LVwG-150991/3/DM/GD
Linz, 14.09.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde der G. L., x, S, gegen den Bescheid des Gemeinderats der Marktgemeinde St. Georgen im Attergau vom 03.03.2016, Zl. 612-V0025-2015/Aig., betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags,
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Sachverhalt:
I.1. Im Jahr 2014 wurde die Gemeindestraße „x“, Gst. Nr. x, KG S, durch den Straßenerhalter Marktgemeinde St. Georgen im Attergau inklusive einer ordnungsgemäßen Ableitung der Oberflächenwässer (Projekt: Oberflächenentwässerung x 2014) hergestellt.
Mit Schreiben vom 23.04.2015 wurde die nunmehrige Beschwerdeführerin G. L. (im Folgenden Bf genannt) über die vorgesehene Einhebung des Verkehrsflächenbeitrages samt Berechnungsgrundlagen informiert und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Bf nahm mit Schreiben vom 03.05.2015 Stellung und führte aus, dass der Verkehrsflächenbeitrag gemäß § 19 Abs. 3 der Oö. BauO 1994 nur anlässlich der Aufschließung bzw. Errichtung vorzuschreiben sei und nicht für die Erneuerung und Sanierung einer bestehenden Verkehrsfläche gelte. Die Asphaltierung und Oberflächenentwässerung sei aber eindeutig eine Sanierungsmaßnahme; auch der (Vize)Bürgermeister habe in seinem Einladungsschreiben zum Informationsgespräch bezüglich dieser Straßenbaumaßnahme von einer „Sanierung (inkl. einer ordnungsgemäßen Ableitung des Oberflächenwassers)“ gesprochen.
Daraufhin holte die Gemeinde ein Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen ein, ob es sich bei dem durchgeführten Straßenbau in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht um eine erstmalige Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche handle. Das Gutachten des Amtssachverständigen der Oö. Landesregierung, Direktion Straßenbau und Verkehr, Abteilung Gesamtverkehrsplanung und öffentlicher Verkehr, vom 21.10.2105 lautet wie folgt:
„Befund
Den weiteren Ausführungen liegen folgende Unterlagen zu Grunde:
[ 1 ] F. & Partner x KG: Vermessungsurkunde, GZ. 2014-155 vom 03.12.2014
[ 2 ] x Ziviltechniker-GmbH: Straßen- und wassertechnisches Projekt „Oberflächenentwässerung x 2014", Lage- und Höhenplan, Querprofile 1 - 3, Fotodokumentation Straßenzustand vor und während dem Straßenbau
[ 3 ] x ZT: Bericht vom 19.05.2015
[ 4 ] Bauakt Marktgemeinde: Kopien von Lieferscheinen, Wiegekarten, Bautagesberichte
[ 5 ] Fa. x, Aufmaß vom 02.10.2014
[ 6 ] Bauakt Marktgemeinde, Überprüfung der 8. Teilrechnung (Verdienstausweis) vom 08.10.2015 - Zusammenstellung der Bauleistungssummen „Straßenbau x"
[ 7 ] Überprüfung der 5. Teilrechnung (Verdienstausweis) vom 11.08.2015 - Zusammenstellung der Bauleistungssummen „RW Kanal x"
Gemäß dem Bericht [ 3 ] wurde die Gemeindestraße im Baulos „x" bei den im Jahr 2014 ausgeführten Straßenbauarbeiten ausgebaut. Der Straßenaltbestand war ein ursprünglich der Aufschließung dienender Feldweg, der durch ständige Ausbesserungsschotterungen in die Höhe gewachsen war. Durch „Schlaglöcher" kam es im Regenwetterfall zu Pfützen. Die Gemeindestraße hatte abschnittsweise eine Befestigung in Schotterbauweise, mit einer Fahrbahnbreite von rd. 2,5 m, zum Teil eine Asphaltbauweise in schlechtem Zustand. Durch fehlende Entwässerungseinrichtungen und wegen der ungünstigen Anlageverhältnisse der Straße kam es bei stärkeren Regenereignissen zu einem Oberflächenwasserabfluss über die westlich gelegenen Grundstücksparzellen. Der alte Straßenzustand wurde mit einer Bestandsaufnahme [ 2 ] festgehalten.
Der Straßenaufbau des Altbestandes erfüllte weder die Kriterien einer mittelschweren Befestigung, noch den Mindestanforderungen gemäß dem Stand der Technik. Dieser ist in den Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau (RVS 03.08.63 Oberbaubemessung) festgelegt. Für Verkehrsflächen mit Pkw- und gelegentlichem Lkw-Verkehr (Lastklasse VI, Bautyp 1) ist dafür vorgesehen: 7 cm bituminöse Tragschicht und Decke, 45 cm mechanisch-stabilisierte Tragschicht (mechanisch verdichtete Schottertragschicht).
Die Gemeindestraße wurde im ersten Abschnitt auf einer Länge von rd. 79,0 + 48,0 = 127 m [ 5 ] mit einer Fahrbahnbreite von mind. 3,5 m (Asphalt) und Bankettbreiten von rd. 0,60 bzw. 0,30 m, mit einem neuen Straßenoberbau in der Stärke von rd. 0,60 m, neu hergestellt [ 2 ], [ 3 ] u. [ 4 ]. Im zweiten Abschnitt wurde die bestehende Straße zusätzlich auf einer Länge von rd. 38 m [ 5 ] verbreitert (Grob- und Feinplanie, bituminöse Tragschicht). Die Oberflächenentwässerung erfolgt über Wiesenmulden mit Einlaufschächten und einer Ableitung in einen Sickerkörper [ 3 ].
Gemäß den Bautagesberichten [ 4 ] wurde der im Baulos anfallende Altasphalt, das alte Straßenmaterial und anfallender Bodenaushub entsprechend entsorgt, anschließend der Straßenoberbau im Baulos „x" auf einer Fläche von 616,39 + 106,68 = 723.07 m2 neu hergestellt [6].
Die Leistungssummen betragen gemäß [ 6 ] € 58.002,82 * 1,2 = 69.603,38 und gemäß [ 7 ] € 21.644,02 * 1,2 = 25.972,82. Die Gesamtkosten ergeben sich demnach mit € 95.576,20 inkl. UST.
Gutachten
Der Straßenkörper hatte vor dem Neubau in keiner Weise den technischen Notwendigkeiten und den Richtlinien für den Straßenbau entsprochen. Die mechanische verdichtete Schottertragschicht wurde zur Gänze neu hergestellt. Die Gemeindestraße entspricht im Baulos somit in technischer Hinsicht der einer neu errichteten Straße.
Die bisherigen finanziellen Aufwendungen für den rd. 127 m langen Bauabschnitt [ 5 ] betragen für Sachkosten (Straßenbau + Entwässerung) € 95.576,20 inkl. USt, damit wurde ein Straßenoberbau mit 723.07 mz Fläche hergestellt. Die Gesamtkosten betragen somit rd. 132 €/m2 inkl. USt. Die finanziellen Aufwendungen für den durchgeführten Straßenbau entsprechen in wirtschaftlicher Hinsicht dem einer neu errichteten Straße. Sie liegen über den durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten von 72 €/m2 gemäß Oö. Einheitssatz-Verordnung 2011 i.d.g.F.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die durchgeführten Straßenbaumaßnahmen als Errichtung (Neubau) im ersten Abschnitt und als Ausbau einer schon vorhandenen Verkehrsfläche im zweiten Abschnitt verstanden werden können. In technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ist der Straßenbau im Baulos „x" einer (Neu) Errichtung der Gemeindestraße gleichzusetzen.
Das Gutachten wurde auf Basis der zum Zeitpunkt der Befundaufnahme von der Marktgemeinde zur Verfügung gestellten Unterlagen erstellt. Bei Auftreten weiterer Tatsachen behalte ich mir ausdrücklich anders lautende Ausführungen vor.
Beilage: Fotodokumentation vom 21.10.2015, Bild 1 – 5“
Die Bf nahm zum Gutachten Stellung und wies darauf hin, dass ein straßenbautechnisches Gutachten für ein Oberflächenentwässerungsprojekt nicht adäquat sei, dass der Gutachter als Beamter der Landesregierung befangen und das Gutachten unvollständig sei, da die wasserbaulichen Maßnahmen nicht berücksichtigt worden wären. Sie sei nicht bereit den Beitrag zu bezahlen, da zuerst von einer Sanierung und im Nachhinein von einer beitragspflichtigen Neuerrichtung gesprochen worden sei und eine Sanierung bzw. Erneuerung gemäß § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 von der Entrichtung des Verkehrsflächen-beitrages auszunehmen seien.
I.2. Daraufhin schrieb der Bürgermeister als Abgabenbehörde erster Instanz der Bf mit Bescheid vom 09.12.2015 gemäß § 19 ff Oö. BauO 1994 den Verkehrsflächenbeitrag für das Grundstück Nr. x, KG S, in Höhe von Euro 2.643,00 vor. Begründet wurde die Vorschreibung mit dem o.a. straßenbautechnischen Gutachten, das besage, dass der gegenständliche Straßenbau einer (Neu)Errichtung der Gemeindestraße gleichzusetzen sei. Hinsichtlich der Einwände der Bf wurde ausgeführt, dass es für die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages unerheblich sei, ob die Grundeigentümer über die Verkehrsflächenbeitragspflicht informiert wurden.
I.3. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf am 04.01.2016 fristgerecht Berufung und wiederholte im Wesentlichen ihre bereits vorgebrachten Stellungnahmen. Darüber hinaus brachte sie vor, dass die Gemeindestraße kein Provisorium gewesen wäre und daher keine Notwendigkeit für Straßenbaumaßnahmen bestanden hätte. Die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes im Sinne des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 könne nicht ihr zur Last fallen, da der Zustand der Verkehrsfläche nicht in ihrem Verschulden gelegen hätte und sie bereits bisher gezwungen war, mehr als das Doppelte des vorgeschriebenen Betrages zum Schutz ihrer Garage und Carports vor Überschwemmungen durch Oberflächenwasser zu investieren. Abschließend wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.
I.4. Sodann wies der Gemeinderat der Marktgemeinde St. Georgen im Attergau als Abgabenbehörde zweiter Instanz (= belangte Behörde) die Berufung mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 03.03.2016 ab und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Bürgermeisters. Weiters wurde der Spruch aufgrund eines Schreibfehlers von „Bauplatz bzw. das zu bebauende Grundstück“ auf „Bauplatz bzw. bebautes Grundstück“ angepasst. Begründend wurde unter Anführung von Passagen des Gutachtens des straßenbautechnischen Amtssachverständigen ausgeführt, dass der Straßenaufbau des Altbestandes weder die Kriterien einer mittelschweren Befestigung noch den Mindestanforderungen gemäß dem Stand der Technik erfüllte und in keiner Weise den technischen Notwendigkeiten und Richtlinien für den Straßenbau entsprochen habe. Die mechanisch verdichtete Schottertragschicht sei zur Gänze neu hergestellt worden. Die Information der Grundeigentümer sei für die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrages unerheblich. Die Gründe, warum es zu einer Sanierung kam, die einer Neuerrichtung gleichkommt, seien nicht relevant.
Dem Antrag auf aufschiebende Wirkung wurde insofern entsprochen, als die Abgabenbehörde mit Bescheid vom 11.02.2016 die Aussetzung der Einhebung des gegenständlichen Verkehrsflächenbeitrages bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den zweitinstanzlichen Bescheid gemäß § 212a BAO bewilligte.
I.5. Gegen diesen Bescheid erhob die Bf mit Schreiben vom 03.04.2016 rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und beantragte die Aufhebung des angefochtenen Bescheides als auch die aufschiebende Wirkung. Folgende Beschwerdepunkte wurden zusammengefasst vorgebracht:
- Die Bf weist darauf hin, dass auch die Gemeinde immer von einer Sanierung der Verkehrsfläche gesprochen habe.
- Für die Bf sind die Gründe, warum es zu einer Sanierung kam, die einer Neuerrichtung gleichkommt, sehr wohl relevant. Ihrer Ansicht nach trugen die Baumaßnahmen des Oberflächenentwässerungsprojekts x 2014 maßgeblich zur Kostenexplosion bei und aus diesem Grunde seien die Baumaßnahmen umfangreicher als die ordnungsgemäße Sanierung. Dies könne nur durch ein wassertechnisches Gutachten erfasst werden. Ursache für die ständigen Überschwemmungen war, dass die gegenständliche Verkehrsfläche durch ständige Ausbesserungsschotterungen in die Höhe gewachsen war. Schäden der Verkehrsfläche rührten von landwirtschaftlichen Maschinen her. Dies könne nicht den Anrainern angelastet werden, da die Bf ja schon Investitionen von mehr als 5000 Euro tätigen musste um das Wasser von ihrem Haus und Garage fernzuhalten.
- Die Korrektur des Spruchteils von „ein zu bebauendes“ in „ein bebautes Grundstück“ zeige die Ungleichbehandlung der Dorfbewohner auf. Im Sinne der Gleichbehandlung sei es unzulässig 3 Häuser, die schon vor Jahrzehnten erbaut wurden, von notwendigen Straßenbaumaßnahmen auszuschließen und ihnen dann im Rahmen eines Oberflächenwasserprojektes wegen der notwendigen Abgrabungen der zuvor aufgebrachten Schottermengen Aufschließungsbeiträge vorzuschreiben.
I.6. Mit Schreiben vom 30.05.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor.
II. Beweiswürdigung:
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung von aktuellen Grundbuchsauszügen sowie einem Auszug aus dem Digitalen Oberösterreichischen Raum-Informations-System [DORIS] zu den betroffenen Grundstücken (ON 2). Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich daraus widerspruchsfrei.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits auf Grund der Aktenlage feststand und die erkennende Richterin darüber hinaus die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hielt, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, konnte von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 2 BAO abgesehen werden. Die Bf stellte keinen darauf gerichteten Antrag.
III. Maßgebliche Rechtslage:
III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:
Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sind die Beiträge gemäß §§ 18 bis 21 leg.cit. hinsichtlich der Verkehrsflächen der Gemeinde als Interessentenbeiträge ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinn des § 6 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.
Gemäß § 1 Abs. 1 BAO gelten die Bestimmungen der BAO in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
Gemäß § 2a erster und zweiter Satz BAO gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.
Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den – hier nicht relevanten – Fällen des § 278 BAO, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
III.2. In der Sache:
Aufgrund des im Abgabenverfahren geltenden Grundsatzes der Zeitbezogenheit sind folgende Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, maßgeblich:
„§ 19
Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen
(1) Anläßlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.
(2) Wird ein Gebäude oder der Bauplatz (das Grundstück), auf dem ein Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, durch mehrere öffentliche Verkehrsflächen aufgeschlossen, gilt hinsichtlich der Beitragspflicht Folgendes:
1.
Der Beitrag darf nur für eine dieser Verkehrsflächen vorgeschrieben werden.
2.
Ergibt die Beitragsberechnung unterschiedlich hohe Beträge, ist der Beitrag für jene Verkehrsfläche vorzuschreiben, hinsichtlich welcher sich der niedrigste Beitrag ergibt.
3.
Ergibt die Beitragsberechnung gemäß Z 2 gleich hohe Beträge für (eine) Verkehrsfläche(n) des Landes und der Gemeinde, ist der Beitrag hinsichtlich letzterer vorzuschreiben.
4.
Der Berechnung gemäß Z 2 und 3 ist jeweils die fertiggestellte Verkehrsfläche zugrunde zu legen; § 20 Abs. 7 gilt.
(3) Wird eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet und dadurch der Bauplatz (das Grundstück), auf dem ein Gebäude schon besteht oder zumindest bereits baubehördlich bewilligt ist, aufgeschlossen, ist der Beitrag anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Dies gilt nicht im Fall der Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche. Abs. 1 und 2 sowie §§ 20 und 21 gelten sinngemäß.
(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist.
§ 20
Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags
…
(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung festzusetzen; dabei sind jene durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten pro Quadratmeter zugrunde zu legen, die
1.
mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und
2.
mit der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper
üblicherweise verbunden sind. Für öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde hat der Gemeinderat durch Verordnung einen niedrigeren oder höheren Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten niedriger oder höher sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Durchschnittskosten.“
IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:
IV.1. Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Der Gesetzgeber hat den Abgabentatbestand in § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 normiert: Wird eine öffentliche Verkehrsfläche errichtet und dadurch der Bauplatz (das Grundstück), auf dem ein Gebäude schon besteht oder zumindest bereits baubehördlich bewilligt ist, aufgeschlossen, ist der Beitrag anlässlich der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche vorzuschreiben. Dies gilt nicht im Fall der Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche. Abs. 1 und 2 sowie §§ 20 und 21 gelten sinngemäß.
Laut vorliegendem Sachverhalt und Grundbuchsauszug ist die Bf Eigentümerin des Grundstücks Nr. x, KG S, das durch die gegenständliche öffentliche Verkehrsfläche der Marktgemeinde St. Georgen im Attergau „x“, Gst. Nr. x, aufgeschlossen ist. Diese wurde laut vorgelegtem Behördenakt im Jahr 2014 errichtet.
Ist einmal ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, mit dessen Konkretisierung die Abgabenvorschriften Abgabenrechtsfolgen schuldrechtlicher Art verbinden (hier also die Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche), dann entsteht ex lege die Abgabenschuld. Demgemäß entstand der Abgabenanspruch grundsätzlich mit der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche „x“ im Jahr 2014.
In diesem Zusammenhang bringt die Bf vor, dass die Gemeinde immer von einer Sanierung der Verkehrsfläche gesprochen habe.
Es steht fest, dass die Marktgemeinde an der gegenständliche Verkehrsfläche „x“ im Jahr 2014 Baumaßnahmen durchgeführt hat. Wenn die Bf betont, dass die Gemeinde immer von einer „Sanierung“ gesprochen habe, so bezieht sie sich auf das Einladungsschreiben zum Informationsgespräch bezüglich dieser Straßenbaumaßnahme, das sie von der Gemeinde erhalten hat und in welchem die Marktgemeinde zu einem Informationsgespräch gemeinsam mit der Planungsfirma über die für das Jahr 2014 geplante „Sanierung (inkl. einer ordnungsgemäßen Ableitung der Oberflächenwässer)“ einlud. Diese Einladung alleine sagt aber nichts über die tatsächlich durchgeführten Straßenbaumaßnahmen aus.
Mit dem Vorbringen, dass es sich um eine „Sanierung“ handle, spricht die Bf die Bestimmung des § 19 Abs. 3 zweiter Satz Oö. BauO 1994 an, wonach im Falle einer Erneuerung oder Sanierung einer schon bestehenden Verkehrsfläche kein Beitrag zu leisten ist (so auch VwGH 16.11.2004, 2004/17/0147; VwGH 19.03.2001, 2000/17/0260). In diesem Zusammenhang wird auf die ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen (VwGH 16.11.2004, 2004/17/0147; VwGH 19.03.2001, 2000/17/0260), wonach § 19 Abs. 3 Oö. BauO 1994 nur die Erneuerung oder Sanierung einer bereits bestehenden – im Sinne des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 vollständig errichteten – Straße vom Abgabentatbestand ausnimmt, nicht aber den Ausbau einer bestehenden Straße, durch welchen eine im Sinne des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 ausgebaute Straße erst entsteht.
Das von der Marktgemeinde eingeholte Gutachten des straßenbautechnischen Amtssachverständigen vom 21.10.2015 (ON 5 des Behördenaktes), attestiert zusammengefasst, dass der Straßenaltbestand ein ursprünglich der Aufschließung dienender Feldweg war, der durch ständige Ausbesserungsschotterungen in die Höhe gewachsen war. Die Gemeindestraße hatte abschnittsweise eine Befestigung in Schotterbauweise mit einer Fahrbahnbreite von rund 2,5 m, zum Teil eine Asphaltbauweise in schlechtem Zustand. Durch fehlende Entwässerungseinrichtungen und wegen der ungünstigen Anlageverhältnisse der Straße kam es bei stärkeren Regenereignissen zu einem Oberflächenwasserabfluss über die westlich gelegenen Grundstücksparzellen. Der Straßenaufbau des Altbestandes erfüllte weder die Kriterien einer mittelschweren Befestigung, noch entsprach er den Mindestanforderungen gemäß dem Stand der Technik, der in den Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau (RVS 03.08.63 Oberbaubemessung) festgelegt ist. In technischer und wirtschaftlicher Hinsicht ist der Straßenbau im Baulos „x" einer (Neu) Errichtung der Gemeindestraße gleichzusetzen.
Die dem Verwaltungsakt beigelegte Fotodokumentation mit 51 Aufnahmen im Zeitraum 08.09.2014 bis 22.09.2014 (ON 18 des verwaltungsbehördlichen Aktes) dokumentieren die umfangreichen Baumaßnahmen in anschaulicher Weise.
In der Verhandlungsschrift über die Baubewilligung für die Errichtung des Wohnhauses der Bf vom 17.11.1994 wurde festgehalten: „Die wegemäßige Aufschließung erfolgt über eine öffentliche Straße Grundstück Nr. x. Diese Straße besteht im Bereich des Bauplatzes nur als Wirtschaftsweg (ON 15 des verwaltungsbehördlichen Aktes).“
Das Gutachten, die Fotodokumentation und der Auszug aus der Bauverhandlungsschrift belegen in nachvollziehbarer Weise, dass mit dem Altbestand der Verkehrsfläche („Feldweg/Wirtschaftsweg“) den Kriterien des § 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 nicht entsprochen wurde und somit keine vollständig errichtete Verkehrsfläche im Sinne dieser Bestimmung vorlag. Für das erkennende Gericht ergeben sich keine Hinweise, an der Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Gutachtens zu zweifeln, zumal die Ausführungen der Bf nicht auf gleicher fachlicher Ebene vorgebracht wurden und diese in ihren Stellungnahmen und der Beschwerde selbst mehrmals auf den schlechten Zustand der Verkehrsfläche in Zusammenhang mit Abwässern hinwies.
Somit liegt im gegenständlichen Fall keine Erneuerung oder Sanierung, sondern die Errichtung einer öffentlichen Verkehrsfläche im Sinne der §§ 19 Abs. 3 iVm 20 Abs. 5 Oö. BauO 1994 vor. Der Abgabenanspruch entstand mit Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche im Jahr 2014.
IV.2. Die Bf bringt vor, dass die Gründe, warum es zu einer Sanierung kam, die einer Neuerrichtung gleichkommt, sehr wohl relevant seien. Ihrer Ansicht nach trugen die Baumaßnahmen des „Oberflächenentwässerungsprojekts x 2014“ maßgeblich zur Kostenexplosion bei und aus diesem Grunde seien die Baumaßnahmen umfangreicher als die ordnungsgemäße Sanierung. Dies könne nur durch ein wassertechnisches Gutachten erfasst werden. Ursache für die ständigen Überschwemmungen war, dass die gegenständliche Verkehrsfläche durch ständige Ausbesserungsschotterungen in die Höhe gewachsen war. Schäden der Verkehrsfläche rührten von landwirtschaftlichen Maschinen her. Dies könne nicht den Anrainern angelastet werden, da die Bf ja schon Investitionen von mehr als 5000 Euro tätigen musste, um das Wasser von ihrem Haus und Garage fernzuhalten.
Wie bereits unter IV.1. angeführt, entstand der gegenständliche Abgabenanspruch mit der Errichtung der Verkehrsfläche. Mit dem nun aufgezeigten Vorbringen gewinnt die Bf nichts, denn die Gründe, warum eine Verkehrsfläche errichtet oder auch saniert wird, sind im Abgabeverfahren nicht relevant.
Wenn im gegenständlichen Fall zeitgleich mit der Errichtung der öffentlichen Verkehrsfläche auch das „Oberflächenentwässerungsprojekt x 2014“ umgesetzt wurde, entspricht dies dem von der Bundesverfassung auch den Gemeindeorganen auferlegten Grundsatz der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit (vgl. dazu auch VwGH 23.02.1998, 97/17/0107).
Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Verkehrsflächenbeitrag nur ein durchschnittlicher Beitrag der Bürger zur Errichtung der öffentlichen Verkehrsflächen ist und nicht die tatsächlichen Errichtungskosten abdeckt (vgl. dazu nochmals VwGH 23.02.1998, 97/17/0107).
IV.3. Nach Ansicht der Bf zeige die Korrektur des Spruchteils von „ein zu bebauendes“ in „ein bebautes Grundstück“ die Ungleichbehandlung der Dorfbewohner auf. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die gesamten Straßenbaumaßnahmen in diesem Dorf während der letzten 12 Jahre unmittelbar vor/nach x 4 oder vor x 7 geendet hätten und es bei keinem der Anrainer je zu einer Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages gekommen sei. Im Sinne der Gleichbehandlung sei es unzulässig, drei Häuser, die schon vor Jahrzehnten erbaut wurden, von notwendigen Straßenbaumaßnahmen auszuschließen und ihnen dann im Rahmen eines Oberflächenwasserprojektes wegen der notwendigen Abgrabungen der zuvor aufgebrachten Schottermengen „Aufschließungsbeiträge“ vorzuschreiben.
Dazu ist anzumerken, dass Verfahrensgegenstand beim Landesverwaltungsgericht lediglich die Vorschreibung des Verkehrsflächen-beitrages für das Grundstück der Bf ist. Ob auch bei anderen Grundstückseigentümern ein Verkehrsflächenbeitrag vorzuschreiben ist, kann hier nicht thematisiert werden.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder bzw. eine bevollmächtigte Wirtschaftstreuhänderin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Mag. Doris Manzenreiter