LVwG-750086/2/ER
Linz, 06.03.2014
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde des Herrn H.S., Wirtschaftstreuhand und Steuerberater gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 14. Jänner 2013, GZ: Sich40-31431,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, und der bekämpfte Bescheid ersatzlos behoben.
II. Der Antrag auf Ersatz der Kosten im Rahmen der Amtshaftung wird als unzulässig zurückgewiesen.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.1. Mit Bescheid vom 14. Jänner 2013, GZ: Sich40-31431, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) festgestellt, dass der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) mit Schreiben vom 9. Mai 2012 sowie telefonisch am 3. Dezember 2012 die Vertretung von Frau G.S. im Verfahren zur Ausstellung eine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn angezeigt habe.
Der Spruch des bekämpften Bescheides lautet wie folgt: „Ihre Vertretung von Frau G.S. wird nicht zugelassen.“
In der Begründung gibt die belangte Behörde umfassend die rechtlichen Grundlagen wieder und stellt fest, dass der Bf nicht befugt sei, in einem aufenthalts- und fremdenrechtlichen Verfahren die genannte Person berufsmäßig zu vertreten.
Ferner gibt die belangte Behörde § 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes sowie § 8 der Rechtsanwaltsordnung wieder.
Abschließend wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs festgestellt, dass die Vertretungsbefugnis von Wirtschaftstreuhändern einen unmittelbaren Zusammenhang mit wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten voraussetze. Aufgrund der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sowie aufgrund des § 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes sei klar, dass sich die Vertretungsbefugnis des Bf nicht auf ein aufenthalts- und niederlassungsrechtliches Verfahren erstrecken könne.
I.2. Gegen diesen, am 17. Jänner 2013 durch Hinterlegung zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Berufung des Bf vom 22. Jänner 2013.
Gemäß § 3 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsbarkeit-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 2013/33 idgF gilt eine bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Berufung gegen einen Bescheid, der vor Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wurde, als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1B-VG.
Begründet wird die gegenständliche Beschwerde damit, dass die im ersten Satz des angefochtenen Bescheids getroffene Feststellung, wonach der Bf mit Schreiben vom 9. Mai 2012 gemäß § 10 AVG die Vertretung von Frau G.S. im Verfahren zur Ausstellung eine Anmeldebescheinigung gemäß § 53 NAG angezeigt habe, unrichtig sei.
Richtig sei vielmehr, dass der Bf mit Schreiben vom 9. Mai 2012 als befugter Steuerberater von G.S. bestätigt habe, dass seine Klientin aufgrund einer Vereinbarung mit dem Finanzamt Braunau-Ried-Schärding eine pauschalierte Einkommenssteuer in Höhe von Euro 250 monatlich bezahlen würde und dies einer Einkommensveranlagung von Euro 18.595 entspreche.
Diese Bestätigung sei im Rahmen der Berufsbefugnis des Bf als Steuerberater und in Abstimmung mit dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz erfolgt. Es handle sich dabei keinesfalls um eine Vertretungsbekanntgabe im fremdenrechtlichen Verwaltungsverfahren, sondern damit sei lediglich die Vollmacht als steuerlicher und wirtschaftlicher Vertreter bekannt gegeben worden.
Die Ablehnung als steuerrechtlichen Vertreter obliege nicht der belangten Behörde und sei rechtswidrig.
Der Bf beantragte daher die ersatzlose Behebung des bekämpften Bescheids und den Ersatz der Kosten im Rahmen der Amtshaftung.
I.3. Das Oö Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den mit Schreiben vom 22. Jänner 2014 vom Bundesministerium für Inneres vorgelegten Verwaltungsakt. Aus dem Verwaltungsakt ließ sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt widerspruchsfrei feststellen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben und der Antrag auf Kostenersatz im Rahmen der Amtshaftung zurückzuweisen ist.
Gemäß § 2 VwGVG entscheidet das Verwaltungsgericht durch Einzelrichter, soweit die Bundes- oder Landesgesetze nicht die Entscheidung durch einen Senat vorsehen.
I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem S a c h v e r h a l t aus:
Mit Schreiben vom 9. Mai 2012 gab der Bf bekannt, dass seine Kanzlei Frau G.S. in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten vertrete. Durch einen im Akt einliegenden Aktenvermerk der belangten Behörde vom 3. Dezember 2012 ist belegt, dass der Bf der belangten Behörde telefonisch mitgeteilt hat, dass er Frau G.S. lediglich in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten vor Verwaltungsbehörden vertrete.
Mit E-Mail vom 4. Dezember 2012 hat der Bf allerdings behauptet, ebenfalls über eine Vollmacht zur berufsmäßigen Vertretung in fremdenpolizeilichen Angelegenheiten zu verfügen. Dabei berief er sich auf die gewerbsmäßige Vertretung vor der Bezirkshauptmannschaft Braunau, Fremdenpolizei, im Sinne des § 136 Abs. 3 Gewerbeordnung als Steuerberater. Ferner widerrief der Bf in diesem E-Mail seine telefonische Aussage vom 3. Dezember 2012, wonach er lediglich über eine Vertretungsbefugnis in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten verfüge. Diese Ansicht vertrat er darüber hinaus in einem Beschwerdeschreiben an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Personal, in dem er sich über eine Sachbearbeiterin der belangten Behörde beschwerte, da diese den Bf und seinen bevollmächtigten Mitarbeiter in mehreren aktenkundigen E-Mails und im Telefongespräch vom 3. Dezember 2012 auf die fehlende Vollmacht in Fremdenrechtsangelegenheiten hingewiesen hat.
II. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.
III.1. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht den urkundlichen Beweis.
Gemäß Abs. 3 sind als Bevollmächtigte solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.
Gemäß § 3 Abs. 1 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes ist es den zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:
...
3. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben und in Beihilfeangelegenheiten vor den Finanzbehörden, den übrigen Gebietskörperschaften und den Verwaltungsgerichten, hierbei ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis,
...
Gemäß Abs. 2 sind die zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Steuerberater Berechtigten weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:
...
3. die Beratung und Vertretung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten,
...
7. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, einschließlich der Vertretung vor den Verwaltungsgerichten, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten unmittelbar zusammenhängen,
...
III.2. Gemäß § 8 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz – AHG soll der Geschädigte den Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zunächst schriftlich auffordern, ihm binnen einer Frist von drei Monaten eine Erklärung zukommen zu lassen, ob er den Ersatzanspruch anerkennt oder den Ersatz ganz oder zum Teil ablehnt. Das im § 9 genannte Gericht kann dem Ersatzwerber für dieses Aufforderungsverfahren nach den Bestimmungen der ZPO über die Verfahrenshilfe einen Rechtsanwalt beigeben.
Gemäß § 9 Abs. 1 AHG ist zur Entscheidung über die Klage des Geschädigten gegen den Rechtsträger auf Ersatz in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht, in dessen Sprengel die Rechtsverletzung begangen wurde, ausschließlich zuständig.
Gemäß § 10 Abs. 1 AHG hat der beklagte Rechtsträger
1. den Rechtsträgern, die er nach § 1 Abs. 1 und
2. den Organen, die er für den Rückersatzanspruch
für haftbar erachtet, den Streit zu verkünden (§ 21 ZPO). ...
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
IV.1. Entsprechend den unter III.1. zitierten Rechtsvorschriften sind die Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater berechtigt, ihre Klienten sowohl in steuerlichen als auch in wirtschaftlichen Angelegenheiten vor den zuständigen Behörden und Verwaltungsgerichten berufsmäßig zu vertreten. Diesfalls ersetzt die Berufung auf die erteilte Vollmacht deren urkundlichen Beweis.
Wie aus dem in der Präambel des bekämpften Bescheids angeführten Schriftstück vom 9. Mai 2012 ersichtlich, gibt der Bf darin lediglich bekannt, Frau G.S. in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten zu vertreten.
Auch aus dem Aktenvermerk über das in der Präambel des bekämpften Bescheids angeführte Telefongespräch vom 3. Dezember 2012 geht eindeutig hervor, dass sich der Bf in diesem Telefongespräch lediglich auf die Vollmacht von Frau G.S. zur Vertretung in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten vor Verwaltungsbehörden bezieht.
Auf den darüber hinaus im Akt dokumentierten E-Mail Verkehr zwischen der belangten Behörde und dem Bf bzw. seinem Generalbevollmächtigten, sowie auf das Schreiben des Bf an das Amt der Oö. Landesregierung, Direktion Personal, woraus durchaus die Rechtsansicht des Bf, wonach er ebenfalls zur Vertretung in fremdenrechtlichen Angelegenheiten bevollmächtigt sei, hervorgeht, wird im bekämpften Bescheid weder im Spruch noch in der Begründung Bezug genommen.
Mit dem bekämpften Bescheid wird jedoch unter Bezugnahme auf das Schriftstück vom 9. Mai 2012 und das Telefongespräch vom 3. Dezember 2012, in denen sich der Bf zweifelsfrei lediglich auf seine Vertretungsbefugnis in wirtschaftlichen und steuerlichen Angelegenheiten beruft, festgestellt, dass die Vertretung von Frau G.S. durch den Bf nicht zulässig sei. Begründet wird dies unter Bezugnahme auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs damit, dass der Bf als Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater lediglich in jenen Fällen zur Vertretung befugt sein kann, die in unmittelbarem Zusammenhang mit wirtschaftstreuhänderischen Arbeiten stehen.
Gerade jene Vertretungsbefugnis, auf die sich der Bf im Schreiben vom 9. Mai 2012 sowie im Telefongespräch vom 3. Dezember 2012 bezieht, steht ihm aber aufgrund der unter Punkt III.1. zitierten Rechtslage zweifelsfrei zu.
IV.2. Wie sich aus den unter III.2. zitierten Rechtsvorschriften eindeutig ergibt, ist zur Entscheidung über allfällige Ersatzansprüche aus dem Titel der Amtshaftung die ordentliche Gerichtsbarkeit ausschließlich zuständig. Ersatzansprüche sind im Klagsweg einzufordern.
V.1. Die belangte Behörde hat im bekämpften Bescheid ausschließlich auf ein Schreiben bzw. ein Telefongespräch Bezug genommen, in denen sich der Bf gerade auf die ihm gesetzlich zustehenden Vertretungsbefugnisse beruft. Da im bekämpften Bescheid keine weiteren Anhaltspunkte enthalten sind, die auf eine unzulässige berufsmäßige Vertretung des Bf im Sinne des § 10 Abs. 3 AVG schließen lassen, war der bekämpfte Bescheid im Ergebnis ersatzlos zu beheben.
V.2. Der Antrag auf Kostenersatz im Rahmen der Amtshaftung war im Ergebnis als unzulässig zurückzuwiesen, da Ersatzansprüche im Rahmen der Amtshaftung im Wege der ordentlichen Gerichtsbarkeit geltend zu machen sind.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zur Vertretungsbefugnis von Wirtschaftstreuhändern und Steuerberatern vgl. VwGH vom 16.3.2011, 2008/08/0040 und VwGH vom 26.6.2012, 2010/09/0181). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. R e i t t e r