LVwG-151033/2/DM
Linz, 20.09.2016
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde des J P, W x, x L, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 02.04.2016, GZ: RM-Bau-150071-06 (0058945/2015 MDion RM), betreffend einen baupolizeilichen Auftrag, den
B E S C H L U S S
gefasst:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 i.V.m. § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1. Mit dem Berufungsbescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz wurden dem nunmehrigen Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) mehrere auf die §§ 24, 25 sowie 49 Oö. Bauordnung 1994 gestützte baupolizeiliche Aufträge erteilt. Der Bescheid enthielt eine korrekte Rechtsmittelbelehrung mit der darin genannten vierwöchigen Beschwerdefrist. Der Bescheid wurde nach erfolglosem Zustellversuch an der Wohnadresse des Bf ab 04.05.2016 in der Postfiliale x L zur Abholung hinterlegt.
2. Am 12.06.2016 brachte der Bf eine als Berufung/Begehren bezeichnete Beschwerde gegen den Berufungsbescheid vom 02.04.2016 ein.
3. Mit Verfahrensanordnung vom 15.06.2016 benachrichtigte die belangte Behörde den Bf davon, dass seine Beschwerde verspätet eingebracht wurde. Die belangte Behörde räumte dem Bf die Möglichkeit ein, binnen einer Frist von zwei Wochen zum Vorhalt der Verspätung der Beschwerde Stellung zu beziehen.
4. Am 20.06.2016 erklärte der Bf in einem Schreiben an die belangte Behörde, er hätte Kommunikationsschwierigkeiten mit seinem Rechtsnachfolger, welcher nach einer krankheitsbedingten Bettlägerigkeit des Bf dessen Angelegenheiten regeln sollte. Er führte weiters persönliche Schicksalsschläge an, die ihn zeitlich in Anspruch genommen hätten. Im Übrigen finden sich in dem Schreiben inhaltliche Argumentationen gegen die per Bescheid erlassen baupolizeilichen Aufträge.
5. Am 22.06.2016 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung. Darin wird der Verfahrensverlauf wie in den oben angeführten Punkten 1. – 4. dargelegt sowie die Rechtslage zitiert. Die belangte Behörde verweist auf das verspätet eingebrachte Rechtsmittel durch Ablauf der zwingend gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsmittelfrist und weist die Beschwerde als verspätet zurück.
6. Am 09.07.2016 brachte der Bf beim Magistrat der Landeshauptstadt Linz den Antrag auf Vorlage seiner Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht ein. Mit Schreiben vom 21.07.2016 wurde sodann der Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht übermittelt.
II. Beweiswürdigung:
1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt war bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG konnte die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, weil die Beschwerde des Bf zurückzuweisen war.
2. Der dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt, im Hinblick auf die Zustellung des gegenständlichen Berufungsbescheids insbesondere aus dem im Akt befindlichen Rückschein.
III. Rechtslage:
1. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 82/2015:
„Beschwerderecht und Beschwerdefrist
§ 7. ... (4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, ... beträgt vier Wochen. ... Sie beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,
...
Vorverfahren
Anzuwendendes Recht
§ 11. Soweit in diesem und im vorangehenden Abschnitt nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren nach diesem Abschnitt jene Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die die Behörde in einem Verfahren anzuwenden hat, das der Beschwerde beim Verwaltungsgericht vorangeht.
Beschwerdevorentscheidung
§ 14. (1) Im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 BVG steht es der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.
...
Vorlageantrag
§ 15. (1) Jede Partei kann binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde den Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). …
...
Erkenntnisse und Beschlüsse
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
...
Beschlüsse
§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
...
2. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 161/2013:
§ 21. Zustellungen sind nach dem Zustellgesetz vorzunehmen.
...
§ 32. ... (2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
§ 33. ... (4) Durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen können, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
3. Zustellgesetz (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013:
Begriffsbestimmungen
§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
1. „Empfänger“: die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solcher bezeichnete Person;
...
3. „Zustelladresse“: eine Abgabestelle (Z 4) oder elektronische Zustelladresse (Z 5);
4. „Abgabestelle“: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort
...
7.„Zustelldienst“: ein Universaldienstbetreiber (§ 3 Z 4 PMG);
...
Zustellung an den Empfänger
§ 13. (1) Das Dokument ist dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen. ...
Hinterlegung
§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf der Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit diesem Tag als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
Der angefochtene Berufungsbescheid vom 02.04.2016 wurde laut Zustellverfügung an die Wohnadresse des Bf und somit an eine geeignete Abgabestelle gerichtet. Der Bescheid wurde laut Rückschein nach Vornahme eines erfolglosen Zustellversuches bei der Postfiliale x L hinterlegt und ab 04.05.2016 zur Abholung bereitgehalten. Der Bescheid gilt mit diesem Datum als zugestellt. Die vierwöchige Frist zur Einbringung einer Beschwerde endete daher mit Ablauf des 01.06.2016.
Die mit 12.06.2016 bei der belangten Behörde per E-Mail eingebrachte Beschwerde war sohin verspätet.
Die belangte Behörde hielt dem Bf daraufhin entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 11.03.2016, Ra 2015/06/0088; 24.11.2011, 2011/23/0269) die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vor und gab ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme. Von dieser Möglichkeit nahm der Bf Gebrauch, er hat jedoch in seiner Stellungnahme vom 20.06.2016 weder einen Zustellmangel behauptet noch in sonstiger Weise die Verspätung des Rechtsmittels bestritten. Auch im Vorlageantrag bringt er diesbezüglich nichts vor.
Wie daher bereits die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt hat, konnten die vom Bf vorgetragenen – menschlich nachvollziehbaren und durchaus verständlichen – Umstände aus rechtlichen Gründen zu keiner anderslautenden Entscheidung führen, weil der durch die ordnungsgemäße Zustellung eines Bescheides ausgelöste Lauf der Beschwerdefrist nach den einschlägigen Bestimmungen des VwGVG und AVG weder unterbrechbar noch verlängerbar ist (siehe § 33 Abs. 4 AVG; Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 33 Rz 11 [Stand 1.1.2014, rdb.at]).
Wegen der Verspätung der Beschwerde war sie einer inhaltlichen Beurteilung nicht zugänglich. Sie war daher zurückzuweisen. Der Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 02.04.2016, GZ: RM-Bau-150071-06 (0058945/2015 MDion RM), ist rechtskräftig.
V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass aufgrund der Verspätung des eingebrachten Rechtsmittels dieses einer inhaltlichen Beurteilung nicht zugänglich war und die Beschwerde gemäß § 7 Abs. 4 iVm § 31 VwGVG mittels Beschluss als verspätet zurückzuweisen war.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Doris Manzenreiter