LVwG-300996/11/KLi/HG
Linz, 06.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde des A. S., geb. x, x, O, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P. M., x, B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. Februar 2016, GZ: SV96-94-2015, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben,
II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verwaltungsstrafverfahrens noch des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I.
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (in der Folge: belangte Behörde) vom 15. Februar 2016, GZ: SV96-94-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) eine Geldstrafe iHv. 2.000,00 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 66 Stunden gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit a iVm. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) verhängt, weil er als Verantwortlicher der Firma S. GmbH mit Sitz in O, x, dafür verantwortlich war, dass das Unternehmen zwei näher bezeichnete ausländische Staatsbürger am 16. April 2015 um 22:10 Uhr beschäftigt hat, die über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt haben, welcher für die Beschäftigung erforderlich gewesen wäre.
Im Detail liegen dem Straferkenntnis folgende zwei Tatvorwürfe zugrunde:
"1) Sie haben es als Verantwortlicher der Firma S. GmbH mit Sitz in O, x, zu verantworten, dass die genannte Firma nachstehenden ausländischen Staatsbürger beschäftigt hat, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung, noch eine Anzeigenbestätigung ausgestellt wurde, noch eine für diese Beschäftigung gültige Rot Weiß Rot Karte, Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltsgenehmigung Künstler oder eine Rot Weiß Rot Karte plus, eine Aufenthaltsberechtigung plus, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger oder Daueraufenthalt EU besitzt.
Name des Beschäftigten:
M. M., geb. x, r. Staatsangehöriger
Arbeitsantritt:
09.04.2015
Beschäftigungsort:
O, x
Tatort:
Gemeinde O, x
Tatzeit:
16.04.2015, 22:10 Uhr
2) Sie haben es als Verantwortlicher der Firma S. GmbH mit Sitz in O, x, zu verantworten, dass die genannte Firma nachstehenden ausländischen Staatsbürger beschäftigt hat, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung, noch eine Anzeigenbestätigung ausgestellt wurde, noch eine für diese Beschäftigung gültige Rot Weiß Rot Karte, Blaue Karte EU oder eine Aufenthaltsgenehmigung Künstler oder eine Rot Weiß Rot Karte plus, eine Aufenthaltsberechtigung plus, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel Familienangehöriger oder Daueraufenthalt EU besitzt.
Name des Beschäftigten:
M. S., geb. x, r. Staatsangehöriger
Arbeitsantritt:
11.04.2015
Beschäftigungsort:
O, x
Tatort:
Gemeinde O, x
Tatzeit:
16.04.2015, 22:10 Uhr
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1) § 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a iVm. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz idgF.
2) § 28 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a iVm. § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz idgF.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von | falls diese uneinbringlich ist, | Freiheitsstrafe von | Gemäß |
1) 1.000,00 Euro | 33 Stunden | - | § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG |
Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):
-
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 200,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen, das sind 10 % der Strafe;
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher:
2.200,00 Euro"
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass durch die Abgabenbehörde bei einer Kontrolle nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und Erhebungen nach § 89 Abs. 3 Einkommensteuergesetz die r. Staatsangehörigen Herr M. M., geb. x, und Herr M. S., geb. x, im x in O, x, deren Eigentümerin die S. GmbH ist, Arbeitstätigkeiten auf der dortigen Baustelle verrichtet haben. Abfragen ergaben, dass weder Herr M. noch Herr S. zum Zeitpunkt der Kontrolle über aufenthalts- bzw. arbeitsmarktrechtliche Bewilligungen verfügten, welche sie zur Arbeitsaufnahme berechtigt hätten.
Wie von den Kontrollorganen der Abgabenbehörde eindeutig festgestellt, wurden Herr M. und Herr S. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten.
Bezüglich der Angaben des Bf, dass Herr S. der Bruder seine Gattin und Herr M. ein guter Freund sei und beide keine Bezahlung erhalten würden, stellte die belangte Behörde fest, dass es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht, dass eine Person so ohne weiteres einer Kapitalgesellschaft "zur Hand geht" und über die erbrachte Leistung nicht einmal eine Gegenleistung erhält. Auch wenn Herr M. und Herr S. zwar übereinstimmend angaben, dass sie keine Entlohnung erhalten würden, gaben sie jedoch auch an, dass sie zumindest weisungsgebunden und über mehrere Tage hinweg beschäftigt waren. Die Argumentation des Bf, dass es sich lediglich um einen Freundschaftsdienst (Gefälligkeitsdienst) bzw. familiären Beistand gehandelt hätte, vermochte die belangte Behörde daher nicht zu überzeugen und wurde als bloße Schutzbehauptung gewertet.
Die belangte Behörde stellte daher fest, dass es sich im gegenständlichen Fall sehr wohl um ein Arbeitsverhältnis, zumindest jedenfalls um ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis, handelt. Für die Beurteilung ob eine Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis vorliegt, ist ausschließlich der wahre wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Es war daher von einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit auszugehen. Weiters hat die belangte Behörde festgehalten, dass auch ein effektives Kontrollsystem zur Hintanhaltung der illegalen Ausländerbeschäftigung im Verfahren nicht hervorgekommen ist.
Zur Strafbemessung ging die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen in der Höhe von 2.000,00 Euro aus. Da der Bf unbescholten war, war im vorliegenden Fall die Verhängung der Mindeststrafe geboten. Gründe für die Anwendung von § 20 VStG, wonach die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, lagen nicht vor.
2. Mit Schreiben vom 17. März 2016 erhob der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin zusammengefasst wie folgt aus:
Bei der Abgrenzung eines Freundschafts- bzw. Gefälligkeitsdienstes von einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Die belangte Behörde hätte daher die Gattin des Bf, Frau I. S., sowie Herrn S. und Herrn M. einvernehmen müssen, um zu erkennen, dass Hilfsdienste im Rahmen einer familiendienstlichen bzw. freundschaftlichen Mithilfe, unentgeltlich und in geringfügigem Rahmen bei lediglich einfachen manuellen Verrichtungen erfolgten.
Weiters traf die belangte Behörde keine Feststellungen darüber, welche Position der Bf innerhalb der S. GmbH ausfüllt. Der Bf ist sowohl Geschäftsführer als auch Gesellschafter der S. GmbH, weswegen eine echte Trennung zwischen dem Bf als natürliche Person und der GmbH bei der Beurteilung, ob Gefälligkeitsdienste für eine natürlich Person oder für eine Kapitalgesellschaft vorliegen, de facto nicht möglich ist.
Die belangte Behörde trifft auch keine Feststellung über den Familiengrad zwischen dem Bf und Herrn S. Dadurch würde sich der familiäre Bezug im Sinn einer spezifischen Bindung des Herrn S. zum Bf und dessen Intention bei seinen Hilfsdiensten ergeben. Ebenso wird keine Feststellung bezüglich des Verhältnisses von Herrn M. zum Bf getroffen. Herr M. ist ein langjähriger Freund des Bf, welcher seinerseits Herrn M. vor einigen Jahren auch im Rahmen eines Umzugs geholfen hat.
Auch der Umstand, dass der Bf für die Umbauarbeiten hauptsächlich Professionisten mit nicht unerheblichen Auftragsvolumen eingesetzt hat, wurde von der belangten Behörde nicht berücksichtigt. Dadurch würde sich aber insgesamt zeigen, dass es sich bei den Arbeiten von Herrn S. und Herrn M. lediglich um untergeordnete, kleine Tätigkeiten gehandelt hat. Für die Annahme der belangten Behörde, dass die beiden dem Bf auch disziplinär verantwortlich gewesen wären, liegen keine Hinweise vor.
Es sei eine unrichtige rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, dass diese von einer organisatorischen Eingliederung aufgrund einer Weisungsbefugnis ausgeht. Insgesamt sei aus rechtlicher Sicht das Vorliegen von Gefälligkeitsdiensten zu bejahen und die belangte Behörde hätte zum Schluss kommen müssen, dass aufgrund der Art und Ausgestaltung der Arbeiten bzw. deren kurzfristiger Dauer und insbesondere aufgrund der bestehenden spezifischen Bindungen, der Freiwilligkeit der Leistungen und der Unentgeltlichkeit keine Verstöße gegen das AuslBG oder das ASVG vorliegen.
Selbst bei Vorliegen des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts hätte diese lediglich eine Ermahnung erteilen müssen. Dies insbesondere in Hinblick auf die verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit des Bf und die Tatsache, dass Professionisten eingesetzt wurden. Das von der belangten Behörde verhängte Strafausmaß ist beim vorliegenden Strafrahmen jedenfalls zu hoch angesetzt.
Der Bf stellte daher die Anträge, den Bescheid – eventuell nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - ersatzlos aufzuheben oder lediglich eine Ermahnung zu erteilen.
3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 24. März 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt, das Beschwerdevorbringen und die öffentliche mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2016. Bei der mündlichen Vorhandlung wurden seitens des Bf mehrere Rechnungen vorgelegt, die zeigen sollen, dass für einzelne Tätigkeiten die Leistungen von konzessionierten Betrieben in Anspruch genommen wurden.
5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Bf ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Firma S. GmbH mit Sitz in O, x. Das x an derselben Adresse befindet sich im Eigentum der S. GmbH.
Am 16. April 2015 um etwa 22:10 Uhr gab es eine Kontrolle durch die Finanzpolizei Gmunden Vöcklabruck auf der Baustelle im oben genannten x. Zu diesem Zeitpunkt haben der Bf, Herr M. M. und Herr M. S. auf der Baustelle gearbeitet.
Herr M. M., geb. x, ist r. Staatsbürger und hat im Zeitraum vom 9. April 2015 bis 16. April 2015 auf der Baustelle im oben genannten x geholfen. Herr M. ist ein langjähriger Freund des Bf und hat diesen besucht, nachdem er in K (T) eine Kur gemacht hatte. Für die Arbeiten auf der Baustelle, bei denen es sich um einfache Hilfstätigkeiten gehandelt hat, hat Herr M. kein Entgelt bekommen, sondern er hat diese als freundschaftliche Gefälligkeit für den Bf durchgeführt. Er hat in diesem Zeitraum über keine Arbeitserlaubnis nach dem AuslBG verfügt.
Herr M. S., geb. x, ist r. Staatsbürger und hat im Zeitraum vom 11. April 2015 bis 16. April 2015 auf der Baustelle im oben genannten x geholfen. Herr S. ist der Bruder der Gattin des Bf und hat diesen – wie auch schon öfters in der Vergangenheit – besucht und hat in der Zeit des Besuchs auch Ausflüge in der Umgebung unternommen. Für die Arbeiten auf der Baustelle, bei denen es sich um einfache Hilfstätigkeiten gehandelt hat, hat Herr S. kein Entgelt bekommen, sondern er hat diese als verwandtschaftliche Gefälligkeit für den Bf durchgeführt. Er hat in diesem Zeitraum über keine Arbeitserlaubnis nach dem AuslBG verfügt.
Für professionelle Arbeiten auf der Baustelle im x der S. GmbH hat der Bf konzessionierte Betriebe beauftragt.
II.
Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich überwiegend aus dem vorgelegten Akt.
Von wesentlicher Bedeutung war die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Bf und Herrn S. oder Herrn M. vorgelegen hat, insbesondere ob es sich um eine entgeltliche Tätigkeit gehandelt hat oder von einem bloßen Gefälligkeitsdienst auszugehen war. Hierzu wurden bei der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2016 Frau I. S., Herr M. M. und Herr M. S. als Zeugen einvernommen.
Herr M. und Herr S. gaben an, dass es sich bei den Arbeiten um einfache Hilfstätigkeiten, wie zum Beispiel das Transportieren von Möbeln, auf der Baustelle im x gehandelt hat. Dass professionelle Arbeiten durch konzessionierte Betriebe durchgeführt worden sind, konnte der Bf anhand von Rechnungen darlegen, welche er der belangten Behörde mit Schreiben vom
23. Dezember 2015 sowie dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich in der mündlichen Verhandlung am 13. Juni 2016 vorgelegt hat.
Dass Herr M. ein freundschaftliches Verhältnis zum Bf hat, kann als unstrittig angenommen werden. Fraglich ist nur, inwieweit bei einer solchen Freundschaft von einem Naheverhältnis ausgegangen werden kann, die einen unentgeltlichen Gefälligkeitsdienst als glaubwürdig erscheinen lässt. Herr M. war auf Kur in K (T) und hat danach den Bf in dessen x besucht. Er hat somit die Reise von Russland nach Österreich nicht zwecks einer Tätigkeit auf der Baustelle des Bf unternommen, sondern hat die Reise genutzt, um sich (auch) das Hotel des Bf anzusehen. Dass Herr M. dabei kostenlos im Hotel untergebracht gewesen ist, ist im Rahmen des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen ihm und dem Bf nicht ungewöhnlich und war keine Gegenleistung für die Hilfstätigkeit auf der Baustelle. Es war laut Aussage von Herrn M. für ihn selbstverständlich, dem Bf unentgeltlich zu helfen. Umgekehrt hat auch der Bf vor einigen Jahren Herrn M. mehrere Tage beim Umzug in Russland geholfen. Zur Beurteilung der Frage, ob solche unentgeltlichen Gefälligkeitsdienste nur auf Grund einer freundschaftlichen Beziehung glaubwürdig sind, ist auch zu berücksichtigen, dass laut übereinstimmender Aussagen aller Beteiligten unentgeltliche Gefälligkeiten zwischen Verwandten und Freunden in Russland üblicher sind als in Österreich. Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände sowie der Zeugenaussagen bei der mündlichen Verhandlung gibt es für das erkennende Gericht keinen Grund an der Darstellung zu zweifeln, dass Herr M. die Tätigkeiten auf der Baustelle unentgeltlich für den Bf als Gefälligkeitsdienst durchgeführt hat. Selbst wenn es leichte Zweifel gäbe, so wäre aufgrund der nicht unglaubwürdigen Aussagen der Zeugen, welche auch der allgemeinen Lebenserfahrung nicht gänzlich widersprechen, in dubio pro reo von einer Unentgeltlichkeit auszugehen.
Dass Herr S. der Schwager des Bf (der Bruder der Gattin des Bf) ist, ergibt sich unzweifelhaft aus den im Akt vorliegenden Urkunden. Herr S. gab bei der mündlichen Verhandlung an, dass es für ihn selbstverständlich gewesen sei, dem Bf zu helfen. Der Bf würde ihm umgekehrt genauso helfen, sie seien schließlich eine Familie. Herr S. war insgesamt zwei Wochen beim Bf und hat aber auch nicht die ganze Zeit über geholfen, sondern hat auch Urlaub gemacht und Ausflüge unternommen. Herr S. hat für die Unterkunft im Hotel nichts bezahlt. Dies war jedoch keine Gegenleistung für seine Hilfstätigkeit, vielmehr war in der Vergangenheit auch schon die ganze Familie zu Besuch und hat kostenlos beim Bf gewohnt. Es war auch für Frau I. S., die Gattin des Bf und Schwester von Herrn S., eine Selbstverständlichkeit, dass ihr Bruder für die Hilfstätigkeiten kein Entgelt bekommen hat, da dies keine Arbeit sondern „in der Familie“ gewesen ist. Für das erkennende Gericht gibt es keinen Grund an der Darstellung zu zweifeln, dass Herr S. die Tätigkeiten auf der Baustelle unentgeltlich für den Bf als Gefälligkeitsdienst durchgeführt hat. Weder die kostenlose Unterbringung von Herrn S. im x noch die unentgeltliche Tätigkeit auf der Baustelle durch Herrn S. widersprechen der allgemeinen Lebenserfahrung. Noch dazu ist zu berücksichtigen, dass laut übereinstimmender Aussagen aller Beteiligten unentgeltliche Gefälligkeiten zwischen Verwandten und Freunden in Russland üblicher sind als in Österreich.
Auch die Aussage des Bf, dass es für ihn schwierig gewesen sei, bezahlte Arbeitskräfte zu finden, welche ihm auf der Baustelle bei solchen Tätigkeiten geholfen hätten, die Herr M. und Herr S. durchgeführt haben, kann nicht als Bestätigung dafür gesehen werden, dass eine entgeltliche Leistung vorgelegen hat. Zusätzlich haben sowohl Herr S. als auch Herr M. in den Personenblättern der Finanzpolizei unabhängig voneinander angegeben unentgeltlich einen Freundschafts- bzw. Familiendienst zu verrichten.
III.
1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm. § 3 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.
2. Das Bundesgesetz vom 20. März 1975, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird (Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 72/2013, regelt gemäß § 1 die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.
§ 2 AuslBG lautet dazu auszugsweise:
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.
(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,
[…]
(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind
a) in den Fällen eines arbeitnehmerähnlichen Beschäftigungsverhältnisses (Abs. 2 lit. b) der Vertragspartner,
[…]
(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. […]
[…]
§ 3 Abs. 1 AuslBG lautet:
Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§ 3 (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt.
§ 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG lautet auszugsweise:
Strafbestimmungen
§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (§ 28c), begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,
1. wer
a) entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder der keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot – Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder keine „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, keine „Aufenthaltsberechtigung plus“, keinen Befreiungsschein (§ 4c) oder keinen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt – EU“ besitzt, oder
[…]
bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro;
3. Eine Strafbarkeit gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit a iVm. § 3 Abs. 1 AuslBG liegt dann vor, wenn ein Arbeitgeber einen Ausländer beschäftigt, ohne dass dieser über eine dort aufgezählte Arbeitserlaubnis verfügt und auch sonst kein Strafbefreiungsgrund vorliegt.
Herr M. und Herr S. haben keine österreichische Staatsbürgerschaft und gelten daher als Ausländer im Sinne des AuslBG. Die beiden besitzen auch keine in § 28 Abs. 1 Z 1 lit a AuslBG taxativ aufgezählte Arbeitserlaubnis.
Wesentlich ist also, ob es sich bei der in Rede stehenden Tätigkeit von Herrn M. bzw. Herrn S. um eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 AuslBG handelte, also ob die beiden in einem Arbeitsverhältnis oder einem arbeitsähnlichen Verhältnis zum Bf gestanden haben.
4. Ein explizites Arbeitsverhältnis war mangels eines Dienstvertrages im gegenständlichen Verfahren nicht zu beweisen. Die belangte Behörde führte aber als Kennzeichen für ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis folgende Kriterien demonstrativ auf:
· Vorgabe der Arbeitszeit,
· Fehlendes Unternehmerrisiko,
· Kein definiertes eigenständiges Werk,
· Wirtschaftliche Abhängigkeit von einem oder mehreren Unternehmern,
· Fehler einer eigenen Betriebsstätte,
· Entlohnung nach Pauschalbetrag,
wobei einzelne Umstände, die für und wider ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis sprechen, nicht isoliert voneinander gesehen werden dürfen, sondern in einer Gesamtbetrachtung nach Zahl, Stärke und Gewicht bewertet werden müssen (vgl. VwGH vom 02.09.1993, Zl: 92/09/0322).
Einerseits handelt es sich bei diesen Abgrenzungskriterien primär um die Frage, ob es sich um ein Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer handelt, oder ob vielmehr eine selbständige Arbeit sowie ein Werkvertrag vorliegen. Andererseits ist eine Abwägung der Gesamtheit der Kriterien zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Faktor hierbei stellt auch ein mögliches Entgelt für die Beschäftigung dar.
Vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03. Juni 2004, Zl: 2002/09/0198:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. November 2002, Zl. 2001/09/0103, unter Verweis auf Vorerkenntnisse ausgeführt, dass der Begriff "Beschäftigung" im AuslBG - § 2 Abs. 2 und Abs. 3 AuslBG folgend - nicht nur Arbeitsvertragsverhältnisse umfasst und unter Arbeitgeber nicht nur der Vertragspartner eines (schriftlichen oder mündlichen) Arbeitsvertrages zu verstehen ist, sondern die Verpflichtung zur Einholung einer Beschäftigungsbewilligung vor der Beschäftigung eines Ausländers nach § 3 Abs. 1 AuslBG auch den Inhaber eines Betriebes trifft, der Leistungen einer als arbeitnehmerähnlich zu qualifizierenden Arbeitskraft entgegen nimmt. Entscheidend für die Frage der Arbeitnehmerähnlichkeit ist die wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen eine Person, die im Auftrag und für Rechnung einer anderen Person Arbeit leistet, ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen, sich in einer einem Arbeitnehmer ähnlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit befindet. Der "Arbeitnehmerähnliche" ist jedenfalls nicht persönlich vom Empfänger der Arbeitsleistung abhängig. Seine wirtschaftliche Unselbständigkeit, derentwegen er als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, muss eher darin erblickt werden, dass er unter ähnlichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen wie ein Arbeitnehmer tätig und daher insofern vom Empfänger der Arbeitsleistung wirtschaftlich abhängig ist. Bei der Beurteilung der Arbeitnehmerähnlichkeit unter dem "finanziellen" Gesichtspunkt ist nicht konkret zu prüfen, ob der "Arbeitnehmerähnliche" auf die Gegenleistungen aus dem Rechtsverhältnis mit dem Empfänger der Arbeitsleistung zur Bestreitung seines Lebensunterhalts angewiesen ist. Sowohl für eine Beschäftigung gemäß § 2 Abs. 2 lit. a als auch gemäß § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG ist aber die Entgeltlichkeit ein wesentliches Merkmal, wobei sich der Anspruch des Arbeitenden auf Bezahlung aus einer mit dem Arbeitgeber getroffenen Vereinbarung, allenfalls aber auch unmittelbar aus arbeitsrechtlichen Vorschriften (so etwa aus § 29 AuslBG oder aus kollektivvertraglichen Regelungen) ergibt. Zwar kann dieses Merkmal grundsätzlich auch durch andere als finanzielle Gegenleistungen erfüllt sein, etwa durch die Erbringung von Naturalleistungen (vgl. 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0089). Jedoch muss - manifestiert auch in einer Gegenleistung - ein Mindestmaß an wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit der Arbeitskraft bestehen, um vom Vorliegen einer Beschäftigung sprechen zu können.
Des weiteren ist es Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gefälligkeitsdienste nicht unter den Begriff der bewilligungspflichtigen Beschäftigung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes einzuordnen sind. Als solche sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden, wobei der Übergang zwischen Gefälligkeitsdienst und kurzfristiger Beschäftigung im Sinne des AuslBG als "fließend" bezeichnet wurde. Es ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen, um einen Gefälligkeitsdienst annehmen zu können (vgl. VwGH vom 22.10.2003, 2001/09/0135, mwN.).
5. Wie unter Punkt II. dargelegt, hat der Bf das Vorhandensein solcher spezifischen Bindungen darlegen können, die eine unentgeltliche Leistung durch Herrn M. und Herrn S. als glaubwürdig erscheinen lassen.
Der Bf ist mit Herrn M. schon seit längerer Zeit befreundet und hat diesem auch in der Vergangenheit unter anderem mehrere Tage bei einem Umzug in Russland unentgeltlich geholfen. Die kostenlose Unterbringung von Herrn M. im x war in diesem Fall auch nicht als Gegenleistung für die Hilfsdienste anzusehen, weil Herr M. auch ohne die Erbringung dieser Dienste beim Bf unentgeltlich hätte wohnen können.
Zwischen dem Bf und Herrn S. besteht ein enges verwandtschaftliches Verhältnis, da der Bf mit Herrn S. verschwägert ist; die Tochter des Bf ist sein Patenkind. Die kostenlose Unterbringung von Herrn S. im x war in diesem Fall auch nicht als Gegenleistung für die Hilfsdienste anzusehen, weil Herr S. auch in der Vergangenheit ohne die Erbringung dieser Dienste beim Bf unentgeltlich wohnen hat können.
Die durchgeführten Arbeitstätigkeiten waren auch - bezogen auf die gesamte Dauer der Umbauarbeiten im x - als kurzfristig zu qualifizieren.
6. Auch das von der Abgabenbehörde zitierte Merkblatt der Wirtschaftskammer Österreich zur Abgrenzung von familienhafter Mitarbeit gegenüber einem Dienstverhältnis zum Zwecke der Sozialversicherungspflicht stellt nur eine Orientierungshilfe dar, da es sich bei der Frage, ob ein Dienstverhältnis oder familienhafte Mitarbeit vorliegt, stets um eine Einzelfallbeurteilung handelt. Diese Einzelfallbeurteilung wurde in den obigen Ausführungen vorgenommen. Überdies betrifft diese Abgrenzung im Wesentlichen die Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und nicht eine mögliche Beschäftigung nach dem AuslBG.
Bezüglich der Vorbehalte, dass es sich bei der Eigentümerin des x, der S. GmbH, um eine juristische Person handelt und deshalb Gefälligkeitsdienste auf Grund eines Freundschafts- oder Verwandtschaftsverhältnisses nicht möglich seien, ist festzuhalten, dass der Bf alleiniger Eigentümer der S. GmbH ist. Gefälligkeiten für die S. GmbH kommen daher in gleichem Ausmaß dem Bf zu Gute. Eine Unterscheidung bezüglich des Tätigwerdens für eine juristische Person oder eine natürliche Person kann daher für die Beurteilung des Sachverhalts hintangestellt bleiben.
7. Für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich steht daher fest, dass keine Beschäftigung im Sinne des AuslBG vorgelegen hat, weshalb das Tatbild in objektiver Hinsicht nicht erfüllt wurde.
Es war somit im Ergebnis der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 38 VwGVG iVm. § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.
Nachdem der Beschwerde stattgegeben wurde, waren keine Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aufzuerlegen.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Lidauer