LVwG-301090/4/Kl/SH
Linz, 25.08.2016
I M N A M E N D E R R E P U B L I K
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des Herrn Ing. H. B., x, S., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26. April 2016, SV-37/15, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz - ASVG
zu Recht e r k a n n t :
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von 146 Euro zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 26. April 2016, SV-37/15, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen in zwei Fällen von je 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 48 Stunden, wegen jeweils einer Verwaltungsübertretung gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 und 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T. GmbH in S., x verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass
1.
2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Einstellung des Verfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer am 10.11.2015 vor Dienstantritt den Steuerberater telefonisch um Anmeldung gebeten habe. Dieser habe durch eine Besprechung aber die Arbeiter zu spät angemeldet. Dies sei nicht in der Macht des Beschwerdeführers gestanden und hätte er kein Verschulden an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift. Auch sei es zu keinem Schaden gekommen, da beide Arbeiter angemeldet wurden und sämtliche Abgaben und Steuern entrichtet wurden.
3. Der Magistrat Steyr hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt und darauf hingewiesen, dass keine Vormerkungen aufscheinen.
4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat das zuständige Finanzamt Freistadt Rohrbach Urfahr am Verfahren beteiligt, welches in seiner Stellungnahme vom 16. Juni 2016 die Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des Straferkenntnisses beantragte.
Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, vom Beschwerdeführer auch nie bestritten wurde, der Beschwerdeführer hingegen nur die rechtliche Beurteilung bekämpfte, eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 44 Abs. 3 VwGVG entfallen.
4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:
Bei einer Kontrolle des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr am 10.11.2015 um 9.40 Uhr auf der Baustelle „N. F.“, x, U., wurden vier Arbeitnehmer der Firma T. GmbH mit Sitz in S. bei der Montage von Toren angetroffen. Darunter befanden sich auch M. M. und W. P. Beide waren zum Kontrollzeitpunkt um 9.40 Uhr nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Die Arbeiter begannen ihre Tätigkeit am 10.11.2015 um 8.00 Uhr. Eine Meldung mit den Mindestangaben als fallweise Beschäftigte erfolgte laut ELDA-Abfrage am 10.11.2015 um 10.23 Uhr, die Vollanmeldung als fallweise Beschäftigte erfolgte am 02.12.2015.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme bei der Kontrolle gab der Beschwerdeführer an, dass er den Steuerberater am selben Tag am Morgen telefonisch kontaktiert habe, die beiden genannten Arbeiter ab diesem Tag zur Sozialversicherung anzumelden. Dies geschah ca. um 8.00 Uhr. Nach Kenntnis über die Kontrolle durch die Finanzpolizei habe die Nachfrage beim Steuerberater ergeben, dass die Anmeldung noch nicht durchgeführt worden sei, sondern die Anmeldung durch den Steuerberater erst um 10.23 Uhr erfolgt sei.
Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes
1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.
Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar
- mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
- bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,
Gemäß § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber iSd Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.
Durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (Abs. 2).
Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (Abs. 3).
5.2. Im Grunde des erwiesenen Sachverhaltes steht zweifelsfrei fest, dass die beiden genannten Arbeiter zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits an diesem Tage ab 8.00 Uhr zu arbeiten begonnen haben und bis zur Kontrolle nicht zur Sozialversicherung angemeldet waren. Die Anmeldung erfolgte erst nach bzw. während der Kontrolle. Es wurde daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung eindeutig erfüllt, da eine Anmeldung vor Arbeitsbeginn nicht stattgefunden hat. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T. GmbH mit Sitz in S. hat der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretungen gemäß § 33 Abs. 1 iVm § 111 Abs. 1 ASVG strafrechtlich zu verantworten.
5.3. Im Hinblick auf das Verschulden verweist die belangte Behörde zu Recht auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 VStG, wonach bei Ungehorsamsdelikten, zu welchen auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung zählt, ohne weiteres von Fahrlässigkeit ausgegangen werden kann, sofern der Beschuldigte nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Wenn der Beschwerdeführer ausführt, dass er um 8.00 Uhr des Kontrolltages seinen Steuerberater telefonisch kontaktiert und beauftragt habe, die beiden Arbeiter zur Sozialversicherung anzumelden, so ist dieses Vorbringen nicht geeignet, das Verschulden des Beschwerdeführers auszuschließen. Vielmehr wäre es einem sorgfältigen Arbeitgeber oblegen, schon vor Arbeitsantritt, also vor 8.00 Uhr, diese Meldung in Auftrag zu geben, sodass auch die Meldung rechtzeitig vor Arbeitsantritt erfolgen kann. Darüber hinaus ist es auch am Beschwerdeführer gelegen gewesen, sich zu erkundigen, ob die Anmeldung dann auch tatsächlich rechtzeitig erfolgt ist. Insofern ist dem Beschwerdeführer, wenn auch nur ein geringes, Verschulden anzulasten. Es ist daher auch die subjektive Tatseite gegeben.
5.4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten und allfällige Sorgepflichten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.
Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von einem monatlichen Einkommen von ca. 1.500 Euro und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Sie hat die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als strafmildernd gewertet. Weitere Umstände für die Strafbemessung wurden auch in der Beschwerde nicht angeführt. Gemäß § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG kann bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabgesetzt werden, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind. Geringfügigkeit liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Da ca. zweieinhalb Stunden nach Arbeitsantritt die Anmeldung zur Sozialversicherung durch den Steuerberater erfolgte, sämtliche Steuern und Abgaben, insbesondere die Sozialversicherungsbeiträge dann ordnungsgemäß entrichtet wurden, die Arbeiter auch entsprechend entlohnt wurden, war dies ebenfalls bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Es ist daher die belangte Behörde zu Recht vom halben Strafsatz gemäß § 111 Abs. 2 zweiter Satz ASVG ausgegangen. Eine weitere Strafherabsetzung war hingegen nicht gerechtfertigt, da die Verwaltungsübertretung immerhin hinsichtlich zweier Arbeitnehmer vorgenommen wurde. Es konnte daher auch das verhängte Strafausmaß je Arbeitnehmer bestätigt werden.
Hingegen war von einer Strafe nicht abzusehen und keine Ermahnung zu erteilen, weil die Strafe erforderlich war, um den Beschwerdeführer von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass eine Meldung „zum“ Arbeitsantritt nicht ausreicht, sondern die Anmeldung – mit den hierfür vorgesehenen Mindestangaben und eventuell auch telefonisch – noch vor Arbeitsantritt zu erfolgen hat.
6. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, das sind insgesamt 146 Euro, aufzuerlegen.
7. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.
H i n w e i s
Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.
Landesverwaltungsgericht Oberösterreich
Dr. Ilse Klempt