LVwG-300893/7/BMa/SK

Linz, 05.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Beschwerde des H.K., vertreten durch P.R. und M.R., T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 17. November 2015, GZ: SV96-21-2014, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetzes (ASVG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.       Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die mit dem angefochtenen Bescheid verhängten Geldstrafen auf jeweils 365 Euro und die verhängten Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 56 Stunden herabgesetzt werden.          

 

 

II.     Gemäß §§ 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vor dem Oö. LVwG zu leisten. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich auf 73 Euro.

 

 

III.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche   Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG                  unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1.1.      Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG die beiden nachstehend angeführten Personen, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Personen handelt, in den nachstehend angeführten Zeiträumen in H., x, als Arbeiter, somit als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigt und, obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung gemäß § 5 ASVG ausgenommen und somit in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (vollversichert) versichert ist, hierüber keine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskranken­kasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Krankenversicherungsträger, vor Arbeitsantritt erstattet.

1.     Herrn B.A. geb. x, ab 16.12.2013, 07:30 Uhr

2.     Herrn M.A., geb. x, ab 16.12.2013, 07:30 Uhr

Sie wären als Dienstgeber verpflichtet gewesen, die Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurden die Meldungen zu 1. am 17.12.2013 um 09:59 Uhr und zu 2. am 17.12.2013 um 09:45 Uhr und damit jeweils nicht rechtzeitig erstattet.

 

Sie haben dadurch jeweils folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§§ 33 Abs 1 iVm § 111 Abs 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, idgF

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

gemäß

 

Zu 1.) 730,00

Zu 2.) 730,00

    112 Stunden

    112 Stunden

 

 

 

§ 111 Abs 2 ASVG

§ 111 Abs 2 ASVG

 

 

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

146,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

Euro als Ersatz der Barauslagen für

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.606,00 Euro.“

 

1.2.      Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde unter anderem ausgeführt, dass die Anmeldung nicht erst auf behördliches Einschreiten hin vorgenommen worden sei. Als straferschwerend wurde das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen gewertet. Nach Meinung der belangten Behörde konnte damit auch § 20 VStG (Herabsetzung der Mindeststrafe) nicht zur Anwendung kommen. Die belangte Behörde ist von dem vom Beschwerdeführer bekanntgegebenen monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro und der Sorgepflicht für zwei Kinder bei Nichtvorhandensein eines Vermögens ausge­gangen.

 

1.3.      Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. November 2015, SV-96-21-2014, brachte der Bf rechtzeitig Beschwerde ein. Dieser Beschwerde angeschlossen ist eine von ihm an P.R. und M.R. von der Firma C. UG, T. erteilte Vollmacht.

 

1.4.      Die Beschwerde ficht den Bescheid der belangten Behörde vollinhaltlich an und beantragt die Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens, in eventu die Aufhebung der Strafe und Erteilung einer Ermahnung.

 

1.5.      Mit Schreiben vom 18. Dezember 2015 hat die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. LVwG zur Entscheidung vorgelegt.

 

2.         Das Oö. LVwG hat Einsicht genommen in den Verwaltungsakt der belangten Behörde und am 1. April 2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der ein Vertreter der Organpartei, des Finanzamtes Linz, gekommen ist. Der Beschwerdeführer H.K. wurde durch Hinterlegung beim Postamt S. ordnungsgemäß geladen und die Ladung der Vertreter des Bf wurde mit dem Vermerk „nicht abgeholt“ retourniert.

 

3.         Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

3.1.      Folgender rechtlich relevanter Sachverhalt wird festgestellt:

Der Beschwerdeführer war ab 16. Dezember 2013, 07.30 Uhr, Dienstgeber des A.B. und des A.M. Die Meldungen der Beschäftigten zur Oö. Gebietskrankenkasse erfolgten hinsichtlich B. am 17. Dezember 2013, um 09.59 Uhr, und hinsichtlich M. am 17. Dezember 2013, um 09.45 Uhr, durch den Steuerberater des Beschwerdeführers rückwirkend für den 16. Dezember 2013, nachdem der Beschwerdeführer am 16. Dezember 2013, um 11.37 Uhr, an seinen Steuerberater die Stammdaten der Dienstnehmer mit dem Auftrag übermittelt hat, diese zur Sozialversicherung anzumelden.

 

3.2.      Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt als unwidersprochen geblieben aus dem vorgelegten erstinstanzlichen Verwaltungsakt ergibt.

 

3.3.      In rechtlicher Hinsicht hat das Oö. LVwG erwogen:

 

3.3.1.        Gemäß § 111 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksver-waltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-   mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-   bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs. 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburts-daten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungs-aufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs. 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs. 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs. 1 Z 3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs. 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs. 4 ASVG vorliegt.

 

3.3.2.        Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurden die Meldungen hinsichtlich der beiden Arbeitnehmer erst nach Arbeitsantritt dem zuständigen Sozialversicherungsträger erstattet, sodass der Beschwerdeführer das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt hat.

 

3.3.3.    Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Das Verhalten des Beschwerdeführers ist als leicht fahrlässig einzustufen, hätte er sich doch als verantwortlicher Dienstgeber über die Bestimmungen des ASVG informieren und dafür Sorge tragen müssen, dass die Dienstnehmer vor Arbeitsantritt rechtzeitig dem zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet wurden.

 

3.3.4.    Gemäß § 19 Abs. 1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs-strafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Unter Anwendung des § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG war die Geldstrafe auf 365 Euro herabzusetzen, ist doch davon auszugehen, dass für das öster­reichische Sozialversicherungssystem keine nachteiligen Folgen eingetreten sind, so wurde die Meldung ohne dass eine behördliche Kontrolle stattgefunden hätte, für den vollen Arbeitszeitraum der Dienstnehmer erstattet. Wie unter Punkt 3.3.3. dargestellt, ist von einem lediglich geringfügigen Verschulden auszugehen, sodass die zitierte Gesetzesbestimmung Anwendung finden konnte.

Der belangten Behörde ist jedoch beizupflichten, dass die Erteilung einer Ermahnung unter Anwendung des § 45 Abs. 1 VStG mangels Vorliegens der dort genannten Voraussetzungen nicht erfolgen konnte.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.

Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, vermindert sich der Verfahrens­kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren und für das Verfahren vor dem Oö. LVwG ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Zu III.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Insbesondere weicht die gegenständliche Entscheidung von der als einheitlich zu beurteilenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs-gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs-gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes-verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts-anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann