LVwG-300752/13/Py/PP
Linz, 26.08.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn U.P., vertreten durch S. Rechtsanwälte, x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26. Mai 2015, SV96-56-2014, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. April 2016
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 250 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 25 Euro, das sind 10 % der nunmehr verhängten Strafe. Für das Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht ist gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 26. Mai 2015, GZ: SV96-56-2014, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretung nach § 7i Abs. 2 iVm § 7d Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) eine Geldstrafe iHv 500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe iHv 12 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 50 Euro vorgeschrieben.
Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:
C., D.
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.
Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, die Zweifel am Verschulden des Bf am Zustandekommen der Verwaltungsübertretung aufkommen lassen und ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Seitens der belangten Behörde wurde über den Bf die gesetzliche Mindeststrafe verhängt. Als strafmildernd kommt dem Bf jedoch die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zugute. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Die lange Dauer des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens war daher als Milderungsgrund zu werten.
Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.
Da zudem Erschwerungsgründe nicht vorliegen und der Bf bislang unbescholten ist, kann von einem Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe ausgegangen werden. Unter Anwendung des § 20 VStG die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe zur Hälfte herabgesetzt werden. Nach Ansicht des Oö. Landesverwaltungsgerichtes ist damit eine ausreichende Sanktion gesetzt, um dem Bf die Unrechtmäßigkeit seines Verhaltens eindringlich vor Augen zu führen und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Ein Vorgehen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG war jedoch nicht in Erwägung zu ziehen, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
II. Gemäß § 64 Abs. 2 VwGVG war der Kostenausspruch über die Verfahrenskosten zum Verfahren vor der belangten Behörde auf das nunmehrige Ausmaß herabzusetzen. Für das Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht war, da der Beschwerde zumindest teilweise Folge gegeben wurde, gemäß § 52 Abs. 8 und 9 VwGVG kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.
III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s e
1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr.in Andrea Panny