergeben, dass ohnehin bereits ein Straferkenntnis gegen den Geschäftsführer dieses Unternehmens erlassen wurde. Der Vertreter der Finanzpolizei hat außerdem bekanntgegeben, dass nach den ihm vorliegenden Informationen keine Hinweise darauf bestehen, dass die Voll­streckung gegenüber der H d.o.o. gefährdet sein könnte. Ihm liegt kein negatives KSV-Ranking vor, auch schleppende Zahlungen, Ermahnungen oder ein Insolvenzverfahren sind nicht bekannt.

 

 

IV. Rechtslage:

 

Gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG kann, wenn der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den §§ 7b Abs. 8, 7i oder 7k Abs. 4 vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin (Auftragnehmer/in) oder in der Person des Überlassers oder der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, die Bezirksverwaltungsbehörde dem/der Auftraggeber/in, bei einer Überlassung dem/der Beschäftiger/in durch Bescheid auftragen, den noch zu leistenden Werk­lohn oder das noch zu leistende Überlassungsentgelt oder einen Teil davon als Sicherheit binnen einer angemessenen Frist zu erlegen. Mit Erlassung dieses Bescheides fällt der Zahlungsstopp weg. Die Sicherheitsleistung darf nicht höher sein als das Höchstmaß der angedrohten Geldstrafe (§ 7m Abs. 6 AVRAG).

 

Gemäß § 7i Abs. 4 Z 2 begeht, wer als Überlasser/in im Falle einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung nach Österreich entgegen § 7d Abs. 2 die Lohnunterlagen dem/der Beschäftiger/in nicht nachweislich bereitstellt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungs­behörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeiternehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Wie sich aus der Sachverhaltsdarstellung im Zusammenhang mit den Erhebungen der Finanzpolizei ergibt, besteht ein begründeter Verdacht von Verwaltungsübertretungen des s. Unternehmens nach § 7d Abs. 2 iVm § 7i Abs. 4 Z 2 AVRAG (Nichtvorlage der Lohnunterlagen in fünf Fällen). Gemäß § 7m Abs. 3 AVRAG kann in dem Fall, dass der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach den Bestimmungen des AVRAG vorliegt und aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Arbeitgebers bzw. der Überlasserin liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde, eine Sicherheitsleistung aufgetragen werden.

 

V.2. Im vorliegenden Fall liegt ein begründeter Verdacht von Verwaltungs­übertretungen gemäß § 7d Abs. 2 AVRAG vor. Jedoch ist es kumulativ als weitere Voraussetzung erforderlich, dass aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass die Strafverfolgung oder der Strafvollzug aus Gründen, die in der Person des Auftragnehmers oder Überlassers liegen, unmöglich oder wesentlich erschwert sein werde. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben.

 

V.3. Im Grunde der Verlautbarung des Bundeskanzleramtes auf der Internetseite „BKA-Wiki – Internationale Rechtshilfe“, welche umfassende Informationen zur internationalen Rechtshilfe in Verwaltungs(straf)sachen zur Verfügung stellt, ist eine Strafverfolgung und Strafvollstreckung hinsichtlich S uneingeschränkt möglich. S ist dem Rahmenbeschluss 2005/20014/JI beigetreten und hat ihn umgesetzt. Es fehlt daher die zitierte kumulativ erforderliche Voraussetzung einer/eines unmöglichen bzw. wesentlich erschwerten Strafverfolgung bzw. Strafvollzuges.

 

Im Gegensatz zu der vorläufigen Sicherheit nach § 7l AVRAG und einem Zahlungstopp nach § 7m AVRAG als vorläufige Sofortmaßnahmen ohne ein behördliches Verfahren und ohne Bescheidform setzt die Sicherheitsleistung durch die Behörde – wenn auch in eingeschränktem Ausmaß – ein Verfahren voraus (z.B. Erhebungen über Höhe und Fälligkeit des Werk­lohnes/Überlassungsentgeltes gemäß § 7m Abs. 6 AVRAG). In diesem Zusammenhang ist es der Behörde auch möglich und zumutbar, zu erheben, ob eine Strafverfolgung oder ein Strafvollzug möglich oder erschwert sein wird; dies insbesondere im Hinblick auf die oben angeführte, allgemein zugängliche Information zur internationalen Rechtshilfe.

 

Treten daher zum Merkmal des ausländischen Wohnsitzes/Sitzes des Auftrag­nehmers/Überlassers keine zusätzlichen (bestimmten) Tatsachen für eine wesentliche Erschwernis hervor, ist daher die Annahme einer/s unmöglichen oder wesentlich erschwerten Strafverfolgung/Strafvollzuges nicht gerechtfertigt (vgl. auch die analog heranzuziehende Judikatur des VwGH zu § 37 Abs. 1 Z 2 lit.a VStG bzw. § 37a Abs. 1 Z 2 lit.a VStG).

 

V.4. Die belangte Behörde hat keine Erhebungen zum aushaftenden Werklohn getätigt, wenngleich ihr dies möglich gewesen wäre. Erst im Verfahren vor dem erkennenden Gericht hat sich ergeben, dass der Werklohn über 38.000 Euro beträgt. Zusätzlich hat sich allerdings auch ergeben, dass dieser Werklohn entgegen dem Zahlungstopp dennoch entweder im Wege der Überweisung bzw. Aufrechnung abgerechnet wurde.

 

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass bei Zahlungen, welche entgegen einem verhängten Zahlungstopp erfolgen, der Werklohn im Verfahren nach § 7m Abs. 3 AVRAG als nicht geleistet gilt (vgl. § 7m Abs. 1 AVRAG). Mit anderen Worten muss in einem derartigen Fall – so die Sicherheitsleistung zu Recht auferlegt wurde – diese nochmals geleistet werden. Im gegenständlichen Fall hätte daher – bei Vorliegen der Voraussetzungen – die Beschwerdeführerin die Sicherheit trotz Verrechnung des Werklohns mit der s. Firma an die belangte Behörde zu leisten.

 

V.5. Darüber hinaus hat die belangte Behörde auch keinerlei Erhebungen dazu getätigt, inwiefern im gegenständlichen Fall die Strafverfolgung bzw. der Straf­vollzug erschwert bzw. unmöglich sein könnte. Die belangte Behörde hat keine Erhebungen im Hinblick auf das internationale Rechtshilfeabkommen (BKA-Wiki) getätigt. Auch hat die belangte Behörde keine Erhebungen dahingehend getätigt, inwiefern im Hinblick auf das konkrete Unternehmen Erschwernisse oder Unmöglichkeit bestehen könnten.

 

Erst im Verfahren vor dem erkennenden Gericht hat sich ergeben, dass in Hinblick auf das genannte s. Unternehmen keine im Unternehmen selbst liegenden Gründe für eine Erschwernis bzw. Unmöglichkeit der Verfolgung und/oder Vollstreckung bestehen, zumal nach Auskunft der Abgabenbehörde weder ein negatives KSV-Ranking vorliegt, noch Kenntnis darüber besteht, dass schleppende Bezahlungen, ständige Mahnungen, Insolvenzgefahr, u. dgl. bestehen würden. Insofern konnten Erschwernisse bzw. eine Unmöglichkeit gerade nicht festgestellt werden. Vielmehr hat sich sogar ergeben, dass bereits ein Straferkenntnis gegen den Geschäftsführer des s. Unternehmens erlassen wurde.

 

V.6. Somit hat sich aber im Verfahren vor dem erkennenden Gericht ergeben, dass die Voraussetzungen für die Erlegung einer Sicherheit gerade nicht bestehen. Mangels Vorliegen dieser Voraussetzungen durfte daher die Bezirksverwaltungsbehörde keinen bescheidmäßigen Auftrag zum Erlag einer Sicherheitsleistung erteilen. Aus diesem Grund war daher der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

VI.2. Zu den Voraussetzungen der Gefährdung bzw. Unmöglichkeit der Strafverfolgung bzw. Strafvollstreckung kann auf die bestehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden. Wenngleich die Bestimmungen des VStG für das AVRAG nicht unmittelbar anwendbar sind, lässt die Rechtsprechung zu den generellen Voraussetzungen einer Sicherheitsleistung dennoch Rückschlüsse zu, weshalb die ordentliche Revision für unzulässig zu erklären war.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer