LVwG-840118/16/JS LVwG-840120/2/JS

Linz, 27.09.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Jörg Steinschnack über den Antrag der X AG, X, X, vertreten durch X Rechtsanwälte, X, X, vom 18. August 2016 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 8. August 2016 im Vergabeverfahren der X GmbH betreffend das Vorhaben „Tiefenbohrung X X, Abteufen einer Tiefenbohrung zur Gewinnung von Thermalwasser“ unter Beitritt der X GmbH, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. R M, X, X, als mitbeteiligte Partei

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Dem Antrag vom 18. August 2016 wird gemäß §§ 1, 2 und 7 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 - Oö. VergRSG 2006,
LGBl. Nr. 130/2006 idF LGBl. Nr. 90/2013, stattgegeben und die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 8. August 2016 für nichtig erklärt.

 

 

II.      Die X GmbH wird als Auftraggeberin gemäß § 23 Oö. VergRSG 2006 verpflichtet, der Antragstellerin die entrichteten Pauschalgebühren in Höhe von 9.000 Euro (für Nachprüfungsverfahren und einstweilige Verfügung) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu Punkt I.:

 

1.1. Mit Eingabe vom 18. August 2016 - fristgerecht verbessert mit Schriftsatz vom 19. August 2016 - stellte die X AG (im Folgenden: Antragstellerin) einen Antrag auf Nichtigerklärung der zu Gunsten der X GmbH (im Folgenden: präsumtive Zuschlagsempfängerin) bekanntgegebenen Zuschlagsentscheidung vom 8. August 2016 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zu untersagen. Im Übrigen wurden die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren beantragt.

Begründend führte die Antragstellerin hierzu aus, dass sich der Nachprüfungs­antrag gegen die am 8. August 2016 übermittelte Zuschlagsentscheidung der X GmbH (im Folgenden: Auftraggeberin), dem Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Vergabeverfahren „Tiefenbohrung X X, Abteufen einer Tiefenbohrung zur Gewinnung von Thermalwasser“ den Zuschlag erteilen zu wollen, richte. Die Antragstellerin erachtete sich in ihren Rechten auf

- Zuschlagsentscheidung und Zuschlagserteilung zu ihren Gunsten;

- Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin;

- Gleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung;

- Durchführung eines fairen Vergabeverfahrens, Vergabe zu angemessenen Preisen an einen geeigneten Bieter sowie vergaberechtskonforme Angebots­prüfung;

- Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung in entsprechender Begründungstiefe;

verletzt.

Zur Zulässigkeit wurde vorgebracht, dass die Auftraggeberin ein öffentlicher Auftraggeber sei und der Nachprüfungskompetenz des Landesverwaltungs­gerichtes Oberösterreich unterliege. Gegenstand sei ein Bauauftrag im Ober­schwellenbereich. Der Nachprüfungsantrag sei rechtzeitig und sei die Antrag­stellerin durch die gegenständliche Zuschlagsentscheidung beschwert, da sie ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe und laut Zuschlagsentscheidung zweitgereiht sei. Die Auftraggeberin habe im Amtsblatt der EU zu
ABl./x Bohrungs- und Explorationsarbeiten für die Bohrung X X als Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Ober­schwellenbereich ausgeschrieben. Gegenstand der Ausschreibung seien Bohr- und Verrohrungsarbeiten inklusive Serviceleistungen (Zementationen, geophysi­kalische Bohrlochmessungen, Verrohrungen, Säurestimulationen) und wasser­wirtschaftliche Versuche.

Den Ausschreibungsbedingungen sei im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen: Die Ausschreibung habe das Ziel gehabt, mittels Verhandlungsverfahren die Tiefenbohrung X in der Gemeinde X als gesamte Bauleistung zu vergeben. Ende der Angebotsfrist sei der 31. Mai 2016, 13.00 Uhr, gewesen. Aufgrund von Änderungen zur Ausschreibung sei von der vergebenden Stelle der Angebotsabgabetermin auf 6. Juni 2016, 11.00 Uhr, erstreckt worden. Ausgeschrieben worden sei nach dem Bestbieterprinzip. Die zusätzliche Abgabe von Alternativangeboten sei zulässig. Die alleinige Abgabe eines Alternativ­angebots sei nicht zulässig gewesen. Zur Eignung sei im Leistungsverzeichnis Folgendes gefordert worden:

Unter der Überschrift „Angebotsbeurteilung“ in Teil 1 der Ausschreibungsunter­lagen (kurz: AU) verweise die Auftraggeberin insbesondere auf Teil 2 Punkt 4. „Anforderungen an das technische Equipment“ und hier auf die dazugehörige Beilage 3 „Mindestanforderungen an technisches Equipment“ und die darin normierten KO-Kriterien. Es sei der ausdrückliche Hinweis erfolgt, dass bei Nichterfüllung von KO-Kriterien das Angebot ausgeschieden werde. In den Mindestanforderungen an das technische Equipment sei in den Randzahlen 46-54 (Rubrik Spülpumpen) Nachstehendes angeführt:

 

 

 

X-Anforderungen

KO- Kriterium

46

Spülungssystem

 

Type

X

ja

47

 

 

Anzahl

mind.2

ja

48

 

 

Baujahr oder letzte Überholung

nicht älter als 2 Jahre

ja

49

 

 

Nenneingangsleistung

... kW

 

50

 

Spülpumpen

hydraulische Nennleistung

mind. 1.300 HP pro Pumpe (1.600 bevorzugt)

ja

51

 

 

Pumpenausgangsdruck

mind. 5.000 psi

ja

52

 

 

Durchfluss

mind. 3.500l/min

 

53

 

 

Zirkulationssystem

komplett mit Vorlade­pumpe, X und funktionsfähigen Pulsationsdämpfen

 

54

 

 

Pulsationsdämpfer

entsprechend Druckgeräterichtlinie od. vergleichbar

 

               

 

Von der Auftraggeberin seien also zwei Pumpen mit einer hydraulischen Nenn­leistung von mindestens 1.300 HP pro Pumpe gefordert und sei diese Anfor­derung als „KO Kriterium“ ausgewiesen. Im Teil 6 der AU sei unter Punkt 2. „Allgemeines“ gefordert, dass der Bieter den Abschluss einer Haftpflichtver­sicherung mit Angabe der Deckungssummen für Sach- und Personenschäden, jedenfalls in Höhe von mindestens 10 Mio Euro, nachzuweisen habe. Alternativ sei vom Bieter eine entsprechende Bestätigung vorzulegen, dass eine ent­sprechende Versicherung im Auftragsfall abgeschlossen werde. Nach Infor­mationen der Antragstellerin zufolge habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin die in der Ausschreibung geforderten Spülpumpen (Leistung mindestens
1.300 HP pro Pumpe, 1.600 HP bevorzugt) nicht angeboten und verfüge auch nicht über solche Pumpen. Darüber hinaus hätte die präsumtive Zuschlags­empfängerin nicht über den in der Ausschreibung geforderten Versicherungs­schutz verfügt und habe auch keine den Versicherungsnachweis ersetzende Bestätigung vorgelegt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge nicht über die geforderte Eignung, die ausgeschriebene Leistung auszuführen. Auch habe sie die in der Ausschreibung geforderten Referenzen nicht nachweisen können.

Aus der am 8. August 2016 übermittelten Zuschlagsentscheidung gehe hervor, dass die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin gefallen sei. Begründet sei diese Entscheidung dahingehend worden, dass das Angebot der Antragstellerin mit einem relevanten Preis von 6.050.783,31 Euro (= 57,6 Punkte) wesentlich über jenem der präsumtiven Zuschlagsempfängerin  (4.978.485,50 Euro = 70 Punkte) liegen würde. Die Zusagen und Bestätigungen zum Teil 4 wären maximal erfüllt worden (10 von möglichen 10 Punkten). Ebenso seien die Zusagen und Bestätigungen bzw. Abweichungen zum Teil 3 maximal erfüllt worden (20 von möglichen 20 Punkten).

Zum Schaden und Interesse führte die Antragstellerin aus, dass sie ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt und dadurch ihr Interesse an der Erbringung der ausgeschriebenen Leistung dokumentiert habe. Bisher seien ihr Kosten in Höhe von ca. 100.000 Euro entstanden, welche sich im Wesentlichen aus den Kosten für die Angebotsstellung zusammensetzen würden. Hinzu würden noch die vorprozessualen rechtlichen Beratungskosten in Höhe von ca. 3.500 Euro kommen. Bei rechtswidriger Zuschlagserteilung seien diese aufgewendeten Kosten frustriert. Die Antragstellerin habe ein erhebliches Erfüllungsinteresse am gegenständlichen Auftrag in Höhe von zumindest 15 % der Angebotssumme, somit von ca. 900.000 Euro. Die gegenständliche Vergabe wäre ein wichtiger Beitrag zur notwendigen Betriebsauslastung und stelle ein wichtiges Referenzprojekt für künftige Ausschreibungen dar. Das Projekt sichere ihre fortgesetzte technische Leistungsfähigkeit in den kommenden Jahren. Begründend wurde weiters ausgeführt, dass die präsumtive Zuschlags­empfängerin nicht über den in der Ausschreibung geforderten Versicherungs­schutz verfüge und auch keine entsprechende Bestätigung vorgelegt habe, dass sie im Fall der Auftragserteilung eine entsprechende Versicherung für Sach- und Personenschäden eindecken werde. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe bis zum Ende der Angebotsfrist für ein Last and Final Offer kein vollständiges Angebot gelegt und wäre daher gemäß § 269 Abs. 1 Z 2 und 5 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe die als Mindestanforderung an das technische Equipment geforderten Spülpumpen nicht angeboten und verfüge auch nicht über solche Pumpen. Die von dieser ange­botene Bohranlage X verfüge nicht über derartige Pumpen. Die in der Bohranlage X verwendeten Pumpen würden bei weitem nicht die angeführte Mindestleistung von 1.300 HP erbringen. Es wäre daher das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mangels Erfüllung der Mindestkriterien zwingend gemäß § 269 Abs. 1 Z 5 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen. Es genüge bereits das Vorliegen eines Ausscheidensgrundes, um das Ausscheiden eines Angebots zu rechtfertigen (BVA 21.01.2005, 17 N-116/04-32). Im Übrigen sei das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin nicht seriös kalkuliert und enthalte bei den Eventualpositionen spekulative Preise, die in die Angebotsbewertung eingeflossen seien. Entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben müsse der Auftraggeber Aufklärung über die Positionen des Angebots verlangen und eine vertiefte Angebotsprüfung vornehmen, wenn das Angebot einen im Verhältnis zur Leistung ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis aufweise. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin weise im Verhältnis zur zu erbringenden Leistung einen ungewöhnlich niedrigen Gesamtpreis auf, weshalb die Auftraggeberin verpflichtend eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen hätte müssen, weil eine solche nicht im Ermessen des Auftraggebers liege. Die Antragstellerin gehe weiterhin davon aus, dass zwischen dem Erst- und Letztangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin eine erhebliche Preis­differenz bestehe, die die Auftraggeberin zusätzlich zu einer Preisprüfung ver­pflichtet hätte. Das Preisangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei nicht adäquat zu der der Ausschreibung zugrunde liegenden Leistung und keinesfalls betriebswirtschaftlich erklär- und nachvollziehbar. Vielmehr liege ein auffallendes Missverhältnis von Preis und Leistung vor. Der Verstoß gegen die Verpflichtung zur vertieften Angebotsprüfung und die pflichtwidrig unterlassene Prüfung, ob auch alle ausschreibungsgemäß geforderten Leistungen angeboten wurden, seien relevant. Hätte die Auftraggeberin die geforderte Angebotsprüfung richtig durchgeführt, wäre die gegenständliche Zuschlagsentscheidung nicht ergangen; vielmehr wäre das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gemäß § 269 Abs. 1 Z 2, Z 3 und Z 5 BVergG 2006 auszuscheiden gewesen. Die Antragstellerin hätte am Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin ein persönliches rechtliches Interesse, weil nach Ausscheidung dieses Angebots ihr Angebot den Zuschlag erhalten hätte. Im Ergebnis wäre nur ihr Angebot zur Vergabe geeignet gewesen.

Im Sinne des § 272 Abs. 1 BVergG 2006 lasse im Bestbieterverfahren nur die Gegenüberstellung der Angebote erkennen, aus welchen Gründen die Zuschlags­entscheidung zu Gunsten des einen und zu Lasten des anderen Bieters erfolgt sei (LVwG-840098/6/JS/FE vom 20.4.2016). Die vorliegende Zuschlagsentscheidung werde diesen rechtlichen Vorgaben nicht gerecht: Abgesehen vom Angebotspreis sei bei den übrigen Zuschlagskriterien das Angebot der Antragstellerin nicht jenem der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gegenübergestellt worden. Bei den neben dem Angebotspreis angeführten weiteren Zuschlagskriterien sei nicht klar, ob die von der Auftraggeberin genannten Punkte sich auf das Angebot der Antragstellerin oder auf jenes der mitbeteiligten Partei beziehen. Die Auftrag­geberin hätte zumindest die von der Antragstellerin nach den einzelnen Zuschlagskriterien erreichten Punkte jenen der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin gegenüberstellen müssen. Aus der Zuschlagsentscheidung gehe nicht einmal hervor, mit wie vielen Punkten das Angebot der Antragstellerin insgesamt bewertet worden sei. Abgesehen davon, sei auch die verbale Begründung der Zuschlagsentscheidung nicht hinreichend. Es sei zu wenig, als Grund für die Ablehnung des Angebots anzuführen, dass dieses aus „wirtschaftlichen Gründen“ nicht berücksichtigt werden konnte. Diese Informationen wären für die Antrag­stellerin unerlässliche Grundlage dafür gewesen, um eine Einschätzung treffen zu können, ob die Zuschlagsentscheidung rechtens getroffen worden sei oder nicht und dementsprechend eine Bekämpfung aussichtsreich wäre. Die vorliegende Zuschlagsentscheidung verfüge nicht über die geforderte Begründungstiefe, die ihr die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages und damit einen effektiven Rechtsschutz ermöglicht hätte. Die Zuschlagsentscheidung sei daher mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

1.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat zunächst die X GmbH (im Folgenden: vergebende Stelle) und in weiterer Folge die Auftraggeberin sowie die präsumtive Zuschlagsempfängerin als mitbeteiligte Partei am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

 

1.2.1. Zum Sachverhalt verwies die Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag vom 25. August 2016 darauf, dass sie mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union vom X (Referenz:
2016/x) Bohrungs- und Explorationsarbeiten ausgeschrieben habe. Gegenstand der Ausschreibung sei die Tiefenbohrung X X mit dem Leistungsinhalt Bohr- und Verrohrungsarbeiten inklusive Serviceleistungen (Zementationen, geophysikalische Bohrlochmessungen, Verrohrungen, Säurestimulationen) und wasserwirtschaftliche Versuche.

Vier Bieter hätten Angebote abgegeben, darunter das Angebot der nunmehrigen Antragstellerin sowie der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, wobei das Verfahren elektronisch über das Lieferantenportal der vergebenden Stelle abge­wickelt worden sei. Die Ermittlung des Bestangebots sei anhand der Kriterien Preis und Qualität mit einer Gewichtung von 70 zu 30 Punkten bzw. Prozent (vgl. Punkt 4. der Ausschreibungsunterlagen Teil 1 - Angebotsgrundlagen) erfolgt. Den Ausschlag zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin hätte der Preis ergeben. Bei den Qualitätspunkten hätte die präsumtive Zuschlagsempfängerin 25 Punkte (von 30) erreicht. Die bekämpfte Zuschlagsentscheidung sei am
8. August 2016 ergangen.

Die Auftraggeberin führte weiters aus, dass sie weder Sektorenauftraggeber im Sinne der §§ 163 ff BVergG noch öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 3 BVergG sei. Die Auftraggeberin übe keine Sektorentätigkeit aus und habe die gegenständliche Ausschreibung freiwillig unter Einhaltung der Regelungen des Sektorenregimes des BVergG durchgeführt, ohne dass sie hierzu verpflichtet gewesen wäre. Eine Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberöster­reich könne dadurch nicht begründet werden. Ausschreibungsgegenständlich sei nach der Auftragsbekanntmachung das Abteufen der Tiefenbohrung X X. Der Leistungsumfang sei wie folgt beschrieben:

 

„1.1. Projektbeschreibung

Niederbringung von einer vertikalen Tiefbohrung bis auf eine Planteufe von 2.610 m (Maximalteufe 2.850 m) mit einem Bohrdurchmesser 9 ½" (X X), Durchführung von geophysikalischen Bohrlochmessungen, Verrohrungen und Zementationen, Säurestimu­lationen und wasserwirtschaftlichen Versuchen.

Bundesland: O Bezirk: X

Gemeinde: X

1.2. Gegenstand der Ausschreibung

Bohr- und Verrohrungsarbeiten inkl. Serviceleistungen (Zementationen, geophysikalische Bohrlochmessungen, Verrohrungen, Säurestimulationen) und wasserwirtschaftliche Ver­suche.

(Punkt 1. der Angebotsgrundlagen)“

 

Es bestehe kein Zusammenhang zur Bereitstellung eines Netzes oder der Ein­speisung in ein Netz: Gegenständlich käme denkmöglich nur die Sektoren­tätigkeit des § 167 BVergG 2006 betreffend den Bereich Gas, Wärme und Elektrizität in Betracht. Aber auch diese scheide aus, denn die ausschreibungs­gegenständliche Tiefenbohrung betreffe weder eine Bereitstellung bzw. ein Betreiben fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Erzeugung, der Fortleitung und der Abgabe von Gas und Wärme (§ 167
Abs. 1 Z 1 BVergG), noch eine Einspeisung von Gas oder Wärme in diese Netze (Z 2 leg. cit.). Gegenstand der Ausschreibung und des Projektes sei eine Tiefen­bohrung. Eine Bereitstellung von Netzinfrastruktur und/oder eine Einspeisung würden dazu in keinem Zusammenhang stehen. Die Tiefenbohrung diene nämlich dem Zwecke der Durchführung wasserwirtschaftlicher Versuche (auf die sich auch die wasserrechtliche Bewilligung beschränke und von deren Ergebnissen das weitere Schicksal abhänge).

Die Tätigkeiten „Aufsuchen“ und „Förderung (Gewinnung)“ seien abschließend durch § 171 BVergG 2006 erfasst: Dass die gegenständliche Tiefenbohrung in keinem Zusammenhang mit den Sektorentätigkeiten „Netzbereitstellung“ bzw. „Einspeisung“ stehe, folge überdies auch aus § 171 BVergG e contrario: Wäre die Förderung (Gewinnung) von (z.B.) Gas ohnehin schon vom Sektorentatbestand des § 167 BVergG erfasst, wäre § 171 BVergG schlicht anwendungslos. Es gäbe keinen Grund, für diese Tätigkeiten einen gesonderten Tatbestand vorzusehen. Feststehe daher, dass die Förderung von Rohstoffen (noch) in keinem Zusam­menhang zur Sektorentätigkeit Bereitstellung/Betreiben fester Netze bzw. Ein­speisung in diese Netze stehe. Wenn aber nicht einmal die „Förderung“ unter
§ 167 BVergG 2006 falle, so gelte dies für eine Tiefenbohrung für Versuchs­zwecke, die der Förderung ja nochmals vorgelagert (und von einem für § 167 BVergG erforderlichen Netz- bzw. Einspeisebezug sohin umso weiter entfernt) sei, allemal. § 171 BVergG könne gegenständlich wiederum nicht anwendbar sein, weil Thermalwasser augenscheinlich keinem der in § 171 BVergG genann­ten Rohstoffe (Erdöl, Gas, Kohle und anderen festen Rohstoffen) unterfalle.

Der Vollständigkeit halber sei auszuführen, dass die Auftraggeberin auch keine öffentliche Auftraggeberin sei: § 3 Abs. 1 Z 1 und Z 3 BVergG sei hinsichtlich der Auftraggeberin offenkundig nicht einschlägig. § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG sei nicht anwendbar, da es bereits an dem für die Einstufung als „Einrichtung des öffent­lichen Rechts“ erforderlichen Gründungszweck, nämlich der bezweckten Erfüllung von im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, die nicht gewerblicher Art sind, mangle. Der Unternehmensgegenstand bzw. -zweck der Auftraggeberin sei nach Punkt 2.1 ihres Gesellschaftsvertrags

-       die Erkundung, Planung und Projektierung von geeigneten geothermischen Bohrstandorten für die Gewinnung von Erdwärme,

-       die Errichtung und der Betrieb von geothermischen Anlagen zur Gewinnung von Wärme sowie der

-       Vertrieb von Wärme ausschließlich an die Gesellschafter oder deren Konzern­gesellschaften.

Die Errichtung von Fernwärmeverteilnetzen sei ausdrücklich nicht Aufgabe der Gesellschaft.

Unter „Allgemeininteresse“ sei ein gewisser Kernbereich an Agenden zu ver­stehen, vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge, die im Interesse des Gemein­wohles vom Staat als Träger der Interessen der Gesamtheit durchgeführt werden (sollen). Dazu würden etwa Systeme sozialer Sicherheit, Gesundheitssysteme oder der Bereich der öffentlichen Bildung zählen. Bei Betrachtung des Unter­nehmensgegenstandes der Auftraggeberin werde evident, dass es gegenständlich an diesem Gemeinwohlbezug offenkundig mangle. Im Gegenteil, der Zweck der Gesellschaft bestehe in der Bedienung bloßer Einzel- bzw. Partikularinteressen (der Gesellschafter). Die vorangeführten Tätigkeiten der Auftraggeberin seien überdies gewerblicher Art. Die Antragstellerin [gemeint wohl: Auftraggeberin] sei nach Punkt 8. ihres Gesellschaftsvertrags auf Gewinnerzielung ausgerichtet, sie sei am Markt dem Wettbewerb ausgesetzt und sie trage für ihre Leistungen selbst das wirtschaftliche Risiko, d.h. die öffentliche Hand stehe für allfällige Fehlentscheidungen nicht ein.

Die Auftraggeberin wendete weiters ein, es mangle der Antragstellerin an einem rechtlich geschützten Interesse bzw. einem denkmöglich erleidbaren Schaden, da das Angebot der Antragstellerin aus mehreren Gründen auszuscheiden wäre. Es fehle der Antragstellerin die Legitimation für den gegenständlichen Nachprü­fungsantrag:

-       Das Angebot der Antragstellerin sei ein unzulässiges Alternativangebot und widerspreche den Ausschreibungsbedingungen betreffend den Unterbau der Bohranlage. Die Auftraggeberin habe für die anzubietende Bohranlage einzuhaltende Mindestkriterien festgelegt. Gemäß der Festlegung in der Spalte 1 (Bohranlage) der Mindestanforderungsliste hätten die Bieter eine solche Bohranlage zur Auftragsdurchführung anzubieten, auf deren Unterbau sich eine Gestängebühne („Casing Setback“) befindet, in welcher die Verrohrung bzw. Bohrgestänge abgestellt werden können („Drilling Pipe Setback“ bzw. kurz „DP Setback“). Der Unterbau der Bohranlage müsse Kapazitäten von 150 Tonnen für das Gestänge und 200 Tonnen für die Verrohung haben. Diese Anforderung an die Konstruktion der Bohranlage sei als Knock-out-Kriterium festgelegt worden. Die Antragstellerin sei dieser Anforderung nicht nachgekommen. Sie habe stattdessen ihrem Angebot ein Modell der Bohranlage zugrunde gelegt, welches diesen Anforderungen wider­spreche: Bei der zum Einsatz vorgesehenen Bohranlage „X“ X könnten keine Rohrgestänge auf dem Unterbau der Bohranlage abgestellt werden, es verfüge über gar keine Abstellkapazitäten. Um das Gestänge abzustellen bzw. abstellen zu können, sei ein gesonderter Aufbau (Gestängemagazin) erforderlich, welcher neben der Bohranlage aufgestellt werde. Das Angebot der Antragstellerin widerspreche daher der Ausschreibung und den diesbezüglichen Knock-out-Kriterien. Entgegen ihrer ausdrücklichen Zusiche­rung der Ausschreibungskonformität ihres Angebots habe die Antragstellerin nicht der Ausschreibung gemäß angeboten, sondern schlichtweg ein aliud dazu. Die Auftraggeberin hätte unter Punkt 2.3 der Angebotsgrundlagen
(Teil 1 der Ausschreibungsunterlagen) klar festgelegt, dass die alleinige Abgabe eines Alternativangebots nicht zulässig sei, weshalb die Antragstel­lerin daher in jedem Fall zwingend eine ausschreibungskonforme Bohranlage anbieten hätte müssen. Das Angebot der Antragstellerin sei sohin als ein auszuscheidendes Angebot zu qualifizieren.

-       Die im Angebot der Antragstellerin vorgesehenen Spülpumpen würden die von der Auftraggeberin in der Ausschreibung vorgesehenen Mindestkriterien nicht erfüllen. In Teil 6 der Ausschreibungsunterlagen (Angebotsumfang) habe die Auftraggeberin festgelegt, dass dem Angebot zwingend ein Aufstellungs- und Aufstellungslastenplan der angebotenen Anlage beizulegen sei. Aus dem von der Antragstellerin beigelegten Aufstellungsplan sei ersichtlich, dass die Antragstellerin ihrem Angebot die Spülpumpe „X“ zugrunde legte. Wie den dazu von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen zu den technischen Daten der Bohranlage zu entnehmen sei, erreiche diese Spülpumpe eine Leistung von 745 kW bzw. 1000 PS. Die Auftraggeberin habe jedoch betreffend das Spülsystem als Anforderung festgelegt, dass die Spülpumpen über eine hydraulische Nennleistung von 1300 HP pro Pumpe zu verfügen haben. Die von der Antragstellerin vorgesehene Pumpe weiche mit einer Leistung von 1000 PS davon so weit ab, dass jedenfalls nicht mehr von einer vernachlässigbar geringfügigen Unterschreitung gesprochen werden könne. Selbst unter Beachtung von zu berücksichtigenden Toleranzen, die es bei derartigen Leistungsangaben zweifelsfrei gebe, könne dieses Unterschreiten nicht mehr als geringfügig eingestuft werden. Dafür sei die Abweichung von 300 PS einfach zu groß. Dazu komme, dass die Pumpe der Antragstellerin weiters auch nicht den erforderlichen Ausgangsdruck von
350 bar (5.000 psi) erreiche. Das Angebot der Antragstellerin wäre bzw. sei daher auch aus diesem Grund auszuscheiden. Als Folge der eindeutigen Festlegung der Antragstellerin in ihrem Angebot (auf die Pumpe „X“) seien überdies ihre dazu widersprüchlichen Angaben in der Liste der technischen Mindestkriterien unrichtig, womit das Angebot auch aus diesem Grund auszuscheiden sei.

Die von der Antragstellerin behaupteten angeblichen Rechtswidrigkeiten würden nicht vorliegen:

-       Die präsumtive Zuschlagsempfängerin würde alle Mindestkriterien, auch die an die Spülpumpen gesetzten Anforderungen, im Gegensatz zur Antragstel­lerin erfüllen. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe mit dem Angebot auch bestätigt, dass die angebotene Anlage allen KO-Kriterien entspreche. Im Rahmen des Verhandlungsgesprächs vom 19. Juli 2016 sei mit der präsum­tiven Zuschlagsempfängerin die Liste der technischen Mindestforderungen nochmals durchgegangen worden. Dabei habe die präsumtive Zuschlagsemp­fängerin (u.a.) auch nochmals bestätigt, dass die gegenständliche Spülpumpe die geforderte Leistung erreiche.

-       Der pauschal erhobene Vorwurf, die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle die Eignungsvoraussetzungen nicht, sei gänzlich unspezifiziert und auch inhaltlich unrichtig. Der Auftraggeberin sei gemäß Teil 6 der Ausschreibungs­unterlagen (Angebotsumfang) ordnungsgemäß ein Haftpflichtversicherungs­nachweis für eine Deckungssumme von mindestens 10 Mio. Euro betreffend die präsumtive Zuschlagsempfängerin vorgelegt worden. Auch die Zusiche­rung, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin im Auftragsfall eine Bauleis­tungsversicherung mit integrierter Lost-In-Hole-Versicherung abschließt, liege vor. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle zusammengefasst alle Eignungsvoraussetzungen; im Übrigen auch bezüglich Referenzen.

-       Auch der Vorwurf, die präsumtive Zuschlagsempfängerin hätte bis zum Ende der Angebotsfrist für ein Last and Final Offer kein vollständiges Angebot gelegt, sei pauschal und offenbar ins Geratewohl hinein erhoben worden und sei ein unzulässiger Erkundungsbeweis. Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei vollständig.

-       Die Auftraggeberin sei ihren Verpflichtungen betreffend die Preisprüfung ordnungsgemäß nachgekommen. Im Sektorenbereich habe sich die Prüfung der Angemessenheit der Preise darauf zu beziehen, ob der Gesamtpreis des Angebots angemessen sei. Im Gegensatz zum „klassischen“ Bereich, wo auch die einzelnen Einheitspreise zu hinterfragen sind, sei es gemäß § 268 Abs. 2 BVergG jedenfalls ausreichend, die Preishöhe insgesamt auf Plausibilität und Angemessenheit zu betrachten. Der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin betrage 4.978.485,50 Euro. Die Auftrag­geberin habe den gegenständlichen Auftrag mit 4.995.000 Euro geschätzt. Der von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gebotene (Letzt-) Preis sei für die Auftraggeberin daher im Rahmen des Plausiblen wie auch Erwartbaren gewesen. Sie hätte auch keinerlei Zweifel, dass dieser Preis betriebswirt­schaftlich nachvollziehbar und begründet sei. Der Angebotspreis der präsum­tiven Zuschlagsempfängerin sei zusammengefasst daher angemessen und plausibel, weshalb der Einwand der Antragstellerin unbegründet sei.

-       Im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dürfe die Begrün­dungspflicht der Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers auch nicht über­spannt werden, weil sich die Forderung nach einer Präzisierung einer Begrün­dung ad infinitum fortsetzen ließe. Vor diesem Hintergrund sei gegenständlich den Anforderungen des § 272 Abs. 1 BVergG entsprochen worden: Die Antragstellerin könne deutlich erkennen, was die Gründe für die Abwendung ihres Angebots gewesen seien, nämlich dass ihr Angebotspreis um 1.072.297,81 Euro höher als der Letztpreis der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin ausgefallen sei (Differenz aus 6.050.783,31 Euro zu
4.978.485,50 Euro). Der sich daraus ergebende Punkterückstand sei der Vollständigkeit halber angegeben worden (57,6 Punkte zu 70 Punkte). Auch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots seien genannt. Beides sei der preisliche Unterschied gewesen. Es sei schließlich ausdrücklich bekanntgegeben worden, dass die Antragstellerin bei der Qualitätsbewertung alle Punkte erreicht habe, weshalb es insbesondere auch entbehrlich gewesen sei, die genaue diesbezügliche Punkteanzahl der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin anzuführen. Anders hätte es ausgesehen, wenn die Antragstellerin bei der Qualität nicht sämtliche Punkte erhalten hätte; diesfalls wäre tatsächlich denkmöglich in Betracht gekommen, dass sie im Wege einer Anfechtung zusätzliche Qualitätspunkte erhalte und so die Reihenfolge noch drehen könne. Gegenständlich sei das jedoch nicht möglich, weshalb keinerlei Relevanz dafür bestehe, die Differenz der Qualitätspunkte anzugeben. Schließlich sei auch der letzte, vom § 272 Abs. 1 BVergG geforderte Punkt, nämlich die Angabe des Gesamtpreises, erfüllt. Die Begründung der Zuschlagsentscheidung sei sohin ausreichend gewesen. Die Forderung nach jeder weiteren Begründungstiefe wäre überschießend gewesen.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin erweise sich daher als unzulässig und sohin nicht berechtigt.

Die Auftraggeberin beantragte, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin samt Kostenbegehren zurückzuweisen, in eventu abzuweisen. Gleichzeitig legte die Auftraggeberin den Vergabeakt vor und beantragte, die als vertraulich gekenn­zeichneten Urkunden von der Akteneinsicht auszunehmen und die Akteneinsicht auf die nicht vertraulichen Unterlagen zu beschränken.

 

1.2.2. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin hat sich als mitbeteiligte Partei am gegenständlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 26. August 2016 durch Erhe­bung begründeter Einwendungen beteiligt und beantragte insbesondere, sämt­liche Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu abzuweisen und der Antragstellerin keine Akteneinsichten in jene Unterlagen des Vergabeaktes zu gewähren, die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der präsumtiven Zuschlags­empfängerin enthalten. In ihrer Begründung verwies die präsumtive Zuschlags­empfängerin darauf, dass das Vorbringen der Antragstellerin im Nachprüfungs­antrag unrichtig und ihr Angebot rechtskonform für die Zuschlagsentscheidung in Aussicht genommen worden sei. Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 18. August 2016 mangelhaft und einer Verbesserung nicht zugänglich. Der verbesserte Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom
19. August 2016 und die darin gestellten Anträge seien verfristet. Zu den einzel­nen Punkten des Nachprüfungsantrages und des verbesserten Nachprüfungs­antrages führte die präsumtive Zuschlagsempfängerin unter Hinweis auf § 5
Abs. 1 Oö. VergRSG zusammengefasst aus:

-       Die Antragstellerin habe am 18. August 2016 einen „Vergabeeinspruch“ bzw. „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“ beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingebracht. Dieser „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“ enthalte keine genaue Bezeichnung der angefochtenen gesondert anfecht­baren Entscheidung, eine falsche Bezeichnung des Auftraggebers, keine Dar­stellung des maßgeblichen Sachverhaltes oder Interesses am Vertrags­abschluss, keine Angaben über einen behaupteten drohenden Schaden oder die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich die Antragstellerin verletzt erachtet. Auch seien dem Antrag keine Beilagen beigefügt worden, aus denen sich die angeführten Angaben erschließen würden. Der Nach­prüfungsantrag der Antragstellerin erfülle damit bereits in keinster Weise die gesetzlichen Mindestinhaltsvoraussetzungen des § 5 Oö. VergRSG. Nach der Judikatur der Vergabekontrollbehörden sei eine pauschale Anfechtung, insbe­sondere auch ohne die Behauptung der Verletzung subjektiver Rechte, nicht möglich.

-       Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 18. August 2016 sei aber auch nicht verbesserbar gewesen. § 13 Abs. 3 AVG sehe grundsätzlich die Möglichkeit vor, schriftliche Anbringen/Anträge zu verbessern. § 13 Abs. 3 AVG komme nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes aber dann nicht zur Anwendung, wenn es einem Antrag bereits an gesetzlichen Grundlagen bzw. Mindestinhaltsvoraussetzungen mangle. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn es einem Antrag an nahezu sämtlichen Mindestinhaltsvoraus­setzungen mangle. Würde man die Verbesserbarkeit von Anträgen im Hinblick auf die gesetzlich festgelegten Mindestinhaltsvoraussetzungen (insbesondere bei einer Kumulation) zulassen, stünde in letzter Konsequenz einem Antrag­steller damit die Möglichkeit offen, innerhalb einer längeren als der gesetzlich festgelegten Frist einen rechtzeitigen und vollständigen Nachprüfungsantrag einzubringen. Eine derartige Auslegung der Verbesserungsregelung könne aber vom Gesetzgeber nicht gewollt sein. Der gegenständliche „Vergabe­einspruch“ bzw. „Widerspruch“ enthalte auch keinen zulässigen Antrag in Bezug auf die Nichtigerklärung. Die Gründe für die Anfechtung seien zudem nicht substanziiert worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesvergabe­amtes sei ein derart mangelhafter Nachprüfungsantrag aber nicht verbes­serbar, zum Beispiel etwa im Falle eines gesetzlich nicht vorgesehenen Antrages, einer völlig unsubstanziierten Behauptung oder einer falschen Bezeichnung des Auftraggebers. Selbst wenn man aber davon ausgehen wolle, dass die Angaben zum Sachverhalt und zum Interesse am Vertragsabschluss verbesserbar seien, habe es die Antragstellerin verab­säumt, in ihrem „Widerspruch für die Auftragsvergabe“ vom 18. August 2016 einen (drohenden oder bereits eingetretenen) Schaden zu behaupten oder Unterlagen vorzulegen, aus denen sich ein Schaden ergeben würde. Die diesbezüglichen Ausführungen im Antrag vom 19. August 2016 seien verfristet und daher unbeachtlich. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 18. August 2016 sei in Kopie an die X GmbH verschickt worden. Diese sei entsprechend diesem Nachtragsantrag daher als Auftraggeberin anzusehen. Auftraggeberin im gegenständlichen Vergabeverfahren sei aber die X GmbH gewesen, also eine davon verschiedene Rechtsperson. Werde die Auftraggeberin im Nachprüfungsantrag bezeichnet und handle es sich dabei aber nicht um den eigentlichen Auftraggeber, sondern um eine andere Person, so liege nach der Judikatur des Bundesvergabeamtes aber kein verbesserungsfähiger Mangel vor. Weiters richte sich der „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“, sohin gegen keine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 2 Z 16 lit. dd iVm § 5 Abs. 2 Z 1 Oö. VergRSG. Dieser Mangel sei auch nicht verbesserbar. Darüber hinaus enthalte der „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“ der Antragstellerin kein zulässiges Begehren, wörtlich richte sich das (Widerspruchs)-Begehren der Antragstellerin gegen die „Auftragsvergabe“, worunter aber (legt man den objektiven Erklärungswert zugrunde) die Zuschlagserteilung zu verstehen sei. Eine Anfechtung der „Zuschlagserteilung“ sei jedoch im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens gar nicht möglich. Auch dieser Mangel sei nach der Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes nicht verbesserbar und sei es unzulässig, dem Begehren einer Partei eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut nicht unmittelbar erschlossen werden könne, mag das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig sein. Da das Begehren der Antragstellerin bereits in ihrem „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“ von vornherein verfehlt gewesen sei, sei weder eine Umdeutung des Begehrens in Richtung einer Anfechtung der Zuschlagsentscheidung möglich gewesen noch hätte der „Widerspruch gegen die Auftragsvergabe“ verbessert werden kön­nen. Im Übrigen habe die Antragstellerin im Antrag vom 19. August 2016 erstmals ausgeführt, dass sie im Recht auf Ausscheiden des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin beschwert sei. Dies stelle eine unzuläs­sige Erweiterung des Begehrens dar. Gleiches gelte für die behauptete Beschwer bezüglich der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung in der ent­sprechenden Begründungstiefe und den diesbezüglichen Ausführungen, die jedenfalls verfristet und unzulässig sei.

-       Die Behauptung der Antragstellerin, wonach die präsumtive Zuschlagsemp­fängerin über keine ausreichende Eignung verfüge, sei unrichtig. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin verfüge selbstverständlich über einen ausschreibungskonformen Versicherungsschutz. Tatsächlich verfüge das angebotene Gerät der präsumtiven Zuschlagsempfängerin insbesondere über die geforderte Leistungsfähigkeit von 1.300 PS pro Pumpe. Unter Berück­sichtigung der heranzuziehenden Toleranzen von 3 % bis 5 % sei dieses Kriterium sogar übererfüllt. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin erfülle alle „K.O.-Kriterien“. Sie sei somit geeignet.

-       Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe ein vollständiges Angebot gelegt. Ein solches sei auch in Beurteilung gezogen worden. Im Übrigen übersehe die Antragstellerin, dass Angebote auch verbesserungsfähig sein können. Die präsumtive Bestbieterin habe auch zu angemessenen nachvollziehbaren Preisen angeboten. Letztlich entspreche der Angebotspreis in etwa der geschätzten Auftragssumme. Der Vorwurf, nicht seriös kalkuliert zu haben, gehe ins Leere.

 

1.3. Mit Erkenntnis vom 29. August 2016 untersagte das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlages für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 18. Oktober 2016.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die mit den Schriftsätzen vorgelegten Urkunden, insbesondere in die Vergabeunterlagen. Beweis wurde weiters erhoben durch die amtswegige Beischaffung von Urkunden (Firmenbuchauszüge betreffend die Auftraggeberin und der an ihr beteiligten Gesellschafter sowie deren Gesellschafter, Auszug aus der Website der X, X-Zeitungsartikel „X“ vom 22. April 2016; Akt des UVS des Landes Oberösterreich [VwSen-550540-2010]).

 

2.1. Aus diesen Urkunden ergibt sich der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt zur Gänze widerspruchsfrei. Insbesondere geht das Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich aufgrund des engen Zusammenhangs der gegen­ständlichen Ausschreibung X X mit der schon bestehenden Geothermie in Verbindung mit ihrem Geschäftszweck (vgl. etwa die [de facto] exklusive Lieferung von thermischer Energie an das X-Unternehmen X GmbH) und dem X-Zeitungsartikel davon aus, dass die ausschreibungsgegenständliche Tiefenbohrung X X die Förderung und Lieferung von weiterem Thermalwasser für die Versorgung von X und X mit geothermischer Energie zum eigentlichen Ziel hat und der wasserrechtlich bewilligte Pump- und Reinjektionsversuch dazu eine (bloße) notwendige Zwischenstufe zur Erreichung dieses Endzwecks bildet.

 

2.2. Nach der Bestimmung des § 19 Abs. 3 Z 3 Oö. VergRSG 2006 konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass dem verfahrenseinleitenden Nachprüfungsantrag der Antragstellerin stattzu­geben war und die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache aus den in der rechtlichen Beurteilung dargestellten Gründen (vgl. insbesondere Punkte 4.3.7. bis 4.3.9.) nicht erwarten ließ bzw. diese nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen hätte können. Es ergaben sich auch keine Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung geboten gewesen wäre.

 

3. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht aufgrund der vorge­legten Unterlagen für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

3.1. Die gegenständliche Ausschreibung umfasst die dritte Tiefenbohrung der Auftraggeberin zur Versorgung von X und X mit Geothermie als erneuerbare Heizenergie. Bereits die Ausschreibung zu den ersten beiden geothermischen Tiefenbohrungen „X X und X“ war Gegenstand eines vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens vor dem damaligen Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (VwSen-550540-2010). In ihrer damaligen Stellungnahme vom 14. Juli 2010 im zitierten Nachprüfungsverfahren führte die Auftraggeberin auszugsweise aus:

„...

1.2. Auftraggeberin im gegenständlichen Vergabeverfahren ist die X GmbH, FN X, mit dem Sitz in X. Diese Gesellschaft wurde für das Projekt gegründet. ...

1.3. ... Da an der X GmbH das L O und an der X GmbH die Stadt X beteiligt sind, steht die X GmbH ihrerseits (mittelbar) mehrheitlich im Eigentum der öffentlichen Hand und ist daher als öffentliches Unternehmen im Sinne des § 165 Abs. 2 BVergG 2006 zu qualifizieren. Aufgrund dieser Beteiligungsverhältnisse ist die Auftraggeberin X GmbH ebenfalls ein öffentliches Unternehmen gemäß § 165 Abs. 2 BVergG 2006 und ist im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren das Oö Vergaberechtschutzgesetz 2006
(‚Oö VergRSG‘) anwendbar.

1.4. Soweit ein öffentliches Unternehmen eine Sektorentätigkeit ausübt, ist es Sektoren­auftraggeber und damit bei der Vergabe von Aufträgen im Sektorenbereich an das Vergaberecht gebunden (§ 165 Abs. 1 BVergG 2006). Die Bereitstellung und der Betrieb fester Netze zur Versorgung der Allgemeinheit im Zusammenhang mit der Gewinnung, der Fortleitung und der Abgabe von Wärme ist eine Sektorentätigkeit (vgl. § 167 Abs. 1
Z 1 BVergG 2006). Die X GmbH ist bei der Vergabe von Aufträgen in diesem Sektorenbereich als Sektorenauftraggeber zu betrachten. Für das Vergabeverfahren gelten daher die Sektorenbestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2006 idgF (‚BVergG 2006‘).

...“

 

3.2. Gesellschafter der Auftraggeberin sind die X GmbH (Geschäftszweig: X) mit einer Beteiligung am Stammkapital im Ausmaß von 95 % und eine Investorengruppe von drei Privatpersonen mit einer Beteiligung am Stammkapital im Ausmaß von 5 %. An der X GmbH wiederum ist die X (Alleingesellschafterin: X) mit 60 % und die X GmbH mit 40 % am Stammkapital beteiligt. Alleingesellschafterin der letztgenannten Gesellschafterin ist die X, deren Mehrheitseigentümerin die X GmbH (Alleingesellschafterin: L O) ist. Der Gesellschaftsvertrag der Auftraggeberin lautet auszugsweise wie folgt:

„...

2. Gegenstand und Zweck des Unternehmens

2.1. Gegenstand des Unternehmens sind die Erkundung, Planung und Projektierung von geeigneten geothermischen Bohrstandorten für die Gewinnung von Erdwärme, die Errich­tung und der Betrieb von geothermischen Anlagen zur Gewinnung von Wärme (ein­schließlich Förderbohrung und Reinjektionsbohrungen, Errichtung und Betrieb von Wärmezentralen und Wärmetauschern sowie von Verbindungsleitungen zwischen Förder- und Reinjektionsbohrung) sowie der Vertrieb von x ausschließlich an die Gesellschafter oder deren Konzerngesellschaften. Die Errichtung von Fernwärmeverteilnetzen ist ausdrücklich nicht Aufgabe der Gesellschaft.

2.2. ... Die Gesellschaft ist auch berechtigt, Wärme zur Erzeugung von Ökostrom als Nebenprodukt der Wärmeproduktion zu verwenden und diesen in das Stromnetz einzu­speisen.

...

6. Geschäftsführung und Vertretung

...

6.2. ... Überdies können durch Beschluss der Gesellschafter in jeder Geschäftsführungs­frage Weisungen erteilt werden.

...

6.4. Die Geschäftsführer haben das Unternehmen nach dem Gesetz, dem Gesell­schaftsvertrag, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung sowie den durch General­versammlungs- oder Gesellschafterbeschluss erteilten Weisungen der Gesellschafter und mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zu führen.

...“

 

3.3. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. August 2016 wurde der Auftraggeberin u.a. die wasserrechtliche Bewilligung für die Niederbringung der Bohrung X X inklusive eines Mammutpumpversuchs und für eine Verbindungsleitung X X/X sowie für einen Pump- und Reinjektionsversuch X X/X erteilt.

 

3.4. Mit Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom x 2016 (Auftragsbekanntmachung - x) schrieb die Auftraggeberin das Vorhaben „Geothermie X: Abteufen einer Tiefenbohrung zur Gewinnung von Thermalwasser“ als Bauauftrag im Verhandlungsverfahren nach dem Bestangebotsprinzip aus. Ihre Haupttätigkeit ist die Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Gas und Wärme. Der Auftrag wurde (zusammengefasst) beschrieben mit

-       Planung und Errichtung eines Bohrplatzes (sowie Rekultivierung und Rückbau nach Beendigung der Arbeiten);

-       Niederbringung, Verrohrung und Zementation einer vertikal gerichteten Bohrung X X zur Erschließung und Nutzung geothermaler Energie;

-       Durchführung von geophysikalischen Messungen und Säurestimulationen sowie wasserwirtschaftliche Versuche; Mammutpumpversuch; Pump- und Reinjektionsversuch;

Als Zuschlagskriterien wurde „das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen, der Aufforderung zur Ange­botsabgabe oder zur Verhandlung aufgeführt sind“ bekanntgegeben. Zuständige Stelle für Nachprüfungsverfahren sei das Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich.

 

3.5. Die Ausschreibungsunterlagen der Auftraggeberin zur Ausarbeitung eines Angebotes für das Abteufen der Tiefbohrung X X zur Gewinnung von Thermalwasser vom x 2016 lauten auszugsweise:

„...

TEIL 1: Angebotsgrundlagen

1. Grundlagen, Erläuterungen

Die Ausschreibung hat das Ziel, mittels Verhandlungsverfahrens die Tiefbohrung X als gesamte Bauleistung zu vergeben. ...

...

1.2. Gegenstand der Ausschreibung

Bohr- und Verrohungsarbeiten inkl. Serviceleistungen (Zementationen, geophysikalische Bohrlochmessungen, Verrohrungen, Säurestimulationen) und wasserwirtschaftliche Versuche.

1.3. Auftraggeber/Ansprechpartner

Wir weisen darauf hin, dass gegenständliches Vergabeverfahren durch die X GmbH als Dienstleister für die X GmbH durchgeführt wird. Mit Abgabe eines Angebotes, nimmt der Bieter zur Kenntnis, dass die Auftragserteilung durch die X GmbH erfolgt.

...

2. BedinGungen für die Angebotslegung

2.1. Allgemeines

Der gesamte Schriftverkehr während der Angebotslegung bis zur Auftragsvergabe ist ausschließlich über das Lieferantenportal der X GmbH abzuwickeln. ...

...

3. Art des Vergabeverfahrens

Die Vergabe der beschriebenen Leistungen erfolgt im Rahmen eines Verhandlungs­verfahrens. ... Der gegenständliche Wettbewerb unterliegt dem BVergG 2006 ‚Sektoren­auftraggeber‘.

4. Angebotsbeurteilung

Die Angebotseröffnung erfolgt ohne Anwesenheit der Bieter und ohne Bekanntgabe der Angebotspreise. Die Beurteilung und Auswahl des technischen und wirtschaftlich güns­tigsten Angebotes obliegt allein dem Auftraggeber. Der Auftraggeber behält sich ergän­zend vor, im Zuge der vertieften Angebotsprüfung mit den Bietern klärende Gespräche sowohl zu den Angeboten samt den geforderten Unterlagen zu führen und geeignet erscheinende Änderungen und Ergänzungen als auch Leistungsabgrenzungen einver­nehmlich mit den Bietern zu vereinbaren.

Besonders möchten wir auf Teil 2 Punkt 4 ‚Anforderungen an das technische Equipment‘ und der dazugehörigen Beilage 3 ‚Mindestanforderungen an technisches Equipment‘ und den darin angeführten KO-Kriterien hinweisen. Ebenso weisen wir auf die KO-Kriterien, wie nachstehend im Punkt III. d. und e. angeführt, hin. Bei Nichterfüllung von KO-Kriterien wird das Angebot ausgeschieden.

Zur Beurteilung der eingegangenen Angebote werden nachfolgende Kriterien nach dem Bestbieterprinzip herangezogen. Es können maximal 100 Punkte erreicht werden.

 

 

Punkteverteilung/Gewichtung

I. Angebotspreis (die Einheits- und Pauschalpreise aller Haupt-, Regie- und Optionspreispositionen) unter Berücksichtigung der Zahlungskondition- bzw. -bedingung

 

 

 

70 Punkte

 

II. Zusagen und Bestätigungen zum Teil 4

a.      zur Risikoübernahme des AN zu den Punkten 12 (Betriebsunterbrechungen), wobei die darin angeführten Fristen und/oder Sätze (Einheitspreise) als Basis zu betrachten sind

 

 

 

 

 

4 Punkte

b.      zur Risikoübernahme des AN für die Punkte 9.1., 9.2. und 9.4. (Fangarbeiten) wobei die darin angeführten Fristen als Basis zu betrachten sind

 

 

 

3 Punkte

c.      zur Risikoübernahme des AN für die Punkte 8.1., 8.2. und 8.3. (Ersatzleistungen im Rahmen der Gefahrtragung)

 

 

3 Punkte

III. Zusagen und Bestätigungen bzw. Abweichungen zum Teil 3

a.      zur Haftung und zum Schadenersatz
(§ 26 (2) bis (8))

 

 

                               

5 Punkte

b.      zur Verkürzung der Leistungszeit (§ 8) wobei die angeführten Fristen als Basis zu betrachten sind

 

5 Punkte

c.      zur Garantie- und Gewährleistung (§ 25)

3 Punkte

d.      zu Vertragsstrafen aus Verzug (§ 26) wobei die angeführte Vertragsstrafe je Kalender­tag (0,1 %) als Mindestwert zu betrachten ist (KO-Kriterium)

 

 

 

3 Punkte

e.      zu Sicherstellungen/Bankgarantien (§ 28) wobei die in den Ausschreibungs­bedingungen festgehaltenen Beträge als Mindestbeträge zu betrachten sind (KO- Kriterium)

 

 

 

 

2 Punkte

f.       zu den Vertragsbedingungen insgesamt (Teil 3)

 

2 Punkte

 

V. Ergebnis der Angebotsprüfung

Weicht das Ergebnis der Angebotsprüfung erheblich von dem erwarteten Ergebnis des Auftraggebers ab, kann der Auftraggeber von einer Vergabe Abstand nehmen, z.B. dann, wenn dadurch die Wirtschaftlichkeit des Ausschreibungsgegenstandes in Frage gestellt ist.

...

TEIL 2: Projektbeschreibung

1. ALLGEMEINES

...

1.4. Projektsabsicht

Es ist geplant, den Zielhorizont in den x-gesteinen des X durch eine Vertikale gerichtete Bohrung zu erschließen. Die auf der Tiefscholle des X Abbruchs gelegene Bohrung X X ist primär als Förderbohrloch, im Bedarfsfall aber auch als Reinjektionsbohrloch vorgesehen. Bei Erfolg des Bauvorhabens wird das geförderte Thermalwasser für die energetische Nutzung zur Fernwärmeversorgung verwendet.

...

4. ANFORDERUNGEN AN DAS TECHNISCHE EQUIPMENT

Die Anlage muss in ihrer Gesamtheit den relevanten österreichischen Gesetzen und Verordnungen entsprechen. ...

Zu verwenden ist eine X-Bohranlage, die dem gegenwärtigem technischen Stand entspricht und die zum wirtschaftlichen Abteufen einer Tiefbohrung mit einem Bohr­durchmesser von ≥23“ bis zu einer Teufe von ca. 550 m und einer Endteufe mit ≥9 1/2“ Durchmesser bis max. 3.000 m geeignet ist und die entsprechenden Reserven für den Einbau der vorgesehenen Verrohrungen, inklusive möglicher Schleiflasten und Zug­reserven nach dem Stand der Tiefbohrtechnik, besitzt.

Einzelheiten zu den Anforderungen an das technische Equipment sind der Liste ‚Mindestanforderungen an technisches Equipment‘ - Beilage 3 zu entnehmen und vom Bieter auszufüllen. ...

...

TEIL 6: Angebotsumfang

...

3. Technische Unterlagen

3.1. Angaben zur Bohranlage und Baustelleneinrichtung

1. Bestätigungen des Bieters, dass die wie im Teil 2 unter Punkt 4 gestellten Anforde­rungen an die Anlagenteile und -Komponenten der Bohranlage erfüllt werden. Die dazugehörige Excel-Liste ‚Mindestanforderungen an technisches Equipment.xls‘ ist vom Bieter auszufüllen. Die Datenblätter der eingesetzten Anlagenteile und -Komponenten der Bohranlage sind dem Angebot beizulegen.

...

Excel-Liste ‚Mindestanforderungen an technisches Equipment‘ (auszugsweise):

 

X

...

X

...“

 

3.6. Nach dem Angebotseröffnungsprotokoll der vergebenden Stelle vom x 2016 wurden vier Angebote geöffnet, darunter jenes der Antragstellerin und der präsumtiven Zuschlagsempfängerin. Die Prüfung der Bewerbungsunterlagen ergab, dass das Angebot der Antragstellerin die Bedingungen für die Teilnahme erfüllt, jenes der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit Vorbehalt. Im Zeitraum 11. Juli 2016 bis 3. August 2016 wurden die Angebote dreimal evaluiert: Nach dem Ergebnis der Überprüfung der Angebotsunterlagen anlässlich der ersten Evaluierung erfüllte das Angebot der Antragstellerin alle Kriterien der Auftraggeberin. Im Rahmen der 2. Evaluierung wurden die von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin zum Excel-Blatt „Mindestanforderungen an technisches Equipment“ vorgelegten Unterlagen zu mehreren Positionen bemängelt, dass aus diesen die Erfüllung der Anforderungen der Auftraggeberin nicht ersichtlich sei. Eine derartige Mängelliste findet sich zum Angebot der Antragstellerin in den Evaluierungsunterlagen nicht. Auch im Rahmen der 3. Evaluierung („Letztpreis­evaluierung“) zeigte sich beim Angebot der Antragstellerin kein Mangel für die Auftraggeberin. Insbesondere wurde im Rahmen der Angebotsverhandlungen gegenüber der Antragstellerin nicht moniert, dass ihre angebotene x-anlage ausschreibungswidrig ein aliud darstelle oder ihre angebotenen Spülpumpen die KO-Kriterien der Mindestanforderungen nicht erfüllen.

 

3.7. Mit E-Mail vom 8. August 2016 teilte die vergebende Stelle im Namen der Auftraggeberin u.a. der Antragstellerin mit, dass die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin gefallen sei. Die Auftraggeberin begründete ihre Zuschlagsentscheidung auszugsweise wie folgt:

„Alle Angebote sind entsprechend den Kriterien gemäß Ausschreibung Teil 1 Pkt. 4. (Angebotsbeurteilung) evaluiert und das Ergebnis dazu liegt nun vor. ... Ihr Angebot konnte aus wirtschaftlichen Gründen nicht berücksichtigt werden.

Begründung:

a)    Der für die Angebotsbeurteilung relevante Preis Fa. X (EUR 6.050.783,31; 1 % Skonto berücksichtigt = 57,6 Punkte) liegt wesentlich über dem des Bestbieters X (EUR 4.978.485,50 = 70 Punkte)

b)    Die Zusagen und Bestätigungen zum Teil 4 (Risikoübernahmen) wurden maximal erfüllt; von 10 möglichen Punkten wurden 10 erreicht

c)    Die Zusagen und Bestätigungen bzw. Abweichungen zum Teil 3 (Vertragsbedin­gungen) wurden maximal erfüllt; von 20 möglichen Punkten wurden 20 erreicht

...

Die Stillhaltefrist gemäß BVergG 2006 endet am 18.08.2016 um 24:00 Uhr.

...“

 

3.8. Mit Schreiben vom 18. August 2016 wandte sich die Antragstellerin wie folgt an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (auszugsweise):

„...

X X X

X - Tiefenbohrung für Thermalwassergewinnung

E-Mail vom 08.08.2016 von Herrn E

Betreff: Zuschlagsentscheidung Tiefenbohrung X X

Hier: Vergabeeinspruch innerhalb der Stillhaltefrist gemäß BVergG 2006,

Nachprüfungsantrag und Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit legen wir innerhalb der Stillhaltefrist fristgerecht Widerspruch gegen die Auftragsvergabe des oben genannten Projektes an die Firma X GmbH ein und stellen einen Antrag auf die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher es dem Auftraggeber verboten werden soll, bis zur Rechtskraft des Nachprüfungsverfahrens den Zuschlag zu erteilen.

Begründung:

1. Die X AG hat als einzige zum Submissionstermin ein vollständiges Angebot gelegt. Die Angebote von allen anderen Anbietern waren unvollständig und mussten nachgefordert werden.

2. Die Firma X hat die als ‚KO-Kriterien‘ in der Ausschreibung geforderten Spülpumpen (mindestens 1.300 HP pro Pumpe, 1.600 HP bevorzugt) nicht angeboten und verfügt auch nicht über solche Pumpen.

3. Die Firma X verfügt nicht über den geforderten Versicherungsschutz.

4. Das Angebot ist nicht auskömmlich und seriös kalkuliert und enthält bei den Eventual­positionen spekulative Preise, die in die Angebotsbewertung eingeflossen sind. Die Firma ist deshalb von der Vergabe auszuschließen.

...“

Das Schreiben wies den Hinweis auf, dass eine Kopie an die vergebende Stelle ergeht.

 

4. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

4.1. Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz 2006 (Oö. VergRSG 2006) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Ent­schei­dungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vor­schrif­ten auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen. Auch die Vergabe von Aufträgen durch Unternehmungen im Sinne des Art. 127a Abs. 3 B-VG fällt gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 2 lit. c B-VG in den Vollzugsbereich des Landes. Diese Bestimmung erfasst Unternehmungen, an denen eine Gemeinde mit mindestens 10.000 Einwohnern allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern mit mindestens 50 vH des Stamm-, Grund- oder Eigenkapitals beteiligt ist oder die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen solchen Rechtsträgern betreibt. Nach dem gesetzlichen Verweis auf Art. 126b Abs. 2 B-VG werden davon auch jene Unternehmungen erfasst, die die Gemeinde allein oder gemeinsam mit anderen der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegenden Rechtsträgern durch finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisa­torische Maßnahmen tatsächlich beherrscht. Nach Art. 14b Abs. 2 Z 2 2. Satz
B-VG gelten dabei Gemeinden unabhängig von der Zahl ihrer Einwohner als Rechtsträger, die im Sinne der Z 1 lit. b und c und der Z 2 lit. b und c der Zuständigkeit des Rechnungshofes unterliegen.

 

4.1.1. Aufgrund der zu Punkt 3.2. dargestellten (mittelbaren) Beteiligungs­verhältnisse der  X und des L O an der Auftraggeberin fällt die gegenständliche Vergabe in den Vollzugsbereich des Landes im Sinne des Art. 14b Abs. 2 Z 2 B‑VG und unterliegt daher das gegenständliche Nachprüfungsverfahren den Bestimmungen des Oö. VergRSG 2006:

 

4.1.1.1. Auch die Auftraggeberin verwies in ihrer EU-weiten „Auftragsbekannt­machung - Versorgungssektoren“ auf die Zuständigkeit des Landesverwaltungs­gerich­tes Oberösterreich für Nachprüfungsverfahren. Ihre Haupttätigkeit beschreibt sie darin mit „Erzeugung, Fortleitung und Abgabe von Gas und x“, sohin mit Sektorentätigkeiten im Sinne des § 167 BVergG 2006. Ebenso unterliege nach den Ausschreibungsunterlagen der Auftraggeberin (Punkt 3. der Angebotsgrundlagen - Teil 1) „gegenständlicher Wettbewerb“ dem BVergG 2006 „Sektorenauftraggeber“. Auch in dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Jahr 2010 anhängig gewesenen Nachprüfungsver­fahren (VwSen-550540) betreffend das Vergabeverfahren „Bohrungs- und Explorationsarbeiten, Tiefenbohrung X X und X zur Gewinnung von Thermalwasser“ bejahte die Auftraggeberin ausdrücklich ihre Eigenschaft als Sektorenauftraggeberin (vgl. Punkt 3.1.).

 

4.1.1.2. Die Bestreitung ihrer Sektorentätigkeit im gleichgelagerten Projekt der Tiefenbohrung X X zur Gewinnung von Thermalwasser ist auch unbe­gründet: Zunächst ist gerichtsnotorisch bekannt, dass die dritte Tiefenbohrung X X aufgrund der großen Nachfrage zur Versorgung weiter Teile der X und der Gemeinde X mit geother­mischer Wärme erfolgen soll (vgl. Zeitungsartikel X vom 22. April 2016 „X“).

 

4.1.1.3. Es wurde von der Auftraggeberin auch nicht bestritten, dass sie ein öffentliches Unternehmen im Sinne des § 165 Abs. 1 BVergG 2006 ist. Durch ihre Mehrheitsbeteiligungen (vgl. Punkt 3.2.) üben die X bzw. das L O (mittelbar) beherrschenden Einfluss auf die Auftrag­geberin aus.

 

4.1.1.4. Nach der - gegenständlich einschlägigen - Bestimmung des § 167 Abs. 1 BVergG 2006 zählen sowohl die Bereitstellung und das Betreiben fester Wärmeversorgungsnetze für die Allgemeinheit (Z 1) als auch die Einspei­sung von Wärme in diese Versorgungsnetze (Z 2) zu den Sektorentätigkeiten im Bereich von Wärme. Die projektgegenständliche Tiefenbohrung X X durch die Auftraggeberin dient nun gerade dem Zweck der Gewinnung von geothermischer Wärme zur weiteren Versorgung von Haushalten und Unter­nehmen in der X und in der Gemeinde X durch ihre (de facto) Muttergesellschaft X GmbH, welche den Geschäftszweig X betreibt. Nach dem Gesell­schaftsvertrag der Auftraggeberin ist ihr Unternehmensgegenstand unter anderem der Vertrieb von x ausschließlich an die Gesellschafter, sohin (insbesondere) an die X GmbH oder deren Konzerngesellschaften. Dies bedeutet damit aber auch, dass die Wärme­gewinnung mittels der von ihr errichteten und betriebenen geothermischen Anlagen (de facto) ausschließlich der X GmbH (und deren Konzerngesellschaften) zukommen soll. Es ist offen­kundig davon auszugehen, dass die X GmbH mit dem Geschäftsbereich Wärmeversorgung eine Sektorentätigkeit (zumindest in der Alternativvariante Wärmeeinspeisung in Versorgungsnetze [vgl. auch die eng­lische Textierung „supply of gas or heat to such networks“ der Vergabe-Richtlinie im Sektorenbereich 2004/17/EG; engl. to supply = liefern, versorgen, bereit­stellen]) ausübt. Die sohin zur Gewinnung von Erdwärme für die (de facto) X GmbH gegründete Auftraggeberin erbringt damit zumindest eine Sektorenhilfstätigkeit für die X GmbH als notwendige Vorleistung für deren Wärmeversorgung der  X und der Gemeinde X. Wie bereits dargelegt, soll die gewonnene Wärme de facto ausschließlich der X GmbH (oder deren verbundenen Konzern­gesellschaften) zu Gute kommen, weshalb die Auftraggeberin bei der Wärmelieferung an ihre Muttergesellschaft offenkundig auch keinem Wettbe­werbs­druck ausgesetzt ist. Augenscheinlich ist auch, dass die Geschäftsfüh­run­gen der Auftraggeberin und ihrer Muttergesellschaft X GmbH eine Personenidentität mit den Geschäftsführungen der beiden Gesellschafterin­nen der X GmbH aufweisen. Zusätzlich ist im Gesellschaftsver­trag der Auftraggeberin vorgesehen, dass die Generalversammlung bzw. die Gesellschafter (de facto der X GmbH) gegenüber der Geschäfts­führung weisungsberechtigt sind, weshalb die Geschäftsführer der Auftraggeberin gemäß § 20 GmbH-Gesetz den Weisungen Folge zu leisten haben. Damit kann die (de facto) Muttergesellschaft X GmbH maßgeblich in den Geschäftsführungsbereich der Auftraggeberin eingreifen. Das Sektorenregime ist daher nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Ober­österreich schon aus diesem Grund auf das gegenständliche Vorhaben der Auftrag­geberin anzuwenden (vgl. G. Zellhofer/G. Stickler in Schramm/Aicher/ Fruh­mann/Thienel (Hrsg), § 173 Rz 17 f; vgl. auch Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom
6. Sep­tem­ber 2015 zum Entwurf BVergG 2006, insbesondere Punkt 28 „Ausge­glie­derte Sektorenhilfstätigkeiten“, wonach das Sektorenregime daher auch auf Aufträge eines Unternehmens anzuwenden sei, das selbst kein Sekto­ren­auftraggeber ist, wenn - wie in concreto - dieses Unternehmen ein mit einem Sektorenauftraggeber verbundenes Unternehmen ist, der konkrete Auftrag einer für die Sektorentätigkeit erforderlichen Leistung dient und das beschaffende Unter­nehmen diese Leistung größtenteils für den mit ihm verbundenen Sektorenauftraggeber erbringt). Auf die weitere Frage der Auftraggeber­eigen­schaft der Auftraggeberin im Sinne des § 3 BVergG 2006 brauchte daher vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus Zweckmäßigkeitsgründen nicht weiter eingegangen werden.

 

4.1.1.5. Da die projektgegenständliche Tiefenbohrung X im Endergebnis der energetischen Nutzung von Erdwärme zur Fernwärmeversorgung der  X und der Gemeinde X mittels der vom Unternehmenszweig der Auftraggeberin erfassten geothermischen Wärmegewin­nungs­anlagen samt Wärmevertrieb dienen soll, ist der Tätigkeitszweck der Auftraggeberin auch nicht mit den eingeschränkten Sekto­rentätigkeiten im Sinne des § 171 BVergG 2006 vergleichbar, sondern geht darüber hinaus.

 

4.2. Gemäß Art. 14b Abs. 3 B-VG iVm § 2 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 obliegt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Gewährung von Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber bzw. Auftraggeberinnen im Sinne des § 1 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006. Gemäß § 2 Abs. 3 Oö. VergRSG 2006 ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Ver­stößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffent­lichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z 16 lit. a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

4.3. Aufgrund der von der Auftraggeberin mitgeteilten Angaben über den geschätzten Auftragswert sind die Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden. Der gegenständliche Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags­entscheidung vom 8. August 2016 ist rechtzeitig und zulässig:

 

4.3.1. Im abgeführten Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich war unstrittig, dass im gegenständlichen Vergabeverfahren weder bereits ein Zuschlag erteilt noch das Vergabeverfahren widerrufen wurde.

 

4.3.2. Gemäß § 7 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung den Antragsteller bzw. die Antragstellerin in dem von ihm bzw. von ihr nach § 5 Abs. 1 Z 5 leg. cit. geltend gemachten Recht verletzt und diese Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesent­lichem Einfluss ist.

 

4.3.3. Gemäß § 2 Z 16 lit. a sublit. dd BVergG 2006 sind im Verhand­lungs­verfahren mit vorheriger Bekanntmachung folgende nach außen in Erscheinung tretende Entscheidungen eines Auftraggebers gesondert anfechtbar: die Aus­schreibung (Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages); die Nicht-Zulassung zur Teilnahme; die Aufforderung zur Angebotsabgabe; sonstige Festlegungen während der Verhandlungsphase bzw. während der Angebotsfrist; das Ausscheiden eines Angebots; die Widerrufsentscheidung; die Zuschlags­entscheidung.

 

4.3.4. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin richtete sich gegen die Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 8. August 2016 und damit gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung:

Dass die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 18. August 2016 an das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich Rechtsschutz gegen die Zuschlagsent­scheidung vom 8. August 2016 in Form eines Nachprüfungsantrages und eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung suchte, ergab sich für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich schon aus dem Betreff-Block des Schreibens (vgl. Punkt 3.8.). Daran schadet auch nicht, dass die - unvertretene - Antragstellerin im Schreiben vom 18. August 2016 ihr Rechtsschutzbegehren zunächst auch als „Vergabeeinspruch“ bzw. „Widerspruch gegen die Auftrags­vergabe“ bezeichnete, da die Antragstellerin in diesem Schreiben gleichzeitig auch ein Verbot der Zuschlagserteilung bis zur Rechtskraft des Nachprüfungs­verfahrens während der Stillhaltefrist begehrte. Nach der ständigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Parteierklärungen nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen und kommt es somit darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszwecks und der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (vgl. VwGH 14.10.2015, Ra 2015/04/0055, mwN). Nach dem objektiven Erklärungswert des Schreibens vom 18. August 2016 richtete sich das während der Stillhaltefrist erfolgte Begehren der Antragstellerin nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich im Ergebnis auf die Erlangung von Rechtsschutz vor der Zuschlagserteilung durch die Auftraggeberin, in concreto gegen die Verständigung der Auftraggeberin mit E-Mail vom 8. August 2016 (wonach die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin gefallen sei), sohin gegen die Zuschlagsentscheidung der Auftrag­geberin.

 

4.3.5. Weist ein schriftliches Anbringen Mängel auf, ist die Behörde nach der Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet, von Amts wegen deren Behebung zu veranlassen. Dies gilt auch für die Rechtsmittelbehörde. Seit der AVG-
Novelle 1998 (BGBl. I Nr. 1998/158) ist es dabei gleichgültig, ob das Anbringen an einem Formgebrechen oder einem materiellen Mangel leidet. Im Verbes­serungs­auftrag hat die Behörde dem Einschreiter eine angemessene Frist einzu­räumen. Korrigiert er innerhalb des angegebenen Zeitraumes den Mangel, so gilt das Anbringen als ursprünglich fehlerfrei eingebracht (vgl. Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5, Rz 128). Mit Schriftsatz der - sodann rechtsfreund­lich vertretenen - Antragstellerin vom 19. August 2016 kam die Antragstellerin dem Mängelbehebungsauftrag des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 18. August 2016 fristgerecht nach und erstattete insbesondere Angaben zur Auftraggeberin, zum Sachverhalt, zum drohenden bzw. bereits eingetretenen Schaden sowie zur Rechtzeitigkeit ihrer Beschwerde und bezeichnete jene Rechte, in der sich die Antragstellerin durch die Zuschlagsentscheidung als verletzt erachtete. Das Schreiben der Antragstellerin vom 18. August 2016 erwies sich aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auch als verbesserbar im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG:

Es darf zunächst nicht übersehen werden, dass die Antragstellerin im Zeitpunkt der Verfassung ihres Schreibens vom 18. August 2016 unvertreten war und der Verbesserungsauftrag des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich auf die Vervollständigung des Nachprüfungsantrages abzielte (vgl. VwGH 22.06.2011, 2007/04/0080, u.a.). Die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 13, Rz 25 [Stand 01.01.2014 rdb.at]). So ist bei einem unvertretenen x Unternehmen eine gewisse Unkenntnis der x Vergabegesetze auch nachvollziehbar, weshalb für das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich keine Indizien dafür sprachen, dass die Antrag­stellerin die Mängel ihrer Eingabe vom 18. August 2016 bewusst herbei­geführt hätte, um etwa auf dem Umweg eines Verbesserungsverfahrens eine Verlängerung der Nachprüfungsfrist zu erlangen (vgl. VwGH 26.02.2015, Ra 2014/22/0145, u.a.). Bei Fehlen von in Z 1 bis 8 aufgezählten Bestandteilen eines Nachprüfungsantrages nach der Bestimmung des § 322 Abs. 1
BVergG 2006 (der textlich dem § 5 Abs. 1 Oö. VergRSG 2006 entspricht) ist grundsätzlich von einem verbesserungsfähigen Mangel im Sinne der Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG auszugehen (vgl. M. Möslinger-Gehmayr in Schramm/ Aicher/Fruh­mann/Thienel (Hrsg), § 322 Rz 19). Auch eine - wie in concreto - fehlende Bezeichnung des Auftraggebers stellt einen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG dar (vgl. Walther in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2095). Es kann der Antragstellerin mit ihrem Verteiler-Hinweis („Kopie an X GmbH“) auch nicht unzweifelhaft unterstellt werden, sie hätte die X GmbH als Auftraggeberin bezeichnet, da nach den Aus­schrei­bungsunterlagen die gesamte Korrespondenz mit der X GmbH als vergebende Stelle geführt werden musste. In ihrem Schriftsatz vom 19. August 2016 hat die Antragstellerin sowohl die Auftrag­geberin als auch die vergebende Stelle sodann eindeutig bekanntgegeben und erwies sich dieser Mangel damit für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als saniert. Da das Schreiben vom 18. August 2016 auch keinerlei Beschwerde­punkte im Sinne der Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 5 Oö. VergRSG 2006 - sondern lediglich eine Begründung im Sinne der Z 6 leg. cit. - beinhaltete, die Prüfbefugnis der Vergabekontrollbehörden jedoch vom Begehren sowie den im Nachprüfungsantrag geltend gemachten Beschwerdepunkten abhängt (vgl. VwGH 21.01.2014, 2012/04/0124; Mandl in Schwartz, BVergG 20062 § 322 Rz 7 [Stand: 01.01.2015, rdb.at], mwN; Walther aaO, Rz 2098), wurde die Antrag­stellerin vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Bezeichnung jener Rechte, in denen sie sich als verletzt erachtet, aufgefordert und kam die Antrag­stellerin dieser Aufforderung mit Schriftsatz vom 19. August 2016 ebenfalls fristgerecht nach. Insbesondere erachtete sich die Antragstellerin darin in ihrem Recht auf Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung in Entsprechung der Begrün­dungstiefe verletzt. Auch der Inhalt des Nachprüfungsbegehrens wurde von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 19. August 2016 dahingehend klargestellt, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die bekanntgegebene Zuschlags­ent­scheidung zu Gunsten der präsumtiven Zuschlagsempfängerin für nichtig erklären und der Auftraggeberin den Ersatz der Pauschalgebühren auftragen möge. Die ursprünglich im Schreiben vom 18. August 2016 gewählten Bezeichnungen „Vergabeeinspruch“ bzw. „Widerspruch gegen die Auftragsver­gabe“ erwiesen sich als ein verbesserungsfähiges Vergreifen im Ausdruck (und kam die Antragstellerin mit ihrem Schriftsatz vom 19. August 2016 ihrer Verbes­serungsverpflichtung rechtzeitig und ausreichend nach), da weder dem Ausdruck „Einspruch“ noch dem Ausdruck „Widerspruch“ eine eigenständige Bedeutung im BVergG 2006 zukommt und sich - wie ausgeführt - nach dem gesamten Inhalt des Schreibens vom 18. August 2016 für das Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zeigte, dass die Antragstellerin mit diesem Schreiben die Zuschlags­entscheidung laut E-Mail vom 8. August 2016 innerhalb der Stillhaltefrist vor Zuschlagserteilung bekämpfte (vgl. etwa VwGH 30.06.2004, 2004/04/0028; M. Möslinger-Gehmayr, aaO, Rz 66 und 67).

 

4.3.6. Die Antragstellerin wies im Rahmen ihrer Beschwerdepunkte und ihrer Begründung darauf hin, dass das Angebot der präsumtiven Zuschlagsemp­fängerin gemäß § 269 Abs. 1 BVergG 2006 von der Auftraggeberin auszu­scheiden gewesen wäre. Die Auftraggeberin wies in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag ihrerseits darauf hin, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden wäre bzw. ist. Nach der jüngst ergangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 5. April 2016 (C-689/13, PVE, Rz 25, 29) gestattet die Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG nicht, „... die Klage eines Bieters, dessen Angebot nicht angenommen wurde, nach der Vorabprüfung der im Rahmen des Anschlussrechtsbehelfs des Zuschlagsempfängers erhobenen Unzuständigkeitseinrede für unzulässig zu erklären, ohne dass darüber entschieden wird, ob die beiden in Rede stehenden Angebote den Spezifikationen in den Verdingungsunterlagen entsprechen. ... Die Zahl der Teilnehmer am Ver­fahren zur Vergabe des betreffenden öffentlichen Auftrages ist ebenso wie die Zahl der Teilnehmer, die Klage erhoben haben, und die Unterschiedlichkeit der von ihnen geltend gemachten Gründe für die Anwendung des sich aus dem Urteil Fastweb (C-100/12, EU:C:2013:448) ergebenden Rechtsgrundsatzes unerheb­lich“. Wie dazu vom Bundesverwaltungsgericht bereits festgehalten, dient die Bestimmung des § 320 Abs. 1 BVergG 2006 (welcher sich insoweit zu § 3 Oö. VergRSG 2006 als ident erweist) „... der Umsetzung der X und ist daher im Lichte der Bestimmungen der Richtlinie auszulegen. Damit kann die Einrede, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden sei, nicht dazu führen, dass der Nachprüfungsantrag zurückzuweisen wäre. Der Antragstellerin kommt Antragslegitima­tion zu. .... Die Rechtfertigung für die Zuerkennung von Antragslegitima­tion auch einem Bieter, dessen Angebot auszuscheiden ist, liegt nämlich nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes darin, dass selbst wenn beide Angebote auszuscheiden sind, diese Ausscheidensgründe auch auf andere Angebote von Bietern zutreffen, die sich nicht am Nachprüfungsantrag beteiligt haben, sodass alle Angebote auszuscheiden sind und der Auftraggeber das Vergabeverfahren neu durchzuführen hat. Dabei genügt eine potentielle Möglichkeit, sie muss nicht nachgewiesen sein. ...“ (vgl. BVwG 30.05.2016,
W187 2121663-2; BVwG 25.04.2016, W123 2122272-1; zur Antragslegitimation nach der Entscheidung des EuGH vom 05.04.2016, C-689/13: vgl. etwa Hannes Pesendorfer/Johannes Schram, Klarstellungen zur Antragslegitimation und Fast­web in ZVB 2016/73, wonach sich jeder Wettbewerber auf ein äquivalentes, berechtigtes Interesse am Ausschluss des Angebots der jeweils anderen berufen kann, wenn die Ordnungsmäßigkeit des Angebots jedes Wirtschaftsteilnehmers im Rahmen desselben Verfahrens - wie in concreto - in Frage gestellt wird, was zu der Feststellung führen kann, dass es dem öffentlichen Auftraggeber unmög­lich ist, ein ordnungsgemäßes Angebot auszuwählen).

 

4.3.7. Es kann aber letztlich dahingestellt bleiben, ob im Lichte der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes sowie des Bundesverwaltungsgerichtes ungeachtet der Einrede der Auftraggeberin, dass das Angebot der Antragstellerin auszu­scheiden sei, von der grundsätzlichen Antragslegitimation der Antragstellerin im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren auszugehen ist, zumal aus dem dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorliegenden Vergabeakt keine zwin­genden Gründe für das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin offen­kundig feststellbar sind:

Die Auftraggeberin selbst ist zunächst in dem von ihr abgeführten Vergabe­verfahren trotz Angebotsprüfung und mehreren Verhandlungsrunden mitsamt technischen Erörterungen von einem korrekten Hauptangebot der Antragstellerin ausgegangen, welchem (lediglich) „aus wirtschaftlichen Gründen“ kein Zuschlag erteilt werden hätte können. Die in der Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag erhobenen Einwände der Auftraggeberin zum Unterbau bzw. zu den Spülpumpen der angebotenen Bohranlage stellen technische Einzelheiten des Gesamtangebots der Antragstellerin dar, deren Mangelhaftigkeit für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aus den Vergabeunterlagen nicht offenkundig ist. Der Verwal­tungs­gerichtshof hat zur Sicherung eines wirksamen und raschen Nachprü­fungsverfahrens wiederholt festgehalten, dass die Vergabekontrollbehörde - auch aufgrund eines entsprechenden Vorbringens des Auftraggebers, der den Antrag­steller selbst nicht ausgeschieden hat - Anträge von Bietern (nur dann) als unzu­lässig zurückzuweisen hat, wenn sich aus der der Behörde vorliegenden Akten­lage des Vergabeverfahrens ergibt, dass der Bieter auszuscheiden gewesen wäre. Bei der Prüfung der Ausscheidensgründe hat die Vergabekontrollbehörde nur die aus den Akten des Vergabeverfahrens ersichtlichen Umstände zu berücksichtigen und muss in einem solchen Fall nicht etwa ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Vorliegens eines Ausscheidungsgrundes einholen (vgl. VwGH 20.04.2016, Ra 2015/04/0018, VwGH 18.03.2009, 2007/04/0095, u.a.). Das Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich konnte aus den vorliegenden Vergabe­unter­lagen - zumindest ohne Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Bohr­bereich - keine Ausscheidensgründe für das Angebot der Antragstellerin ersehen: So wies etwa die von der Antragstellerin angebotene Spülpumpe X die als KO-Kriterien von der Auftraggeberin geforderten hydraulischen Nenn- und Druckleistungen nach dem vorliegenden technischen Datenblatt auf. Auch wiesen etwa die Pläne im Angebot der Antragstellerin - ebenso wie die vorgelegten Licht­bilder - optisch einen Gestänge-Bereich als Bestandteil der angebotenen Bohr­anlage aus.

 

4.3.8. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hatte sich daher auch inhaltlich mit den Beschwerdepunkten der Antragstellerin auseinanderzusetzen:

 

4.3.8.1. Nach der Bestimmung des § 272 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Sekto­ren­auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzu­teilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. In dieser Mitteilung sind den verbliebenen Bietern das jeweilige Ende der Stillhaltefrist gemäß § 273 
Abs. 1 leg. cit., die Gründe für die Ablehnung ihres Angebots, der Gesamtpreis sowie die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots bekanntzugeben. Der Gesetzgeber sieht im letzten Halbsatz des ersten Absatzes sowie im zweiten Absatz dieser Bestimmung Ausnahmen vom normierten Inhalt der Mitteilung vor, auf welche sich die Auftraggeberin im gegenständlichen Fall jedoch nicht substan­ziell berufen hat. Vielmehr geht die Auftraggeberin in ihrer Stellung­nahme zum Nachprüfungsantrag selbst davon aus, dass ihre Begründung der Zuschlagsentscheidung ausreichend gewesen sei. Insbesondere ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch kein Ausnahmefall nach § 272 Abs. 2 BVergG 2006 ersichtlich.

 

4.3.8.2. Der in § 272 Abs. 1 Satz 2 BVergG 2006 implizit normierte Anspruch der verbliebenen Bieter auf Information über die Gründe für die einen bestimmten Bieter nennende Zuschlagsentscheidung und die damit korrespondierende Pflicht des Auftraggebers, die Zuschlagsentscheidung mit einem bestimmten Mittei­lungsin­halt zu versehen, ist nach der herrschenden Lehre unverzichtbarer Bestandteil einer unionsrechtlich geforderten effizienten Rechtsschutzver­bür­gung. Um beurteilen zu können, ob der Auftraggeber die Zuschlagsentscheidung rechtens getroffen hat und ihre Bekämpfung aussichtsreich erscheint, wird ein erfolgloser Bieter in der Regel auf entsprechende Auskunft durch den Auftrag­geber angewiesen sein. Damit ist gewährleistet, dass ein nicht zum Zug gekom­mener Bieter schon mit Kenntnisnahme(möglichkeit) der (auf einen anderen Bieter lautenden) Zuschlagsentscheidung und damit sehr zeitnah zum Beginn der Frist für einen Nachprüfungsantrag und der Stillhaltefrist die Informationen besitzt, die er für einen allfälligen Nachprüfungsantrag benötigt. Darin liegt der spezifische Zweck der Bringschuld des Auftraggebers auf Information der nicht zum Zug kommenden Bieter über die maßgeblichen entscheidungstragenden Gründe für die mitgeteilte Zuschlagsentscheidung. Die Regelung ist ein wesent­licher Bestandteil des unionsrechtlich vorgegebenen Transparenzgebotes im Sinne des § 187 BVergG 2006. Den Kern der Informationspflicht bilden die mit der Zuschlagsentscheidung mitzuteilenden Gründe für die Ablehnung der Ange­bote der (anderen) im Vergabeverfahren verbliebenen Bieter und die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots. Die inhaltliche Intensität der Begrün­dungspflicht steht unter den Anforderungen des Zwecks, zu dem der Informa­tionsanspruch des Bieters eingerichtet ist. Er muss jene Informationen über die Beurteilung des eigenen Angebots (Gründe für die Ablehnung des eigenen Angebots) und über die Beurteilung des erfolgreichen Angebots (Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots samt Vergabesumme) erhalten, die ihm eine Einschätzung dahingehend ermöglichen, ob die Zuschlagsentscheidung rechtens getroffen wurde und ihre Bekämpfung aussichtsreich ist. Das setzt einen nach­vollziehbaren Vergleich der Beurteilungen der nicht zum Zug kommenden Angebote mit dem erfolgreichen Angebot voraus, wofür die Begründung des Auftraggebers dem Bieter die notwendige Informationsbasis geben muss. Denn die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung kann sich einerseits daraus ergeben, dass das Angebot des präsumtiven Zuschlagsempfängers zu gut oder das des nicht zum Zug kommenden Bieters zu schlecht bewertet wurde. Bietern, deren ordnungsgemäße Angebote aufgrund der Bewertung nicht erfolg­reich sind, müssen in gleicher Weise neben der Vergabesumme auch die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots so bekanntgegeben werden, dass die Nachreihung gegenüber dem erfolgreichen Angebot für die Bieter nach­vollziehbar ist. Es wird daher nicht genügen, wenn der Auftraggeber als Begrün­dung nur die erreichten Bewertungspunkte der Zuschlagsbewertung mitteilt, ohne kurz die Gründe für die unterschiedliche Punktevergabe zu erläutern. Darin liegt bei ordnungsgemäßer schriftlicher Festhaltung der Gründe für die Zuschlags­entscheidung im Sinne des § 271 Abs. 2 BVergG 2006 kein zusätzlicher Aufwand. Die Nachreihung wird ohne „individualisierten Vergleich“ kaum aus­reichend begründbar sein (vgl. J. Aicher in Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg],
§ 272 Rz 23 ff). Es muss die Begründung der Zuschlagsentscheidung dem Bieter jedenfalls eine Einschätzung ermöglichen, ob die Zuschlagsentscheidung rech­tens getroffen wurde und eine Bekämpfung aussichtsreich ist; bloße Schein­begrün­dungen ohne echten Informationswert sind daher vergaberechtswidrig (Küchle in Schwartz, BVergG 20062, § 131, Rz 11 [Stand 01.06.2013, rdb.at], mwN). Auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Auftrag­geber zwar nicht verpflichtet, die Merkmale und Vorteile des erfolgreichen Angebots „umfassend“ darzustellen. Entscheidend ist jedoch unter Bezugnahme auf die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union, ob es dem Bieter auch ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierterer Begründungselemente unschwer möglich ist, gegen die Zuschlagsentscheidung einen begründeten Nachprüfungs­antrag einzubringen. Der Bieter muss - auch nach der Judikatur - also zu Beginn der Frist für einen Nachprüfungsantrag und der Stillhaltefrist jene Informationen besitzen, die für einen allfälligen Nachprüfungsantrag unerlässlich sind, um eine wirksame Nachprüfung beantragen zu können. Dabei reicht zwar eine bloße Zusammenfassung der relevanten Gründe. Diese Zusammenfassung muss jedoch genügen, um das angestrebte Rechtsschutzziel zu erreichen. Im Bestbieter­verfahren lässt nach der Rechtsprechung nur die Gegenüberstellung der Angebote erkennen, aus welchen Gründen die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten des einen und zu Lasten des anderen Bieters erfolgt ist (vgl. VwGH 21.01.2014, 2011/04/0133; VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173 und 2011/04/0224; so auch BVwG 19.01.2015, W123 2015052‑2; vgl. auch EuGH 29.01.2013, Rs T‑339/10 und T‑532/10, wonach die Begründung die Überle­gungen des Urhebers des Rechtsaktes so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass ihr die Betroffenen im Hinblick auf die Geltendmachung ihrer Rechte die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der Richter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann).

 

4.3.8.3. Das Fehlen einer entsprechenden Begründung der Zuschlagsent­schei­dung bewirkt eine objektiv rechtswidrige Entscheidung, wobei diese Rechtswid­rigkeit in der Regel wesentlich ist (VwGH 08.10.2010, 2006/04/0173, mwN; VwGH 09.04.2013, 2011/04/0173).

 

4.3.8.4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gelangte nach rechtlicher Prüfung der Zuschlagsentscheidung vom 8. August 2016 unter Bedachtnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auffassung, dass die Auftraggeberin darin ihrer Begründungspflicht für die Ablehnung des Angebots der Antragstellerin sowie für die Merkmale und Vorteile des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin im Sinne des § 272 Abs. 1 BVergG 2006 nicht ausreichend nachgekommen ist:

Der aus der Zuschlagsentscheidung vom 8. August 2016 der Auftraggeberin ableitbare Mehrpreis der Antragstellerin (1.072.297,81 Euro) und der sich - im Vergleich zum Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin - daraus errech­nende Punkterückstand (12,4 Punkte) ihres Angebots stellten im Hinblick auf die Ausschreibungsunterlagen der Auftraggeberin vom x 2016 keine ausreichende Informationen für die Antragstellerin zur Beantragung eines Nach­prü­fungsverfahrens dar: Nach den bestandsfest gewordenen Ausschreibungsbe­dingungen (Punkt 4. in Teil 1 - Angebotsgrundlagen) sollte nicht der Angebots­preis allein über das Bestangebot entscheiden, sondern ein Bewertungsschema, bestehend aus drei unterschiedlich gewichteten Kriterien mit der Hauptge­wichtung „Angebotspreis“ (70 Punkte). Die Auftraggeberin wies dabei in ihren Angebotsgrundlagen darauf hin, dass zur Beurteilung der eingegangenen Angebote diese Kriterien nach dem Bestbieterprinzip herangezogen werden wür­den, wobei maximal 100 Punkte erreicht werden könnten. Geht man aufgrund der maximal erreichbaren Punkteanzahl und der Wahl des Bestbieterprinzips davon aus, dass die Auftraggeberin als Bestpreisangebot jenes Angebot werten wollte, welches in Summe die höchste Punkteanzahl bei allen drei Kriterien erreichte, so fehlte es der Begründung der Zuschlagsentscheidung schon jeden­falls an der primär maßgeblichen Bekanntgabe der vom Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin erreichten Punkteanzahl. Die Gesamtpunkteanzahl einer­seits und die Punkteanzahl der im Einzelnen bewerteten Kriterien andererseits hätten schon deshalb eine wesentliche Information für die zweitgereihte Antrag­stellerin dargestellt, da die Angebotsgrundlagen den Angebotspreis mit max.
70 Punkten und die beiden weiteren Kriterien mit max. 10 Punkten bzw. max.
20 Punkten, sohin gemeinsam mit max. 30 Punkten, gewichteten. Aus der Begründung der Zuschlagsentscheidung war für die Antragstellerin dazu lediglich zu entnehmen, dass ihr Angebotspreis mit 57,6 Punkten und der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit 70 Punkten bewertet wurden. Da die Differenz der Punktebewertung der beiden Angebote beim Kriterium „Angebots­preis“ sohin (nur) 12,4 Punkte und damit weniger als 30 Punkte betrug, war auch eine Information über die Bewertung der beiden übrigen Kriterien der sich gegenüberstehenden Angebote in der Zuschlagsentscheidung für die Antrag­stellerin unerlässlich: Durch eine entsprechend höhere Punkteanzahl bei den beiden weiteren Kriterien wäre es möglich gewesen, dass das teurere Angebot der Antragstellerin dennoch als mit 87,6 Gesamtpunkten bewertetes Bestpreis­angebot für den Zuschlag vorgesehen werden hätte können. Dies umso mehr, als - nach der Stellungnahme der Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag - das Angebot der Antragstellerin bei den beiden weiteren Kriterien jeweils die Höchst­punkteanzahl von 10 Punkten bzw. 20 Punkten erreichte (Anzumerken ist, dass die Diktion der Begründung zu den beiden weiteren Kriterien in der Zuschlags­entscheidung aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich selbst offen ließ, ob die maximale Punkteanzahl zu den beiden weiteren Kriterien dem Angebot der Antragstellerin oder dem Angebot der präsumtiven Zuschlags­empfängerin oder beiden Angeboten galt, zumal sich die Begründung zum ersten Kriterium „Angebotspreis“ noch auf beide Angebote bezog.). Schon eine Bewer­tung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin mit z.B. 17 Punkten für die beiden weiteren Kriterien hätte zu einer Reihung des Angebots der präsum­tiven Zuschlagsempfängerin (z.B. Gesamtpunkte: 87) hinter dem Ange­bot der Antragstellerin mit 87,6 Gesamtpunkten geführt. Weder die Gesamt­punkte­anzahl noch die kriterienbezogene Punktebewertung des Angebots der präsumtiven Zuschlagsempfängerin wurden in der Begründung der Zuschlags­entscheidung angegeben. Die Begründung der Zuschlagsentscheidung vom
8. August 2016 erwies sich daher schon aus diesen Gründen als unzureichend im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, um der Antrag­stellerin einen ausreichenden effektiven Rechtsschutz zu ermöglichen. Die Zuschlags­entscheidung erwies sich damit schon aus diesem Grunde als objektiv mit Rechtswidrigkeit behaftet.

 

4.3.8.5. Auch nach der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 2 Oö. VergRSG 2006 ist für die Nichtigerklärung von Entscheidungen erforderlich, dass die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist. Diesbe­züglich ist auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Unterlassung der Begründung der Zuschlagsentscheidung für den Ausgang des Vergabeverfahrens schon dann wesentlich ist, wenn die Einbringung eines begründeten Nachprüfungsantrages dadurch erschwert oder verhindert wird, was in der Regel anzunehmen ist. Da die Antragstellerin nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes schon am Beginn der Stillhaltefrist über die Informationen verfügen muss, die sie für einen allfälligen Nach­prüfungsantrag benötigt, konnte dieser Mangel auch nicht durch eine weitere Aufklärung im Verfahren oder eine Verhandlung vor dem Landesver­waltungs­gericht Oberösterreich saniert werden.

 

4.3.9. Schon aus diesem Grund war daher dem Nachprüfungsantrag der Antrag­stellerin stattzugeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung der Auftrag­geberin vom 8. August 2016 für nichtig zu erklären. Die Antragstellerin wurde in einem ihr gemäß § 272 BVergG 2006 zustehenden Recht auf effektiven Rechts­schutz verletzt, da sie nicht bereits am Beginn der Stillhaltefrist bzw. Frist für die Einbringung eines Nachprüfungsantrages ohne sachliche Rechtfertigung ausrei­chend über alle jene Informationen verfügen konnte, die sie für einen Nachprü­fungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung vom 8. August 2016 benötigt hätte. Damit erübrigt sich auch ein Eingehen auf die weiteren von der Antrag­stellerin geltend gemachten Rechtsverletzungen im Hinblick auf die sich in der Bestimmung des § 20 Oö. VergRSG 2006 widerspiegelnde Notwendigkeit der Unverzüglichkeit der Entscheidung über vergaberechtliche Nachprüfungsanträge.

 

5. Aus bloßen verfahrensökonomischen Gründen wird darauf hingewiesen, dass es der Auftraggeberin natürlich freisteht, auch zu Gunsten desselben Zuschlags­empfängers eine neuerliche Zuschlagsentscheidung - dann mit entsprechender (auch verbaler) Begründung - zu treffen (vgl. J. Aicher in Schramm/Aicher/Fruh­mann [Hrsg], § 131 Rz 41). Die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung bietet der Auftraggeberin aber auch Gelegenheit, die ihr vorliegenden Angebote unter Berücksichtigung der wechselseitig im Verfahren vor dem Landes­verwaltungs­­gericht Oberösterreich aufgeworfenen Aspekte der Mangelhaftigkeit  - allenfalls unter Beiziehung eines Sachverständigen - abschließend zu prüfen und jene Ange­bote, die mit einem unbehebbaren Mangel belastet sind, vor einer neuerlichen Zuschlagsentscheidung auszuscheiden (vgl. etwa Küchle in Schwartz, BVergG 20062, § 267 Rz 6 [Stand 01.03.2014, rdb.at], wonach eine fehlende oder unvollständige Angebotsprüfung durch die Vergabekontrollbehörde nicht nach­geholt wird und zur Nichtigkeit der Ausscheidens- oder Zuschlagsent­schei­dung führt).

 

 

Zu Punkt II.:

 

Gemäß § 23 Oö. VergRSG 2006 hat der Antragsteller bzw. die Antragstellerin, der bzw. die vor dem Landesverwaltungsgericht, wenn auch nur teilweise, obsiegt, Anspruch auf Ersatz der gemäß § 22 leg. cit. entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin. Der Antragsteller bzw. die Antragstellerin hat ferner Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren, wenn er bzw. sie während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird. Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde.

Da die Antragstellerin vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich obsiegt hat, war gemäß § 23 Abs. 1 und 2 Oö. VergRSG 2006 die Auftraggeberin zum Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren in der gesetz­lich normierten Höhe von 9.000 Euro (für das Nachprüfungsverfahren und für die einstweilige Verfügung) zu verpflichten.

 

 

Zu Punkt III.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung (siehe die in dieser Entscheidung zitierte Judikatur des Verwaltungs­gerichtshofes). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwal­tungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Jörg Steinschnack