LVwG-650063/4/MZ/CG

Linz, 19.02.2014

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Zeinhofer über die Beschwerde des X, geb x, vertreten durch RA Dr. X, X, x, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 19.9.2013, GZ: , 2-FE-252/2013,

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird der Beschwerde insoweit stattgegeben, als die in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides festgelegte Entzugsdauer auf sechs Monate herabgesetzt wird und der sich auf Besitzer ausländischer Lenkberechtigungen beziehende Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides ersatzlos entfällt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             a) Mit Spruchpunkt 1. des Mandatsbescheides der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 14.8.2013, GZ: 2-FE-252/2013, wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) die von der PK Wels am 10.4.2013 unter der Zahl 13169179 ausgestellte Lenkberechtigung für die Klassen AM und B für einen Zeitraum von zwölf Monaten, gerechnet ab (am 20.8.2013 erfolgter) Zustellung des Bescheides bzw darüber hinaus bis zur Befolgung der begleitenden Maßnahme, entzogen.

 

Mit Spruchpunkt 2. wurde der Bf aufgefordert, vor Ablauf der Entzugsdauer ein von einem Amtsarzt des Polizeikommissariats Wels erstelltes Gutachten, woraus sich seine Fahrtauglichkeit ableiten lässt, beizubringen.

 

Mit Spruchpunkt 3. wurde dem Bf, sollte er Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung sein, diese aberkannt und das Lenken von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet von Österreich für den gleichen Zeitraum bzw vom ausländischen Führerschein zum Nachweis der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, untersagt.

 

Mit Spruchpunkt 4. wurde der Bf schließlich aufgefordert, seinen Führerschein unverzüglich abzuliefern.

 

b) Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 19.9.2013 wurde das vom Bf erhobene Rechtsmittel abgewiesen und der og Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigt. Die og Spruchpunkte können vor diesem Hintergrund in den nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid übernommen werden. Hinzu tritt Spruchpunkt 5., mit welchem einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.

 

c) Ihre Entscheidung begründet die belangte Behörde damit, dass der Bf mit Urteil des LG Wels vom 23.1.2013 wegen des Verbrechens des schweren Raubes zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt worden sei, von denen 16 Monate unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit nachgesehen worden seien. Der Bf sei daher verkehrsunzuverlässig und es sei nicht davon auszugehen, dass sich dies vor Ablauf der festgesetzten Frist ändern würde. Inwiefern die Prüfung der gesundheitlichen Eignung des Bf von der Behörde als notwendig erachtet wird, ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

 

d) Die Zustellung des in Rede stehenden Bescheides vermag von der belangten Behörde erst mit 22.1.2014 nachgewiesen werden.

 

II.            a) Der Bf erhob im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Bf erhielt daraufhin mit E-Mail vom 12.2.2014 folgende Mitteilung übersandt:

 

Aufgrund der Zustellung des im September 2013 konzipierten Bescheides im Jahr 2014 befindet sich am Bescheid eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung. Es wird nicht verkannt, dass Sie durch die Erhebung einer Beschwerde dennoch das korrekte Rechtsmittel ergriffen haben, welche die an sie gestellten inhaltlichen Erfordernisse beinhaltet. Der formalen Richtigkeit halber wird dennoch darauf hingewiesen, dass gem § 9 Abs 1 VwGVG eine Beschwerde folgenden Inhalt aufzuweisen hat: […] Sollten Sie die Beschwerde noch ergänzen wollen, weisen wir hiermit darauf hin, dass Ihnen hierfür noch eine Frist bis zum 22.2.2014 (Ende der Beschwerdefrist) zukommt.“

 

Der Bf teilte daraufhin mit E-Mail vom 12.2.2014 mit, dass die von ihm eingebrachte Beschwerde nicht weiter ergänzt werde.

 

b) Inhaltlich bringt der Bf (wörtlich) folgendes vor:

 

Der angefochtene Bescheid wird seinem gesamten Umfang nach angefochten und wird die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt. Als Beschwerdegründe werden unvollständige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

 

1. Richtig ist, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des LG Wels vom 23.1.2013 wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 2.Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt wurde bzw. dass ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, sodaß der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe 8 Monate beträgt.

 

In diesem Zusammenhang hat die Behörde jedoch nicht festgestellt, dass die inkriminierte Tat bereits am 31.5.2012 und damit mehr als 14 Monate vor Zustellung des Führerscheinentzugsbescheides begangen wurde. Diese Feststellung wäre jedoch wesentlich gewesen, da diese dazu geführt hätte, dass ein Führerscheinentzugsbescheid erst gar nicht hätte erlassen werden dürfen.

 

Dazu kommt, dass am Verhandlungstag 23.1.2013 die 8 Monate unbedingter Freiheitsstrafe durch die Untersuchungshaft bereits abgedeckt waren, sodaß der Beschwerdeführer bereits am 23.1.2013 enthaftet wurde. Dies bedeutet gleichzeitig, dass sich der Beschwerdeführer bereits 7 Monate in Freiheit befand, bis ihm nunmehr der gegenständliche Führerscheinentzugsbescheid am 14.8.2013 zugestellt wurde. Bei dieser Sachlage wird auf die Rechtsprechung  des VwGH ZI. 2009/11/0048 verwiesen: in diesem Vergleichsfall hat ebenfalls die Auffassung vertreten, dass unter Berücksichtigung der in § 43 Abs1 1 StGB genannten Kriterien die bloße Androhung der Vollziehung allein genügen werde, den Beschwerdeführer  von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Im gegenständlichen Fall ist  das Strafgericht zum Ergebnis gekommen, dass es zum Zeitpunkt des Verhandlungstermines 23.1.2013 nicht mehr der Fortsetzung der Haft bedurfte, um den Beschwerdeführer von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten und wurde die Enthaftung unverzüglich angeordnet.

 

Wenn dem gegenüber die Behörde die Auffassung vertritt, der Beschwerdeführer sei bei Zustellung des Führerscheinentzugsbescheides - also mehr als 14 Monate nach Tatende bzw. 7 Monate nach Erlassung des Strafurteiles - noch für mindestens 12 weitere Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen, wäre dafür die begründete Prognose notwendig gewesen, der Beschwerdeführer werde „sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen". Im Hinblick auf die gegenteilige Auffassung des Strafgerichtes hätte es dazu der Feststellung besonderer Umstände bedurft (VwGH ZI. 2005/11/0190). Solche lagen aber tatsächlich nicht vor. Dazu kommt, dass nach ZI. 2005/11/0190 insbesondere auch das Verhalten des Täters nach der Tat zu berücksichtigen ist. In diesem Zusam­menhang wird darauf verwiesen, dass der Beschwerdeführer einen Tag nach seiner Enthaftung sich sofort zum AMS begeben hat, um sich um Möglichkeiten einer Lehrausbildung zu erkundigen. Beim AMS wurde mitgeteilt, dass er bereits am 4.4.2013 eine Lehre als Metallbearbeitungstechniker beginnen kann. Diese wird vom BFI durchgeführt, dauert 1,5 Jahre und endet mit einer Lehrabschlußprüfung. Der Beschwerdeführer hat am 24.2.2013 mit dieser Ausbildung begonnen und macht er in seiner beruflichen Ausbildung sehr gute Fortschritte; das diesbezügliche Zeugnis des BFI vom 6.5.2013 wurde der Behörde gemeinsam mit der Vorstellung am 26.8.2013 vorgelegt. Daraus zeigt sich aber, dass der Beschwerdeführer sein Verhalten grundlegend geändert hat. Er ist auch seit seiner Enthaftung nicht mehr straffällig geworden, sodaß - im Einklang mit dem Strafgericht ­davon ausgegangen werden muß, dass der Beschwerdeführer auch künftig sich gesetzgemäß und rechtsrichtig verhalten wird.

 

Es erweist sich daher die Annahme der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei als zum Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides und noch für mindestens 12 Monate verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen und er könne seine Verkehrszuverlässigkeit erst nach weiteren 12 Monaten wiedererlangen, als inhaltlich rechtswidrig.

 

Aus den gleichen Erwägungen erweisen sich auch das Lenkverbot und die Aberkennung des Rechtes, von einer ausländischen Lenkerberechtigung Gebrauch zu machen, als rechtswidrig.

 

2. Jedenfalls hätte der Umstand, dass der Beschwerdeführer noch am Tag der abgeführten Hauptverhandlung vom Landesgericht Wels am 23.1.2013 sofort enthaftet wurde und die restliche Freiheitsstrafe von 16 Monaten bedingt und damit unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren nachgesehen wurde, die Behörde veranlassen müssen, hinsichtlich der beabsichtigten Entziehung der Lenkerberechtigung ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, da nach Ablauf von 14 Monaten nach Tatbegehung bzw 7 Monaten nach Enthaftung keine Rede mehr davon sein kann, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides im Interesse der öffentlichen Sicherheit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten wäre und kann es sich nach Ablauf von 7 Monaten auch nicht mehr um eine unaufschiebbare Maßnahme im Sinne des § 57 Abs. 1 AVG handeln.

 

Es wird daher gestellt der ANTRAG, der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.“

 

III. a) Die belangte Behörde hat die Beschwerde samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 7.2.2014 dem Landesverwaltungsgericht Oö vorgelegt. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich somit die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Oö, welches durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet.

 

b) Das Landesverwaltungsgericht Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einsichtnahme in das Vorstrafenregister des Bf. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von keiner der Verfahrensparteien beantragt. Da sich der entscheidungsrelevante Sachverhalt vollinhaltlich aus dem Verwaltungsakt ergibt, war die Durchführung einer solchen auch im Sinne des § 24 Abs 1 VwGVG nicht erforderlich bzw durch die mündliche Erörterung im Sinne des Abs 4 leg cit eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten. Dass der Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 GRC entgegenstünde, vermag ebenfalls nicht erkannt zu werden.

 

c) Das Landesverwaltungsgericht Oö geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Mit Urteil des LG Wels vom 23.1.2013, 15 Hv 74/12v-108, wurde der Jugendliche und bis dahin unbescholtene Bf für schuldig befunden, im bewussten und gewolltem Zusammenwirken mit drei anderen (namentlich genannten) Tätern teils als unmittelbare, teils als Beitragstäter nachgenannten Personen durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe, nämlich einer Gaspistole der Marke Gap, Kaliber 9 mm Pak, CAT 11134 No 36156, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in den nachangeführten Beträgen, mit dem Vorsatz weggenommen bzw abgenötigt zu haben, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, und zwar:

Der Bf und zwei andere namentlich genannte Täter am 31.5.2012 in Vöcklabruck eine Angestellte der Allgemeinen Sparkasse Filiale in Vöcklabruck und einen Bankkunden dadurch, dass sie maskiert die Bankfiliale betraten, der Bf sich in einen Nebenraum begab und dort eine Bankangestellte aufforderte, sich auf den Boden zu legen, die Mittäter im Schalterraum einer Bankangestellten und dem Bankkunden eine Softgun und die oben erwähnte Gaspistole vorhielten und mit den Worten: „Geld her!“ zur Überlassung von Geld aufforderten, ein Mittäter in weiterer Folge dem Bankkunden die Gaspistole an den Kopf hielt, die Bankangestellte Bargeld idH von € 1.450,- und dem Kunden Bargeld idH von € 1.500,-.

Der Bf wurde deshalb wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 2. Fall StGB unter Anwendung von § 28 StGB und § 5 Z 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt. Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Umfang von 16 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Dem Urteilstenor ist zu entnehmen, dass der im Urteilszeitpunkt über keinerlei Einkommen und kein Vermögen verfügende, aber auch keine Schulden und Sorgepflichten habende Bf und seine Mittäter wenige Tage vor der eigentlichen Tatausführung in Erwartung eines nennenswerten Bargeldbetrages – nach Überredung eines vorerst nicht einverstandenen Mittäters – beschlossen, einen bewaffneten Überfall auf die X-Filiale in Vöcklabruck zu verüben. Die Intention sämtlicher Täter war die Erlangung einer möglichst hohen Beute ohne näheren Blick auf ein konkretes Tatobjekt. In den Vormittagsstunden des Tattages lieh sich ein Komplize des Bf das KFZ eines Freundes und holte die übrigen Mittäter zur Überfallsverübung ab. In Ausführung des Tatplans begaben sie sich zur Bankfiliale, wo ein Mittäter den PKW etwa 50 Meter vor der Bank anhielt und die übrigen Personen ausstiegen. Sie maskierten sich, stürmten in die Bank und der Bf forderte eine Bankbedienstete sofort in einem Nebenraum auf, sich auf den Boden zu legen. Die beiden Mittäter verblieben bewaffnet im Schalterraum und bedrohten die dortigen Personen, um Bargeld zu erlangen. Nach Gelderhalt verließen die drei Täter die Bank, liefen zu dem auf sie wartenden PKW und flüchteten. Auf einem Spielplatz wechselten die Täter die Kleidung und trennten sich; der Bf wurde noch am selben Abend festgenommen.

 

Der Bf hielt es – so das Strafurteil – ernstlich für möglich, dass er die näher genannte Bankangestellte „durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, nämlich Aufforderung, sich auf den Boden zu legen […], fand sich mit diesem Umstand zumindest billigend ab.“ Ebenso war dem Bf die Unrechtmäßigkeit der angestrebten Bereicherung klar, er handelte jedoch trotzdem.

 

Im Verfahren war der Bf vollinhaltlich geständig. Dies, seine Unbescholtenheit und die teilweise Schadensgutmachung wurden als mildernd gewertet und seine Jugendlichkeit bei der Strafzumessung berücksichtigt.

 

Der Bf wurde am strafrechtlichen Verhandlungstag (23.1.2013) in Freiheit entlassen, da der unbedingte Haftteil durch die Untersuchungshaft bereits abgedeckt war. Der Bf absolviert seit 4.4.2013 eine Lehre als Metallbearbeitungstechniker und ist seit seiner Enthaftung nicht mehr strafrechtlich verurteilt worden.

 

III. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten idgF auszugsweise:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die: ...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7), ...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. …

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird. …

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand: ...

10. eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat; ...

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist. …

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder …

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. …

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. …

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. …

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. …

Folgen des Entziehungsverfahrens für Besitzer von ausländischen Lenkberechtigungen und Führerscheinen

§ 30. (1) …

(2) Einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines (§ 1 Abs. 4), der einen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, hat die Behörde die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen. …“

 

Die im ggst Fall insb maßgeblichen Bestimmungen des VwGVG lauten:

 

„Prüfungsumfang

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

 

Inhalt der Beschwerde

§ 9. (1) Die Beschwerde hat zu enthalten: …

3.

die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.

das Begehren …“

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oö hat erwogen:

 

a) Dem Bf wurde der die Entziehung bewirkende Mandatsbescheid vom 14.8.2013 am 20.8.2013 zugestellt und damit die 12-monatige Entzugsfrist ausgelöst. Die belangte Behörde hat also die Auffassung vertreten, dass der Bf, bis zum 20.8.2014 verkehrsunzuverlässig sei. Die Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Begehung der Tat – im ggst Fall also ab 31.5.2012 – zu beurteilen; die belangte Behörde geht daher insgesamt von einer Unzuverlässigkeitsdauer von etwa 27 Monaten aus.

 

Die Basis für den Entzug der in Rede stehenden Lenkberechtigungen des Bf und die weiteren Maßnahmen nach dem FSG bildet das im Urteil des LG Wels vom 23.1.2013 dargestellte Verhalten des Bf. Diesem zufolge wurde der Bf wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs 1, 143 2. Fall StGB für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 24 Monaten verurteilt, wobei 16 Monate davon auf drei Jahre bedingt nachgesehen wurden. Im Hinblick auf diese rechtskräftige Verurteilung besteht für die belangte Behörde wie auch das Landesverwaltungsgericht Oö Bindungswirkung, sodass von der Verwirklichung einer bestimmten Tatsache nach § 7 Abs 3 Z 10 FSG auszugehen ist.

 

Für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs 1 Z 2 FSG genügt der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nach jedoch nicht schon das Vorliegen einer bestimmten Tatsache, sondern es muss auf Grund der gemäß § 7 Abs 4 FSG vorzunehmenden Wertung anzunehmen sein, der Betreffende werde sich wegen seiner Sinnesart weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung auch mehrfach betont, dass die bedingte Strafnachsicht nicht zwingend dazu führe, dass der Betreffende als verkehrszuverlässig anzusehen sei, und dies damit begründet, dass sich die bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit zu berücksichtigenden Gesichtspunkte nicht zur Gänze mit jenen decken, die für das Gericht bei der Entscheidung betreffend die bedingte Verurteilung von Bedeutung sind. Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof aber darauf hingewiesen, dass nach dieser Gesetzesstelle die Art der Tat, die Person des Rechtsbrechers, der Grad seiner Schuld, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat zu berücksichtigen sind und es sich dabei im Einzelfall durchwegs um Umstände handeln könnte, die für die in § 7 Abs 4 FSG genannten Wertungskriterien von Bedeutung sein können.

 

b) Der Bf hat durch den Raubüberfall ein Verbrechen begangen, welches grundsätzlich die Eignung besitzt, durch die Verwendung eines KFZ typischerweise erheblich erleichtert zu werden. Dies vor allem deshalb, als – wie auch bei der konkreten Tatausführung der Fall – die Zuhilfenahme eines motorisierten Fahrzeuges eine schnelle Flucht vom Tatort ermöglicht. Im ggst Fall wurde auch die gemeinsame Anfahrt zum Tatort mit einem eigens für diesen Zweck von einem (offenbar) unbeteiligten Dritten entliehenen KFZ vorgenommen, wobei die einzelnen Täter vom PKW-Entlehner für das Verbrechen abgeholt wurden. Eine Nahebeziehung zwischen dem Lenken eines KFZ und dem begangenen Raubüberfall ist damit unabhängig davon gegeben, ob der Bf den PKW selbst gelenkt oder ein Komplize diesen gesteuert hat.

 

Unter dem Wertungskriterium der Verwerflichkeit ist ins Treffen zu führen, dass die Tat keinesfalls eine Unbesonnenheit darstellte, sondern vom Bf und seinen Mittätern vorweg entsprechend geplant wurde. Insb ist in diesem Zusammenhang etwa auf das Auswechseln der Kleidung nach dem Überfall, welches unzweifelhaft die Verfolgung erschweren sollte, hinzuweisen. Einer der Mittäter musste zudem von den anderen überredet werden, am Überfall mitzuwirken. Für die dem Bf innewohnende kriminelle Energie bezeichnend ist, dass er bei seinem ersten strafrechtlichen in Erscheinung treten sogleich einen bewaffneten Raubüberfall verwirklichte, wenn die Waffen auch nicht von ihm geführt wurden. Der Bf zwang jedoch eine der in der Bank befindlichen Personen, sich auf den Boden zu legen, und löste dadurch unzweifelhaft eine große Angst bei der Betroffenen aus, die er bewusst und billigend in Kauf nahm. Daraus wird offenbar, dass der Bf eine zu schweren Eingriffen in die Rechte Dritter neigende Sinnesart hat, und sich in keiner Weise mit den rechtlich geschützten Werten verbunden zeigt. Dass die vom Bf ausgehende Gefahr nicht zu unterschätzen ist, geht zudem auch daraus hervor, als der zuständige Strafrichter es trotz bisheriger Unbescholtenheit und einem Geständnis sowie unter Beachtung des Umstandes, dass der Bf im Tatzeitpunkt noch Jugendlicher war, für notwendig hielt, einen Teil der Haftstrafe in der nicht zu vernachlässigenden Dauer von acht Monaten nicht bedingt nachzusehen.

 

Als Motiv für die Tat wurde im Strafurteil die Erlangung einer möglichst hohen Beute angesehen. Dabei ist zu beachten, dass der Bf – im Urteilszeitpunkt – keine Einkünfte und kein Vermögen, aber auch keine Schulden hatte. Nunmehr absolviert der Bf zwar eine Lehre (derzeit im ersten Lehrjahr); die damit einhergehende Lehrlingsentschädigung vermag aber unzweifelhaft nicht als besonders hoch beurteilt werden. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Bf wegen dieser Einkünfte in Hinkunft von der Begehung einer weiteren Straftat Abstand nehmen wird. Dies auch deshalb, weil die von ihm bereits begangene Tat offenbar nicht auf Grund einer aktuellen finanziellen Notlage sondern schlicht zur Verbesserung des Lebensstandards begangen wurde. Eine relevante Änderung der Gesamtsituation des Bf, welche die belangte Behörde zu keinem Entzug der Lenkberechtigung berechtigt hätte, vermag vom erkennenden Mitglied des Landesverwaltungsgerichtes Oö vor diesem Hintergrund nicht erkannt zu werden. Dass der Bf nicht geltend gemacht hat, zur Weiterführung seiner Ausbildung auf die Verwendung eines KFZ angewiesen zu sein, sei angemerkt.

 

Es war daher für das Landesverwaltungsgericht Oö mit der belangten Behörde die Annahme begründet, dass der Bf wegen seiner Sinnesart weitere schwere strafbare Handlungen begehen wird.

 

c) Der belangten Behörde vermag jedoch nicht gefolgt zu werden, wenn sie insgesamt von einer Verkehrsunzuverlässigkeit des Bf in der Dauer von etwa 27 Monaten ausgeht. Es darf nämlich nicht außer Betracht bleiben, dass der Bf – laut am 18.2.2014 eingeholtem Strafregisterauszug – bis dato nicht wieder strafrechtlich verurteilt wurde. Er hat sich somit mittlerweile mehr als ein Jahr wohlverhalten und geht einer Beschäftigung nach.

 

Vor diesem Hintergrund ist das Landesverwaltungsgericht Oö der Auffassung, dass die Entziehungsdauer der Lenkberechtigung auf sechs Monate herabzusetzen ist, dies entspricht einer Verkehrsunzuverlässigkeit von ca. 21 Monaten gerechnet ab der Tat. Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides war daher entsprechend zu adaptieren.

 

d) Mit Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides wurde dem Bf, sollte er Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung sein, diese aberkannt und das Lenken von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet von Österreich für den gleichen Zeitraum bzw vom ausländischen Führerschein zum Nachweis der Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, untersagt.

 

§ 30 Abs 2 FSG ordnet an, dass einem Besitzer einer ausländischen Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder eines ausländischen EWR-Führerscheines, der einen Wohnsitz in Österreich hat, die Behörde die Lenkberechtigung unter Anwendung der §§ 24 bis 29 zu entziehen hat.

 

Der Bf hat einen Wohnsitz in Österreich. Ein Lenkverbot konnte daher in keinem Fall ausgesprochen werden, eine im Besitz des Bf befindliche, konkrete ausländische Lenkberechtigung wäre von der belangten Behörde entsprechend zu entziehen gewesen. Nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Landesverwaltungsgerichts Oö ist es jedenfalls unzulässig, ein nicht näher genanntes Recht pauschal zu entziehen. Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides war daher ersatzlos zu beheben. Auf die Frage, ob es dem Verwaltungsgericht gestattet wäre, eine derartige Entziehung von Amts wegen vorzunehmen, wenn der Bf dem vorgelegten Verwaltungsakt nach eine solche besäße, braucht vor diesem Hintergrund nicht weiter eingegangen werde.

 

e) Im Übrigen war die Beschwerde abzuweisen. Hinsichtlich Spruchpunkt 2. und 4. des angefochtenen Bescheides hat der Bf keinerlei Beschwerdegründe ins Treffen geführt und auf eine Beschwerdeergänzung verzichtet. Da das Verwaltungsgericht durch § 27 VwGVG an die vorgebrachen Beschwerdegründe gebunden ist, war es diesem nicht gestattet, von Amts wegen eine Überprüfung der in Spruchpunkt 2. und 4. enthaltenen Anordnungen vorzunehmen. Ebenso hat der Bf nicht dargelegt, aus welchen Gründen er die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als nicht rechtmäßig erachtet.

 

Im Hinblick auf die vorgeschriebene amtsärztliche Untersuchung ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass es sich dabei nicht zwingend um einen vom Entzug der Lenkberechtigung nicht trennbaren Spruchbestandteil handelt, da § 24 Abs 4 FSG auch ohne ein Entzugsverfahren die Prüfung der gesundheitlichen Eignung ermöglicht. Ob die belangte Behörde die Anordnung auf § 24 Abs 3 oder 4 FSG gestützt hat, lässt sich aus dem angefochtenen Bescheid freilich nicht ableiten.

 

V.            Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil hinsichtlich der durch § 27 VwGVG statuierten Bindungswirkung eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (noch) fehlt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Zeinhofer